Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.10.2013, Az.: 6 K 404/11
Steuerrechtliche Qualifizierung eines Verlustes aus der Veräußerung von Zertifikaten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 24.10.2013
- Aktenzeichen
- 6 K 404/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 55489
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2013:1024.6K404.11.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - AZ: I R 80/13
Rechtsgrundlagen
- § 8b Abs. 2 KStG
- § 42 AO
Fundstellen
- DStR 2015, 8
- DStRE 2015, 979-982
- Ubg 2015, 546
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Bei der Veräußerung von Aktien mindern Verluste aus der Veräußerung von Zertifikaten auf die entsprechenden Aktien den nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinn, wenn es sich bei den Verlusten um Veräußerungskosten gem. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG handelt, d.h. wenn die Verluste in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung der Aktien anfallen.
- 2.
Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO liegt vor, wenn bei Erwerb von Zertifikaten auf Aktien aufgrund der vertraglichen Gestaltung bereits feststeht, dass diese mit erheblichem Verlust veräußert werden müssen und sich ein wirtschaftlicher Vorteil allein aus der Kombination eines steuerfreien Veräußerungsgewinns und der steuermindernden Berücksichtigung des Verlustes, also aus der Steuerersparnis, ergibt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die steuerrechtliche Qualifizierung eines Verlustes aus der Veräußerung von Zertifikaten.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ein Bauunternehmen. Sie ermittelt ihren Gewinn gem. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG durch Bestandsvergleich.
Mit Rahmen-Vertrag vom ...2004 schloss die Klägerin mit der ... Bank ein "Aktientermingeschäft mit Lieferung und Ersetzungsbefugnis". Gegenstand des Vertrages war die Veräußerung von Aktien an die ... Bank zu einem bestimmten Termin - dem 17.11.2005 - zu einem im Voraus festgelegten Terminpreis. Der Klägerin stand ferner das Recht zu, anstatt der Anzahl der Aktien die Anzahl der Zertifikate zu liefern. Im Einzelnen enthielt der Vertrag u.a. die folgenden Vereinbarungen:
- | Rahmenvertragsdatum | 17. November 2004 |
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- | Abschlussdatum | 17. November 2004 |
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- | Aktie | Stammaktie des Emittenten |
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...
- | Anzahl der Aktien | 1.785.710 |
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- | Zertifikat | Zertifikat bezogen auf die Aktie, |
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a. | das in seiner Wertentwicklung zu jedem Zeitpunkt während der Laufzeit dieses Einzelabschlusses dem Wert der Aktie an der Wertpapierbörse von 1:1 entspricht... |
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- | Anzahl der Zertifikate | 1.785.710 |
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- | Terminpreis | 5,72 je Aktie |
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- | Barriere-Preis | 6,16 je Aktie |
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- | Angepasster Terminpreis | ist der Terminpreis abzüglich eines Betrages |
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von 1,5 % des Kurses der Aktie am Abschlussdatum Euro 5,63 je Aktie
- | Leistungspflichten | Am Fälligkeitstag für die Abwicklung |
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zahlt der Käufer den Kaufpreis und
liefert der Verkäufer Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises die Anzahl der Aktien oder, sofern er von seiner Ersetzungsbefugnis Gebrauch macht, die Anzahl der Zertifikate
- | Kaufpreis | Das in der Vertragswährung ermittelte Produkt | aus (i) dem Terminpreis oder, falls ein an der |
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Wertpapierbörse während der Laufzeit bis zum Wertermittlungstag an einem Handelstag während der Handelszeit festgestellter Kurs der Aktie den Barriere-Preis erreicht oder überschreitet, der angepasste Terminpreis und (ii) der Anzahl der Aktien.
- | Besondere Vereinbarungen | Verpfändung von Wertpapieren: |
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Zur Sicherung für sämtliche gegenwärtigen und künftigen, auch bedingten oder befristeten Ansprüche des Käufers aus diesem Einzelabschluss wird der Verkäufer dem Käufer durch jeweils gesonderte Verpfändungsvereinbarung ein Wertpapierdepot mit geeigneten Wertpapieren verpfänden, dessen Wert zu jedem Zeitpunkt dem Wert der...zu liefernden Anzahl der Aktien oder Anzahl der Zertifikate entspricht...
Entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen erwarb die Klägerin am ...2004 1.785.710 Aktien der ... (zum Kurswert von 5,60 je Aktie) zu einem Gesamtpreis von 9.999.976 Euro. Diese Aktien veräußerte die Klägerin am 12.01.2005 zu dem Kurswert von 6,16 Euro, d.h. zu einem Gesamtpreis von 10.999.973,60 Euro. Der Kurswert der Aktie im Zeitpunkt der Veräußerung entsprach dem in dem Vertrag vom ...2004 vereinbarten Barriere-Preis. Aus der Veräußerung erzielte die Klägerin einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 999.997,60 Euro. Gleichzeitig, d.h. ebenfalls am 12.01.2005 erwarb die Klägerin ... Bank Zertifikate auf die ... Aktien zu einem Preis von 6,16 Euro je Zertifikat. Diese Zertifikate veräußerte die Klägerin zum vertraglich vereinbarten Termin am 17.11.2005 mit einem Verlust von 946.426,30 Euro. Dabei lag dem Veräußerungspreis ein Wert je Zertifikat von 5,63 (= angepasster Terminpreis) zugrunde, da die Aktien während der Laufzeit den Barriere-Preis von 6,16 Euro erreicht hatten.
Den aus der Veräußerung resultieren Veräußerungsgewinn von 999.997,60 Euro erfasste die Klägerin als steuerfreien Gewinn gem. § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG unter gleichzeitigem Ansatz nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 3 KStG in Höhe von 49.990 Euro. Den Verlust aus der Veräußerung der Zertifikate erfasste die Klägerin gewinnmindernd in ihrer HB/StB.
Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß. Die Bescheide über Körperschaftsteuer, die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG sowie der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag ergingen zunächst unter Vorbehalt der Nachprüfung.
In dem Zeitraum vom Juni 2007 bis Oktober 2007 führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung bei der Klägerin eine steuerliche Außenprüfung durch. Der Außenprüfer vertrat die Auffassung, es lägen zwei Rechtsgeschäfte vor. Der Gewinn aus der Veräußerung der Aktien sei zutreffend nach § 8b Abs. 2 KStG als steuerfreier Gewinn behandelt worden. Bei dem Zertifikateverkauf handele es sich um ein Termin- / Optionsgeschäft, das auf "physische Erfüllung" ausgerichtet sei. Nach dem BMF-Erlass von 23.9.2003 (IV B 2 - S 2119 - 7/05) sei dieser Verlust der Verlustabzugsbeschränkung des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG unterworfen. Der Verlust sei daher im Veranlagungszeitraum 2005 nicht abzugsfähig, sondern könne nur zukünftig mit gleichartigen Gewinnen verrechnet werden.
Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte am...nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer, über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG und über den Gewerbesteuermessbetrag. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein und vertrat die Rechtsauffassung, es lägen keine Termingeschäfte im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG vor. Am ... ergingen nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer 2005 sowie über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2005 wegen anderer, in diesem Verfahren nicht streitiger Sachverhalte.
Die von der Klägerin eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsbescheid vom ... zurück. Er hielt daran fest, dass der Verlust aus der Veräußerung der Zertifikate nicht abzugsfähig sei. Zur Begründung berief er sich erneut auf den Erlass des BMF vom 23.09.2003. Die Verlustabzugsbeschränkung des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG sei danach auch bei solchen Termingeschäften anzuwenden, die nicht lediglich auf Differenzausgleich, sondern auf physische Erfüllung ausgerichtet seien. Dies folge aus dem Gesetzeswortlaut "...gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt." Mit dem Begriff des Vorteils seien neben der Begünstigung in einem Geldbetrag auch andere Vorteile umschrieben, die z.B. auch in einer Lieferung von Wertpapieren bestehen könnten und sich an anderen Bezugsgrößen orientierten. Konkret liege hier der Vorteil in der Lieferung des Basiswertes.
Dagegen richtet sich die vorliegende Klage.
Im Klageverfahren vertritt die Klägerin weiterhin die Auffassung, es handele sich nicht um Termingeschäfte im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG... Die Klägerin führt weiterhin aus, der Begriff des Termingeschäftes sei steuerlich nicht definiert. Definitionen fänden sich allenfalls in den Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes und des Kreditwesengesetzes. Dazu habe der BGH mit Urteil vom 13.07.2004 (XI ZR 178/03, BFHZ 168, 58) entschieden, dass Verträge über Index-Zertifikate keine Börsen-Termingeschäfte seien. Index-Zertifikate seien Schuldverschreibungen, die den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines Geldbetrages verbrieften, dessen Höhe vom Stand des zugrunde gelegten Indexes am Ende der Laufzeit abhänge. Der Leistungsaustausch durch Übertragung der Schuldverschreibung mit der darin wertpapiermäßig verbrieften Forderung habe Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises binnen der für Kassengeschäfte üblichen Frist von zwei Tagen zu erfolgen. Durch die spätere Rückzahlung des Emittenten an den Erwerber werde nicht der Vertrag über den Erwerb des Zertifikates, sondern die durch die Schuldverschreibung begründete Forderung erfüllt. So lägen die Dinge auch im Streitfall. Es handele sich zur Gänze um Aktiengeschäfte, die durch Zertifikatgeschäfte ersetzt worden seien. Diese Geschäfte seien jeweils mit dem ursprünglichen Erwerb der Aktien im November 2004, deren Weiterveräußerung Anfang 2005 gegen Erwerb von Zertifikaten und anschließend der Veräußerung von Zertifikaten erfüllt worden. Ein Hinausschieben der Erfüllung, wie es ein Termingeschäft begrifflich voraussetze, sei nicht ersichtlich.
Die Klägerin verweist ferner darauf, dass § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu Termingeschäften fast wortgleich wie § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG Stellung nehme. In § 23 EStG werde insoweit ausgeführt, dass Zertifikate, die Aktien vertreten, als Termingeschäft im Sinne der Vorschrift gelten. Dabei sei der Gesetzgeber selbst davon ausgegangen, dass der Zertifikatehandel den Termingeschäftsbegriff nicht erfülle. Die Vorschrift errichte vielmehr nur eine Fiktion, um den entsprechenden Handel im Privatbereich steuerpflichtig zu machen.
Die Klägerin nimmt zudem Bezug auf ein Revisionsverfahren beim BFH (IV R 53/11) sowie auf die Entscheidung des FG Köln (EFG 2012, 49), das beim Handel mit Indexzertifikaten das Vorliegen eines Termingeschäftes verneint habe.
Die Klägerin trägt weiterhin vor, es liege in keinem Fall ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vor. Die Vorschrift des § 42 AO erfordere eine unangemessene rechtliche Gestaltung, hierdurch eintretende gesetzlich nicht vorgesehene Steuervorteile und eine Missbrauchsabsicht. Im Streitfall sei keine dieser Voraussetzungen gegeben. Bei den Transaktionen mit den Aktien bzw. Zertifikaten handele es sich um ein hochspekulatives Finanzgeschäft, dessen maßgeblicher Grund in der Erhöhung des cash-flow des Unternehmens liege. Grundannahme sei der steigende Kurs der ... Aktie. Treffe diese Annahme nicht zu, werde ein Gewinn generiert, der nach § 8b KStG zu 95 % steuerbefreit sei. Steigende Kurse hätten aber bis zu einem festgelegten Kurs gewinnerhöhend mitgenommen werden sollen, was ebenso steuerfrei gewesen wäre. An dieser Stelle setzte das Modell der Veräußerung der Aktien und dem gleichzeitigen Erwerb der Zertifikate an: die Veräußerung der Zertifikate zum festgelegten Preis führe zwar zu einem Verlust, der sich jedoch steuerlich einkunftsmindernd auswirke. Denn bei der Veräußerung von Zertifikaten handele es sich eben nicht um Termingeschäfte. Der Steuervorteil sei daher vorgesehen gewesen und wirtschaftlich betrachtet habe sich dadurch der cash-flow des Unternehmens erhöht. Der wirtschaftliche Vorteil für die Klägerin liege damit auf der Hand. Die Klägerin verweist insoweit auch auf die Prospekte der ... Bank.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheid über Körperschaftsteuer 2005 vom ..., den Bescheid für 2005 über den Gewerbesteuermessbetrag vom ... sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2, § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2005 vom ... jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom ... mit der Maßgabe zu ändern, dass ein Verlust aus dem Verkauf der Zertifikate auf die ... Aktien in Höhe von 946.427 Euro berücksichtigt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält im Klageverfahren an seiner Auffassung fest und nimmt zur Begründung Bezug auf die Entscheidung des Hessischen FG vom 22.10.2010 (8 V 1268/10). Der Begriff des Termingeschäftes im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG sei in steuerrechtlicher Sicht eigenständig zu interpretieren. Der Fiktion des § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG könne nicht im Umkehrschluss entnommen werden, dass der Zertifikatehandel den Termingeschäftsbegriff nicht erfülle.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage hat nur in dem im Tenor genannten Umfang Erfolg.
1. Soweit sich die Klage gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2005 richtet, ist sie bereits unzulässig.
Die Klägerin hat insoweit nicht dargelegt, dass oder in welcher Weise sie durch den Feststellungsbescheid in ihren Rechten verletzt ist (§ 40 Abs. 2 FGO). Eine derartige Rechtsverletzung ist auch nicht aus den Akten ersichtlich, denn der Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG entspricht den Angaben in der Feststellungserklärung und ist nach Durchführung der Außenprüfung inhaltlich nicht geändert worden. Es ist nicht erkennbar, dass der Veräußerungsverlust aus dem Zertifikategeschäft Auswirkungen auf die Feststellungen gehabt hat.
2. Soweit sich die Klage gegen die Bescheide für 2005 über Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag richtet, ist sie in dem im Tenor genannten Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.
Der Beklagte geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass der Verlust aus der Veräußerung der Zertifikate in Höhe von 946.426 Euro den der Besteuerung zugrunde liegenden Jahresüberschuss der Klägerin nicht mindern darf.
a) Der Verlust ist dem steuerlich nicht zu berücksichtigenden Bereich des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG zuzuordnen.
Nach § 8b Abs. 2 Satz 1 bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen aus § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a EStG gehören, außer Ansatz. Veräußerungsgewinn im Sinne dieser Vorschrift ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert nach Abzug der Veräußerungskosten den Buchwert übersteigt.
Bei den Aktien der ... handelt es sich um Anteile an einer Kapitalgesellschaft, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen. Damit ist der Gewinn aus dem Veräußerungsgeschäft vom 12.01.2005 steuerfrei. Der erkennende Senat schließt sich insoweit jedoch der Auffassung des FG Düsseldorf an, dass der Gewinn im Streitfall nicht nur durch die Gegenüberstellung von Verkaufspreis und Buchwert, sondern auch unter Einbeziehung der erzielten Verluste aus der Veräußerung der Zertifikate auf die entsprechenden Aktien ermittelt werden muss. Die erzielten Verluste sind als Veräußerungskosten im Sinne des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG zu qualifizieren (vgl. dazu insgesamt FG Düsseldorf vom 12.06.2012 6 K 2435/09 K, EFG 2012, 2055 - Revision eingelegt, Az. des BFH I R 52/12). Der Begriff der Veräußerungskosten ist in § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG nicht definiert. Allerdings ist bei der Auslegung des Merkmals "Veräußerungskosten" zu berücksichtigen, dass § 8b Abs. 3 Sätze 1 und 2 KStG grundsätzlich die Abzugsfähigkeit von (laufenden) Ausgaben anordnet, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den veräußerten Anteilen stehen. Somit wird der grundsätzliche Betriebsausgabenabzug nicht durch die Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns beeinflusst, während die Veräußerungskosten im Sinne des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG dem steuerfreien Bereich zugeordnet werden.
Da sich somit eine ähnliche Abgrenzungsnotwendigkeit wie bei § 17 EStG ergibt und beide Vorschriften insoweit auch wortgleich sind, liegen Veräußerungskosten im Sinne des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG vor, soweit Aufwendungen im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung anfallen, d.h., wenn sie durch das Veräußerungsgeschäft veranlasst sind.
Bei den Verlusten aus der Veräußerung der Zertifikate handelt es sich um Veräußerungskosten in diesem Sinne. Denn es bestand ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Veräußerung der Aktien und den erlittenen Verlusten aus der Veräußerung der entsprechenden Zertifikate. Der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang ergibt sich aus dem Umstand, dass die Klägerin aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen verpflichtet war, im Falle einer Veräußerung der - auf Termin verkauften - Aktien entsprechende Ersatzwertpapiere (Zertifikate) zu erwerben, um diese zum Termin an die ... Bank zu veräußern. Zwar bestand keine rechtliche Verpflichtung, zeitgleich mit dem Verkauf der Aktien die Zertifikate als Ersatz-Wertpapiere zu erwerben. Die Klägerin hätte theoretisch warten und mit hohem Risiko auf einen besseren Kaufkurs spekulieren können. Die von der Klägerin gewählte Kapitalanlage bestehend aus einer Kombination von Aktienkauf und Termingeschäft war jedoch darauf gerichtet, entweder durch die alleinige Veräußerung der Aktie risikolos die Marktrendite eines Geldmarktfonds zu erwirtschaften oder eine erhöhte - ebenfalls risikolose - Rendite durch die Abzugsfähigkeit des Zertifikateverlustes - bei gleichzeitiger Steuerfreiheit des Aktiengewinns - zu erzielen. Risikolos ließ sich dieses aber nur durch die zeitgleiche Veräußerung der Aktien und den Erwerb der Zertifikate realisieren. Folglich war das "einheitliche Geschäft" auf die unmittelbar mit der Veräußerung der Aktien verbundene Entstehung des Verlustes aus dem Erwerb der Zertifikate gerichtet. Dies ergibt sich eindeutig aus den im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen der ... Bank über die Präsentation des Anlagemodells gegenüber der Klägerin. Hier wird schon einleitend ausgeführt, Ziel sei eine steueroptimierte Geldanlage ohne Marktrisiken. Hier wird deutlich, dass entgegen dem Vortrag der Klägerin keine hochspekulative, sondern - unter Einbeziehung des steuerlichen Vorteils - eine fast risikolose Anlageform gewählt wurde.
Tatsächlich hat die Klägerin auch nicht mit dem Erwerb der Zertifikate gewartet - und ist damit ein Spekulationsrisiko eingegangen, sondern sie hat diese noch am Tag der Aktienveräußerung erworben.
Aufgrund des gewählten Anlagemodells war es ferner für die Klägerin nicht sinnvoll, die Aktien bei Erreichen des sog. Barrierekurses, der ein Absenken des Verkaufspreises auf 5,63 Euro je Aktie (statt 5,72 Euro) hatte, zu behalten. Nur durch den "Tausch" der Aktien in die entsprechenden Zertifikate war die beabsichtigte Rendite nunmehr über die angestrebte Steuerersparnis zu erreichen. Bei einem Behalten der Aktien und einem Verkauf zum Termin auf der Grundlage des angepassten Terminpreises hätte die Klägerin nur noch einen Veräußerungspreis von 10.053.547 Euro und damit einen um rund 946.000 Euro geringeren Gewinn erzielt.
Die Veräußerung der Aktien hatte somit ohne eine weitere echte Willensbildung oder weitere hinzutretende ungewisse Umstände den Veräußerungsverlust aus dem dazugehörigen Zertifikategeschäft zur Folge. Auch wäre es ohne die Veräußerung der Aktien nicht zu einem Zertifikategeschäft gekommen. Dieses unmittelbare Ineinandergreifen von Aktienveräußerung und Verlustrealisierung durch Anschaffung und Veräußerung der Zertifikate - der Planung und Vereinbarung mit der ... Bank und der tatsächlichen Durchführung entsprechend - hat zur Folge, dass die realisierten Verluste aus der Veräußerung der Zertifikate Veräußerungskosten der Aktienveräußerung darstellen.
Bei den eingetretenen Verlusten handelt es sich auch um "Kosten" im Sinne des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG. Denn Ziel der Regelung ist es, Betriebsausgaben entweder dem steuerlich irrelevanten Bereich der Veräußerungsgewinne zuzuordnen oder den Abzug von Betriebsausgaben zuzulassen, weil lediglich ein allgemeiner Zusammenhang mit den steuerfrei veräußerten Anteilen besteht. Für den Charakter als Betriebsausgabe ist allerdings unerheblich, ob es sich um laufende Ausgaben oder einen Veräußerungsverlust handelt.
Der nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreie Gewinn von bisher 999.997 Euro ist mithin um den Betrag von 946.426 Euro zu mindern, so dass sich nunmehr ein Gewinn in Höhe von 53.571 Euro ergibt. Davon sind nach § 8b Abs. 3 KStG 5 %, d.h. 2.678 Euro als nicht abziehbare Aufwendungen zu berücksichtigten. Da der Beklagte bisher nach § 8b Abs. 3 KStG nicht abzugsfähige Aufwendungen in Höhe von 49.999 Euro berücksichtigt hatte, hat die Klage in Höhe des Differenzbetrages, d.h. in Höhe von 47.321 Euro Erfolg.
Ein - gesonderter - Verlust aus der Veräußerung der Zertifikate ist demgegenüber nicht mehr zu erfassen, so dass die Klage über die vorzunehmende Minderung der nicht abzugsfähigen Aufwendungen hinaus unbegründet ist.
b) Eine Anwendung der Verlustabzugsbeschränkung gem. § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG kommt im Streitfall nicht in Betracht, weil nach den unter Ziffer 2 Buchstabe a dargestellten Gründen kein Verlust aus den Veräußerungsvorgängen resultiert. Die Frage, ob die Veräußerung der Zertifikate auf die ... Aktien am 17.11.2005 ein Termingeschäft im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG darstellt (für Vorliegen eines Termingeschäftes z.B. BMF-Erlass vom 23.09.2003 IV B 2 - S 2119 - 7/05; dagegen z.B. FG Köln vom 03.08.2011 7 K 4682/07, EFG 2012, 49) ist daher für den vorliegenden Sachverhalt nicht mehr entscheidungserheblich, so dass der erkennende Senat diese Frage ausdrücklich offen lässt.
c) Sofern der Verlust nicht als Veräußerungskosten dem steuerfreien Bereich zuzuordnen wäre (siehe oben unter Ziffer 2, Buchstabe a), wäre die Klage auf der Grundlage des § 42 der Abgabenordnung (in der im Streitjahr geltenden Fassung - im Folgenden AO) ebenfalls lediglich in dem im Tenor genannten Umfang begründet.
Nach § 42 Abs. 1 AO kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes liegt ein Missbrauch dann vor, wenn eine (zivilrechtliche und/oder steuerrechtliche) Gestaltung gewählt wird, die --gemessen an dem erstrebten Ziel-- unangemessen ist, der Steuervermeidung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (z.B. Urteil des BFH vom 15.07.2004 III R 66/98, BFH/NV 2005, 186 [BFH 15.07.2004 - III R 66/98]). § 42 AO setzt letztlich voraus, dass die gewählte Gestaltung nach den der jeweiligen steuerrechtlichen Vorschrift zugrunde liegenden gesetzgeberischen Wertungen der Steuerumgehung dienen soll. Hingegen ist für § 42 AO grundsätzlich kein Raum, wenn der Steuerpflichtige einen vom Steuergesetz vorgezeichneten Weg wählt (vgl. Urteil des BFH vom 19.05.2004 III R 18/02, BStBl II 2004, 980, m.w.N.). Allein das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (st. Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des BFH vom 29.05.2008 IX R 77/06, BStBl II 2008, 789). Der Steuerpflichtige kann sich auf die von ihm gewählte Gestaltung nicht berufen, wenn verständige Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhaltes und der wirtschaftlichen Zielsetzung nicht in dieser Weise verfahren wären (BFH-Urteil vom 07.07.1998 VIII R 10/96, BStBl II 1999, 729 m.w.N.)
(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt zur Überzeugung des erkennenden Senates ein Gestaltungsmissbrauch vor. Die gewählte Gestaltung im Streitfall ist wirtschaftlich ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Steuerersparnis nachvollziehbar. Ohne Berücksichtigung der Steuerersparnis hätte eine verständige Partei bei einem Kurswert von 6,16 Euro die Zertifikate nicht erworben, wenn wie vorliegend bereits festgestanden hätte, dass eben diese Zertifikate für 5,63 Euro, mithin mit einem erheblichen Verlust, veräußert werden müssen. Vielmehr hätte eine verständige Partei unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten die zum Wert von 5,60 Euro erworbenen Aktien zum vereinbarten Termin mit Gewinn veräußert. Der "Tausch" der Aktien in Zertifikate ist aus unternehmerischen Gesichtspunkten allein vor dem Hintergrund der Steuerersparnis sinnvoll. Andere außersteuerliche Gründe hat die Klägerin nicht vorgetragen. Vielmehr führt sie zur Begründung ihrer Klage auch selber aus, dass sich wirtschaftliche Vorteile des Anlagemodells allein aufgrund der Steuerersparnis aufgrund der daraus resultierenden Erhöhung des cash-flow ergeben würde.
Würde die Steuer unter gewinnmindernder Berücksichtigung des Veräußerungsverlustes festgesetzt, so würde dies im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führen. Mit der in § 8b Abs. 2 KStG geregelten Steuerbefreiung für Veräußerungsgewinne hat der Gesetzgeber dem Gedanken Rechnung getragen, dass Veräußerungsgewinne Gewinne aus der Realisierung offener oder stiller Reserven enthalten können, die als thesaurierte Gewinne ebenso behandelt werden sollten wie Gewinnausschüttungen. Außerdem wollte der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnen, Beteiligungen im unternehmerischen Bereich ohne Steuerbelastung zu veräußern und so eine betriebswirtschaftlich vernünftige Beteiligungsstruktur zu schaffen.
Der Gesetzgeber hatte jedoch nicht die Absicht, Unternehmen eine Möglichkeit zu schaffen, durch kombinierte Anlagemodelle nicht nur die Veräußerungsgewinne steuerfrei zu belassen, sondern durch einen Verlustabzug auch anderweitig erzielte Erträge aus dem operativen Geschäft der Besteuerung zu entziehen (vgl. dazu auch Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 01.11.2012 6 K 382/10, EFG 2013, 328).
(3) Da ein Missbrauch im Sinne des § 42 AO gegeben ist, entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstanden wäre (§ 42 Abs. 1 AO). Bei einer derartigen Gestaltung hätte die Klägerin auf den "Tausch" der Aktien in Zertifikate verzichtet und hätte einen nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung der Aktien an die ... Bank in Höhe von 53.571 Euro (AK: 9.999.976 Euro / Verkaufserlös: 1785.710 Stück Aktien x 5,63 Euro = 10.053,597 Euro) erzielt. Davon wäre ein Betrag von 2.678 Euro als nicht abziehbare Aufwendungen nach § 8b Abs. 3 KStG zu qualifizieren gewesen. Ein Verlust wäre nicht entstanden, so dass dieser auch bei der Festsetzung der Steuer nicht zu berücksichtigen ist.
4. Die Berechnung der daraus folgenden festzusetzenden Körperschaftsteuer sowie des Gewerbesteuermessbetrag war dem Beklagten nach § 100 Abs. 2 FGO zu übertragen.
II. Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entschiedenen Rechtsfrage zugelassen (§ 115 FGO).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.