Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 15.07.2002, Az.: 17 W 44/02
Örtliche Zuständigkeit bei Anträgen eines in Abschiebeschaft Inhaftierten
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 15.07.2002
- Aktenzeichen
- 17 W 44/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 20124
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2002:0715.17W44.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 27.06.2002 - AZ: 28 T 48/02
Rechtsgrundlage
- § 4 FEVG
Fundstellen
- InfAuslR 2002, 439-440
- NVwZ (Beilage) 2003, I 8 (Volltext mit red. LS)
- NVwZ (Beilage) 2003, 8 (Volltext mit red. LS)
Prozessführer
des rumänischen Staatsangehörigen ... geboren am ..., zur Zeit unbekannten Aufenthalts,
In der Abschiebehaftsache
hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
die Richter am Oberlandesgericht ... und ... sowie
die Richterin am Amtsgericht ...
am 15. Juli 2002 beschlossen:
Tenor:
- 1.
Die weitere sofortige Beschwer des Betroffenen vom 4. Juli 2002 gegen den Beschluss der 28. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 27. Juni 2002 wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
- 2.
Beschwerdewert: 3.000,00 EUR.
Gründe
I.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 24. April 2002 - 44 XIV 48/02 - ist gegen den Betroffenen Abschiebungshaft angeordnet worden. Gleichzeitig hat das Amtsgericht die Entscheidungen über die Fortdauer dem Amtsgericht übertragen, in dessen Bezirk die Abschiebungshaft vollzogen wird. Der Betroffene hat sich seit dem 24. April 2002 in der JVA ... befunden. Unter dem 7. Mai 2002 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen beim Amtsgericht Hannover beantragt, den Haftbefehl des Amtsgerichts Oldenburg umgehend und ohne vorherige Anhörung aufzuheben und den Betroffenen frei zu lassen. Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 21. Mai 2002 wurde der Antrag kostenpflichtig zurückgewiesen. Nachdem der Betroffene bereits am 10. Mai 2002 aus der JVA ... entlassen worden war, hat der Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 21. Mai 2002 beantragt festzustellen, dass die Inhaftierung in der Zeit vom 7. Mai bis zur Haftentlassung am 10. Mai rechtswidrig war. Diesen Antrag hat das Amtsgericht Hannover durch Beschluss vom 23. Mai 2002 zurückgewiesen. Gegen die beiden Beschlüsse des Amtsgerichts vom 21. Mai und 23. Mai 2002 hat der Betroffene sofortige Beschwerde eingelegt und diese am 11. Juni 2002 begründet mit dem - erneuten - Ziel der Feststellung, dass die Inhaftierung in der Zeit vom 7. Mai 2002 bis zur Haftentlassung am 10. Mai 2002 rechtswidrig gewesen ist. Die 28. Zivilkammer des Landgerichts Hannover hat die sofortige Beschwerde durch Beschluss vom 27. Juni 2002 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere sofortige Beschwerde des Betroffenen.
II.
1.
Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen ist statthaft und im Übrigen auch zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§§ 103 Abs. 2 Satz 1 AuslG, 3 Satz 2 FEVG, 27 Abs. 1 FGG). Die von dem Betroffenen vorgenommene Antragsumstellung dahingehend, die Rechtswidrigkeit der Inhaftierung festzustellen, ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Hauptsache hier durch die Freilassung des Beklagten am 10. Mai 2002 und vor Erlass der Beschwerdeentscheidung des Amtsgerichts erledigt hatte. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (DVBl. 2002, 688 ff.) indiziert ein Freiheitsverlust durch Inhaftierung - wie hier Abschiebehaft - ein Rehabilitierungsinteresse der Betroffenen, das ein von Art. 19 Abs. 4 GG umfasstes Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch dann begründet, wenn die Maßnahme erledigt ist.
2.
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Im Einzelnen ist dazu Folgendes anzumerken: Die örtliche Zuständigkeit der Abschiebehaftsachen richtet sich nach Art. 4 FEVG. Danach bleibt eine einmal begründete Zuständigkeit - hier des Amtsgerichts Oldenburg - bestehen, auch wenn der Betroffene aufgrund einer richterlichen Anordnung der Freiheitsentziehung in einer Anstalt im Bezirk eines anderen Gerichts untergebracht wird (OLG Zweibrücken FGPrax 2000, 212). § 4 FEVG regelt abschließend die örtliche Zuständigkeit. Eine Abgabemöglichkeit an das Gericht des Haftortes besteht nur im Fall der Entscheidung über die Fortdauer der Abschiebungshaft gemäß § 103 Abs. 2 Satz 2 AuslG. Es liegen hier jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass eine solche Entscheidungen bei Erlass des Abgabebeschlusses durch das Amtsgericht Oldenburg am 24. April 2002 anstanden. Eine automatische Weitergabe des Verfahrens an dem jeweiligen Aufenthaltsort des Betroffenen entspricht jedoch nicht dem Gesetz und würde dazu führen, dass bei einem häufigeren Wechsel der Haftanstalt die Verfahrenszuständigkeit wiederholt übergeleitet wird, ohne dass irgendein Entscheidungsbedarf besteht. Demgemäß ist auch eine auf § 103 Abs. 2 Satz 2 AuslG gestützte Abgabe nicht zulässig und auch nicht bindend, wenn - wie hier - keine Entscheidung über die Fortdauer der Haft anstand und die Abgabe ersichtlich nur darauf beruht, dass der Betroffene in eine andere Haftanstalt verlegt worden ist (OLG Düsseldorf FGPrax 1995.168; Marschner/Volckart, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl., § 4 FEVG Rn. 1).
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 103 Abs. 1 Satz 1 AuslG, 14, 15 FEVG, 13 a FGG.
Streitwertbeschluss:
Beschwerdewert: 3.000,00 EUR.