Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.03.2007, Az.: 6 K 514/03
Anwendung des körperschaftsteuerlichen bzw. doppelbesteuerungsabkommensrechtlichen "Schachtelprivilegs" auf Ausschüttungen eines französischen Investmentfonds; "In Frankreich ansässige Gesellschaft" i.S.d. Doppelbesteuerungsabkommens mit Frankreich
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 29.03.2007
- Aktenzeichen
- 6 K 514/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 32973
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2007:0329.6K514.03.0A
Rechtsgrundlagen
- § 47 Abs. 1 KStG
- § 8b Abs. 5 KStG a.F.
- DBA/Frankreich
Fundstellen
- EFG 2007, 1223-1225 (Volltext mit red. LS)
- IStR 2007, 755-756 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- IWB 2007, 963 (Kurzinformation)
- NWB direkt 2007, 7
- Status:Recht 2007, 384-385
- Jurion-Abstract 2007, 228672 (Zusammenfassung)
Verfahrensgegenstand
Körperschaftsteuer 1988 und 1989
ges. Feststellung gem. § 47 Abs. 2 KStG 1988 und 1989
ges. Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1988 und zum 31.12.1989
Amtlicher Leitsatz
Orientierungssatz:
Zur Anwendung des "Schachtelprivilegs" auf Ausschüttungen eines französischen Investmentfonds - SICAV - (Art. 9 Abs. 1 und 20 Abs. 1 DBA/Frankreich i.V.m. § 8b Abs. 5 KStG a.F.).
Tatbestand
Streitig ist, ob die im Zusammenhang mit einer Beteiligung der Klägerin an einem Investmentfonds in Frankreich (SICAV ... - im Folgenden: SICAV -) stehenden Ausschüttungen in der Bundesrepublik Deutschland der Besteuerung unterliegen.
Die Klägerin, bei der es sich um eine ... international tätige Aktiengesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in X handelt, war in den Streitjahren 1988 und 1989 unter anderem an dem Investmentfonds SICAV ... (nachfolgend kurz: "SICAV") mit Sitz in Frankreich zu 19 v.H. (1988) bzw. 18 v.H. (1989) beteiligt. Die SICAV, bei der es sich um eine Kapitalanlage-Gesellschaft mit veränderlichem Kapital handelt ("société d'investissement á capital variable"), die in der Rechtsform einer société anonyme ("S.A.") tätig ist, stellt eine Einrichtung für die kollektive Anlage in Wertpapieren dar. Ihr Geschäftszweck besteht ausschließlich in der Anlage und der Verwaltung französischer Rentenpapiere. Die aus der Anlage der Rentenpapiere erzielten Gewinne unterliegen in Frankreich auf der Ebene der SICAV nicht der Körperschaftsteuer.
Das beklagte Finanzamt vertrat im Anschluss an eine bei der Klägerin unter anderem für die Streitjahre durchgeführten Außenprüfung die Ansicht, dass die Ausschüttungen der SICAV im Ergebnis als Zinsen zu behandeln und aus diesem Grund in der Bundesrepublik Deutschland der Besteuerung zu unterwerfen seien.
Gegen die im Anschluss an die Außenprüfung für 1988 und 1989 ergangenen Bescheide wendet sich die Klägerin mit ihrer nach erfolglos gebliebenem Vorverfahren unter dem 25. Juli 2003 erhobenen Klage. Die von ihr von der SICAV in den Streitjahren bezogenen Ausschüttungen stellten abkommensrechtliche Dividenden i.S. des Art. 9 Abs. 1 des Abkommens vom 21. Juli 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern i.d.F. des Revisionsprotokolls vom 9. Juni 1969 (im Folgenden: DBA/Frankreich) dar und unterlägen dem Schachtelprivileg des Art. 20 Abs. 1 Buchst. a DBA/Frankreich i.V.m. § 8b Abs. 5 KStG a.F. mit der Folge, dass sie in der Bundesrepublik Deutschland unter Progressionsvorbehalt steuerfrei zu belassen seien. Insbesondere seien diese Ausschüttungen nicht als steuerpflichtige Zinsen im abkommensrechtlichen Sinne zu qualifizieren.
Bei den an die Klägerin ausgeschütteten Beträgen handele es sich um Dividenden i.S.d. Art. 9 Abs. 6 DBA/Frankreich, da die SICAV als Gesellschaft im abkommensrechtlichen Sinne zu qualifizieren sei. Da der Begriff "Gesellschaft" im DBA/Frankreich nicht definiert werde, komme der Grundsatz der autonomen Abkommensanwendung (vgl. Art. 2 Abs. 2 DBA/Frankreich) zum Tragen. Danach sei dieser Begriff unter Zugrundelegung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts des anwendenden Vertragsstaates (hier: der Bundesrepublik Deutschland) zu bestimmen. Hieraus folgt zunächst, dass die abkommensrechtliche Behandlung der SICAV in Frankreich ohne jede Bedeutung für ihre abkommensrechtliche Einordnung in der Bundesrepublik sei. Ob die SICAV als ausländisches Rechtsgebilde als Kapitalgesellschaft zu qualifizieren sei, bestimme sich folglich nach deutschem innerstaatlichen Recht, nämlich nach dem sog. Typenvergleich. Insoweit sei entscheidend darauf abzustellen, ob die SICAV in ihrer Gesamtheit und unter Beachtung ihres rechtlichen Aufbaus sowie ihrer rechtlichen Struktur dem deutschen Rechtstyp der Personengesellschaft oder aber dem der Körperschaft bzw. Kapitalgesellschaft am nächsten komme. Da die SICAV in Form einer Aktiengesellschaft (société anonyme) mit einem täglich mit der Ausgabe und dem Rückkauf neuer Aktien schwankenden Kapital geführt werde, sei sie aus deutscher Sicht im Rahmen des Typenvergleichs als Aktiengesellschaft aufzufassen.
Auch wenn die SICAV als französische Aktiengesellschaft das Kapitalanlagegeschäft betreibe, sei sie deshalb noch keine Kapitalanlagegesellschaft i.S.d. deutschen Rechts. Denn diese zeichneten sich gerade dadurch aus, dass sie ein Sondervermögen im eigenen Namen sowie auf fremde Rechnung verwalteten und dass die Anteilsscheininhaber am Sondervermögen und eben nicht an der Kapitalanlagegesellschaft - wie im Streitfall die Klägerin an der SICAV - beteiligt seien. Zusammenfassend ergebe sich aus alledem, dass die Ausschüttungen auf Aktien an der SICAV aus deutscher Sicht sowohl nach dem deutschen innerstaatlichen Recht gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als auch abkommensrechtlich gem. Art. 9 Abs. 6 DBA/Frankreich als Dividenden zu qualifizieren seien.
Die demgegenüber vom beklagten FA in den angefochtenen Bescheiden vorgenommene Einordnung der Ausschüttungen der SICAV als Zinserträge der Aktionäre und damit auch der Klägerin sei hingegen nur dann möglich, wenn man die SICAV abkommensrechtlich transparent behandelte und damit die Zinseinkünfte den Aktionären steuerlich unmittelbar zurechnen könnte. Da die Zurechnung von Einkünften im DBA/Frankreich nicht geregelt sei, bestimme sich dies wiederum gem. Art. 2 Abs. 2 DBA/Frankreich nach dem innerstaatlichen Recht des jeweiligen Anwenderstaates. Die SICAV entspreche jedoch aufgrund des Typenvergleichs einer deutschen Aktiengesellschaft und stelle damit ein selbstständiges Steuersubjekt dar, so dass auch die Zinserträge aus deutscher Sicht von der SICAV als selbstständiges Steuersubjekt erzielt würden. Damit seien die Zinseinkünfte sowohl nach deutschem innerstaatlichen Recht als auch abkommensrechtlich steuerlich ausschließlich der SICAV und nicht etwa den Aktionären der SICAV zuzurechnen. Inwieweit die Zinserträge ggf. nach französischem Recht den Aktionären steuerlich unmittelbar zuzurechnen seien, sei hingegen für die in der Bundesrepublik Deutschland vorzunehmende Besteuerung unter Anwendung des DBA unerheblich.
Das beklagte FA hat während des Klageverfahrens unter dem 10. November 2005 geänderte Bescheide erlassen, mit denen es dem ursprünglich mit dieser Klage insgesamt verfolgten Begehren der Klägerin in weitaus überwiegendem Umfang entsprochen hat. Die geänderten Bescheide sind gem. § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden sind. Von den beiden hiernach zunächst noch verbliebenen Streitpunkten hat die Klägerin den des Vorhandenseins einer Betriebstätte in Y ab dem Streitjahr 1989 im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht weiter aufrecht erhalten.
Die Klägerin stellt nunmehr unter Einbeziehung dieser Änderungsbescheide den Antrag aus der Klagebegründungsschrift vom 24. September 2003 soweit dort unter Punkt B 1. d sowie 2. bis 4. ausgeführt.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die angefochtenen Steuerbescheide seien rechtmäßig, weil die von der SICAV an die Klägerin in den Streitjahren vorgenommenen Ausschüttungen nicht schachtelbegünstigt i.S.d. DBA/Frankreich seien. Bei der SICAV handele es sich um eine körperschaftsteuerbefreite Kapitalgesellschaft, die nach dem innerstaatlichen (deutschen) Recht nicht als Kapitalgesellschaft im eigentlichen Sinne einzustufen, sondern als Kapitalanlage-Gesellschaft zu behandeln sei. Nach dem anzustellenden Typenvergleich entspreche die SICAV dem Fonds einer deutschen Kapitalanlage-Gesellschaft. Der Unterschied zur deutschen Form dieser Gesellschaft bestehe lediglich darin, dass die SICAV selbst keinen Fonds auflege und verwalte, sondern der Anteilseigner -hier: die Klägerin- direkt beteiligt sei. Diese Annahme werde auch durch Art. 25b Abs. 4 DBA/Frankreich gestützt und sei zudem durch die in Frankreich vorgenommene Besteuerung gerechtfertigt. Von dieser Gesellschaft würden in Frankreich keine Steuern erhoben, weil sie aufgrund besonderer Bestimmungen steuerbefreit sei. Aufgrund der Besonderheiten einer SICAV könne auch der Betriebsstättenerlass zum Typenvergleich nicht herangezogen werden.
Zwar würden nach Maßgabe des Art. 9 Abs. 6 DBA/Frankreich die Ausschüttungen auf Anteilsscheine einer Kapitalgesellschaft als Dividende i.S.d. Art. 9 DBA/Frankreich gelten. Dies führe jedoch nicht dazu, dass diese Dividende in die in Art. 9 Abs. 4 DBA/Frankreich vorgesehene Befreiung von der Quellensteuer einzubeziehen sei. Das in dieser Vorschrift geregelte Verbot der Besteuerung von Schachteldividenden im Quellenstaat werde von der französischen Finanzverwaltung so ausgelegt, dass eine SICAV nicht als Kapitalgesellschaft i.S.d. Art. angesehen werde. Eine SICAV werde in Frankreich als nicht abkommensberechtigt angesehen, da sie dort nicht ansässig, d.h. steuerpflichtig sei (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4a DBA/Frankreich).
Die Gewährung von Abkommensschutz setze aber voraus, dass die Person in einem der beiden Vertragsstaaten ansässig sei, d.h. in einem der beiden Vertragsstaaten einer sog. Inländer-Besteuerung unterliege. Dies sei lediglich denkbar, wenn sie nach dem Steuerrecht dieses Staates als eigenständiges Steuersubjekt anerkannt sei. Die Steuersubjektqualität im Ansässigkeitsstaat sei deshalb Voraussetzung für die Ansässigkeit i.S.d. Art. 4 Abs. 1 DBA/Musterabkommen (MA) in einem der beiden Vertragsstaaten. Die Ansässigkeit sei wiederum Voraussetzung für die Gewährung von persönlichem Abkommensschutz. Da die Ansässigkeit nach Art. 4 Abs. 1 DBA/MA eine Inländer-Besteuerung der Person im Ansässigkeitsstaat voraussetze, könne nur eine solche Person in dem genannten Staat ansässig sein, die nach dessen Steuerrecht auch dort Steuersubjekt sei. Nach französischem Recht würden aber französische Investmentfonds, wie unter anderem SICAV, für DBA-Zwecke nicht als ansässig betrachtet.
Eine Kapitalanlagegesellschaft in der Form einer SICAV könnte zwar Dividenden i.S.d. DBA ausschütten, sie erfülle jedoch nicht die in Art. 9 Abs. 4 und Art. 20 DBA/Frankreich gestellten Voraussetzungen für die Gewährung des Schachtelprivilegs für diese Ausschüttungen. Denn abkommensberechtigt i.S.d. DBA/Frankreich sei nur der Anteilseigner, nicht jedoch die SICAV. Nach Art. 20 Abs. 1 b a.A. sei für die Steuerbefreiung aber unter anderem Voraussetzung, dass die Dividenden "von einer in Frankreich ansässigen Kapitalgesellschaft gezahlt werden". Hieran fehle es indes.
Weitere Voraussetzung für die Annahme einer "Ansässigkeit" in Frankreich sei nach Art. 2 Nr. 4a DBA/Frankreich, dass die zahlende Gesellschaft in Frankreich steuerpflichtig sei. Auch dies liege im Streitfall nicht vor, da die SICAV nicht selbst in Frankreich steuerpflichtig sei, sondern lediglich die beteiligten Kapitalanleger. Im Sinne des DBA/Frankreich sei die SICAV transparent. Dies werde auch durch die in Art. 25b Abs. 4 DBA/Frankreich enthaltene Regelung bestätigt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
I.
Denn die der Klägerin in den Streitjahren 1988 und 1989 in unstreitiger Höhe zuzurechnenden Ausschüttungen der SICAV stellen keine schachtelbegünstigten Dividenden i.S.d. Art. 9 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 DBA/Frankreich i.V.m. § 8b Abs. 5 KStG a.F. dar und unterfallen damit nicht der abkommensrechtlichen Freistellung in der Bundesrepublik Deutschland.
1.
Nach Art. 20 Abs. 1 Buchstabe a DBA/Frankreich sind von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer vorbehaltlich der Buchstaben b und c die aus Frankreich stammenden Einkünfte ausgenommen, die nach dem DBA/Frankreich in Frankreich besteuert werden können. Zu diesen Einkünften gehören u.a. Dividenden i.S.d. Art. 9 Abs. 1 und Abs. 6 DBA/Frankreich, die eine in Frankreich ansässige Gesellschaft an eine in der Bundesrepublik ansässige Person zahlt. Für solche Dividenden steht Frankreich an sich ein Quellenbesteuerungsrecht gem. Art. 9 Abs. 2 DBA/Frankreich zu. Zwar wird dieses Quellenbesteuerungsrecht durch Art. 9 Abs. 4 DBA/Frankreich wieder aufgehoben. Art. 20 Abs. 1 Buchstabe a DBA/Frankreich stellt aber nur auf die allgemeine Quellenbesteuerungsnorm des Art. 9 Abs. 2 DBA/Frankreich und nicht auf die Sondervorschrift des Art. 9 Abs. 4 DBA/Frankreich ab (BFH-Urteil vom 29. Mai 1996 I R 21/95, BStBl II 1997, 63 unter II. 2a der Entscheidungsgründe m.w.N.).
Allerdings ist nach Art. 20 Abs. 1 Buchstabe b (aa) DBA/Frankreich die Rechtsfolge des Buchstaben a DBA/Frankreich nur auf Dividenden anzuwenden, wenn die Dividenden von einer in Frankreich ansässigen Kapitalgesellschaft an eine in der Bundesrepublik ansässige Kapitalgesellschaft gezahlt werden, der mindestens 25 v.H. des Gesellschaftskapitals der erstgenannten Gesellschaft gehören (vgl hierzu § 8b Abs. 5 KStG a.F., der in diesen Fällen als Mindestbeteiligung ein Zehntel genügen lässt).
2.
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall jedoch nicht vor, da es sich bei der SICAV nicht um eine in Frankreich ansässige Gesellschaft i.S.d. DBA/Frankreich handelt.
a)
Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 sowie Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 DBA/Frankreich bestimmen ergänzend zu Art. 9 Abs. 1 DBA/Frankreich, was unter einer Person zu verstehen und wann eine Person in einem der beiden Vertragsstaaten ansässig ist. Danach umfasst der Begriff "Person" unter anderem juristische Personen und der "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres Aufenthaltes, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist.
Dagegen erhält der Ausdruck "Gesellschaft" i.S.d. Art. 9 Abs. 1 DBA/Frankreich keine ausdrückliche abkommensrechtliche Definition. Aus Art. 9 Abs. 6 DBA/Frankreich folgt jedoch im Umkehrschluss, dass unter diesen Ausdruck jedenfalls Kapitalgesellschaften fallen (BFH-Urteil vom 29. Mai 1996 I R 21/95, a.a.O.; vgl. auch Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b des OECD Musterabkommens - MA - , wonach der Ausdruck "Gesellschaft" juristische Personen oder Rechtsträger, die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden, bedeutet).
Von einer "Ansässigkeit" der Person bzw. Gesellschaft in einem der beiden Vertragsstaaten kann wiederum nur dann ausgegangen werden, wenn diese einer sog. Inländerbesteuerung unterliegt. Dies ist nur dann der Fall, wenn sie nach dem Steuerrecht dieses Staates als eigenständiges Steuersubjekt anerkannt und insoweit unbeschränkt steuerpflichtig ist (vgl. Debatin/Wassermeyer-Wassermeyer, Kommentar zu allen deutschen Doppelbesteuerungsabkommen, Tz. 17 zu Art. 1 MA sowie Tz. 2 und 25 ff. zu Art. 4 MA).
b)
In Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist die abkommensrechtliche Freistellung i.S.d. Art. 20 DBA/Frankreich nicht einschlägig, weil die SICAV ... nicht i.S.d. Art. 9 Abs. 1 und Art. 20 DBA/Frankreich in Frankreich ansässig ist.
aa)
Die in der Rechtsform einer société anonyme geführte SICAV entspricht einer Aktiengesellschaft (AG) deutschen Rechts, ohne dass es an dieser Stelle einer abschließenden Entscheidung bedürfte, ob sie - so die vom beklagten FA vertretenen Auffassung - zudem einer Kapitalanlagegesellschaft gleichzustellen wäre, die ebenfalls in der Rechtsform einer AG betrieben werden kann (vgl. § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften -KAGG-).
Das Gericht erachtet den von der Klägerin in diesem Zusammenhang gegebenen Hinweis auf die "Tabelle 1" zum Betriebsstätten-Erlass (vgl. BMF-Schreiben vom 24. Dezember 1999 IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl I 1999, 1076) vor dem Hintergrund als zutreffend, als durch die insoweit vorgenommene vergleichende Einordnung einer société anonyme französischen Rechts mit einer deutsche AG keine Besonderheit bei der Auslegung des steuerrechtlichen Betriebsstättenbegriffs Rechnung getragen, sondern in dieser Tabelle 1 vielmehr eine (allgemein gültige) Zuordnung ausländischer Firmen unter Berücksichtigung in der Bundesrepublik Deutschland bestehender möglicher Gesellschaftsformen getroffen worden ist.
bb)
Die SICAV ist indes in Frankreich nicht ansässig i.S.d. DBA/Frankreich. Denn sie unterliegt dort - wie im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist - als Körperschaftsteuer befreite Kapitalgesellschaft nicht selbst der Körperschaftsteuer und ist damit kein eigenständiges Steuersubjekt im Rahmen einer Inländerbesteuerung (vgl. Debatin/ Wassermeyer-de Bourmont/Julien-Saint-Amand, a.a.O., Rdz. 126 zu Art. 1 DBA/Frankreich sowie Debatin/Wassermeyer-Kramer, a.a.O., Rdz. 14 f. zu Art. 25 b DBA/Frankreich).
Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass sich die Frage der "Ansässigkeit" der SICAV auch insoweit nach deutschem Steuerrecht mit der Folge beurteilte, dass (auch) eine société anonyme, d.h. aus deutscher Sicht eine Aktiengesellschaft, stets und damit ausnahmslos ein selbstständiges Steuersubjekt darstellte.
Vielmehr beurteilt sich die "Ansässigkeit" einer Gesellschaft in dem anderen Vertragsstaat nach dessen hierfür maßgeblichen Bestimmungen (vgl. Debatin/Wassermeyer-Wassermeyer, a.a.O., Rdz. 26 zu Art. 4 MA). Da die SICAV indes nach den insoweit übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten in Frankreich unstreitig körperschaftsteuerbefreit war, erübrigen sich diesbezüglich weitere Ausführungen.
cc)
Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg auf das von ihr angeführte BMF-Schreiben vom 21. Mai 1999 - IV D 3 - S 1300 - 34/99, FR 1999, 1084 berufen. Dies folgt allein schon daraus, dass die Gerichte an die rechtliche Beurteilung eines an dieser Stelle unterstellten vergleichbaren Sachverhalts durch den Bundesminister für Finanzen nicht gebunden sind.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.