Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 21.09.2010, Az.: 6 A 111/09

Betretungsrecht; Feststellungsklage; Straßenbestandsverzeichnis; unvordenkliche Verjährung; Weg; öffentlicher Weg; Widmung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
21.09.2010
Aktenzeichen
6 A 111/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 48006
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Das Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung ist in Niedersachsen nach den Regelungen des Landesstraßengesetzes nicht mehr anwendbar.

2. Ein Weg, der nicht in das Straßenbestandsverzeichnis aufgenommen und später nicht förmlich gewidmet wurde, kann nicht als öffentlicher Weg im Sinne des Niedersächsischen Straßengesetzes angesehen werden.

3. Um einen Weg als öffentlichen Weg im Sinne des Straßenrechts zu qualifizieren, genügt es nicht, dass es sich um einen sog. tatsächlich öffentlichen Weg handelt oder um einen Weg, der nach den Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung (NWaldLG) oder des Bundesnaturschutzgesetzes betreten werden darf.

4. Für Wege, die nicht als öffentliche Wege im Sinne des Straßengesetzes angesehen werden können, kann sich aus den Regelungen des NWaldLG oder des Bundesnaturschutzgesetzes ein Betretungsrecht der Allgemeinheit ergeben, und zwar auch dann, wenn der Weg im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegt.

5. Maßnahmen des Grundeigentümers, die nur dazu dienen, das Betretungsrecht der Allgemeinheit zu beseitigen, sind von der im NWaldLG dem Eigentümer übertragenen Eingriffsbefugnis nicht umfasst.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein über ein Wiesengrundstück der Klägerin verlaufender Weg von der Öffentlichkeit genutzt werden darf.

Die Klägerin - eine Erbengemeinschaft - ist Eigentümerin eines unbebauten Wiesengrundstücks, das am Fluss F. in Z. gelegen ist (Flurstücke J., H. und K. Flur I. der Gemarkung Z.). An der F. entlang führt ein etwa ein Kilometer langer Weg, der die B 188 mit der Z. Innenstadt verbindet und von Fußgängern und Radfahrern genutzt wird (im Folgenden: F. -Weg). Auf einer Länge von ca. 65 Metern überquert dieser Weg das Grundstück der Klägerin an dessen nördlichem Rand. Im Übrigen verläuft er über Grundstücke, die im Eigentum der Beklagten stehen. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Lage des Grundstücks und des Weges wird auf die vorliegenden Karten Bezug genommen (Bl. 44 und 45 der Gerichtsakte sowie Bl. 1 Beiakte A).

Der F. -Weg und das Grundstück der Klägerin liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „L.“, den der Rat der Beklagten im Jahre 1978 beschloss und der am 30. September 1980 rechtsverbindlich wurde. In der Begründung des Rates zu diesem Bebauungsplan heißt es, es sei die Einrichtung eines Erholungsgebietes mit dem Mühlenmuseum als Mittelpunkt beabsichtigt. In dem Bebauungsplan ist auch der umstrittene Weg verzeichnet. Wegen der einzelnen Festsetzungen des Bebauungsplanes und der weiteren Begründung des Rates wird auf diese Unterlagen verwiesen (Beiakte B). Der F. -Weg und das Grundstück der Klägerin liegen außerdem im Landschaftsschutzgebiet „X. und angrenzende Landschaftsteile“, das der Landkreis Gifhorn durch Rechtsverordnung eingerichtet und geregelt hat (Verordnung v. 19.12.1991, erneut veröffentlicht im Amtsblatt für den Landkreis Gifhorn v. 30.03.2001).

Wegen des über das Grundstück der Klägerin verlaufenden Wegstückes gibt es seit einigen Jahren Streit zwischen den Beteiligten. Im Jahr 2006 befestigte die Beklagte den Weg durch Aufbringen von Schotter und verbreiterte ihn von ca. 1,7 auf ca. 2,3 Meter. Herr M., einer der Miteigentümer des Wiesengrundstücks, erklärte gegenüber der Beklagten, er sei damit nicht einverstanden, und verlangte den Rückbau. Dies lehnte die Beklagte unter Hinweis auf die Verkehrssicherheit ab. Nachdem die Klägerin wiederholt Angebote der Beklagten zum Ankauf des Grundstücks abgelehnt hatte, hackte Herr M. im Juli 2007 das über das Grundstück der Klägerin führende Wegstück auf und legte dort mittels eines Radladers einen Graben an. Daraufhin erließ die Beklagte im August 2007 einen Untersagungsbescheid und drohte der Klägerin für den Fall erneuter Eingriffe in den Weg ein Zwangsgeld an. Im August 2008 grub Herr M. das fragliche Wegstück mit einem Bagger auf und sperrte den Weg an den Grenzen des der Klägerin gehörenden Grundstücks mit Stacheldraht. Noch im August 2008 setzte die Beklagte daraufhin gegen die Klägerin ein Zwangsgeld fest. Die Klägerin erhob beim erkennenden Gericht Klage gegen den Untersagungs- und den Zwangsgeldbescheid und stellte Eilanträge. In den Verfahren schlossen die Beteiligten auf Vorschlag des Gerichts im Erörterungstermin vom 1. Dezember 2008 einen Vergleich. Darin verpflichtete sich die Klägerin, bis zur rechtskräftigen Feststellung, dass es sich bei dem über ihr Grundstück führenden Weg nicht um einen öffentlichen Weg im Sinne des Straßenrechts handelt, jede Maßnahme zu unterlassen, durch die der öffentliche Verkehr auf dem Weg beeinträchtigt wird. Die Beklagte verpflichtete sich unter anderem dazu, bis zum 1. April 2009 auch unter Berücksichtigung des Straßenbestandsverzeichnisses festzustellen, ob es sich bei dem über das Grundstück der Klägerin führenden Weg um einen öffentlichen Weg im Sinne des Straßenrechts handelt, und das Ergebnis der Klägerin mitzuteilen. In dem Erörterungstermin wies der Berichterstatter der Kammer Herrn M. ausdrücklich darauf hin, dass auf dem Weg öffentlicher Verkehr stattfinde und er deswegen jedenfalls gegenwärtig nicht berechtigt sei, den Weg eigenhändig zu sperren oder den Verkehr sonst wie zu unterbinden; ob es sich um einen öffentlichen Weg handele, sei in einem gerichtlichen Verfahren abschließend zu klären.

Mit Schreiben vom 27. März 2009 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin fest, dass es sich bei dem umstrittenen Weg um einen öffentlichen Weg im Sinne des Straßenrechts handele. Der Weg werde mindestens seit 1901 faktisch als öffentlicher Weg genutzt, alle Voreigentümer hätten diese Nutzung geduldet.

Im Mai 2009 errichtete Herr M. auf dem fraglichen Wegstück mehrere Pfähle, die die Durchfahrt- bzw. Durchgangsbreite auf deutlich weniger als zwei Meter verringerten, und brachte auf den an der Uferseite errichteten Pfählen Stacheldraht an. Nachdem die Beklagte Herrn M. erfolglos aufgefordert hatte, den Stacheldraht und die engstehenden Pfähle zu beseitigen, ließ sie die Maßnahmen von Mitarbeitern des Bauhofs ausführen. Den hiergegen von Herrn M. gestellten Eilantrag lehnte die Kammer mit Beschluss vom 2. September 2009 (6 B 116/09) ab.

Am 3. Juni 2009 hat die Klägerin Feststellungsklage erhoben. Sie ist der Auffassung, bei dem fraglichen Weg handele es sich nicht um einen öffentlichen Weg, und macht dazu im Wesentlichen Folgendes geltend: Das streitige Teilstück des Weges habe schon in der Vergangenheit in Privateigentum gestanden, sodass es sich zu keinem Zeitpunkt um einen öffentlichen Weg gehandelt habe. Eine formal ordnungsgemäße Widmung habe niemals stattgefunden. Auch nach dem Rechtsinstitut der „unvordenklichen Verjährung“ könne das Teilstück nicht als öffentlicher Weg angesehen werden. Der Beklagten sei spätestens seit den achtziger Jahren, als sie versucht habe, die Flächen anzukaufen oder zu pachten, bekannt, dass die Flächen in Privateigentum stehen. Im Übrigen sei das Rechtsinstitut nicht mehr anwendbar. Der Weg müsse von ihr, der Klägerin, genutzt werden, um Zugang zu dem als Weideland genutzten Grundstück zu erlangen. Außerdem zeigten die von der Beklagten an verschiedenen Einfahrten angebrachten Schranken, dass es sich gerade nicht um einen Verbindungsweg handele, der „für eine dauerhafte Nutzung offen“ sei.

Die Klägerin beantragt

festzustellen, dass der in A. zwischen der F. und dem N. gelegene Weg kein öffentlicher Weg im Sinne des Straßenrechts ist, soweit er über das Grundstück der Klägerin (Flurstück H., Flur I. der Gemarkung Z.) verläuft.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für ihre Auffassung, der Weg sei als öffentlicher Weg anzusehen, macht sie im Wesentlichen Folgendes geltend: Sie habe den Weg zwar nicht im Straßenbestandsverzeichnis ausgewiesen; die Öffentlichkeit des Weges ergebe sich aber jedenfalls aufgrund „unvordenklicher Verjährung“. Der Weg werde seit über 100 Jahren von der Öffentlichkeit genutzt und habe ebenso lange als Verbindungsweg und Teil des öffentlichen Wegenetzes gedient. Schon eine topografische Karte von Z. aus dem Jahre 1901 weise den Weg als öffentlichen Weg aus. Eine weitere Karte aus dem Jahre 1939 bestätige dies ebenso wie ein Foto von 1919, das eine Gruppe von Menschen und einen mit Kiefernzapfen beladenen Handwagen im Bereich des streitigen Wegestücks zeige. Der Weg habe landesweite Bedeutung als Teil des Fernwanderweges Ostsee-Adria und sei in verschiedenen Karten als Wander- bzw. Radwanderweg ausgewiesen. Er erschließe die besonderen Park- und Landschaftsschönheiten im Gebiet der Beklagten und der Umgebung. Im Übrigen sei der Weg im Bebauungsplan „L.“ verzeichnet und damit als öffentlicher Weg festgesetzt worden. Hierin liege die nach dem Niedersächsischen Straßengesetz zulässige Widmung mittels Bebauungsplan. Für die erforderliche Zustimmung des Eigentümers reiche konkludentes Verhalten aus. Ein solches Verhalten liege vor. Die damaligen Eigentümer der Wege-Teilfläche hätten jedenfalls wissen müssen, dass der Bebauungsplan aufgestellt und der Weg darin verzeichnet war. Sie seien hiergegen nicht vorgegangen und hätten ihre Ablehnung auch nicht in anderer Weise zum Ausdruck gebracht. Unabhängig davon werde der Weg mindestens seit 1901 als öffentlicher Weg genutzt, sodass es sich um einen „tatsächlich öffentlichen Weg“ handele. Diese Nutzung sei von den Voreigentümern mindestens ebenso lange geduldet worden, es liege also eine faktische Zustimmung zur öffentlichen Nutzung vor. Die Klägerin verhalte sich im Übrigen widersprüchlich und verstoße damit gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Sie missbrauche ihre formelle Eigentümerposition. Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums überwiege. Letztlich ergebe sich auch aus den Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes über das Betreten der freien Landschaft, die hier analog anzuwenden seien, dass die Öffentlichkeit den Weg nutzen dürfe.

Die Miteigentümerin des Wiesengrundstücks Frau Y. M. ist während des gerichtlichen Verfahrens verstorben.

Die Kammer hat Herrn M. und die Beklagte in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört. Wegen der Ergebnisse wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zu dem vorliegenden und den abgeschlossenen Verfahren sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).

I. Die Klage ist als Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass die Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann (Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage, vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Dieser Subsidiaritätsgrundsatz greift nur in den Fällen ein, in denen sich das mit der Klage erstrebte Ziel durch Gestaltungs- oder Leistungsklage ebenso gut oder besser erreichen lässt. Dies ist hier nicht der Fall. Zwar kann grundsätzlich jede spätere behördliche Entscheidung, die von der Öffentlichkeit des Wegestückes ausgeht, angefochten werden. Durch die Feststellungsklage lässt sich aber eine potenzielle Vielzahl von Anfechtungsprozessen vermeiden, sodass sie hier einen effektiveren und damit besseren Rechtsschutz gewährleistet (vgl. OVG Hamburg, U. v. 08.12.2005 - 4 Bf 314/02 -, juris Rn. 47). Auch durch eine Anfechtungsklage gegen die Mitteilung der Beklagten im Schreiben vom 27. März 2009, bei dem F. -Weg handele es sich um einen öffentlichen Weg, könnte die Klägerin ihr Rechtsschutzziel nicht wirksam verfolgen. Eine Anfechtungsklage ist nur statthaft, wenn sie sich gegen einen Verwaltungsakt im Sinne der verfahrensrechtlichen Vorschriften richtet (vgl. § 42 Abs. 1 VwGO, § 35 Satz 1 VwVfG). Dass die Beklagte in dieser Weise handeln wollte, lässt ihr Schreiben vom 27. März 2009 nicht erkennen. Dafür spricht auch, dass es für den Erlass eines (feststellenden) Verwaltungsakts keine ausreichende rechtliche Grundlage gegeben hätte. Für einen Verwaltungsakt, durch den die Behörde mit unmittelbar belastender Rechtswirkung gegenüber einem einzelnen Bürger feststellt, ob eine Wegefläche als öffentliche Straße anzusehen ist, wäre eine gesetzliche Ermächtigung erforderlich (vgl. Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl., Rn. 150; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl., § 35 Rn. 24 f.). Eine solche Ermächtigungsgrundlage enthalten das Straßengesetz und die anderen gesetzlichen Bestimmungen nicht. Ob ein Weg als öffentlicher Weg im Sinne des Straßenrechts anzusehen ist, ist auch ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO, an dessen gerichtlicher Feststellung die Klägerin als Eigentümerin einer Wegeteilfläche ein berechtigtes Interesse hat. Die Öffentlichkeit einer Straße bestimmt die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten insofern unmittelbar, als der Grundeigentümer gegenüber dem Träger der Straßenbaulast verpflichtet ist, die Nutzung seines Grundstücks durch den öffentlichen Verkehr sowie die erforderlichen Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs (vgl. die §§ 9 und 48 NStrG) zu dulden (vgl. Sauthoff, a. a. O., Rn. 135).

Der Tod der früheren Miteigentümerin des Wiesengrundstücks stand der Fortführung des Verfahrens und der Entscheidung des Gerichts nicht entgegen. An ihrer Stelle sind die Erben Miteigentümer geworden. Da die Klägerin durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist, dessen Vollmacht im Übrigen fortgilt (vgl. § 86 ZPO i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO), und ein Aussetzungsantrag nicht gestellt wurde, ordnet das Gesetz nicht die Unterbrechung des Verfahrens an (vgl. § 246 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO).

II. Die Klage ist auch begründet. Bei dem über das Grundstück der Klägerin führenden Teil des F. -Weges handelt es sich nicht um einen öffentlichen Weg im Sinne des Straßenrechts (1.). Zur Klarstellung ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Allgemeinheit den Weg gleichwohl weiterhin benutzen darf (2.).

1. Das fragliche Teilstück des F. -Weges ist nicht als öffentlicher Weg im Sinne des Straßenrechts zu qualifizieren. Die Beklagte als zuständige Trägerin der Straßenbaulast (§ 48 NStrG) hat den Weg und insbesondere das über das Grundstück der Klägerin verlaufende Teilstück nicht förmlich - durch Verwaltungsakt - für den öffentlichen Verkehr gewidmet (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 NStrG). Von einer Widmung des Weges für den öffentlichen Verkehr kann auch auf der Grundlage anderer Rechtsvorschriften nicht ausgegangen werden.

Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 NStrG alter Fassung - a. F. - (NStrG i. d. F. v. 24.09.1980 - GVBl. S. 359 -, zuletzt geänd. durch Gesetz v. 05.09.2002 - GVBl. S. 378 -) hatten die Gemeinden für die Gemeindestraßen und sonstigen öffentlichen Straßen bis zum 31. Dezember 1983 Bestandsverzeichnisse anzulegen. Die Widmung eines in dieses Verzeichnis aufgenommenen Weges bzw. einer Straße gilt als vollzogen, wenn deren Eintragung im Bestandsverzeichnis unanfechtbar wird (§ 63 Abs. 5 Satz 1 NStrG a. F.). Nach dieser Regelung kann von einer Widmung des F. -Weges zum öffentlichen Verkehr nicht ausgegangen werden, weil die Beklagte ihn nicht in das Bestandsverzeichnis aufgenommen hat. Gemeindestraßen und sonstige öffentliche Straßen, die - wie der F. -Weg - in dem Bestandsverzeichnis am Stichtag des 31. Dezember 1983 nicht mehr als solche ausgewiesen waren, gelten als aufgehoben und eingezogen (§ 63 Abs. 5 Satz 2 NStrG a. F.); sie können dann nur durch nachträgliche Widmung nach § 6 NStrG, an der es hier fehlt, zu öffentlichen Straßen im Sinne des Straßengesetzes werden (vgl. Wendrich, Niedersächsisches Straßengesetz, 4. Aufl., § 63 Rn. 4).

Inwieweit ausnahmsweise trotz unterbliebener Eintragung in das Straßenbestandsverzeichnis von einer Widmung nach § 63 Abs. 5 Satz 1 NStrG a. F. auszugehen sein kann, braucht die Kammer für den vorliegenden Fall nicht zu entscheiden. Besondere Umstände, die eine Ausnahme rechtfertigen könnten, sind jedenfalls nicht gegeben. Die Beklagte kann sich insbesondere nicht erfolgreich auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 8. Januar 1981 (- 12 OVG A 192/80 -, NStV-N 1981, 203) berufen. In dem zugrunde liegenden Fall war ein Weg zunächst nur versehentlich nicht in das Bestandsverzeichnis eingetragen worden; der Rat der Gemeinde hatte jedoch ausdrücklich beschlossen, ein Bestandsverzeichnis anzulegen, in dem auch der fragliche Weg aufgeführt war. Darüber hinaus hatte die Gemeinde den Weg später - vor dem 31. Dezember 1983 - im Bestandsverzeichnis nachgetragen. Im vorliegenden Fall liegen die Dinge in wesentlichen Punkten anders. Die Beklagte hat das Bestandsverzeichnis nicht vor dem Stichtag ergänzt. Im Übrigen gibt es auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sie vor dem Stichtag eindeutig und unmissverständlich ihren Willen bekundet hat, den F. -Weg in das Bestandsverzeichnis aufzunehmen und ihn damit zu einem öffentlichen Weg zu machen bzw. seinen öffentlichen Charakter zu erhalten. Dass der Weg im Bebauungsplan „L.“ verzeichnet ist, genügt dafür nicht, zumal es in der Begründung zu diesem Bebauungsplan heißt, die der „inneren Erschließung“ des Planungsgebietes dienenden Wege u. a. für den Fußgänger- und Fahrradverkehr würden in diesem Bebauungsplan nicht festgesetzt (Ziff. IV der vom Rat der Beklagten am 20.04.1978 beschlossenen Begründung zum Bebauungsplan „L.“).

Die Regelung in § 63 Abs. 5 NStrG a. F., nach der nur die zum 31. Dezember 1983 im Bestandsverzeichnis ausgewiesenen Straßen und Wege als gewidmet und die nicht mehr ausgewiesenen als aufgehoben und eingezogen gelten, ist wirksam und gilt auch für den F. -Weg, obwohl die Regelungen in § 63 NStrG a. F. inzwischen durch Gesetz vom 5. November 2004 (Nds. GVBl. S. 406) aufgehoben worden sind. Die Regelungen konnten aufgehoben werden, weil sie als Übergangsvorschriften funktionslos geworden waren, nachdem alle Gemeinden Bestandsverzeichnisse angelegt hatten (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung, Landtags-Drucksache 15/1124). Die Rechtswirkungen, die die Ausweisung und die fehlende Ausweisung einer Straße im Bestandsverzeichnis haben, sollten daher mit der Aufhebung der Vorschriften nicht etwa beseitigt werden (im Ergebnis ebenso Nds. OVG, B. v. 28.02.2007 - 12 ME 95/07 -, juris Rn. 9 = www. dbovg. niedersachsen. de - im Folgenden: dbovg -).

Auch von einer Widmung kraft „unvordenklicher Verjährung“ kann nicht ausgegangen werden. Nach dem Rechtsinstitut der „unvordenklichen Verjährung“ wird der öffentliche Charakter einer Straße widerleglich vermutet, wenn sie seit Menschengedenken in einem gebrauchsfähigen Zustand tatsächlich vorhanden war und allgemein benutzt wurde, ohne dass der Grundeigentümer widersprochen hat (vgl. Sauthoff, a. a. O., Rn. 121). Dieses Rechtsinstitut ist in Niedersachsen nach den Regelungen des Landesstraßengesetzes jedoch nicht mehr anwendbar. Das ergibt sich aus dem Zweck der Regelungen über die Straßenbestandsverzeichnisse in § 63 NStrG a. F. Mit diesen Vorschriften wollte der Gesetzgeber im Interesse der Rechtsbereinigung und Rechtsklarheit eindeutige Rechtsverhältnisse hinsichtlich des Bestandes der öffentlichen Straßen im Gemeindegebiet erreichen. Dieses Ziel wäre nicht erreichbar, wenn für jeden Weg trotz unterbliebener Eintragung im Bestandsverzeichnis geprüft werden müsste, ob er nicht kraft „unvordenklicher Verjährung“ doch noch als öffentlicher Weg zu qualifizieren ist. Die Annahme, es könne noch Gemeindestraßen kraft „unvordenklicher Verjährung“ geben, ist danach mit dem Niedersächsischen Straßengesetz nicht vereinbar (im Ergebnis ebenso VG Lüneburg, U. v. 24.07.2002 - 5 A 131/01 -, juris Rn. 18 = dbovg; VG Göttingen, U. v. 31.05.2005 - 1 A 249/03 -, juris Rn. 20 = dbovg; Wendrich, a. a. O., § 63 Rn. 4; a. A. VG Stade, U. v. 16.10.2007 - 1 A 2789/05 -, juris Rn. 51, 49 = dbovg).

Als öffentlicher Weg kann der F. -Weg auch nicht auf der Grundlage des § 62 Abs. 2 NStrG a. F. angesehen werden. Nach dieser inzwischen außer Kraft getretenen Vorschrift gelten Straßen, die nach bisherigem Recht die Eigenschaft einer öffentlichen Straße besitzen, weiterhin als öffentliche Straße. Diese Regelung galt aber ausdrücklich nur „vorbehaltlich der Überprüfung bei Anlage des Bestandsverzeichnisses“. Dies ist so zu verstehen, dass § 62 Abs. 2 NStrG a. F. eine Übergangsregelung für den Zeitraum bis zu der vom Gesetzgeber angeordneten Anlage der Straßenbestandsverzeichnisse enthielt (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Änderungsgesetz von 2004, Landtags-Drucksache 15/1124, zu Art. 1 Nr. 7; ebenso VG Lüneburg, a. a. O., juris Rn. 17). Mit der Ausweisung der öffentlichen Straßen und Wege in den Verzeichnissen und jedenfalls nach Ablauf der vom Gesetzgeber in § 63 NStrG a. F. gesetzten Frist zur Anlage der Verzeichnisse Ende 1983 hat sich die in § 62 Abs. 2 NStrG a. F. enthaltene Übergangsbestimmung erledigt.

Der F. -Weg ist auch nicht infolge einer Widmung im Rahmen des Bebauungsplanes zu einem öffentlichen Weg im Sinne des Straßenrechts geworden. Selbst wenn der Weg im Rahmen des Bebauungsplanes „L.“ ordnungsgemäß gewidmet worden wäre, wäre er allein deswegen nicht als öffentlicher Weg anzusehen. Der Bebauungsplan ist im Jahre 1978 vom Rat der Beklagten beschlossen und Ende September 1980 wirksam geworden. Gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 NStrG a. F. hatten die Gemeinden bis Ende 1983 Straßenbestandsverzeichnisse anzulegen; angelegte Verzeichnisse konnten noch bis zu diesem Stichtag ergänzt werden (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 08.01.1981, a. a. O.). Den F. -Weg hat die Beklagte aber nicht im Bestandsverzeichnis ausgewiesen. Er galt damit gemäß § 63 Abs. 5 Satz 2 NStrG a. F. als aufgehoben und eingezogen. Diese Regelung erfasste nach Wortlaut und Zweck auch diejenigen im Verzeichnis nicht ausgewiesenen Wege, die ursprünglich als öffentliche Wege zu qualifizieren waren (ebenso VG Lüneburg, a. a. O., juris Rn. 17 f.). Unabhängig davon ist im Bebauungsplanverfahren aber auch eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Widmung nicht erfolgt. Es fehlt schon an hinreichenden Anhaltspunkten für einen dahin gehenden Erklärungswillen der Beklagten. Von einer Widmung von Wegeflächen für den öffentlichen Verkehr ist in dem Bebauungsplan und in seiner Begründung nicht die Rede. Gegen eine Widmung spricht auch die Formulierung in der Begründung des Rates, nach der die der „inneren Erschließung“ des Planungsgebietes dienenden Wege u. a. für den Fußgänger- und Fahrradverkehr in diesem Bebauungsplan nicht festgesetzt werden (Ziff. IV der vom Rat der Beklagten am 20.04.1978 beschlossenen Begründung zum Bebauungsplan „L.“). Bloße Festsetzungen im Bebauungsplan würden nach den aktuell geltenden Bestimmungen auch nicht genügen, um von einem öffentlichen Weg ausgehen zu können. Die Festsetzung einer Verkehrsfläche bedarf zu ihrer Realisierung grundsätzlich einer straßenrechtlichen Widmung (s. auch OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 02.04.2009 - 11 B 7/08 -, NVwZ-RR 2009, 914, 915 und § 6 Abs. 5 NStrG). Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 NStrG in der bis zum 29.07.1980 geltenden Fassung (NStrG v. 14.12.1962 - GVBl. S. 251 -, zuletzt geänd. durch Gesetz v. 28.06.1977 - GVBl. S. 233 -) galt zwar die Straße mit der Verkehrsübergabe als gewidmet, wenn sie in einem förmlichen Verfahren für den öffentlichen Verkehr ausgewiesen wurde. Der Träger der Straßenbaulast hatte aber den Zeitpunkt der Verkehrsübergabe mit einem Hinweis auf die zugrunde liegende Anordnung öffentlich bekannt zu machen (§ 6 Abs. 5 Satz 2 NStrG in dieser Fassung). Dies ist hier nach den vorliegenden Unterlagen nicht geschehen. Das Gericht kann daher offenlassen, ob sich die rechtlichen Vorgaben für eine Widmung im Rahmen des Planungsverfahren hier nach der zitierten Altfassung des § 6 Abs. 5 NStrG bestimmen oder nach der seit dem 30. Juli 1980 geltenden Fassung dieser Vorschrift (s. Gesetz v. 29.07.1980 - GVBl. S. 283 -). Die von der Beklagten aufgeworfene Frage, inwieweit eine konkludente Zustimmung der damaligen Eigentümer zu einer im Planungsverfahren erfolgten Widmung angenommen werden kann, stellt sich nach allem im vorliegenden Verfahren nicht. Unabhängig davon gelten für eine konkludente Zustimmung strenge Anforderungen (s. dazu Sauthoff, a. a. O., Rn. 48); nach den vorliegenden Unterlagen gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass diese Anforderungen hier erfüllt wurden.

Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass auch eine rechtswirksame Widmung im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens den F. -Weg jedenfalls nicht in seiner jetzigen Gestalt erfassen würde. Der durch Verbreiterung entstandene neue Wegeteil würde nur dann als gewidmet gelten, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 NStrG erfüllt wären (vgl. § 6 Abs. 6 NStrG). Dies ist aber nicht der Fall. Insbesondere hat die Klägerin der Verbreiterung nicht zugestimmt.

Die Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass der F. -Weg von Fußgängern und Radfahrern genutzt wird und auf ihm daher tatsächlich öffentlicher Verkehr stattfindet. Selbst wenn der Weg damit weiterhin als „tatsächlich öffentlicher Weg“ anzusehen wäre, würde ihn dies nicht zu einem öffentlichen Weg im Sinne des Straßenrechts machen. Dies würde lediglich bedeuten, dass die Vorschriften des Straßenverkehrsrechts anwendbar sind (vgl. den im Eilverfahren ergangenen Beschluss der Kammer v. 02.09.2009 - 6 B 116/09 -). Öffentliche Wege im Sinne des Straßenrechts sind grundsätzlich nur die gewidmeten oder als gewidmet geltenden Wege. Auch soweit der F. -Weg nach den Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung (NWaldLG) bzw. des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) betreten werden darf, ist er daher nicht als öffentlicher Weg im Sinne des Straßenrechts zu qualifizieren (s. auch Sauthoff, a. a. O., Rn. 3; Otto, UPR 2010, 301).

2. Zur Klarstellung und zur Begrenzung weiterer Streitigkeiten weist die Kammer jedoch darauf hin, dass der F. -Weg weiterhin von der Allgemeinheit benutzt werden darf. Grundlage dafür sind die naturschutzrechtlichen Regelungen. Nach § 59 Abs. 1 BNatSchG und § 23 Abs. 1 Satz 1 NWaldLG hat jeder Mensch das Recht, die freie Landschaft zu betreten und sich dort zu erholen.

Auch soweit er über das unbebaute Grundstück der Klägerin führt, ist der F. -Weg Bestandteil der freien Landschaft im Sinne dieser naturschutzrechtlichen Bestimmungen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NWaldLG besteht die freie Landschaft aus den Flächen des Waldes und der übrigen freien Landschaft, auch wenn die Flächen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile liegen. Bestandteile der freien Landschaft sind auch die zugehörigen Wege (§ 2 Abs. 1 Satz 2 NWaldLG). Zu den nach § 2 Abs. 2 NWaldLG ausgeschlossenen Landschaftsteilen gehören das Grundstück der Klägerin und der darüber führende Teil des F. -Weges nicht. Insbesondere ist das Grundstück nicht als Parkanlage oder Teil einer solchen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 NWaldLG anzusehen. Darunter fallen nach dieser Regelung nur Anlagen, die im räumlichen Zusammenhang zu baulichen Anlagen stehen, welche zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Das Grundstück der Klägerin steht jedoch nicht in einem solchen räumlichen Zusammenhang zu bebauten Grundstücken. Es bildet eine tatsächliche Einheit mit dem übrigen Uferbereich und den weiteren ebenfalls unbebauten, von dem Weg überquerten Grundstücken und ist von der Wohnbebauung räumlich deutlich getrennt. Dass der F. -Weg im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegt, steht der Anwendung des NWaldLG nicht entgegen (s. auch OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 14.10.2007 - 3a B 255/03 -, LKV 2005, 414, 415 u. 417 [OVG Brandenburg 14.10.2004 - 3a B 255/03]).

Die Klägerin ist nach gegenwärtigem Sachstand nicht dazu berechtigt, die durch die naturschutzrechtlichen Vorschriften gestattete Benutzung des Weges zu verbieten oder den Weg zu sperren. In welchem Umfang Verbote und Sperren durch die Klägerin zulässig sind, ist in § 31 NWaldLG geregelt. Derzeit ist nicht ersichtlich, dass einer der dort geregelten Tatbestände erfüllt ist. Gegebenenfalls wird die Waldbehörde zu prüfen haben, ob Behinderungen des Betretungsrechts durch die Klägerin gegen das NWaldLG verstoßen und inwieweit dann Anordnungen gegen die Klägerin zur Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustands zu treffen sind (vgl. § 31 Abs. 4 Satz 1, § 43 Abs. 1 NWaldLG). Die Kammer weist dazu insbesondere auf Folgendes hin:

Soweit die Klägerin geltend macht, Passanten würden immer wieder Abfall auf ihr Grundstück werfen oder dort hinterlassen, ist gegenwärtig schon nicht ersichtlich, dass die Sperrung des Weges deswegen erforderlich (s. § 31 Abs. 1 Satz 1 NWaldLG) ist. Jedenfalls sind zur Verhinderung eines solchen Fehlverhaltens zunächst weniger einschneidende Maßnahmen – wie z. B. das Aufstellen von Hinweisschildern – zu ergreifen. Im Übrigen reicht eine Verschmutzung, die das nach allen Erfahrungen bei der Benutzung eines in freier Landschaft gelegenen Weges „normale“ Maß nicht überschreitet, nicht für ein Verbot oder eine Sperrung aus (vgl. VGH Baden-Württemberg, B. v. 27.08.1991 - 5 S 1217/91 -, juris Rn. 4 = NVwZ-RR 1992, 61). Bei der Frage, wann Verschmutzungen dem Grundeigentümer unzumutbar sind, ist auch zu berücksichtigen, dass nicht der Eigentümer, sondern die zuständige öffentlich-rechtliche Körperschaft zum Einsammeln auf dem Grundstück anfallenden Abfalls verpflichtet ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, B. v. 27.08.1991, a. a. O.).

Allein aus der Tatsache, dass nach der Darstellung der Klägerin Reste des bei der Wegeverbreiterung auf dem Grundstück gelagerten Schotters zu „Problemen“ auf ihrem Grundstück führen, wird sich eine Befugnis zur Sperrung des Weges oder zu Betretungsverboten nicht herleiten lassen. Sofern insoweit Probleme entstehen, sind sie nicht auf die Ausübung des Betretungsrechts zurückzuführen. Verbote oder Sperren nach § 31 NWaldLG können aber nur solche Beeinträchtigungen rechtfertigen, die gerade als Folge der rechtmäßigen Ausübung des Betretungsrechts entstehen (vgl. BayVGH, U. v. 22.07.1982 - 9 B 1710/79 -, NuR 1984, 193 [BVerwG 17.02.1984 - BVerwG 4 C 70.80]). Aus diesem Grund wird die Klägerin auch nicht allein deswegen zu Verboten oder Sperren berechtigt sein, weil es wegen der Schotterbefestigung des Weges nach ihrer Darstellung auf dem Grundstück zu Problemen mit dem Wasserabfluss gekommen ist. Das bedeutet nicht, dass Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte von vornherein ausgeschlossen sind, sofern die Schotterbefestigung tatsächlich Schäden auf dem Grundstück verursacht hat oder verursachen wird. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und von der Kammer daher nicht zu klären.

Inwieweit überhaupt eine landwirtschaftliche Nutzung des der Klägerin gehörenden Grundstücks zulässig ist, muss die Kammer im Rahmen dieses Verfahrens nicht abschließend klären. Auch im Hinblick auf eine landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks ist ein Verbot oder eine Sperrung durch die Grundeigentümerin nur zulässig, wenn dies zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung erforderlich ist und die Beeinträchtigungen gerade durch die Ausübung des Betretungsrechts für sie unzumutbar sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Wegenutzung grundsätzlich die Nutzung des Grundstücks zur Heugewinnung nicht beeinträchtigt. Dies gilt grundsätzlich auch für die Viehhaltung (vgl. auch VG Arnsberg, U. v. 27.09.1983 - 4 K 3201/82 -, NuR 1984, 69, 70). Insoweit sieht sich die Kammer zu dem Hinweis veranlasst, dass der Grundeigentümer in das Betretungsrecht überhaupt nur dann eingreifen darf, wenn er sein Grundstück tatsächlich für Zwecke nutzt, die im Rahmen einer den Schutz des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 GG) verdienenden Eigentumsnutzung liegen. Maßnahmen des Eigentümers, die nur dazu dienen, das Betretungsrecht der Allgemeinheit durch faktischen Ausschluss des Zugangs zu beseitigen, werden von der Eingriffsbefugnis des Eigentümers nicht erfasst (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 20.12.1990 - 20 A 2218/89 -, NuR 1993, 240).

Da die Ausübung des Betretungsrechts der Klägerin nach gegenwärtigem Sachstand zumutbar ist, ist sie auch nicht in ihrem Grundrecht auf Eigentum verletzt. In diesem Fall zwingt die Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) den Grundeigentümer dazu, das Betretungsrecht zu dulden (BVerwG, U. v. 08.05.2003 - 7 C 15/02 -, juris Rn. 11 = NVwZ 2003, 1252).

Die Kammer weist außerdem darauf hin, dass Maßnahmen der Klägerin im Hinblick auf das fragliche Wegstück im Übrigen nicht von Herrn M. allein wirksam ergriffen werden können. Die Klägerin und Grundstückseigentümerin ist eine Erbengemeinschaft. Herr M. ist für diese grundsätzlich nicht – allein – vertretungsbefugt. Ihm steht im Rahmen der Erbengemeinschaft (im Sinne der §§ 2032 ff. BGB) nur ein Gesamthandsanteil (im Sinne von § 1008 BGB i. V. m. § 741 ff. BGB) zu. Auch „für die Erbengemeinschaft“ kann Herr M. nicht ohne Weiteres wirksam handeln, da diese als – nicht rechtsfähige – Gesamthandsgemeinschaft grundsätzlich gemeinschaftliches Handeln aller Gesamthänder verlangt (vgl. § 2038 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Die Beklagte wird zu prüfen haben, ob weitergehende Maßnahmen zu ergreifen sind, um die öffentlichen Nutzungsrechte an dem Wegstück vor allem im Interesse der Bürgerinnen und Bürger dauerhaft zu klären und gegebenenfalls eine gefahrlose allgemeine Benutzung des F. -Weges sicherzustellen. Als Instrumente dafür kommen grundsätzlich die Ausweisung des F. -Weges als Freizeitweg (§§ 37 ff. NWaldLG) und eine Enteignung der Grundeigentümerin – beide Maßnahmen mit Entschädigungsansprüchen der Eigentümerin – in Betracht.