Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 18.03.2015, Az.: 5 A 2516/11

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
18.03.2015
Aktenzeichen
5 A 2516/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 44814
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 3. sind erstattungsfähig. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 4. sind nicht erstattungsfähig.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine der Beigeladenen zu 1. erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb mehrerer Windenergieanlagen - WEA -.

Die Beigeladene zu 1. beantragte unter dem 21. September 2009 die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von sieben WEA des Typs Enercon E-82 (Nennleistung: 2,3 MW; Nabenhöhe: 138,38 m; Gesamthöhe: 179,38 m) in W. (Landkreis O.) (Flurstücke …… und .. der Flur .., Flurstück .. der Flur .. der Gemarkung W.) (Beiakte A, Teil A, Bl. 89, 240 ff.) als Erweiterung des bestehenden Windparks. Die Anlagen sollen (nach einem am 30. August 2011 angezeigten Betreiberwechsel, Beiakte A, Teil A, Bl. 1) von den Beigeladenen zu 2. und 3. betrieben werden. Die Fläche, auf der die WEA errichtet werden sollen, liegt innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Flächennutzungsplans der Gemeinde W. (Änderung 13, Erweiterung des Windparks W./ C.-Ost) und dem am 1. April 2011 in Kraft getretenen vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 1a „Erweiterung des Sondergebietes Windparks W./ C.-Ost“ (Beiakte A zum Verfahren 5 B 4630/13, vorderer Teil). Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens führte der Beklagte eine Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles nach den § 3c i.V.m. § 17 Abs. 3 UVPG durch und stellte fest, dass für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht besteht.

Mit Bescheid vom 31. März 2010 erteilte der Beklagte der Beigeladenen zu 1. die beantragte Genehmigung (Beiakte A, Teil A, Bl. 64). Unter dem 10. Juni 2010 und 22. Juli 2010 ergingen Nachtragsgenehmigungen (Beiakte A, Teil A, Bl. 45, 50). Die letzte WEA (Nr. 4) ging am 23. August 2013 in Betrieb.

Gegen den Genehmigungsbescheid vom 31. März 2010 legte der Kläger am 10. Mai 2010 Widerspruch ein (Beiakte A, Teil B, Bl. 33, 39, 42, 48, 57), über den der Beklagte bisher nicht entschieden hat. Der Kläger ist Eigentümer des in westlicher Richtung benachbarten Grundstücks in W. (Flurstück …. der Flur .. der Gemarkung W.) und betreibt dort einen Tierhaltungsbetrieb mit 39.400 Plätzen für Masthähnchen-Elterntiere zur Bruteiproduktion.

Der Kläger begründete seinen Widerspruch damit, dass es an der Rechtsgrundlage für die Genehmigung fehle, weil der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 1a nicht rechtskräftig sei. Eine Planreife habe nicht vorgelegen. Der Standort der südwestlich seines Betriebes gelegenen WEA Nr. 4 unterschreite zudem die nach Bauordnungsrecht zulässigen Grenzabstände. Eine diesbezüglich mit dem Betreiber - dem Beigeladenen zu 2. - getroffene Vereinbarung vom 30. Juni/ 12. Juli 2005 (im Folgenden: Nutzungsvertrag, Bl. 102 der Gerichtsakte 5 B 1365/10) sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage und nachfolgendem Rücktritt unwirksam und könne im Übrigen keine Grundlage für die Genehmigung darstellen. Der von den WEA, insbesondere der WEA Nr. 4 ausgehende Lärm verstoße gegen das Rücksichtnahmegebot. Die Ramm- und Gründungsarbeiten könnten zu Schäden an der Gebäudesubstanz sowie am Tierbestand führen. Auch das Veterinäramt des Beklagten könne negative Auswirkungen dieser Arbeiten für das geplante Vorhaben auf Produktion und Verhalten der Tiere nicht ausschließen (Schreiben vom 9. April 2010, Bl. 16 der Gerichtsakte im Verfahren 5 B 1365/10). Die WEA Nr. 4 führe durch den Schattenwurf zu einer erheblichen Ertragsbeeinträchtigung der Photovoltaikanlage auf dem Dach der Stallungen und sei insgesamt rücksichtslos. Auch seien Leib und Leben der im Betrieb beschäftigten Personen durch wegschleudernde Eisstücke oder Bauteile bedroht. Die westlich seines Betriebes geplante WEA Nr. 3 erzeuge künftig auf der dort befindlichen Fensterfront des gesamten Arbeitstraktes drehende Schatten und führe zu einem unzumutbaren Arbeitsklima. Bei der Planung und Genehmigung sei auch nicht die Bindungswirkung des ihm erteilten Bauvorbescheides für ein Betriebsleiterwohnhaus mit einer Mehrzweckhalle auf dem Grundstück berücksichtigt worden.

Nach Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheids durch den Bescheid des Beklagten vom 21. Mai 2010 (Beiakte A, Teil A, Bl. 16) suchte der Kläger um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach (5 B 1365/10). Aufgrund der von der erkennenden Kammer geäußerten Zweifel an der Einhaltung der Abstandsvorschriften durch die WEA Nr. 4 (vgl. dazu Bl. 111 R der Gerichtsakte im Verfahren 5 B 1365/10) erklärte die Beigeladene zu 1. am 17. Juni 2010 gegenüber dem Beklagten, dass sie auf „die sofortige Vollziehbarkeit der angegriffenen Genehmigung für die Windenergieanlage Nr. 4 verzichtet.“ Mit Beschluss vom 8. Juli 2010 stellte die Kammer das Verfahren ein, soweit die Beteiligten es übereinstimmend für erledigt hatten, und lehnte den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Übrigen ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Klägers blieb ohne Erfolg (Nds. OVG, Beschluss vom 8. März 2011 - 12 ME 196/10 -).

Im Mai 2011 beantragte die Beigeladene zu 1. auf der Grundlage des mit dem Kläger abgeschlossenen Nutzungsvertrages und der in dessen § 5 enthaltenen Vollmacht bei dem Beklagten die Eintragung einer Abstandsbaulast gem. § 92 NBauO wegen Unterschreitens des nach § 7 NBauO a.F. erforderlichen Grenzabstandes zum Grundstück des Klägers. Unter dem 20. Mai 2011 hörte der Beklagte den Kläger zu der beantragten Eintragung an und wies dabei darauf hin, dass noch nicht geklärt sei, ob die auf der Grundlage des Nutzungsvertrages erteilte Vollmacht zur Eintragung einer Baulast nach der Kündigungserklärung des Klägers noch wirksam sei. Zur Klärung dieser Rechtsfrage erhob der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. für die Windpark W./ C.-Ost V… GmbH Klage bei dem Landgericht O. (3 O 2282/11). Den Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend, dass dem Beklagten aufgegeben wird, die beantragte Abstandsbaulast nicht in das Baulastenverzeichnis einzutragen, lehnte die 4. Kammer des erkennenden Gerichts mit Beschluss vom 30. Juni 2011 ab (4 B 1314/11).

Mit Beschluss vom 30. Dezember 2011 setzte das Landgericht O. das Verfahren nach § 148 ZPO bis zum rechtskräftigen Abschluss der verwaltungsgerichtlichen Verfahren aus (Bl. 49 Gerichtsakte). Daraufhin hörte der Beklagte den Kläger unter dem 18. Januar 2012 erneut zu der beantragten Eintragung einer Abstandsbaulast an.

Der Kläger hat bereits am 27. Oktober 2011 Untätigkeitsklage gegen die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erhoben.

Mit Urteil vom 24. Juli 2012 wies die 4. Kammer des erkennenden Gerichts die am 3. Juni 2011 erhobene Klage des Klägers auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Betriebsleiterwohnhauses ab (4 A 1260/11). Seinen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil lehnte das Nds. Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. September 2013 ab (1 LA 138/12).

Auf den Antrag der Beigeladenen zu 1. vom 21. September 2012 genehmigte der Beklagte mit Änderungsgenehmigungsbescheid vom 31. Januar 2013 (Beiakte A zum Verfahren 5 B 4630/13, Bl. 1) nach § 16 Abs. 1 BImSchG die Verlegung des Anlagenstandorts der WEA Nr. 4 um 62 m nach Westnordwest und erteilte gleichzeitig nach § 31 Abs. 2 BauGB eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 1a der Gemeinde W.. Weil das gem. § 5 NBauO 2012 erforderliche Abstandsmaß von 0,5 H (= 115,2 m, Beiakte A, Teil A, Bl. 372) zu dem Grundstück des Klägers durch den neu gewählten Standort eingehalten wurde, kam es zu der beantragten Eintragung der Abstandsbaulast letztlich nicht. Die in diesem Zusammenhang erhobene zivilgerichtliche Klage wurde mittlerweile zurückgenommen.

Gegen den Änderungsbescheid vom 31. Januar 2013 erhob der Kläger am 5. März 2013 Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist. Seinen ebenfalls am 5. März 2013 gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (5 B 2131/13) nahm der Kläger im Hinblick auf den kraft Gesetzes eintretenden Suspensiveffekt des Widerspruchs zurück.

Nachdem der Beklagte die sofortige Vollziehung der Änderungsgenehmigung angeordnet hatte, beantragte der Kläger am 22. März 2013 erneut die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Änderungsgenehmigung (5 B 4630/13). Die erkennende Kammer lehnte diesen Antrag mit Beschluss vom 25. April 2013 u.a. mit der Begründung ab, dem Kläger fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Denn weil der Beklagte den Genehmigungsbescheid vom 31. März 2010 nur hinsichtlich der Lage der WEA Nr. 4 geändert hatte, entfaltete die gegen die Genehmigung vom 31. März 2010 gerichtete Klage, welche die grundsätzliche Errichtung und den Betrieb der WEA Nr. 4 - wenn auch an einem anderen Standort - umfasst, aufgrund des von der Beigeladenen zu 1. erklärten Verzichtes auf die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigung nach wie vor aufschiebende Wirkung, so dass mit einer Errichtung und dem Betrieb der Anlage auch an dem neuen Standort weiter nicht begonnen werden durfte und der Kläger mit der isolierten Anfechtung der Anordnung des Sofortvollzugs für die Änderungsgenehmigung damit eine Verbesserung seiner Rechtsposition nicht erreichen konnte.

Am 2. April 2013 erweiterte der Kläger die gegen die Erteilung der ursprünglichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erhobene Untätigkeitsklage um den Änderungsbescheid vom 31. Januar 2013 (Bl. 73 Mitte der Gerichtsakte).

Am 30. April 2013 ordnete der Beklagte auf den Antrag der Beigeladenen zu 1. die sofortige Vollziehung der (Ursprungs-)Genehmigung vom 31. März 2010 im Hinblick auf die WEA Nr. 4 an. Am selben Tag beantragte der Kläger zunächst die Feststellung, später hilfsweise die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Genehmigungsbescheid vom 31. März 2010 in Gestalt der Änderungsgenehmigung vom 31. Januar 2013 (5 B 4914/13). Die Kammer lehnte den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 30. Mai 2013 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde des Klägers blieb ohne Erfolg (Nds. OVG, Beschluss vom 14. November 2013 - 12 ME 131/13 -).

Zur Begründung seiner Untätigkeitsklage wiederholt, vertieft und ergänzt der Kläger seine Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren und nimmt dazu insbesondere auf die bereits geführten gerichtlichen Eilverfahren Bezug. Er macht dabei im Wesentlichen geltend:

a) Dem immissionsschutzrechtlichen Vorhaben stehe sein Rechtsanspruch auf Genehmigungserteilung für das von ihm geplante Betriebsleiterwohnhaus entgegen.

b) Aufgrund einer erheblichen Veränderung des Standortes der WEA Nr. 4 gegenüber dem vorherigen Antrag hätte die Beigeladene zu 1. statt eines Änderungsantrags einen vollständig neuen Antrag für den gesamten Windpark stellen müssen.

c) Durch die geänderte Höhe der WEA und deren geänderte Standorte sowie das Vorhandensein eines Stalles mit schutzwürdigen Räumen hätten sich die der Abwägung zugrundeliegenden Umstände derart verschoben, dass die Planungsvoraussetzungen nicht mehr vorlägen und der der Genehmigung zugrundeliegende vorhabenbezogene Bebauungsplan funktionslos geworden sei.

d) Der vorhabenbezogene Bebauungsplan sei darüber hinaus auch unwirksam, weil die Unterschreitung der Sicherheitsabstände zu den Erdgasförderstationen und damit die gesunden Arbeits- und Wohnverhältnisse der ortsansässigen Bevölkerung nicht berücksichtigt worden seien. Damit seien die entscheidungserheblichen Grundlagen nicht ermittelt und eingestellt worden und die Planung offensichtlich abwägungsfehlerhaft erfolgt.

Bei der Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans sei der Rat der Gemeinde W. in Unkenntnis über die tatsächlich relevanten Sicherheitsabstände gelassen worden, so dass die Ratsmitglieder von der Einhaltung der Sicherheitsabstände hätten ausgehen müssen. Eine (erneute) Stellungnahme des Landesbergamtes sei erst am 8. November 2010 und damit sieben Monate nach Erteilung der Genehmigung eingeholt worden (Bl. 169 in der Gerichtsakte 5 B 4914/13). Offenbar sei dabei eine Stellungnahme angefordert worden, der eine ganz andere Planungsgrundlage zugrunde gelegen habe. Es sei lediglich die Betroffenheit der Förderstation T10 und nicht der ebenfalls betroffenen Station T13 thematisiert worden. Auch würde das Landesbergamt anderenfalls seinen eigenen Schutzanweisungen aus der Rundverfügung vom 12. Januar 2005 widersprechen, nach denen ab einer Bauhöhe von 120 m und einer Leistung von über 2 MW mindestens ein Sicherheitsabstand von 200 m einzuhalten sei (Bl. 170 in der Gerichtsakte 5 B 4914/13). Die danach zudem zwingend erforderlichen Einzelnachweise seien bei Akteneinsicht nicht enthalten gewesen. Dass sich sowohl die Firma E. als auch das Landesbergamt mit einem Gutachten einverstanden erklären, das von wesentlich geringeren Abständen ausgehe und auch die oberirdische Erdgasanlage T13 völlig außer Acht lasse, beruhe auf vorsätzlicher Täuschung sowohl der Ratsmitglieder als auch der Firma E. und des Landesbergamtes. In Ermangelung korrekter Abwägungsgrundlagen müsse der Bebauungsplan für den Windpark im Rahmen einer Inzidentkontrolle als unwirksam erkannt werden. Die Behauptung der Beigeladenen zu 1. (Bl. 74 der Gerichtsakte 5 B 4630/13), dass er - der Kläger - im Planaufstellungsverfahren das Thema Erdgasleitungen oder -stationen angeführt habe, sei unzutreffend. Er habe lediglich die Grenzabstände zur WEA Nr. 4 im Planaufstellungsverfahren sowie seine nicht eingezeichneten Gebäude erwähnt.

e) Die Sicherheitsabstände der WEA Nr. 1 und 6 zu den Erdgasförderstationen T10 und T13 seien nicht eingehalten, was sowohl seine - des Klägers - Rechtsgüter als auch wegen der in unmittelbarer Umgebung verlaufenden A 29 sowie der dort wohnhaften Anwohner die Rechtsgüter der Allgemeinheit betreffe.

Laut dem Gutachten der Firma Dr.-Ing. V. Ingenieurgesellschaft mbH (im Folgenden: V.) vom 12. März 2009 sei ein Abstand der WEA Nr. 6 von der Erdgasförderstation T10 von 175 m zum Bohrloch ausgewiesen. Die Firma E. Production Deutschland GmbH (im Folgenden: E.) habe dem Beklagten die Einhaltung eines Sicherheitsabstandes von 205 m bestätigt, obwohl der tatsächliche Abstand zur Erdgasstation lediglich 142 m betrage.

Die WEA Nr. 1 habe nur einen Abstand von 148 m von der Erdgasförderstation T13, obwohl der vorgegebene Sicherheitsabstand 205 m betrage. Diese Anlage stehe in einem Abstand von 700 m neben der klägerischen Stallanlage und den dort täglich arbeitenden Menschen. Aufgrund der Unterschreitung bestehe eine Explosionsgefahr mit Gefahr für umliegende Gebäude. Zudem bestehe im Umfeld von Erdgasförderstationen auch eine höhere Wahrscheinlichkeit von Bodenerschütterungen.

Das V.-Gutachten vom 14. Dezember 2010 beruhe allein auf den Angaben der Beigeladenen zu 1. Mehrere Änderungen der projektbezogenen Unterlagen wie die Verschiebungen der Standorte der WEA Nr. 5 und 6, die geänderte Höhenangabe der WEA Nr. 6 auf 108,80 m und die Verschiebung des Standortes der WEA Nr. 1 seien nicht berücksichtigt. Da die Anlagenhöhe mehr als 120 m betrage, dürfe nach Auskunft des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie - Landesbergamt - eine Errichtung nur auf der Grundlage eines Einzelgutachtens erfolgen. Der Änderungsantrag vom 31. März 2013 gehe von der Errichtung von 7 WEA des Typs Enercon E-82 mit einer Nabenhöhe von 138,38 m und einer Leistung von 2,3 MW aus. Dies entspreche dem V.-Gutachten als Bestandteil der Genehmigung vom 31. März 2010 nicht. Das Gutachten sei nicht geeignet, die Bedenken hinsichtlich der Abstandsproblematik zu zerstreuen.

Das V.-Gutachten mit einer Beschränkung des gefährdeten Bereichs auf 10 m rund um das eigentliche Bohrloch entspreche nicht den Vorgaben des Landesbergamtes, nach denen nicht nur das Bohrloch selbst, sondern alle gasfördernden Aufbauten zu berücksichtigen seien. Da die WEA Nr. 6 nur 142 m von der Erdgasförderstation entfernt steht und sämtliche Gutachten auf das Ausmessen als Grundlage verweisen, sei die Genehmigung dieser WEA neben der Förderstation T10 auf dieser Basis rechtswidrig.

Da die Ursprungsgenehmigung bereits am 31. März 2010 erteilt worden sei, müsse eine auf dem V.-Gutachten basierende mögliche Änderung der Bauleitplanung nach dem streitentscheidenden Zeitpunkt für den Prüfungsmaßstab des § 33 BauGB unberücksichtigt bleiben.

f) Aus dem Rücksichtnahmegebot folge, dass der Sicherheitsabstand zwischen WEA und schutzwürdigen Arbeitsräumen zur Vermeidung der Umsturzgefahr größer als die Anlagenhöhe und zur Vermeidung der Abwurfgefahr größer als der dreifache Rotordurchmesser sein müsse. Diese Abstände würden für die WEA Nr. 4 zum Arbeitsraum im Stall unterschritten.

g) Von den WEA gingen schädliche Umwelteinwirkungen durch sich drehende Schatten aus. Der neue Standort der WEA Nr. 4 führe sogar noch zu einer Verschlechterung der Schattenwurfproblematik, da der Schattenwurf exakt die Fensterfront des Masthähnchen-Elterntier-Zuchtbetriebes betreffe, in dessen Aufenthaltsräumen täglich von 8.00 bis 18.00 Uhr die Bruteier sortiert, gewogen und verpackt würden. Eine laufende und exakte Beobachtung und visuelle Kontrolle der Bruteier sei nötig, um fehlerhafte Eischalen zu erkennen und auszusortieren. Der durch die WEA erzeugte „Disco-Effekt“ könne bei dieser konzentrierten visuellen Arbeit - auch aus Arbeitsschutzgesichtspunkten - auf Dauer nicht hingenommen werden; ebenso wenig könne auf den Einfall von Tageslicht verzichtet werden. Die Anpassung des Schattenwurfgutachtens könne diesen Sachverhalt nicht berücksichtigen, da für den Standort des Betriebes keine Messpunkte berücksichtigt worden seien

Das Gutachten zur Schattenwurfberechnung vom 22. August 2013 (Beiakte J) sei unzutreffend:

Die unter Ziff. 6 genannte Vorbelastung sei nicht korrekt ermittelt worden. Das Ergebnis der Schattenwurfzeiten der nördlich befindlichen und bestandskräftig genehmigten WEA falle von der Startzeit (nach 19.00 Uhr) bis zur Endzeit (vor 20.00 Uhr) des Schattenwurfs nicht in den täglichen Arbeitszeitraum von 8.00 bis 18 Uhr. Die östlich der Stallungen stehenden und bestandskräftig genehmigten WEA fielen bereits von ihrem Standort her aus jeder Berechnungsgrundlage heraus, weil ein Schattenwurf nach den Naturgesetzen nicht auf die Immissionspunkte an der Westseite der 100 m langen Stallgebäude fallen könne.

Auch ein Schattenwurf der bestandskräftig genehmigten WEA Nr. 1 bis 3 (Bezeichnung im Gutachten) sei in der Realität nicht möglich und bisher nicht festgestellt worden, da die Vorgabe einer Bepflanzung auf einem Wall und der bestehende Baumbestand jeden Schattenwurf abfange.

Das Gutachten beruhe zudem auf falschen Grundlagen. So sei die Überschrift falsch, weil nicht sieben, sondern zwölf WEA berechnet worden seien. Es handele sich nicht um eine Putenzucht, sondern um einen Legehennenstall für Elterntiere. Es seien nicht die endgültig genehmigten, handschriftlich ergänzten Genehmigungspläne für die Stallungen bewertet worden. Die Arbeit in den Stallungen falle auch an Sonn- und Feiertagen an. Die Wertung unter Ziff. 5.2 zu den IP20 bis 30 sei falsch, weil keine gewerbliche, sondern eine landwirtschaftliche Nutzung vorliege. Die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Aufnahmen (USB-Stick in Bl. 63 der Gerichtsakte 5 B 4630/13) als Grundlage für den Schattenwurf der WEA Nr. 6 bis 12 belegten eine der Baugenehmigung entsprechende Nutzung der Räume sowie deren Schutzwürdigkeit. Die Bildmontage auf Seite 1 des Gutachtens verfälsche die Realität, da die WEA Nr. 4 direkt vor der Stallanlage stehe. Die Standortbegehung habe nicht um 13.30 Uhr, sondern um 16.00 Uhr stattgefunden. Es sei auch unzutreffend, wenn unter Ziff. 1 des Gutachtens ausgeführt werde, das bisherige Gutachten sei ungültig geworden, weil eine Änderung auf den Anlagentyp Enercon E82-E2 mit 2,3 MW geplant sei. Denn die Ursprungsgenehmigung beinhalte bereits den Zusatz für den Anlagentyp E2. Das Schattenwurfgutachten mit seiner jetzt erst festgelegten Zusatzbelastung für die ursprünglichen IP1 bis 19 als Grundlage und Bestandteil der erteilten Genehmigung und des vorhabenbezogenen Bebauungsplans belege, dass den rechtlichen Anforderungen zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nicht entsprochen worden sei.

Die Nutzung der Stallungen erfolge auch innerhalb des rechtlich zulässigen Rahmens. Die baurechtlich unbedeutenden Verschiebungen von Fenstern in den nur von Brandmauern getrennten, aber ansonsten offenen Arbeitsräumen beruhe auf handschriftlichen Änderungen des Beklagten in Bezug auf 1 x 2 m messende Zugänge für die Feuerwehr statt eingezeichneter Fenster. Ebenfalls aufgrund feuerschutzrechtlicher Anforderung sei der Anschlussraum, in dem das Notstromaggregat untergebracht sei, mit einem Fenster als zusätzliche Notöffnung ausgestattet worden. In der weiteren, 2008 angegliederten Stalleinheit habe aus statischen Gründen auf ein eingezeichnetes Fenster verzichtet werden müssen. Die von dem Beklagten geforderten zusätzlichen Türen für die Feuerwehr führten zu einem Gang bzw. Vorraum, in dem die Bruteier erstmalig sortiert würden. Jeweils mittig der vier Ställe würden die aus den Ställen transportierten Bruteier an ein Quersammelband übergeben. Das weitere Sortieren und Wiegen sowie Verpacken erfolge im zentralen Technikraum. Die Behauptung des Beklagten, die erteilten Baugenehmigungen sähen für den Technikraum in Richtung WEA keine Fenster vor, sei unzutreffend. Tatsächlich wiesen beide Genehmigungen an der westlichen Ecke des Technikraumes ein Fenster in Richtung WEA aus, das auch so errichtet sei und durch das der Schattenwurf der WEA Nr. 3 bis 6 in den Technikraum gelange.

Der im Genehmigungsbescheid enthaltene Auflagenvorbehalt führe ohne den Erlass einer entsprechenden Auflage nicht zur Rechtmäßigkeit der Genehmigung, wenn das Gutachten zur Schattenwurfberechnung Abschaltzeiten für erforderlich halte. Es sei auch nicht Aufgabe des Gerichts, hier Auflagen anzuregen. Da die Arbeitsräume im Übrigen auch schutzwürdig seien im Hinblick auf Lärmimmissionen, Umsturzgefahr, Gefahr von Rotorblattabwurf und Wechselwirkungen mit Gasförderstationen genüge die Begutachtung auch unter Berücksichtigung neuer Abschaltzeiten dem Schutzanspruch des Klägers nicht.

Die insbesondere von der WEA Nr. 4 erzeugte Verschattung vermindere die Erträge der Photovoltaikanlage auf dem Dach der Stallungen erheblich.

h) Die Arbeitsräume im Geflügelstall müssten auch hinsichtlich der Gesamtschallentwicklung des Gesamtwindparks einschließlich der WEA Nr. 4 berücksichtigt werden, da es sich gemäß dem Beschluss der Kammer vom 25. April 2014 (5 B 4630/13) um schutzbedürftige Räume handele. Nachträge zu oder Abweichungen von Gutachten müssten zudem durch eine neue immissionsschutzrechtliche Genehmigung legalisiert werden.

Der Kläger beantragt,

die Genehmigung vom 31. März 2010 in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 31. Januar 2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung dafür, dass über den Widerspruch nicht entschieden worden ist, verwies der Beklagte zunächst darauf, dass das zivilrechtliche Klageverfahren auf Feststellung der Wirksamkeit des Nutzungsvertrages vorgreiflich sei und bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im zivilrechtlichen Verfahren eine Rechtsbeeinträchtigung des Klägers auch nicht gegeben sei, weil der Beigeladene zu 1. erklärt habe, von der Genehmigung für die WEA Nr. 4 zunächst keinen Gebrauch zu machen. Nachdem das zivilgerichtliche Verfahren wegen Vorgreiflichkeit des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt worden war, gab der Beklagte in einem Schriftsatz vom 19. Januar 2012, also noch vor der Erteilung der Änderungsgenehmigung, an, dass auch weiterhin nicht über den Widerspruch entschieden werden könne, bis rechtskräftig über die nunmehr von ihm - dem Beklagten - vorzunehmende Eintragung der Abstandsbaulast entschieden sei.

In der Sache weist der Beklagte darauf hin, dass in den genehmigten Bauvorlagen vom 6. Mai 2003 und vom 31. Oktober 2007 (Grundrisse) Grüneinträge für den Brandschutz vorgenommen seien (Bl. 260, 273 und 274 der Beiakte I bzw. Bl. 1, 71 und 72 der Beiakte H), die lediglich im Westgiebel die Anlage von Türen (mindestens 1 x 2 m im Lichten) als Zu- und Durchgang für die Feuerwehr beinhalteten. Diese Türen führten jeweils zu einem Gang bzw. Vorraum, nicht dagegen zu Aufenthaltsräumen. Weitere zusätzliche Öffnungen bzw. Türen oder die Verlegung von Öffnungen seien weder aus bauordnungsrechtlicher Sicht noch aus statischen Gründen gefordert worden und nicht Inhalt der genehmigten Bauvorlagen (vgl. fachliche Stellungnahme des Bauamtes des Beklagten vom 20. März 2014, Bl. 92 der Gerichtsakte). Der vom Kläger beantragte Technikraum sehe laut Bauzeichnungen der Genehmigungen keine Fenster in Richtung der WEA vor. Durch die veränderte Bauausführung nutze der Kläger die vermeintlichen Arbeitsräume in rechtlich nicht zulässiger Weise und könne sich nicht auf die Schutzwürdigkeit der entsprechenden Räume berufen.

Die Beigeladenen zu 1. bis 3. beantragen ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweisen sie im Wesentlichen auf ihren bisherigen Vortrag.

Danach bestehe eine Bindungswirkung des Vorbescheides für ein Betriebsleiterwohnhaus nicht. Der Bauantrag sei nicht genehmigungsfähig.

Zu Recht sei ein Änderungsantrag nicht für den gesamten Windpark, sondern nur für eine einzelne WEA gestellt worden.

Der Bebauungsplan sei auch nicht wegen der Veränderung des Standortes der WEA Nr. 4 im Wege der Befreiung funktionslos geworden.

Die Abstände der WEA zu den Gebäuden des Klägers sowie zu den Erdgasleitungen und der Förderstation seien ausreichend groß, so dass dort keine Gefährdungen zu befürchten seien. Arbeitnehmer seien durch die WEA nicht bzw. nicht in relevanter Weise betroffen. Entsprechende Belange seien im Rahmen der Erstellung des mittlerweile bestandkräftigen Bebauungsplanes abgewogen worden. Der insoweit von dem Kläger genannte und offenbar von ihm selbst gemessene Abstand der WEA Nr. 6 von 142 m betreffe lediglich den Abstand zwischen dem Sicherheitszaun der Gasförderanlage und der WEA. Die gewählten Abstände seien in den Gutachten der Firma V. unter Sicherheitsgesichtspunkten bewertet und für unbedenklich gehalten worden, durch den unanfechtbaren Bebauungsplan festgeschrieben und entsprechend der auf dieser Grundlage erteilten Genehmigung exakt umgesetzt worden. Drittschützende Rechte seien im Übrigen nicht betroffen.

Die Schattenimmissionen der WEA seien durch die entsprechenden Nebenbestimmungen im Genehmigungsbescheid und durch die Bezugnahme des zum Genehmigungsbestandteil erklärten Schattenwurfgutachtens vorbildlich geregelt. Im Übrigen sei auch nicht ersichtlich, dass die Tierhaltungsanlage des Antragstellers im Hinblick auf den Schattenwurf überhaupt schutzwürdig oder schutzbedürftig sei. Der Stall könne mit Arbeits- oder Wohnräumen nicht gleichgesetzt werden.

Eine Beeinträchtigung der Photovoltaikanlage des Klägers sei höchst unwahrscheinlich und würde überdies nicht in dessen schutzwürdige Rechte eingreifen, da die Errichtung von WEA und hieraus resultierende Schatten keine Immission im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellten und ein öffentlich-rechtlicher Anspruch weder auf Sonneneinstrahlung noch auf Wind bestehe.

Die Verschiebung der WEA Nr. 4 wirke sich auf die einzelnen Beurteilungspegel an den Immissionsorten nicht nachweisbar aus. Zwar sei rechnerisch im Nachkommastellenbereich eine geringe Veränderung der Beurteilungspegel feststellbar. Dies führe aber nicht zu einer Rechtsverletzung des Klägers, da sich die Immissionen auf dessen Grundstück sogar verringerten. Einen zu berücksichtigenden Immissionsort gebe es auf dem Grundstück aber ohnehin nicht. Hinsichtlich der von der Gesamtanlage ausgehenden Schallimmissionen sei zudem zu berücksichtigen, dass in den Arbeitsräumen des Geflügelstalls nach den eigenen Angaben des Klägers nur in der Zeit von 8.00 bis 18.00 Uhr gearbeitet werde, so dass nur Immissionsrichtwerte von tagsüber 65 dB(A) für Gewerbegebiete oder 60 dB(A) für Kern-, Dorf- und Mischgebiete maßgeblich seien. Für die Annahme eines Gewerbegebietes spreche, dass die vom Kläger betriebene Tierhaltung eine gewerbliche sei. Der entsprechende Richtwert werde durch die Schallimmissionen der WEA zur Tagzeit um mindestens 10 dB(A) unterschritten. Abgesehen davon, handele es sich bei den Arbeitsräumen nicht um schutzwürdige Räume im Sinne der WEA Schattenwurfhinweise des LAI oder im Sinne der Sechsten Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm). Die von der Maschinensortierung der Eier hervorgerufenen Geräusche innerhalb der Arbeitsräume seien zudem schon so groß, dass die Schallimmissionen der WEA dort gar nicht wahrnehmbar seien.

Zudem könne sich der Kläger nicht auf eine Verletzung eigener Rechte berufen, weil er sich bei der Anlegung seiner Stallanlagen und der Errichtung der Räume nicht an die ihm erteilte Baugenehmigung gehalten habe, so dass die Räume auch nicht schutzwürdig seien. Die von ihm errichteten Stallungen wichen von den genehmigten Plänen in erheblichem Maße ab. So seien nahezu alle Öffnungen in den Gebäuden (Fenster und Türen) abweichend von der Genehmigung gebaut worden. Teilweise seien sie an anderen Stellen gebaut worden, teilweise nicht vorhanden und teilweise seien zusätzliche Fenster eingebaut worden. Die Stallungen wären in der vom Kläger errichteten Form auch nicht genehmigungsfähig gewesen, weil die vom Schattenwurfgutachter (Gutachten vom 22. August 2013, Beiakte J) beispielsweise an den Immissionspunkten IP21 und IP23 ermittelte Vorbelastung an Schattenwurf aus den vor Errichtung des Stalls bereits genehmigten und errichteten WEA fast 80 Stunden pro Jahr und maximal 44 Minuten pro Tag betragen und sich damit unzulässigen Immissionen ausgesetzt hätten.

Im Übrigen enthalte die angegriffene Genehmigung vom 31. März 2010 einen Auflagenvorbehalt für den Fall, dass es zu berechtigten Beschwerden aufgrund von Lärmimmissionen oder Schattenwurf komme. Erforderlichenfalls könnte eine Programmierung der Schattenabschaltautomatik der WEA dergestalt erfolgen, dass die Zusatzbelastung aus allen sieben WEA im Hinblick auf die Immissionspunkte am Stallgebäude des Klägers während der Arbeitszeiten auf Null reduziert werde.

Die Beigeladene zu 4. hat keinen Antrag gestellt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtakte in diesem Verfahren, in den Verfahren 5 B 1365/10, 5 B 2131/13, 5 B 4630/13, 5 B 4914/13, 4 A 1260/11, 4 B 1314/11 und der in diesen Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die in digitaler Form eingereichten Lichtbilder und Videos des Klägers Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zulässig. Die als Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) erhobene Klage ist jedenfalls dadurch statthaft geworden, dass der Beklagte die Widersprüche des Klägers vom 10. Mai 2010 und 5. März 2013 gegen den dem Beigeladenen zu 1. erteilten Genehmigungsbescheid bzw. den Änderungsbescheid vom 31. Januar 2013 bis heute nicht förmlich beschieden oder ihnen abgeholfen hat, obwohl das vom Beklagten zunächst als vorgreiflich erachtete zivilgerichtliche Verfahren auf Feststellung der Wirksamkeit des Nutzungsvertrages längst abgeschlossen ist und sich auch das Verfahren auf Eintragung einer Abstandsbaulast mit Erteilung der Änderungsgenehmigung erledigt hat. Da sich der Beklagte auch ohne Widerspruchsbescheidung sachlich auf das Begehren des Klägers eingelassen hat, bedarf es der weiteren Durchführung der absehbar negativen Widerspruchsverfahren nicht.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die erfolgreiche Anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch den Nachbarn setzt regelmäßig nicht nur die Rechtswidrigkeit der Genehmigung voraus, sondern vor allem, dass der Nachbar durch die Genehmigung in seinen eigenen Rechten verletzt wird. Daher kann er nicht jede Rechtswidrigkeit mit Erfolg rügen, sondern nur Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften, d.h. gegen Bestimmungen, die - zumindest auch - den Schutz der Interessen des jeweiligen Nachbarn bezwecken. Insoweit müssen zudem eigene Rechtspositionen des anfechtenden Nachbarn berührt werden. Im Fall der Anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Dritte kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Genehmigungsbescheids (gegebenenfalls in Gestalt des Widerspruchsbescheids) an (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179 und vom 11. Januar 1991 - 7 B 102.90 -, UPR 1991, 235). Dies gilt hier namentlich deshalb, weil die zu treffende Entscheidung auch prognostische Elemente enthält. Daraus folgt, dass nachträglich eintretende Entwicklungen oder neuere Erkenntnisse regelmäßig nicht geeignet sind, die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung im Nachhinein zu erschüttern, gegebenenfalls aber Anlass zu nachträglichen Anordnungen geben können (Nds. OVG, Beschluss vom 25. Februar 2014 - 12 LA 97/13 -, juris).

Die der Beigeladenen zu 1. durch den Beklagten erteilte Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von sieben WEA als Erweiterung des bestehenden Windparks vom 31. März 2010 in der Fassung der Nachtragsgenehmigungen vom 10. Juni und 22. Juli 2010 sowie der Änderungsgenehmigung vom 31. Januar 2013 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten als Nachbar; er hat deshalb keinen Anspruch auf die begehrte Aufhebung der angefochtenen Bescheide (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung bzw. die Nachtrags- und Änderungsgenehmigungen finden ihre rechtliche Grundlage in den §§ 4, 6, 19 BImSchG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - 4. BImSchV - sowie der Nr. 1.6 der Spalte 2 der hierzu ergangenen Anlage. Danach ist einem Antragsteller eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung (nur dann) zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt sind. Dies ist hier der Fall.

a) Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf den nach seiner Auffassung bestehenden und der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entgegenstehenden Rechtsanspruch auf Genehmigungserteilung für ein von ihm geplantes Betriebsleiterwohnhaus berufen. Seine diesbezügliche Klage wurde rechtskräftig abgewiesen (Urteil vom 24. Juli 2012 - 4 A 1260/11 -; Nds. OVG, Nichtzulassungsbeschluss vom 27. September 2013 - 1 LA 138/12 -).

b) Die Rechtsauffassung des Klägers, die Beigeladene zu 1. hätte aufgrund einer erheblichen Veränderung des Standortes der WEA Nr. 4 gegenüber dem vorherigen Antrag statt eines Änderungsantrags einen vollständig neuen Antrag für den gesamten Windpark stellen müssen, trifft nicht zu. § 15 und § 16 BImSchG sehen die Möglichkeit der Erteilung einer Änderungsgenehmigung insbesondere für eine Änderung der Lage einer genehmigungsbedürftigen Anlage ausdrücklich vor.

c) Die Rechtsauffassung des Klägers, der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 1a der Gemeinde W. sei funktionslos geworden, ist ebenfalls unzutreffend. Die Kammer hat hierzu bereits in ihrem Beschluss vom 25. April 2013 (5 B 4630/13) ausgeführt:

„Auf eine Funktionslosigkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 1A „Erweiterung des Windparks W./ C.-Ost“ kann sich der Antragsteller nicht berufen. Von der Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans ist auszugehen, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse im Plangebiet so weit verselbstständigt haben, dass von den planerischen Festsetzungen, die Gegenstand der gemeindlichen Beschlussfassung waren, keine steuernde Wirkung mehr ausgehen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 1997 - 4 NB 40.96 - NVwZ 1997, 893; OVG RP, Urteil vom 22. November 2011 - 8 A 10443/11 -, juris). Eine derartige Funktionslosigkeit setzt voraus, dass tatsächliche Verhältnisse eingetreten sind, welche die auf sie bezogenen Festsetzungen eines Bebauungsplans ihrer ordnenden Wirkung beraubten, weil deren Verwirklichung in ihrer ganzen Reichweite auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen ist. Die Abweichung zwischen planerischer Festsetzung und tatsächlicher Situation muss zudem derart offensichtlich sein, dass ein dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetztes Vertrauen nicht mehr als schutzwürdig angesehen werden kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. April 1977 - IV C 39.75 - BVerwGE 54, 5; vom 17. Juni 1993 - 4 C 7.91 - NVwZ 1994, 281; vom 28. April 2004 - 4 C 10.03 - NVwZ 2004, 1244; OVG RP, Urteil vom 26. Oktober 2010 - 8 C 10150/10 -; Kalb/Külpmann, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 10 Rn. 407). Das ist bei einer Verschiebung des Standortes der Windenergieanlage Nr. 4 um nur 62 m in Richtung Westnordwest nicht der Fall.“

Auch das Nds. Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 27. September 2013 (1 LA 138/12), mit dem es den Berufungszulassungsantrag des Klägers hinsichtlich des von ihm geplanten Betriebsleiterwohnhauses abgelehnt hat, ausgeführt, dass die Voraussetzungen, die an eine Funktionslosigkeit zu stellen sind, nicht vorliegen, weil der Bebauungsplan weitestgehend verwirklicht ist und die Versetzung einer einzelnen WEA mittels einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB an einen geringfügig anderen Anlagenstandort an der Wirksamkeit des Planes nichts ändert.

d) Der vorhabenbezogene Bebauungsplan ist auch nicht aufgrund einer fehlerhaften Abwägungsentscheidung unwirksam, weil - wie der Kläger meint - die Unterschreitung der Sicherheitsabstände zu den Erdgasförderstationen und damit die gesunden Arbeits- und Wohnverhältnisse der ortsansässigen Bevölkerung nicht berücksichtigt und damit die entscheidungserheblichen Grundlagen nicht ermittelt und eingestellt worden seien.

Die Abstimmung des Rates der Gemeinde W. über den Bebauungsplan war ursprünglich für den 25. November 2010 vorgesehen.

Bereits im Vorfeld der Abstimmung war seitens der FDP-Fraktion Kritik daran geäußert worden, dass zwei Anlagen im Plangebiet - die WEA Nr. 1 und Nr. 6 - die Mindestabstände zu Erdgasförderstationen nicht einhalten. So heißt es in dem Rundschreiben des Ratsherrn F. vom 18. November 2010 (http://bit.ly/..., Beiakte K, 2. Heftung):

„Die zwei Anlagen Nr. 6 und Nr. 1 innerhalb des Plangebietes unterschreiten die Mindestabstände von 175 m zu den Förderplatzgrenzen erheblich (jeweils < 150 m). Auf Nachfrage der FDP wurde für Anlage Nr. 6 im Rahmen eines Gutachtens inzwischen festgestellt, dass ein Betrieb nur bei bestimmten Windrichtungen und Windstärken möglich ist. Ohne die Abschaltung des Windrades bei bestimmten Winden war eine benachbarte Erdgasbohrung zu stark gefährdet.  (…)

Für das Windrad Nr. 1, welches nach Aussage des LBEG nur 148 m Abstand zur Förderplatzgrenze hat, liegt bisher weder dem Rat noch dem LBEG ein Gutachten vor. Nach Aussage des LBEG ist für diese Anlage der geforderte Sicherheitsabstand ‚offensichtlich unterschritten‘.

Der Rat könne sich über die Empfehlung des LBEG zwar hinwegsetzen, sei dann aber auch für die Folgen möglicher Unfälle verantwortlich. Das LBEG habe daher in seinen Stellungnamen stets auf seinen Runderlass hingewiesen. Die darin festgelegten Mindestabstände von 175 m zwischen Windrad und Förderplatzgrenze seien einzuhalten.

Eine Unbedenklichkeitserklärung kann das LBEG für das Windrad Nr. 1 nicht aussprechen.

In der Sach- und Rechtslage, die dem W. Rat vorgelegt wurde, wird nicht auf die Unterschreitung von Sicherheitsabständen hingewiesen. (…)

‚Ohne ein zusätzliches Gutachten für Windrad Nr. 1 und darauffolgende Unbedenklichkeitserklärungen durch LPEG und E. stellt die Verabschiedung des Bebauungsplanes ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar‘, so F.. (…)

Nun sollen die Ratsmitglieder nach Vorlage lückenhafter Pläne dazu veranlasst werden, einen Beschluss zu fassen, der Verwaltungsfehler im Planverfahren heilen soll. Dabei wird eine unzulässige Gefährdung von Erdgasanlagen durch fehlende Abstandsmaße in den vorgelegten Plänen verschleiert. (…)

Die FDP fordert, dass vor Verabschiedung des Bebauungsplanes der Landkreis O., die Gemeinde W. und der Investor dem Rat belegen müssen, dass für alle geplanten Standorte der Bau und der Betrieb der Windräder ohne Gefährdung der Erdgasstationen erfolgen kann. Nach derzeitigem Planungsstand liegt für eine Erdgasstation eine offensichtliche Gefährdung durch ein Windrad vor. Aus Sicherheitsgründen sollte der Gemeinderat den Beschluss über den Bebauungsplan bis zur Klärung des Sachverhaltes zurückstellen.“

Zum Zeitpunkt der Ratssitzung lagen neben dem V.-Gutachten vom 12. März 2009 (Beiakte K, erste Heftung), das die Gefährdung der Erdgasleitungen und der Erdgasstation T10 durch die danach ca. 227 bzw. 175 m entfernt davon liegenden WEA Nr. 5 und 6 bewertete, auch bereits die Ergebnisse einer erneuten Begutachtung mit einer Neubewertung der Gefährdung durch diese WEA sowie einer Erweiterung der Bewertung der Gefährdung der Erdgasstation T13 durch die danach zwischen 155 m (Zaun der Station) und 201 m (Mitte Bohrloch) entfernte WEA Nr. 1 als Vorabstellungnahme vom 25. November 2010 vor (vgl. Beiakte K, 2. Heftung; vgl. auch Gutachten vom 14. Dezember 2010, Beiakte L). Nach dem Ergebnis der Gutachten und der Vorabstellungnahme seien die WEA unter Beachtung näher beschriebener und durch Auflagen anzuordnende Sicherungsmaßnahmen, wie einen von der Windstärke und -richtung abhängigen eingeschränkten Betrieb oder eine stärkere Überwachung für einzelne WEA genehmigungsfähig, ohne dass eine unzulässige Gefährdung wegen der Unterschreitung von Sicherheitsabständen mit nachteiligen Folgen für die gesunden Arbeits- und Wohnverhältnisse der ortsansässigen Bevölkerung drohe.

Im Hinblick auf die bei einigen Ratsmitgliedern bestehende Unsicherheit hinsichtlich des Sicherheitsabstands der WEA Nr. 1 zur nächsten Erdgasförderstelle wurde die Entscheidung über den Bebauungsplan zum Windpark in W./C.-Ost gleichwohl vertagt (Zeitungsbericht N..online vom 1. Dezember 2010, http://bit.ly/..., Bl. 76 der Gerichtsakte im Verfahren 5 B 4630/13).

Der Beschluss über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 1a wurde erst in einer späteren Sitzung nach der als notwendig erachteten Aufklärung von Zweifelsfragen gefasst. Zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung waren die Ratsmitglieder damit zutreffend über die Sicherheitsabstände, deren teilweise Unterschreitung sowie zu treffende Sicherheitsmaßnahmen informiert, so dass sie auch eine ordnungsgemäße Abwägungsentscheidung treffen konnten.

Zwar erscheint es nach Aktenlage zutreffend, dass weder das Landesbergamt noch die Firma E. über den Inhalt der erneuten Begutachtung vom 14. Dezember 2010 und damit insbesondere über das Unterschreiten des Sicherheitsabstandes zwischen der Erdgasstation T13 und der WEA Nr. 1 informiert waren. Auf die von den insoweit zutreffend informierten Ratsmitgliedern zu treffende Abwägungsentscheidung bleibt dies jedoch ohne Einfluss.

e) Der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 1a der Gemeinde W. ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht wegen Unterschreitung der Sicherheitsabstände der WEA Nr. 1 und 6 zu den Erdgasförderstationen T10 und T13 unwirksam.

Das Gutachten der Firma V. vom 12. März 2009 (Beiakte K, erste Heftung) kommt zu dem Ergebnis, dass die WEA Nr. 6 mit einer Nabenhöhe von 138,38 m (Seite 10 des Gutachtens) zwar grundsätzlich eine unzulässige Gefährdung der - danach ca. 175 m entfernt davon liegenden - Erdgasstation H. - T10 darstellt, diese Gefährdung aber durch Sicherungsmaßnahmen - „Abschalten bei Windrichtungen aus SSO (150 Grad)“ - ausgeschlossen werden kann. Der Beklagte hat die in dem Gutachten genannten Sicherungsmaßnahmen als Auflage Ziff. A) 3. in den Genehmigungsbescheid vom 31. März 2010 aufgenommen.

Eine unzulässige Gefährdung der Erdgasstation durch die - laut Gutachten - 227 m entfernt liegende WEA Nr. 5 wurde durch das Gutachten bereits nicht festgestellt.

Zwar trifft die Kritik des Klägers zu, nach der sich die in den Gutachten genannten Abstände zu Unrecht auf die Mitte der Bohrlöcher beziehen, statt auf den die jeweilige Erdgasanlage umgebenden Sicherheitszaun. Die im Runderlass des Landesbergamtes vom 12. Januar 2005 geregelten Mindestabstände für WEA mit einer Leistung bis maximal 5000 kW beziehen sich auf den Abstand zur Außenkante der Station, weil anderenfalls die konkrete Lage schützenswerter Objekte auf dem Platz infolge möglicher Veränderungen im Laufe der Zeit nicht berücksichtigt werden kann (vgl. dazu den Ausdruck des E-Mail-Verkehrs des Berichterstatters mit dem Landesbergamt, Referat für Grundsatzfragen, Herr G., Bl. 156 bis 162 der Gerichtsakte sowie die E-Mail von Herrn S./ E. vom 6. Oktober 2010, Beiakte K, 2. Heftung).

Daraus allein lässt sich eine Gefährdung der Erdgasstation jedoch nicht herleiten. Da der Kläger die in den Gutachten enthaltenen Aussagen zur Gefährdungsprognose hinsichtlich des Bohrlochs und der weiteren sicherheitsrelevanten Betriebsanlagen im Einzelnen nicht substantiiert in Frage gestellt hat, führt der bloße Einwand des Klägers gegen die Bezugspunkte für die Ermittlung des Mindestabstands nicht zu Zweifeln an der Richtigkeit des Ergebnisses der gutachterlichen Bewertung.

Auch das Landesbergamt (Schreiben vom 8. November 2010, Bl. 169 der Gerichtsakte im Verfahren 5 B 4914/13) und die Firma E. als Betreiber der Gasförderstation haben ihr Einverständnis mit dem Bau der WEA Nr. 5 und 6 auch auf der Grundlage des Gutachtens in der Fassung vom 12. März 2009 erteilt, aus dessen als Anlage aufgenommenem Auszug aus dem Übersichtsplan sich entnehmen lässt, dass sich die darin enthaltene Abstandsberechnung auf die Mitte des Bohrlochs statt auf den Sicherheitszaun bezieht.

Zwar hat die Firma E. in ihrer Stellungnahme vom 4. Februar 2010 darauf hingewiesen, dass aufgrund der vorgelegten Planung die in der Rundverfügung des Landesbergamtes vom 12. Januar 2005 angegebenen maximalen Höhen überschritten seien und daher ein Einzelfallnachweis zu erbringen sei. Auf Vorlage des entsprechenden Gutachtens der Firma V.r vom 12. März 2009 hat die Firma E. mit E-Mail vom 17. Februar 2010 (u.a. Beiakte K, 2. Heftung) aber mitgeteilt, dass ihr die in der Rundverfügung geforderten Einzelfallnachweise vorgelegen haben und bei Einhaltung der in dem Nachweis angegebenen Sicherungsmaßnahmen keine Bedenken gegen die Errichtung der WEA bestehen (vgl. auch Schreiben vom 3. November 2010, Beiakte K, 2. Heftung).

Das Gutachten vom 14. Dezember 2010 (Beiakte L) stellt eine Gefährdung der Erdgasstation T13 durch die - danach 201 bzw. 155 m entfernt liegende - WEA Nr. 1 nicht fest. Dass möglicherweise weder das Landesbergamt noch die Firma E. über den Inhalt der erneuten Begutachtung vom 14. Dezember 2010 und damit insbesondere über das Unterschreiten des Sicherheitsabstandes zwischen der Erdgasstation T13 und der WEA Nr. 1 informiert waren, mag einen formellen Fehler bei der Behördenbeteiligung darstellen; eine Verletzung eigener Rechte kann der Kläger hieraus jedoch nicht herleiten. Da nach dem Ergebnis des Gutachtens, das vom Kläger auch nicht substantiiert in Frage gestellt worden ist, von der WEA Nr. 1 eine Gefährdung der Erdgasstation T13 nicht ausgeht, bestehen auch insoweit keine Anhaltspunkte für eine vom Kläger rügefähige Rechtswidrigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

Dem bedingten Beweisantrag des Klägers, ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass der Sicherheitsabstand zwischen Erdgasförderstation T10 und T13 und den nächstgelegenen Windkraftanlagen des streitigen Windparks unterschritten ist und hiermit eine unzumutbare Gefährdung für die Erdgasförderstationen mit nachteiligen Auswirkungen für die Anlage des Klägers einhergeht, war nicht zu entsprechen, weil sich aus den o.g. Gutachten ergibt, dass selbst bei Unterschreitung der im Runderlass des Landesbergamtes genannten Sicherheitsabstände bei Beachtung näher bezeichneter Sicherungsmaßnahmen eine Gefährdung der Erdgasstation nicht zu erwarten ist und der Kläger die Richtigkeit dieser Gutachten nicht substantiiert in Frage gestellt hat.

f) Nach der Erteilung der Änderungsgenehmigung vom 31. Januar 2013 und der damit verbundenen Verlegung des Anlagenstandortes um 62 m nach Westnordwest hält die WEA Nr. 4 das gem. § 5 NBauO 2012 erforderliche und auch für die Errichtung von WEA geltende Abstandsmaß von 0,5 H (= 115,2 m, Beiakte A, Teil A, Bl. 372) zu dem Grundstück des Klägers ein. Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Regelung ist für die Kammer die nicht näher belegte Annahme des Klägers nicht nachvollziehbar, aus dem Rücksichtnahmegebot folge, dass der Sicherheitsabstand zwischen WEA und schutzwürdigen Arbeitsräumen zur Vermeidung der Umsturzgefahr größer als die Anlagenhöhe und zur Vermeidung der Abwurfgefahr größer als der dreifache Rotordurchmesser sein müsse.

Auch nach der aktuellen Fassung der Liste der Technischen Baubestimmungen (Ziff. 2.7.9 des Anhangs 1 und Ziff. 2, 3.3 der Anlage 2.7/12, RdErl des MS vom. 30. Dezember 2013, Nds. MBl. 2014, 211) i.V.m. der Richtlinie „Windenergieanlagen; Einwirkungen und Standsicherheitsnachweise für Turm und Gründung“ können die für WEA wegen der Gefahr des Eisabwurfs in der Regel als ausreichend erachteten Abstände von mindestens 1,5 x (Rotordurchmesser + Nabenhöhe) zu Verkehrswegen und Gebäuden unterschritten werden, wenn die WEA - wie hier (vgl. Abschnitt 6.2 der Antragsunterlagen, Beiakte A, Bl. 303 ff.) - über Einrichtungen verfügen, durch die der Betrieb der Windenergieanlage bei Eisansatz sicher ausgeschlossen werden kann oder durch die ein Eisansatz verhindert werden kann.

Die - vom Kläger nicht in Frage gestellte - standortspezifische Risikoanalyse der K. GmbH vom 14. Januar 2010 (Beiakte B) kommt zudem selbst bei der ursprünglichen Planung, nach der der Abstand zwischen der WEA Nr. 4 und dem Stallgebäude des Klägers noch 120 m betrug, und bei streng konservativer Berechnung ebenfalls nicht zu der Annahme einer zu berücksichtigenden Gefährdungslage. Die mit der Änderungsplanung erfolgte Verschiebung der Anlage lässt keine wesentliche Änderung der im Gutachten dargestellten auch nur theoretischen Gefahren durch Turm-/ Fundamentsversagen oder Abwürfe von Maschinen- / Rotorteilen oder Eis erwarten.

Vor diesem Hintergrund war auch dem bedingten Beweisantrag des Klägers, ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass der Abstand zwischen der WEA Nr. 4 und den Arbeitsräumen in der Stallanlage des Klägers eine unzumutbare Gefahr für Leben und Gesundheit der darin arbeitenden Mitarbeiter bedeutet, nicht zu entsprechen.

g) Der Kläger kann sich auch nicht auf eine ihm unzumutbare Belastung durch Schattenwurf berufen.

Für die Bewertung des von WEA verursachten Schattenwurfs orientiert sich das Gericht entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts (vgl. Beschlüsse des 12. Senats vom 17. September 2007 - 12 ME 38/07 -, des 1. Senats vom 15. März 2004 - 1 ME 45/04 -, NVwZ 2005, 233, des 7. Senats vom 27. Dezember 2006 - 7 ME 144/03 - und des 9. Senats vom 13. April 2005 - 9 ME 470/02 -) an einer sogenannten konservativen Faustformel, die aus den einschlägigen, den Stand der Wissenschaft berücksichtigenden Handreichungen für die Praxis abgeleitet ist (u.a. Hinweise zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von Windenergieanlagen - WEA-Schattenwurf-Hinweise -, verabschiedet vom Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) in der Sitzung vom 6. bis 8. Mai 2002, Nr. 1.3; vgl. im Einzelnen: Beschluss des 12. Senats vom 17. September 2007, a.a.O.). Nach dieser Formel gelten Belästigungen durch den zu erwartenden Schattenwurf von WEA - d.h. das Hinwegziehen der Schatten der Rotorblätter über betroffene Nachbargrundstücke - dann als zumutbar für die Nachbarschaft, wenn die nach einer „worst-case“-Berechnung maximal mögliche Einwirkdauer im Sinne der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer am jeweiligen Immissionsort nicht mehr als 30 Stunden im Jahr - entsprechend einer realen, d. h. im langjährigen Mittel für hiesige Standorte zu erwartenden Einwirkdauer von maximal 8 Stunden im Jahr - und darüber hinaus nicht mehr als 30 Minuten am Tag beträgt. Dabei wird diese Faustformel nicht nach Art eines Rechtssatzes angewandt, vielmehr sind wie allgemein bei der Frage nach dem Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen im Rahmen einer wertenden Betrachtung die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen.

Den erteilten Genehmigungen liegen die Rotorschattenwurfberechnung des Ingenieurbüros für Energietechnik und Lärmschutz (I.. GmbH) vom 1. Juli 2009 (Beiakte F), die Rotorschattenwurf-Regelung vom 4. Mai 2010 (Beiakte E), der im Hinblick auf die Standortveränderungen der WEA Nr. 4 erstellte Nachtrag zur Rotorschattenwurfberechnung vom 18. September 2012, die auf dieser Grundlage erstellte Rotorschattenwurf-Regelung vom 19. September 2012 sowie die Neuberechnung vom 23. November 2012 (jeweils Beiakte A zu 5 A 4630/11, hinten) zugrunde.

Die Kammer hat im vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 B 4630/13 ausgeführt:

„Auf der zur Windenergieanlage Nr. 4 gerichteten Westseite der baulichen Anlagen des Antragstellers ist u.a. ein Büroraum gelegen. Hinzu kommen mehrere - außerhalb der Stallanlage selbst - gelegene feste Arbeitsplätze am Fließband, an denen Bruteier begutachtet, sortiert, gewogen und verpackt werden.

Weshalb es sich bei diesen Räumen - eine rechtlich zulässige Nutzung vorausgesetzt - nicht um Arbeitsräume im Sinne der Hinweise des LAI handeln soll, erklärt sich nicht.

Ob die erteilten Genehmigungen den Hinweisen der Faustformel hinreichend Rechnung tragen, ist fraglich.

Die bisherigen Schattenwurfberechnungen und -regelungen lassen bei der Auswahl der Immissionspunkte die schutzwürdige Nutzung des Antragstellers unberücksichtigt, obwohl sich aus der Darstellung für das Jahr 2013 entnehmen lässt, dass in unmittelbarer Nähe zur WEA Nr. 4 mit einer maximal möglichen Beschattungsdauer zwischen 125 und 150 Stunden/ Jahr zu rechnen ist.

Auch die Nebenbestimmung A 3 zur Änderungsgenehmigung vom 31. Januar 2013, nach der die Windenergieanlage bei Überschreitung der zulässigen Schattenwurfdauer außer Betrieb zu setzen ist, schützt den Antragsteller nicht hinreichend, da sich die Beschattungsdauer in der Nebenbestimmung auf die ‚relevanten Immissionspunkte‘ bezieht, zu denen nach den bisherigen Gutachten die Arbeitsräume des Antragstellers jedoch nicht gehörten.“

Diese Ausführungen haben die Beigeladenen zu 1. bis 3. zum Anlass genommen, noch ein weiteres Gutachten der I… GmbH einzuholen (Rotorschattenwurfberechnung und -Regelung vom 22. August 2013, Beiakte J), in dem der Zuchtbetrieb des Klägers mit elf weiteren, über die Westseite verteilten Immissionspunkten (IP 20 bis IP 30, vgl. Detailkarte Seite 5 des Gutachtens) berücksichtigt wurde. Die Immissionspunkte wurden entsprechend den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort wie folgt festgelegt:

IP 20 

Vorraum/ Hygiene-Schleuse

IP 21 

WC    

IP 22 

Büro + Aufenthalt Nord

IP 23 

Büro + Aufenthalt Süd

IP 24 

Abstell-Raum

IP 25 

Eier-Lager

IP 26 

Technik-Raum

IP 27 

Flur/ Durchgang z. Nord-Teil

IP 28 

Vorraum Nord

IP 29 

Vorraum Süd

IP 30 

Abstellraum

Nach dem Ergebnis des Gutachtens (Seite 7) beträgt an den IP 20 bis IP 30 die

Vorbelastung durch die bestehenden WEA

44 bis 45 Minuten pro Tag/
64,62 bis 80,92 Stunden pro Jahr,

Zusatzbelastung durch die neuen WEA

108 bis 114 Minuten pro Tag/
177,67 bis 238,32 Stunden pro Jahr,

Gesamtbelastung

147 bis 157 Minuten pro Tag/
258,58 bis 302,93 Stunden pro Jahr.

Da bereits die Vorbelastungen die Orientierungswerte überschreiten, sei laut Gutachten bei Annahme der Schutzwürdigkeit der einzelnen Räume das Abschaltkonzept dahingehend zu erweitern, dass die geplanten WEA hier keinen weiteren Rotorschattenwurf liefern dürfen (Seite 8 des Gutachtens).

Bei der Erstellung des Gutachtens hat der Gutachter der I… GmbH, Dipl.-Ing. M., festgestellt, dass der Kläger bei der Errichtung der Stallgebäude entgegen der ihm erteilten Genehmigungen teilweise die Lage der Fenster verschoben, auf Fenster verzichtet oder an nicht zugelassener Stelle neue Fenster eingefügt habe.

Nach Beiziehung der die baulichen Anlagen des Klägers betreffenden Verwaltungsvorgänge (Beiakten H und I) hält die Kammer an ihren Ausführungen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren 5 B 4630/13 dazu, ob die Genehmigung vom 31. März 2010 in Gestalt der Änderungsgenehmigung vom 31. Januar 2013 den WEA-Schattenwurf-Hinweisen ausreichend Rechnung trägt, nicht länger fest.

Nach Auswertung der die klägerischen Stallanlagen betreffenden Genehmigungsunterlagen kann eine Schutzwürdigkeit der dort befindlichen Räume im Wesentlichen nicht angenommen werden.

Schutzwürdig im Sinne der WEA-Schattenwurf-Hinweise des LAI sind u.a. „Wohnräume, Schlafräume, Unterrichtsräume sowie Räume, die als Büroräume, Praxisräume, Arbeitsräume, Schulungsräume und ähnliche Arbeitsräume genutzt werden“.

Hierunter fällt mit Ausnahme des in den Genehmigungsunterlagen als „Aufenthalt/ Stallbüro“(IP 22 und IP 23) bezeichneten Raumes keiner der im Gutachten als IP 20 bis IP 30 berücksichtigten Räume. Die in den Bauplänen als Vor- und Abstellräume, Flure und Durchgänge sowie Lager- und Technikräume bezeichneten Räume sind bereits deshalb nicht schutzwürdig, weil sie ihrem ursprünglichen und damit genehmigten Zweck nach nicht zum längeren oder dauerhaften Aufenthalt von Personen gedacht sind. Anders als Aufenthaltsräume haben derartige Räume unter bauordnungsrechtlichen Gesichtspunkten keine besonderen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (vgl. nur § 43 Abs. 5 i.V.m. NBauO in der derzeitigen Fassung). Dass in diesen Fluren und Räumen offenbar gleichwohl zeitweise Arbeiten stattfinden, so etwa am Ende der Eiertransportbänder (im Video IMG_0237 als „Eiersammelstation“ bezeichnet, USB-Stick in Bl. 63 der Gerichtsakte 5 B 4630/13), wo nach der zum Video aufgenommenen Kommentierung eine erste Säuberung und Vorsortierung der Eier erfolgt, oder im Technikraum, wo die Eier gewogen, begutachtet und verpackt und zum LKW-Versand bereitgemacht werden, macht diese Räume nicht zu schutzwürdigen Arbeitsräumen im Sinne der WEA-Schattenwurf-Hinweise. Auch das Fehlen fester Arbeits-/ Sitzplätze an den Eiersammelstationen (siehe Video I.._0237, ab 0:09 einerseits und ab 1:50 andererseits) deutet auf eine nur kurze Verweildauer der Beschäftigten hin. Der Technikraum weist zudem - anders als vom Kläger tatsächlich ausgeführt - in den genehmigten Planzeichnungen ein Fenster zur Westseite nicht auf, so dass ihm insoweit der Schutz vor Schattenwurf ohnehin versagt ist. Die laut Planzeichnungen in südliche Richtung zeigenden Fenster sind ausweislich der Videoausschnitte im Übrigen im Wesentlichen durch die Silos verdeckt und auch insoweit nicht zu berücksichtigen.

Bei dem in den Genehmigungsunterlagen als „Aufenthalt/ Stallbüro“(IP 22 und IP 23) bezeichnete Raum dürfte es sich zwar grundsätzlich um einen schutzwürdigen Arbeitsraum im Sinne der WEA-Schattenwurf-Hinweise des LAI handeln. Schädliche Umwelteinwirkungen durch zu erwartenden Schattenwurf von WEA sind hier gleichwohl nach der gebotenen wertenden Betrachtung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls nicht anzunehmen.

Der Kläger hat in dem Verfahren 5 B 4630/13 angegeben, in den Stallungen seien neben ihm und seiner Frau als Betriebsleiter vier weitere Angestellte von 8.00 bis 18.00 Uhr beschäftigt (vgl. Bl. 4 der Gerichtsakte im Verfahren 5 B 4630/13). Demgegenüber hat der Kläger in diesem Verfahren angegeben, in den Stallanlagen müssten 5 bis 7 mal Bodeneier gesucht werden, und solange das Betriebsleiterwohnhaus nicht errichtet werden könne, seien ständige Fahrten (bis zu 14 Pendelfahrten täglich) zwischen Wohnhaus und Stall erforderlich (Bl. 4 der Gerichtsakte). Diese Aussage lässt den Schluss zu, dass sich jedenfalls das Betriebsleiterehepaar nicht für einen längeren Zeitraum in dem Aufenthaltsraum aufhält. Darüber hinaus hat der Kläger noch im Rahmen des sein erstes Stallgebäude betreffenden Genehmigungsverfahrens angegeben, in den geplanten Stallungen werde nur eine Arbeitskraft täglich 5 bis 6 Stunden beschäftigt sein (Schreiben vom 2. September 2002, Bl. 401 der Beiakte I). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger hierzu auf Befragen angegeben, seinerzeit sei man in diesem Punkt von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen. Bereits unmittelbar nach dem Produktionsbeginn sei festgestellt worden, dass es tatsächlich einen höheren Arbeitsanfall gebe. Gleichwohl hat der Kläger auch noch fünf Jahre später im Rahmen des die südliche Stallerweiterung betreffenden Genehmigungsverfahrens auf die entsprechende Anfrage des Beklagten zur Überprüfung der Einhaltung der Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung (Schreiben vom 14. Juni 2007, Bl. 42 der Beiakte I) mitteilen lassen, dass für die Gesamtanlage, wie bereits aus den vorhandenen Unterlagen ersichtlich, nur ein Angestellter beschäftigt werde, für den ein Aufenthaltsraum mit Stallbüro und WC eingerichtet sei (Schreiben des Ingenieurbüros D. vom 20. September 2007, Bl. 121 der Beiakte I). Auch daran muss sich der Kläger festhalten lassen. Vor dem Hintergrund dieser angegebenen Beschäftigtenzahl dürfte der als „Aufenthalt/ Stallbüro“ bezeichnete Raum - auch im Hinblick auf die im Video I.._0237 vom Kläger geschilderten Tätigkeitsfelder an anderen Orten im Stallgebäude - zudem allenfalls eine kurze Nutzungsdauer haben. Gem. § 6 Abs. 3 der Arbeitsstättenverordnung besteht die Erforderlichkeit für einen Pausenraum ohnehin nicht.

Zudem lässt sich aus den im Gutachten vom 22. August 2013 (Beiakte J) errechneten Abschaltzeiten für alle den klägerischen Betrieb betreffenden Immissionspunkte ablesen, dass - selbst bei den im gerichtlichen Verfahren vom Kläger angegebenen Beschäftigungszahlen und -zeiten - die im Verlaufe des Jahres auftretenden Schattenwirkungen in mehreren Fällen außerhalb der typischen Pausenzeiten liegen und auch unter diesem Aspekt nur mit einer geringen Belastung des Klägers (bzw. seiner Beschäftigten) zu rechnen ist:

WEA Nr. 1 (6)

01.04. - 31.04.
15.08. - 14.09.

17.45 - 18.30 Uhr
17.30 - 18.30

WEA Nr. 2 (7)

01.03. - 15.03.
01.10. - 20.10.

16.45 - 17.30
16.30 - 17.00

WEA Nr. 3 (8)

05.03. - 04.04.
05.08. - 10.09.

16.15 - 17.15
16.00 - 17.00

WEA Nr. 4 (9)

05.03. - 04.06.
05.07. - 15.10.

14.10 - 15.50
13.50 - 16.00

WEA Nr. 5 (10)

01.02. - 28.02.
01.11. - 15.11.

16.10 - 16.30
15.50 - 16.10

WEA Nr. 6 (11)

10.01. - 09.02.
10.10. - 09.11.

15.15 - 16.00
14.50 - 15.30

WEA Nr. 7 (12)

15.01. - 02.03.
15.10. - 30.11.

10.00 - 11.00
09.30 - 10.30

(Schätzwerte anhand der Bilder 7 bis 13 auf Seite 9 bis 12 des Gutachtens)

Weil die im Gutachten errechneten Abschaltzeiten auf der Grundlage aller elf an der Westseite der klägerischen Stallanlagen angenommenen Immissionspunkte statt nur der maßgeblichen, den Aufenthaltsraum betreffenden IP 22 und IP 23 ermittelt wurden, dürfte die tatsächliche Zusatzbelastung durch die streitgegenständlichen WEA zudem noch geringer ausfallen.

Soweit der Kläger in Bezug auf das Gutachten vom 22. August 2013 geltend macht, die östlich der Stallungen stehenden und bestandskräftig genehmigten WEA fielen bereits von ihrem Standort her aus jeder Berechnungsgrundlage heraus, weil ein Schattenwurf nach den Naturgesetzen nicht auf die Immissionspunkte an der Westseite der Gebäude fallen könne, trifft dies zwar zu. Allerdings kann der Kläger hieraus nichts für ihn Günstiges herleiten. Der Gutachter Dipl.-Ing. M. von der I… GmbH teilte auf telefonische Nachfrage (vgl. Vermerk vom 13. März 2015, Bl. 155 der Gerichtsakte) mit, die Berechnung der Belastung durch Schattenwurf erfolge mittels eines sog. Gewächshausmodells. Dabei würden Besonderheiten des Geländes (Gebäude, Bäume, Vegetation etc.) unberücksichtigt gelassen und es werde von dem rechnerisch möglichen Einfall von Schatten auf die Immissionspunkte ausgegangen. Daraus folge eine deutliche Überhöhung der angenommenen gegenüber den tatsächlichen Schattenzeiten. Da die auf diese Weise ermittelten und von den östlich der Stallanlagen ausgehenden Schattenwurfzeiten der WEA Nr. 4 und 5 der Bestandsgenehmigung an den IP 22 und 23 nach dem Gutachten vom 22. August 2013 (dort unter „WEA-bezogene Berechnungsergebnisse, Seite 47 bis 76) häufig über 30 Minuten täglich und in der Summe deutlich über 30 Stunden im Jahr liegen, wäre unter Außerachtlassung der insoweitigen Schattenwurfbelastung tatsächlich von einer erheblich geringeren Vorbelastung durch die bereits bestandskräftig genehmigten WEA auszugehen (vgl. insoweit die insgesamt errechnete Schattenwurfdauer an den IP 22 und 23, dort unter „Berechnungsergebnisse Gesamtbelastung, Seite 43 bis 46) und damit - nachteilig für den Kläger - eine entsprechend höhere Zusatzbelastung durch die streitgegenständlichen WEA möglich.

Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, die Vorbelastung sei auch deshalb nicht korrekt, weil das Ergebnis der Schattenwurfzeiten der nördlich befindlichen WEA Nr. 1 bis 3 der Bestandsgenehmigung von der Startzeit (nach 19.00 Uhr) bis zur Endzeit (vor 20.00 Uhr) des Schattenwurfs nicht in seinen täglichen Arbeitszeitraum von 8.00 bis 18 Uhr falle, trifft dies zwar ebenfalls zu (vgl. Gutachten, dort unter „WEA-bezogene Berechnungsergebnisse, Seite 1 bis 46), führt aber nur zu einer weiteren Reduzierung der tatsächlich auf die Aufenthaltsräume wirkende Vorbelastung. Dass der Kläger angegeben hat, ein Schattenwurf der bestandskräftig genehmigten WEA Nr. 1 bis 3 sei in der Realität auch nicht möglich und bisher nicht festgestellt worden, da die Vorgabe einer Bepflanzung auf einem Wall und der bestehende Baumbestand jeden Schattenwurf abfange, bestätigt dabei, dass insoweit keine Belastung anzunehmen ist und die damit noch in Wirklichkeit noch niedrigere Vorbelastung eine höhere Zusatzbelastung ermöglicht.

Die im Übrigen gegen das Gutachten der I… GmbH vom 22. August 2013 gerichtete Kritik des Klägers geht ins Leere.

Soweit der Kläger moniert, das Gutachten beruhe auf falschen Grundlagen, weil es sich bei seinem Betrieb nicht um eine Putenzucht, sondern um einen Legehennenstall für Elterntiere handele, ist dies zwar zutreffend, hat jedoch auf den Rotorschattenwurf keinen Einfluss. Auch sein Einwand, die Überschrift des Gutachtens sei falsch, weil nicht sieben, sondern zwölf WEA berechnet worden seien, trägt nicht. Das Gutachten differenziert korrekt zwischen der Vorbelastung durch die fünf bestehenden WEA und der Zusatzbelastung durch die sieben neuen WEA (vgl. Seite 6 des Gutachtens). Der unter Ziff. 5.2 des Gutachtens verwendete Begriff der gewerblichen Nutzung ist ebenso wie die auf Seite 1 des Gutachtens abgedruckte Bildmontage oder der Zeitpunkt der Standortbegehung, bei der die Immissionspunkte festgelegt worden sind, für die Ergebnisse des Gutachtens ohne Einfluss. Die fehlerhafte Angabe der Nennleistung des WEA-Typs (2.000 kW statt 2.300 kW) auf Seite 1 des Gutachtens hat nach telefonischer Auskunft des Gutachters Dipl.-Ing. M. (vgl. Vermerk vom 13. März 2015, Bl. 155 der Gerichtsakte) keinerlei Einfluss auf die Ergebnisse des Gutachtens, weil der Rotorschattenwurf allein durch die Faktoren Durchmesser des Rotors, Blatttiefe und Nabenhöhe bestimmt werde.

Im Rahmen der bei Anwendung der WEA-Schattenwurf-Hinweise gebotenen wertenden Betrachtung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls ist schließlich auch von Bedeutung, dass der Betrieb des Klägers ebenso wie die streitgegenständlichen WEA im Außenbereich liegt. Dort ist grundsätzlich mit der Errichtung von in diesem Bereich privilegierten WEA und ihren optischen Auswirkungen rechnen. Der Schutzanspruch entfällt zwar nicht völlig, vermindert sich aber dahin, dass dem Betroffenen eher Maßnahmen zumutbar sind, durch die er den Wirkungen der WEA ausweicht oder sich vor ihnen schützt.

Auf die - im Hinblick auf den Schutzzweck wohl zu verneinende - Frage, ob eine Schutzwürdigkeit dieses Raumes darüber hinaus auch deshalb nicht gegeben ist, weil der Kläger (in geringem Maße) an mehreren Stellen mit dem Einbau von Fenstern von den genehmigten Planunterlagen abgewichen ist (vgl. dazu Gutachten vom 22. August 2013 unter „Ansichtspläne mit Eintragungen) kommt es danach nicht an.

Dem bedingten Beweisantrag des Klägers, ein Sachverständigengutachten zur Feststellung der Tatsache einzuholen, dass für die Büro- und Arbeitsräume im Gebäude des Klägers die zulässige Schattenwurfdauer überschritten wird, war nicht zu entsprechen, weil sich bereits aus dem Gutachten der I.. GmbH vom 22. August 2013 ergibt, in welchem Umfang die aus Sicht des Klägers maßgeblichen IP 20 bis 30 von Schattenwurf betroffen sind und die weitergehende Fragestellung, ob dieser Umfang die zulässige Schattenwurfdauer überschreitet, eine rechtliche Bewertung enthält, die dem Beweise nicht zugänglich ist.

Die vom Kläger angesprochenen „Disco-Effekte“ sind kaum zu erwarten, weil die Rotorblätter von WEA der Firma E. gemäß der Stellungnahme des für die Technische Leitung Rotorblattfertigung zuständige Mitarbeiters der Firma A.. Rotorblattfertigung GmbH vom 16. August 2002 eine reflexionsarme Beschichtung mit matten Lacken erhalten und ein Blinken der Rotorblätter unter Sonneneinstrahlung im Allgemeinen nicht auftritt; lediglich bei sehr ungünstigen Lichtverhältnissen und direktem Blick auf bestimmte Rotorblätter könne eine sehr geringe Reflexion wahrgenommen werden (Anhang zum Gutachten der I. GmbH vom 1. Juli 2009, Beiakte F).

Eine erhebliche Beeinträchtigung der vorhandenen Photovoltaikanlage des Klägers durch Schattenwurf, welcher von dem Betrieb der WEA Nr. 4 ausgeht, hat der Kläger nach wie vor nicht substantiiert dargelegt (vgl. bereits den Beschluss vom 25. April 2013 - 5 B 4630/13 - sowie für die übrigen sechs WEA den Beschluss vom 8. Juli 2010 - 5 B 1365/10 -). Im Übrigen hat der Kläger auch keinen Anspruch darauf, von (jedweder) durch Baumaßnahmen auf benachbarten Grundstücken verursachten Beschattung seines Grundstücks einschließlich der darauf stehenden baulichen und sonstigen Anlagen verschont zu bleiben (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. September 2007 - 12 ME 38/07 - juris, Rn. 18).

h) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf erhebliche Lärmimmissionen durch die WEA berufen. Das schalltechnische Gutachten der I.. GmbH vom 30. Juni 2009 (Beiakte C), der Nachtrag vom 24. August 2009 zur Berechnung und Beurteilung für die Tageszeit (Beiakte D) und die im Hinblick auf die mit Bescheid vom 31. Januar 2013 genehmigte Standortveränderung der WEA Nr. 4 erstellten Nachträge vom 11. September 2012 und 23. November 2012 (beide Beiakte A zu 5 B 4630/13; Bezeichnung dort jeweils: WEA 9) berücksichtigen die Stallgebäude des Klägers zu Recht nicht als maßgeblichen Immissionsort.

Gem. Nr. 2.3 der TA Lärm ist maßgeblicher Immissionsort der nach Nummer A.1.3 des Anhangs zu ermittelnde Ort im Einwirkungsbereich der Anlage, an dem eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte am ehesten zu erwarten ist und für den die Geräuschbeurteilung vorgenommen wird. Nr. A.1.3 des Anhangs zur TA Lärm stellt für die Bestimmung des maßgeblichen Immissionsortes auf einen nach DIN 4109, Ausgabe November 1989 schutzbedürftigen Raum ab. Die Anmerkung 1 zu Abschnitt 4.1 der DIN 4109 definiert den Begriff der schutzwürdigen Räume als Aufenthaltsräume, soweit sie gegen Geräusche zu schützen sind und benennt dabei Wohnräume, Schlafräume, Unterrichtsräume, Büroräume, Praxisräume, Sitzungsräume und ähnliche Arbeitsräume. Hierzu gehören die Arbeitsplätze am Fließband, an denen Bruteier begutachtet, sortiert, gewogen und verpackt werden, ersichtlich nicht, zumal sich bereits aus den Videos des Klägers auf dem zu den Gerichtsakten gereichten Speichermedium ohne Weiteres erkennen lässt, dass die dort arbeitenden Personen nicht unerheblichem Lärm durch die Fließbänder selbst ausgesetzt sind.

Der Kläger kann sich insoweit auch nicht auf den Beschluss vom 25. April 2014 (5 B 4630/13) berufen, in dem die Kammer (noch) unter Bezugnahme auf die WEA-Schattenwurf-Hinweise auch diese Arbeitsplätze als schutzwürdig angesehen hat. Der Länderausschuss hat sich für die dort verwendeten Begriffsbestimmungen unter Ziff. 1.2 offensichtlich an der im Wesentlichen wortgleichen Anmerkung 1 zu Abschnitt 4.1 der DIN 4109 orientiert, jedoch auf den Zusatz „Aufenthaltsräume, soweit sie gegen Geräusche zu schützen sind“ verzichtet, weil diese Einschränkung für die Belastung durch Schattenwurf nicht maßgeblich ist. Der dort verwendete Begriff der in Bezug auf Schattenwurf schutzwürdigen Räume ist daher von vornherein nicht übertragbar auf vor Geräuschimmissionen zu schützende Räume.

Ob der in den Genehmigungsunterlagen des Klägers als „Aufenthalt/ Stallbüro“ bezeichnete Raum als schutzwürdig im Sinne der TA Lärm zu berücksichtigen wäre, obwohl - wie bereits ausgeführt - dessen Nutzungsdauer gering sein dürfte, kann offen bleiben. Denn mit einer Überschreitung der zulässigen Immissionswerte, die der Kläger auch nicht für sich reklamiert hat, ist ohne dass es einer genauen Messung bedarf, nicht zu rechnen. Die im ursprünglichen Gutachten vom 30. Juni 2009 enthaltenen Schallimmissionsraster für Zusatz- und Gesamtbelastung zeigen, obgleich sie sich auf Nachtwerte beziehen, in denen die WEA mit einer etwas niedrigeren Nennleistung betrieben werden, dass die für diesen Immissionsort maßgeblichen Immissionsrichtwerte von tagsüber 65 oder 60 dB(A) - je nachdem, ob man den Bereich als Gewerbegebiet oder Kern-, Dorf- und Mischgebiete - einordnet, mit laut Legende „> 50-55 dB(A)“ noch deutlich unterschreitet. Zudem überlagern die Lärmimmissionen aus den angrenzenden Ställen sowie der mechanischen Förderbänder die von den WEA ausgehenden Immissionen deutlich, wie auch die vom Kläger zur Verfügung gestellte Videosequenz „I.._0237“ anschaulich belegt.