Landgericht Hannover
Urt. v. 17.04.2024, Az.: 11 O 201/22
Zahlung einer Forderung aus einem Schuldanerkenntnis im Urkundenprozess
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 17.04.2024
- Aktenzeichen
- 11 O 201/22
- Entscheidungsform
- Vorbehaltsurteil
- Referenz
- WKRS 2024, 25752
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2024:0417.11O201.22.00
Rechtsgrundlage
- § 780 Abs. 1 BGB
In dem Rechtsstreit
G. GmbH
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte:
gegen
U.,
- Beklagter -
Prozessbevollmächtigte:
hat das Landgericht Hannover durch den Richter am Landgericht auf die mündliche Verhandlung vom 25.03.2024 vorbehaltlich der Durchführung des Nachverfahrens für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 575.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 3 % p.a. für den Zeitraum vom 01.02.2018 bis zum 31.08.2018 und seit dem 01.09.2018 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
- 2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
- 3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
- 4.
Dem Beklagten bleibt die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt im Urkundenprozess von dem Beklagten die Zahlung einer Forderung aus einem Schuldanerkenntnis.
Der Beklagte unterschrieb am 28.05.2019 ein Schuldanerkenntnis (Anlage K1), mit welchem er anerkannte, der Klägerin 575.000,00 € nebst 3 % Zinsen p.a. seit dem 01.02.2018 zu schulden.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe ein gleichlautendes Schuldanerkenntnis bereits am 06.02.2018 abgegeben. Die erneute Abgabe am 28.05.2019 sei erfolgt, da der Geschäftsführer der Klägerin die Schriftstücke aus Februar 2018 zunächst nicht mehr habe finden können.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 575.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 3 % p.a. für den Zeitraum vom 01.02.2018 bis zum 31.08.2018 und seit dem 01.09.2018 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er habe das Schuldanerkenntnis mit Schreiben vom selben Tag angefochten. Er sei zur Unterschrift genötigt worden. Die Anfechtung sei der Klägerin am 29.05.2019 in den Briefkasten geworfen worden. Das Schuldanerkenntnis sei auch sittenwidrig nach § 138 BGB, da der Beklagte in einer seelischen Zwangslage gewesen sei. Die Unterschrift auf dem Schuldanerkenntnis im Februar 2018 sei nicht echt. Er habe damals derartige Erklärungen nicht abgegeben.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und vorbehaltlich des Nachverfahrens auch begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 575.000,00 € aus dem Schuldanerkenntnis vom 28.05.2019 gemäß § 780 Abs. 1 BGB.
1.
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte das Schuldanerkenntnis vom 28.05.2019 abgegeben und unterschrieben hat (Anlage K1). Seinem Inhalt nach handelt es sich um ein konstitutives Schuldanerkenntnis.
Die entsprechende Urkunde hat die Klägerin gemäß § 593 ZPO als Anlage K1 der Klageschrift beigefügt.
2.
Sofern der Beklagte behauptet, er habe das Schuldanerkenntnis erfolgreich angefochten, so konnte er die Anfechtung nicht mit den gemäß § 595 Abs. 2 ZPO zulässigen Beweismitteln beweisen.
Zwar hat der Beklagte die Anfechtungserklärung in Schriftform eingereicht (Anlage B1). Die Klägerin hat jedoch den Zugang der Erklärung bestritten. Da es sich bei der Anfechtung um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, ist der Zugang beim Erklärungsempfänger für die Wirksamkeit erforderlich.
Als Beweis für den Zugang der Anfechtungserklärung hat der Beklagte Zeugenbeweis und Parteivernehmung beantragt.
Der Zeugenbeweis ist gemäß § 595 Abs. 2 ZPO im Urkundenprozess kein zulässiges Beweismittel. Diesem Beweisangebot war daher nicht nachzugehen.
Einer Beweiserhebung durch Parteivernehmung gemäß § 447 ZPO stand das fehlende Einverständnis der Klägerin entgegen.
Eine Parteivernehmung von Amts wegen gemäß § 448 ZPO kam nicht in Betracht. Denn eine solche ist im Urkundenprozess grundsätzlich nicht statthaft (OLG Celle, Urt. v. 25.01.2023 -2 U 155/12).
Eine solche würde auch ohnehin daran scheitern, dass für eine Vernehmung nach § 448 ZPO bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der umstrittenen Behauptung erbracht ist und das Gericht durch die Parteivernehmung die Ausräumung seiner restlichen Zweifel erwartet. Im vorliegenden Fall dient die Parteivernehmung aber gerade der Erbringung dieses Beweises.
3.
Der Klageabweisungsantrag des Beklagten genügt als Widerspruch i.S.v. § 599 Abs. 1 ZPO, so dass ein Vorbehaltsurteil zu erlassen war.
II.
Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich zum einen aus dem Schuldanerkenntnis selbst, zum anderen aus §§ 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 4, 711 ZPO.