Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.10.2013, Az.: 6 K 286/12
Zurückweisung eines Beistandes für ein Umsatzsteuerfestsetzungsverfahren
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 24.10.2013
- Aktenzeichen
- 6 K 286/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 54376
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2013:1024.6K286.12.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 10.06.2014 - AZ: II R 53/13
Rechtsgrundlagen
- § 118 AO
- Art. 57 AEUV
Tenor:
Auch Personen, die lediglich bei der Anfertigung einer Steuererklärung mitwirken, sind zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig unbefugt Hilfe in Steuersachen leisten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Klägerin zu 1 nach § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) als Bevollmächtigte oder Beistand erstens der Klägerin zu 3 in einem Verwaltungsverfahren, das die mögliche Inanspruchnahme als Haftungsschuldnerin der Klägerin zu 2 betraf, und zweitens als Beistand der Klägerin zu 2 bei der Anfertigung deren Umsatzsteuererklärung für 2009.
Die Klägerin zu 1 wurde am 15.07.2007 als Kapitalgesellschaft britischen Rechts (Private Limited Company - Ltd. -) mit Sitz in Großbritannien gegründet. Sie unterhält Niederlassungen in .../Niederlande sowie in .../Belgien. Als Geschäftsführungsorgane ("director") handeln für sie X und der in .../Bundesrepublik Deutschland wohnhafte Y.
X gehörte und gehört nicht zu dem Personenkreis des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG). Sie war seit 1984 Mitarbeiterin bei Y und ist inzwischen Mitgesellschafterin und Direktorin der Klägerin zu 1.
Die Bestellung von Y als Steuerberater in der Bundesrepublik Deutschland ist im Jahr 2000 wegen Vermögensverfalls widerrufen worden; der Widerruf ist seit 2002 rechtskräftig:
Gegenstand der geschäftlichen Tätigkeit der Klägerin zu 1 ist u.a. die Steuerberatung und das Rechnungswesen. Mit diesem Firmenzweck ist sie in das niederländische Handelsregister eingetragen. Aus veröffentlichten Gerichtsentscheidungen (vgl. BFH-Urteile vom 21.07.2011 II R 6/10, BFHE, 474; FG Köln-Urteile vom 02.02.2012 11 K 4481/08, EFG 2012, 2262, 11 K 4478/08, in [...], 11 K 4479/08, in [...], 11 K 4480/08 in [...] ) sowie sechs weiteren vom Senat ebenfalls für den 24.10.2013 geladenen Verfahren, die alle die Zurückweisung der Klägerin zu 1 als Bevollmächtigte zum Gegenstand hatten bzw. haben, ist dem Senat bekannt, dass die Klägerin zu 1 im Inland zahlreiche Mandanten in steuerlicher Hinsicht berät und für diese in steuerlichen Angelegenheiten auftritt.
Nach Auskunft der zuständigen Steuerberaterkammer Düsseldorf vom 29.05.2013 sind weder die Klägerin zu 1 noch Y und X vorübergehend gem. § 3a StBerG im Berufsregister der Steuerberaterkammer eingetragen (Bl. 1 bis 3 des Retenten S 0821 - 3/15/13 - 295 des Beklagten). Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 10.04.2013 in dem Verfahren ... die Klage der Klägerin zu 1 gegen die Steuerberaterkammer Düsseldorf auf vorübergehende Eintragung in das Berufsregister nach § 3a Abs. 3 StBerG abgewiesen.
Die beim Beklagten eingereichte Umsatzsteuererklärung 2009 der Klägerin zu 2, ebenfalls einer Kapitalgesellschaft britischen Rechts in der Rechtsform der Private Limited Company, enthielt in dem Feld "Bei der Anfertigung der Steuererklärung einschließlich der Anlagen hat mitgewirkt" den Namen und die Anschrift der Klägerin zu 1 als Angabe.
Durch Bescheid vom 28.03.2012 wies der Beklagte die Klägerin zu 1 unter Hinweis auf § 80 Abs. 5 AO als Bevollmächtigte der Klägerin zu 2 für das Umsatzsteuerfestsetzungsverfahren 2009 zurück, da sie nicht befugt sei, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insofern auf den Zurückweisungsbescheid Bezug genommen.
Den Einspruch der Klägerin zu 1 hiergegen wies der Beklagte durch Einspruchsbescheid vom 25.06.2012 gegenüber der Klägerin zu 1 als unbegründet zurück.
Mit Schreiben vom 01.12.2011 wandte sich der Beklagte an die Klägerin zu 3. im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen einer möglichen Inanspruchnahme als Haftungsschuldnerin der Klägerin zu 2. Daraufhin meldete sich die Klägerin zu 1 namens der Klägerin zu 3 mit dem Auftrag, dass Schreiben des Beklagten vom 01.12.2011 zu beantworteten.
Durch Bescheid vom 23.03.2012 wies der Beklagte die Klägerin zu 1 unter Hinweis auf § 80 Abs. 5 AO als Bevollmächtigte der Klägerin zu 3 für das Haftungsverfahren zurück, da sie nicht befugt sei, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insofern auf den Zurückweisungsbescheid Bezug genommen.
Den Einspruch der Klägerin zu 1 hiergegen wies der Beklagte durch Einspruchsbescheid vom 22.06.2012 gegenüber der Klägerin zu 1 als unbegründet zurück.
Hiergegen erhoben die Kläger am 25.07.2012 Anfechtungsklage; dabei wandten sich die Kläger zu 1 und 2 gegen den Zurückweisungsbescheid vom 28.03.2012 in der Gestalt des Einspruchsbescheides vom 25.06.2012 und die Kläger zu 1 und 3 gegen den Zurückweisungsbescheid vom 23.03.2012 in der Gestalt des Einspruchsbescheides vom 22.06.2012.
Am 05.10.2012 haben die Kläger ihr Klagebegehren dahingehend "geändert", dass sie nunmehr vorrangig die Feststellung der Nichtigkeit der Zurückweisungsbescheide und nur hilfsweise deren Aufhebung begehrten.
Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger Folgendes vor:
Die Klägerin zu 1 sei für die Klägerin zu 2 steuerberatend tätig geworden. Die Zurückweisungsbescheide des Beklagten vom 23. und vom 28.03.2012 beschwerten die Kläger durch Beeinträchtigung ihrer Rechte aus der EU-Dienstleistungsfreiheit des Artikel 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der europäischen Union - AEUV -, auch in Ausgestaltung durch die EU-Richtlinien 2000/31/EG, 2005/36/EG und 2006/123/EG. Der Klägerin zu 1 werde die so genannte aktive Dienstleistungsfreiheit und den Klägern zu 2 und 3 werde die so genannte passive Dienstleistungsfreiheit verweigert.
Die Klägerin zu 1 sei befugt, den Klägerin zu 2 und 3 ihre Dienstleistungen von ihrem Sitz in den Niederlanden aus anzubieten und sie ihr gegenüber zu erbringen. Die Kläger zu 2 und 3 seien berechtigt, dieses Angebot anzunehmen und die Dienstleistung abzunehmen. Das bestimme das zitierte vorrangige Gemeinschaftsrecht. Die Klägerin zu 1 erfülle auch die Voraussetzungen des § 3a StBerG; sie sei auch ohne Anwendung des deutschen StBerG zur Steuerberatung befugt. Eine grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung liege nur vor, wenn der Dienstleister physisch die Grenze überschreite. Nur dann stelle sich die Frage, ob das EU-Dienstleistungsrecht anzuwenden sei oder das Niederlassungsrecht und damit auch das Recht des Mitgliedsstaates, in den sich der Dienstleister begebe. Ohne das Element des physischen Grenzübertrittes des Dienstleisters greife die Dienstleistungsfreiheit des Artikels 56 AEUV. Das heiße im konkreten Falle, dass die Klägerin zu 1 gegenüber jedem in der EU Ansässigen von ihrer Niederlassung in ... aus jede Dienstleistung anbieten und erbringen könne, zu der sie in ... die Befugnis habe; das deutsche StBerG komme nicht zur Anwendung.
Die Frage nach der Anwendung des nationalen Rechts - hier des deutschen StBerG - stelle sich damit grundsätzlich erst, wenn eine konkrete Dienstleistung das Element des physischen Grenzübertrittes beinhalte. In diesem Fall sei zu entscheiden, ob dieser physische Grenzübertritt eine Bedeutung erlange, dass das EU-Niederlassungsrecht dergestalt greife, dass man dem Dienstleister eine Niederlassung im Aufnahmestaat - hier der Bundesrepublik Deutschland - zurechnen müsse. Die Kriterien, anhand derer das zu beurteilen sei, seien Dauer, Häufigkeit, regelmäßige Wiederkehr und Kontinuität des physischen Grenzübertritts des Dienstleisters zur Dienstleistungserbringung.
Überschreite in jedem konkreten Fall der physische Grenzübertritt des Dienstleisters die - nie definierten - Grenzen des Vorübergehenden und Gelegentlichen, gelte das EU-Niederlassungsrecht und es komme im konkreten Fall das deutsche StBerG zur Geltung. Würden diese Grenzen dagegen nicht überschritten, bleibe es beim Recht der Dienstleistungsfreiheit so, als fände ein physischer Grenzübertritt nicht statt.
§ 3a StBerG regle in Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG folgendes:
"Abs. 1
Personen, die in einem anderen Mitgliedsstaat der europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaatenabkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz beruflich niedergelassen sind oder befugt geschäftsmäßig in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaats leisten, sind zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland befugt. Der Umfang der Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland richte sich nach dem Umfang dieser Befugnis im Niederlassungsstaat.
Abs. 2
Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen nach Abs. 1 ist nur zulässig, wenn die Person vor der ersten Erbringung im Inland der zuständigen Stelle schriftlich Meldung erstattet."
Der Sinn und Zweck dieser Meldung ergebe sich aus der Umsetzung der Richtlinien 2005/36/EG, die ja logisch und schlüssig auch die Kontrollen der Dienstleistungsbereiche EU-weit regele und dazu die Amtshilfen zwischen den Mitgliedsstaaten. Diese Meldung stelle vorliegend nur eine Formalität dar; ihr komme keine konstitutive Bedeutung zu.
Für das vorliegende Verfahren ergebe sich, dass die Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO rechtswidrig sei. Dies sei so eindeutig, dass sogar eine Nichtigkeit im Sinne des § 125 AO vorliege.
Weil im konkreten Fall kein physischer Grenzübertritt zur Erbringung der konkreten Dienstleistung gegeben sei, habe die Dienstleistungsbefugnis nach Gemeinschaftsrecht in dem Umfang bestanden, in dem sie am Ort der beruflichen Niederlassung bestanden habe. Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen des § 3a StBerG vor. Sofort nach Inkrafttreten dieser Vorschrift habe die Klägerin zu 1 ihre Meldung erstattet. Diese Anmeldung sei jährlich wiederholt worden.
Der Senat sei verpflichtet, die Sache dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der EuGH habe bisher über die entscheidungserhebliche Frage, ob die europarechtlichen Richtlinien dem deutschen StBerG entgegenstünden, noch nicht entschieden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Klagebegründung, insbesondere des klägerischen Vorbringens zur Begründung des begehrten Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH, wird auf die Klageschrift nebst Anlagen (Bl. 40 bis 78 GA) Bezug genommen.
Die Kläger beantragen,
das Verfahren auszusetzen und dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
a) Steht Art. 56 AEUV, insbesondere in Ausgestaltung der Richtlinien 2000/31/EG, 2005/36/EG und 2006/123/EG, einer nationalen Regelung entgegen, wie der des deutschen StBerG, die es einem in den Niederlanden ansässigen Dienstleister auf dem Gebiet der Steuerberatung untersagt, diese Dienstleistung von seinem Sitz in NL aus, ohne dabei die Grenze physisch zu überschreiten, auch an in der BRD ansässige Wirtschaftsteilnehmer anzubieten und zu erbringen und die es damit einem in der BRD ansässigen Wirtschaftsteilnehmer verbietet - zumindest erheblich erschwert - die Dienstleistungen eines solchen in den Niederlanden ansässigen Dienstleisters in dem Umfang, in dem dieser in den Niederlanden zur Erbringung der Dienstleistungen befugt ist, in Anspruch zu nehmen?
b) Steht Art. 56 AEUV, insbesondere in Ausgestaltung der Richtlinien 2000/31/EG, 2005/36/EG und 2006/123/EG, einer nationalen Regelung entgegen, wie der des deutschen StBerG, die es einem in den Niederlanden ansässigen Dienstleister auf dem Gebiet der Steuerberatung auferlegt, diese Dienstleistung von seinem Sitz in NL aus, ohne dabei die Grenze physisch zu überschreiten, nur an in der BRD ansässige Wirtschaftsteilnehmer anzubieten und zu erbringen, wenn er eine Versicherung abschließt, die abzuschließen das Recht des Niederlassungsstaates NL nicht vorsieht?
c) Steht Art. 56 AEUV, insbesondere in Ausgestaltung der Richtlinien 2000/31/EG, 2005/36/EG und 2006/123/EG, einer nationalen Regelung entgegen, wie der des deutschen StBerG, die grundsätzlich die grenzüberschreitende Tätigkeit eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringers auf Ausnahmen beschränkt (§ 3a StBerG - "vorübergehend und gelegentlich")?
2. die Nichtigkeit der Bescheide über die Zurückweisung der Klägerin zu 1 vom 23. und 28.03.2012 festzustellen,
hilfsweise die Zurückweisungsbescheide als rechtswidrig aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die Zurückweisungsbescheide für rechtmäßig.
Der Senat hat die Klägerin zu 1 durch Beschluss vom 02.09.2013 und Frau X, die "Directorin" der Klägerin zu 1, durch Beschluss vom 19.09.2013 als Prozessbevollmächtigte der Kläger gem. § 62 Abs. der 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurück gewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.
I. Der erkennende Senat konnte gem. § 91 Abs. 2 FGO auch ohne die Beteiligten verhandeln und entscheiden, da die Beteiligten mit einer Frist von 2 Wochen zur mündlichen Verhandlung geladen und auf § 91 Abs. 2 FGO hingewiesen wurden. Die Zustellungsbevollmächtigte der Kläger wurde mit Postzustellungsurkunde am 25.09.2013 und der Beklagte mit Empfangsbekenntnis am 23.09.2013 zur mündlichen Verhandlung geladen.
Im Übrigen haben die Beteiligten ihr Ausbleiben in der mündlichen Verhandlung auch angekündigt.
II. Der Senat legt die Klage - entsprechend dem ausdrücklichen Wortlaut in der Klageschrift - dahingehend aus, dass sich die Klage der Kläger zu 1 und 2 gegen den Bescheid vom 28.03.2012 auf Zurückweisung der Klägerin zu 1 als Beistand der Klägerin zu 2 für deren Umsatzsteuerfestsetzungsverfahren 2009 und die Klage der Kläger zu 1 und 3 gegen den Bescheid vom 23.03.2012 auf Zurückweisung der Klägerin zu 1 als Bevollmächtigte der Klägerin zu 3 für deren Haftungsverfahren richtet.
III. Die Klage ist nur teilweise zulässig.
1. Soweit die Kläger zu 2 und 3 die Zurückweisungsbescheide vom 23. bzw. 28.03.2012 - gemeinsam mit der Klägerin zu 1 - durch die am 25.07.2012 erhobene Klage angefochten haben, ist die Anfechtungsklage mangels eines zuvor ganz oder teilweise erfolglosen Vorverfahrens nach § 44 FGO unzulässig.
Nach § 44 FGO ist in Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, die Klage - abgesehen von den hier nicht gegebenen Ausnahmefällen der §§ 45 und 46 FGO - nur zulässig, wenn ein Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.
Die angefochtene Zurückweisungsbescheide des FA sind Verwaltungsakte im Sinne des § 118 AO. Hiergegen ist deshalb der Einspruch nach den §§ 347 ff AO gegeben. Da die Kläger zu 2 und 3 - trotz der ihnen gegenüber mit Rechtsbehelfsbelehrung erteilten Bescheide und im Gegensatz zur Klägerin zu 1 - keine Einsprüche eingelegt haben und ihnen gegenüber auch keine Einspruchsbescheide ergangen sind, ist die von ihnen erhobene Anfechtungsklage wegen fehlender Vorverfahren insofern unzulässig.
2. Im Übrigen ist die Klage zulässig.
Dabei kann dahinstehen, ob die am 25.07.2012 erhobene Klage der Kläger zu 2 und 3 insgesamt unzulässig war oder im Wege einer rechtsschutzgewährenden Auslegung auch eine nicht fristgebundenen Nichtigkeitsfeststellungsklage beinhaltete. Denn die Kläger zu 2 und 3 haben jedenfalls durch die mit Schriftsatz vom 05.10.2012 beantragte "Änderung des Klagebegehrens" (auf Feststellung der Nichtigkeit des Zurückweisungsbescheides, hilfsweise dessen Aufhebung als rechtwidrig) eine neue Nichtigkeitsfeststellungsklage erhoben, über die der Senat einheitlich zusammen mit dem bisherigen Begehren entscheidet.
IV. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet.
1. Der Zurückweisungsbescheid vom 28.03.2012, durch den der Beklagte die Klägerin zu 1 als Beistand der Klägerin zu 2 für deren Umsatzsteuerfestsetzungsverfahren 2009 zurück gewiesen wurde, ist rechtmäßig.
Der Beklagte hat die Klägerin zu 1 zu Recht gemäß § 80 Abs. 5 AO zurückgewiesen. Nach dieser Vorschrift sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein.
Die Klägerin zu 1 hat durch die Mitwirkung bei der Erstellung der Umsatzsteuererklärung der Klägerin zu 2 im schriftlichen Verfahren als Beistand geschäftsmäßig unbefugt Hilfe in Steuersachen geleistet hat.
a) Eine Hilfeleistung in Steuersachen liegt vor, wenn eine Tätigkeit ausgeübt wird, die eine Anwendung von Steuerrechtskenntnissen erfordert. Hierunter fällt auch die Hilfe bei der Erstellung von Umsatzsteuererklärungen (Drüen in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, § 80 Rn. 56 m.w.N.). Dass die Klägerin zu 1 Hilfe in Steuersachen geleistet hat, ist im Übrigen eine rechtliche Würdigung, die die Beteiligten übereinstimmend teilen.
b) Die Klägerin zu 1 hat durch ihre Mitwirkung bei der Erstellung der Umsatzsteuererklärung der Klägerin zu 2 zwar nicht als Bevollmächtigte, aber als Beistand der Klägerin zu 2 i.S.d. § 80 Abs. 5 AO gehandelt.
Dass die Klägerin zu 1 die Umsatzsteuererklärung 2009 für Klägerin zu 2 bei der Finanzbehörde abgegeben hat, kann der Senat feststellen. Damit beschränkt sich die feststellbare Mitwirkung der Klägerin auf die Mitwirkung bei der Anfertigung der Steuererklärung. Hierdurch ist die Klägerin zu 1 nach Auffassung des Senates als Beistand im Sinne des § 80 Abs. 5 AO tätig geworden.
Ein steuerlicher Berater, der bei der Anfertigung einer Steuererklärung mitwirkt, wird dabei nicht als Bevollmächtigter, sondern als Gehilfe des Steuerpflichtigen tätig, der seiner Erklärungspflicht aufgrund der §§ 149 f AO in eigener Person nachkommt (BFH-Urteil vom 03.02.1983 IV R 153/80, BStBl. II 1983, 324; a.A. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 80 AO Rn. 132, 146).
Ob diese Tatsache eine Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO ausschließt, ist - soweit ersichtlich - höchstrichterlich noch nicht geklärt. Das FG Köln vertrat die Ansicht, wer lediglich bei der Anfertigung einer Steuererklärung mitgewirkt habe, könne nicht nach § 80 Abs. 5 AO zurückgewiesen werden, da er weder Bevollmächtigter noch Beistand sei (FG Köln Urteil vom 05.11.1996 8 K 4965/94, EFG 1997, 1144; ohne Entscheidung in der Sache aufgehoben durch BFH-Urteil vom 27.01.2004 VII R 55/02, [...]). Beistand i.S.d. § 80 AO sei nur eine Person, die den Beteiligten gemäß § 80 Abs. 4 AO bei Verhandlungen oder Besprechungen durch mündlichen Vortrag unterstützt (wohl glA Dumke in Schwarz, Kommentar zur AO, § 80 Rn. 12 u. 66; Rüsken in Beermann/Gosch, § 80 AO Rn. 142).
Nach anderer Auffassung seien auch Personen, die einen Beteiligten bei dessen schriftlichen Erklärungen unterstützen, ggf. nach § 80 Abs. 5 AO zurückzuweisen. Die Tätigkeit eines Beistands sei nicht auf (mündliche) Verhandlungen und Besprechungen i.S.d. § 80 Abs. 4 AO beschränkt (so Drüen in Tipke/Kruse, § 80 AO Rn. 49; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 80 AO Rn. 246, 250; siehe aber auch Rn. 265).
Der erkennende Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Aus § 80 Abs. 6 Satz 1 AO ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber nicht nur mündliche Hilfen i.S.d. § 80 Abs. 4 AO, sondern auch eine schriftliche Unterstützung des Steuerpflichtigen unter den Begriff des Beistands subsumiert (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 80 AO Rn. 246). Insoweit geht der Begriff des "Beistands" in § 80 AO über denjenigen des § 90 Zivilprozessordnung (ZPO) hinaus. Da die geschäftsmäßige Mitwirkung an der Erstellung von Steuererklärungen eine Hilfeleistung in Steuersachen ist (vgl. oben 1.), besteht auch ein Bedürfnis, Personen die geschäftsmäßig unerlaubt derartige Hilfe in Steuersachen leisten, schon dann gemäß § 80 Abs. 5 AO zurückzuweisen, wenn sie durch entsprechende Angaben in einer Steuererklärung auf ihre Mitwirkung hinweisen. Hierdurch werden derartige Beistände gemäß § 80 Abs. 8 Satz 2 AO für alle etwaigen zukünftigen Verfahrenshandlungen im Laufe der weiteren Bearbeitung der Steuererklärung (etwa Beantwortung von Fragen, Einlegen eines Einspruchs usw.) ausgeschlossen.
c) Nach § 2 Satz 1 StBerG darf die Hilfeleistung in Steuersachen geschäftsmäßig nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu befugt sind. Eine Befugnis ist danach auch für eine Steuerberatungsgesellschaft erforderlich, die - wie die Klägerin zu 1 - ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) hat und von dort aus Hilfe in Steuersachen für Steuerpflichtige in der Bundesrepublik leistet, selbst wenn sich die für die Steuerberatungsgesellschaft handelnden Personen zur Erbringung der Dienstleistungen nicht auf das Gebiet der Bundesrepublik begeben.
aa) Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind u.a. nach § 3 Nr. 3 StBerG Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften befugt. Die Klägerin zu 1 ist keine solche Gesellschaft. Sie ist insbesondere nicht gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 StBerG als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt.
bb) Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 StBerG sind Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU beruflich niedergelassen sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaates leisten, zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen auf dem Gebiet der Bundesrepublik befugt. Der Umfang der Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen im Inland richtet sich nach dem Umfang dieser Befugnis im Niederlassungsstaat (§ 3a Abs. 1 Satz 2 StBerG). Bei ihrer Tätigkeit im Inland unterliegen sie denselben Berufsregeln wie die in § 3 StBerG genannten Personen (§ 3a Abs. 1 Satz 3 StBerG). Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3a Abs. 1 StBerG ist nur zulässig, wenn die Person vor der ersten Erbringung im Inland der zuständigen Stelle schriftlich Meldung erstattet (§ 3a Abs. 2 Satz 1 StBerG).
Die Klägerin zu 1 erfüllte und erfüllt die Voraussetzungen des § 3a Abs. 1 StBerG nicht.
Ausweislich der Auskunft der Steuerberaterkammer Düsseldorf in ihrem Schreiben vom 29.05.2013 sind weder die Klägerin zu 1 noch Y und X vorübergehend gem. § 3a StBerG im Berufsregister der Steuerberaterkammer eingetragen (Bl. 1 bis 3 des Retenten S 0821 - 3/15/13 - 295 des Beklagten). Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 10.04.2013 in dem Verfahren ... die Klage der Klägerin zu 1 gegen die Steuerberaterkammer Düsseldorf auf vorübergehende Eintragung in das Berufsregister nach § 3a StBerG abgewiesen. Die Klägerin zu 1 habe keinen Anspruch auf vorläufige Eintragung in das Berufsregister. Maßgebend sei, dass § 3a StBerG auf die Klägerin zu 1 nicht anwendbar sei; sie erbringe nicht nur vorübergehend und gelegentliche Hilfeleistungen in Steuersachen im Bundesgebiet.
Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Klägerin zu 1 ist nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft in Deutschland tätig. Dies ergibt sich sowohl aus ihrem wiederholten Auftreten vor deutschen Finanzbehörden und Finanzgerichten als auch aus ihrer Firmenbezeichnung, die den deutschen Titel "Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft" enthält und sich damit nicht an eine niederländische Mandantschaft, sondern offensichtlich an deutsche Mandanten wendet, sowie aus der entsprechenden Gestaltung ihres Briefkopfes. Dem erkennenden Senat ist aus einer Vielzahl von Verfahren, die eine Zurückweisung der Klägerin zu 1 als Bevollmächtigte betreffen, bekannt, dass die Klägerin zu 1 unter der Anschrift ihres inländischen Zustellungsbevollmächtigten (...) handelt und Mandanten im räumlichen Umfeld dieses inländischen Standorts betreut.
Von dem für § 3a StBerG maßgebenden Begriff der Dienstleistung i.S. des Art. 57 AEUV werden nur grenzüberschreitende vorübergehende Hilfeleistungen in Steuersachen erfasst. Darunter fallen solche zeitlich begrenzten Leistungen, die ohne dauerhafte Niederlassung (nach Art. 57 AEUV: "vorübergehend") in dem betreffenden Mitgliedstaat erbracht werden.
Der vorübergehende Charakter einer grenzüberschreitenden Dienstleistung ist nicht nur unter Berücksichtigung der Dauer der Leistung, sondern auch ihrer Häufigkeit, regelmäßigen Wiederkehr oder Kontinuität zu beurteilen. Er schließt zwar nicht die Möglichkeit für den Dienstleistungserbringer i.S. des Art. 57 AEUV aus, sich im Aufnahmemitgliedstaat mit einer bestimmten Infrastruktur (einschließlich eines Büros, einer Praxis oder einer Kanzlei) auszustatten, soweit diese Infrastruktur für die Erbringung der fraglichen Leistung erforderlich ist. Wer jedoch in "stabiler" und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausübt, fällt unter die Vorschriften des Kapitels über das Niederlassungsrecht und nicht unter die des Kapitels über die Dienstleistungen (BFH-Beschluss vom 13.11.2008 X B 82/08, [...]).
2. Der Zurückweisungsbescheid vom 23.03.2012, durch den der Beklagte die Klägerin zu 1 als Bevollmächtigte der Klägerin zu 3 in einem Verfahren wegen einer möglichen Inanspruchnahme als Haftungsschuldnerin der Klägerin zu 2 zurück gewiesen hat, ist rechtmäßig.
Rechtgrundlage hierfür ist § 80 Abs. 5 AO. Nach dieser Vorschrift sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein.
Danach war der Beklagte berechtigt, die als Bevollmächtigte der Klägerin zu 3 aufgetretene Klägerin zurückzuweisen, weil diese nicht befugt war und ist, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten. Insofern gelten die Ausführungen unter 1. sinngemäß.
V. Eine Vorlage des Rechtsstreits an den EuGH ist nicht geboten.
Nach Art. 267 AEUV entscheidet der EuGH im Wege der Vorabentscheidung u.a. über die Auslegung der Gemeinschaftsverträge; wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen (Art. 267 Abs. 2 AEUV).
Von dem für § 3a StBerG maßgebenden Begriff der Dienstleistung i.S. des Art. 57 AEUV werden nur grenzüberschreitende vorübergehende Hilfeleistungen in Steuersachen erfasst. Darunter fallen solche zeitlich begrenzten Leistungen, die ohne dauerhafte Niederlassung (nach Art. 57 AEUV: "vorübergehend") in dem betreffenden Mitgliedstaat erbracht werden.
Der vorübergehende Charakter einer grenzüberschreitenden Dienstleistung ist nicht nur unter Berücksichtigung der Dauer der Leistung, sondern auch ihrer Häufigkeit, regelmäßigen Wiederkehr oder Kontinuität zu beurteilen. Er schließt zwar nicht die Möglichkeit für den Dienstleistungserbringer i.S. des Art. 57 AEUV aus, sich im Aufnahmemitgliedstaat mit einer bestimmten Infrastruktur (einschließlich eines Büros, einer Praxis oder einer Kanzlei) auszustatten, soweit diese Infrastruktur für die Erbringung der fraglichen Leistung erforderlich ist. Wer jedoch in "stabiler" und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausübt, fällt unter die Vorschriften des Kapitels über das Niederlassungsrecht und nicht unter die des Kapitels über die Dienstleistungen (BFH-Beschluss vom 13.11.2008 X B 82/08, [...]).
Die Klägerin zu 1 ist nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft in Deutschland tätig. Dies ergibt sich sowohl aus ihrem wiederholten Auftreten vor deutschen Finanzbehörden und Finanzgerichten als auch aus ihrer Firmenbezeichnung, die den deutschen Titel "Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft" enthält und sich damit nicht an eine niederländische Mandantschaft, sondern offensichtlich an deutsche Mandanten wendet, sowie aus der entsprechenden Gestaltung ihres Briefkopfes.
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Frage, ob ein steuerlicher Berater, der bei der Erstellung einer Steuererklärung mitwirkt, im Hinblick auf diese Mitwirkung nach § 80 Abs. 5 AO zurückgewiesen werden kann, hat grundsätzliche Bedeutung und ist bereits Gegenstand des beim BFH anhängigen Revisionsverfahrens II R 44/12.
Daher wird die Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO insoweit zugelassen, als sich die Klägerin zu 1 mit ihrem zulässigen Anfechtungsbegehren gegen den Zurückweisungsbescheid vom 28.03.2012 wendet, durch den sie als Beistand der Klägerin zu 2 in deren Verfahren wegen Festsetzung der Umsatzsteuer 2009 zurückgewiesen wurde.