Landgericht Hildesheim
Beschl. v. 10.11.2003, Az.: 12 Qs 107/03
Entzug der Fahrerlaubnis wegen des dringenden Verdachts der Unfallflucht; Grenze zum unbedeutenden Schaden
Bibliographie
- Gericht
- LG Hildesheim
- Datum
- 10.11.2003
- Aktenzeichen
- 12 Qs 107/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 32027
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHILDE:2003:1110.12QS107.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hildesheim - 24.10.2003 - AZ: 13 Gs 1493/03
Rechtsgrundlagen
- § 111a StPO
- § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB
- § 142 StGB
Fundstellen
- JWO-VerkehrsR 2004, 27
- MtblAGVR 2004, 25-26 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Beschwerde des Beschuldigten vom 31.10.2003 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hildesheim vom 24.10.2003 (Az.: 13 Gs 1493/03)
Die 1. große Strafkammer des Landgerichts Hildesheim hat
durch
die Richter am Landgericht ... und ... sowie
den Richter ...
am 10.11.2003
beschlossen:
Tenor:
Der Beschluss des Amtsgerichts Hildesheim vom 24.10.2003 (Aktenzeichen 13 Gs 1493/03) wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschuldigten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Landeskasse zur Last.
Gründe
Das Amtsgericht Hildesheim hat dem Beschuldigten seine Fahrerlaubnis wegen des dringenden Verdachts, er habe sich nach Verursachung eines Unfalls am 18.09.2003 in Harsum mit einem Fremdschaden von ca. 2.100,00 EUR unerlaubt von der Unfallstelle entfernt, vorläufig entzogen. Dagegen wendet sich der Beschuldigte mit seiner Beschwerde vom 31.10.2003.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Die Voraussetzungen, unter denen die Fahrerlaubnis gem. §§ 111a StPO, 69 Abs. 2 Nr. 3, 142 StGB zu entziehen ist, liegen nicht vor. Demnach bedarf es nicht nur objektiv eines bedeutenden Schadens an fremden Sachen. Vielmehr ist auch erforderlich, dass der Beschuldigte Kenntnis von dem Schaden und dessen Bedeutsamkeit hat oder zumindest hätte haben können. Erforderlich ist insoweit auch eine betragsmäßige Wertung durch den Täter (Tröndle/Fischer, Rdnr. 13b zu § 69 StGB).
Vorliegend sind aber keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Beschuldigte entweder wusste oder zumindest hätte wissen können, dass die Grenze zum unbedeutenden Schaden in Höhe von 1.000,00 EUR überschritten ist. Im Gegenteil haben die das Fahrzeug des Geschädigten in Augenschein nehmenden Polizeibeamten den Schaden daran mit nur 800,00 EUR beziffert. Dass der Beschuldigte über weitreichendere Erkenntnismöglichkeiten bei einer am Unfallort stattfindenden oder vorwerfbar nicht stattfindenden Schätzung der Bedeutsamkeit des Schadens verfügen würde, als die den Verkehrsunfall aufnehmenden und mit entsprechender Erfahrung ausgestatteten Polizeibeamten, kann nicht unterstellt werden. Zu Gunsten des Beschuldigten ist daher davon auszugehen, dass er nicht zu einer realistischeren Einschätzung der Schadenshöhe als die Polizeibeamten kam bzw. hätte kommen können und daher von einem unbedeutenden Schaden ausging bzw. hätte ausgehen dürfen.
Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis des Beschuldigten war daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO analog.
Dieser Beschluss ist gemäß § 310 Abs. 2 StPO nicht anfechtbar.