Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 06.07.1994, Az.: 3 A 3020/93
Nutzungsentgelt bei Nebentätigkeiten in der Krankenversorgung in humanmedizinischen Einrichtungen der Hochschulen des Landes; Festsetzung von Zinsen wegen nicht fristgerechter bzw. unvollständiger Erklärungen des Beamten; Erfordernis einer spezialgesetzlichen Rechtsgrundlage; Zeitliche Anwendbarkeit der Hochschulnutzungsentgeltverordnung Medizin (HNTVO-M) vom 26.01.1990; Verbot der Wortlaut übergreifenden oder analogen Auslegung von abgabenbegründenden oder abgabenerhöhende Rechtsnormen; Nichtanwendbarkeit der zivilrechtlichen Zins-Regelungen; Ausschluss der Erhebung von Verspätungszuschlägen oder Säumniszuschlägen
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 06.07.1994
- Aktenzeichen
- 3 A 3020/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1994, 17166
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:1994:0706.3A3020.93.0A
Rechtsgrundlagen
- § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO
- § 2 Abs. 4 HNTVO-M 1990
- § 3 Abs. 3 HNTVO-M 1990
- § 4 Abs. 1 HNTVO-M 1990
- § 3 Abs. 1 HNTVO-M 1983/88
- § 3 Abs. 3 HNTVO-M 1983/88
- § 233 S. 1 AO 1977
Verfahrensgegenstand
Nutzungsentgelt
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Die Festsetzung von Zinsen für beamtenrechtliche Nutzungsentgelte bei Nebentätigkeiten in der Krankenversorgung in humanmedizinischen Einrichtungen der Hochschulen des Landes wegen nicht fristgerechter oder nicht vollständiger Abgabe der Jahreserklärungen zur Höhe der Liquidation ist mangels Bestehen einer Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig, soweit vor dem 01.02.1990 liegende Sachverhalte betroffen sind.
- 2.
Die Regelung des Erhebungsverfahrens für beamtenrechtliche Nutzungsentgelte bei Nebentätigkeiten in der Krankenversorgung in humanmedizinischen Einrichtungen der Hochschulen des Landes ist abschließend, so dass die ergänzende Anwendung von Landeskommunalabgabenrecht hinsichtlich der Erhebung von Verspätungs- oder Säumniszuschlägen ausgeschlossen ist.
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen hat
auf die mündliche Verhandlung vom 06. Juli 1994
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Lichtenfeld,
den Richter am Verwaltungsgericht Rühling und
den Richter Dr. Rudolph sowie
die ehrenamtlichen Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Nutzungsentgeltbescheid der Beklagten für die Jahre 1983 bis 1986 vom 03.05.1990 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 16.10.1991 wird aufgehoben, soweit der Kläger darin zur Zahlung eines Betrages von 11.329,94 DM (Zinsen gemäß der Berechnung in Anlage 5 des Bescheides vom 03.05.1990) aufgefordert wird.
Im übrigen wird das Verfahren eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 10/11 und die Beklagte zu 1/11; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Jeder Beteiligte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen ihn festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Gegner jeweils zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Zinsen für ein restliches Nutzungsentgelt der Jahre 1983 bis 1985.
Der Kläger stand bis zu seiner Emeritierung am 31.03.1990 als ordentlicher Professor im Dienst des Landes Niedersachsen und war an der medizinischen Fakultät der beklagten Universität als Leiter des Instituts ... tätig. Neben seiner Haupttätigkeit führte er als Nebentätigkeit ambulante und stationäre Privatbehandlungen, Behandlungen von Kassenpatienten im Rahmen eines Ermächtigungsvertrages mit der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) sowie Wasseruntersuchungen und Gutachtenerstellungen durch; letztere machten den weitaus überwiegenden Teil aus. Für diese Nebentätigkeiten, die er auch in der Zeit vom 01.04.1990 bis zum 31.03.1994 teils als kommissarischer Institutsleiter, teils als unter dem neuen Institutsleiter tätig werdender "Direktionsassistent" weiterführte, nahm der Kläger Einrichtungen, Material und Personal des Landes Niedersachsen in Anspruch. Für diese bei Ausübung seiner Nebentätigkeit erfolgende Inanspruchnahme entrichtete der Kläger ein Nutzungsentgelt an seinen Dienstherrn, das nach den vom Kläger gemachten Angaben über die bezogene Vergütung bemessen wurde.
Im Laufe des Jahres 1987 unterzog die Beklagte die Abrechnung des Klägers in den Jahren 1984 bis 1986 einer Überprüfung. Aufgrund der Prüfungsfeststellungen der Innenrevision bestand noch eine Restforderung von 92.228,82 DM. Diese beruhte darauf, daß der Kläger in seinen Erklärungen zur Nebentätigkeit nicht sämtliche während eines Jahres erbrachten Leistungen, sondern lediglich die während eines Jahres erstellten Rechnungen angegeben hatte. Dadurch wurde für einzelne Privatliquidationen das Nutzungsentgelt verzögert an die Beklagte abgeführt. Zudem hatte der Kläger die bis 1986 erklärte Vergütung aus der Ermächtigung um die Verwaltungskosten der KVN gemindert.
Mit "Nutzungsentgeltbescheid für die Jahre 1983 bis 1986" vom 03.05.1990 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger ein Rest-Nutzungsentgelt (Sachkosten und Vorteilsausgleich) für die Jahre 1983 bis 1986 in Höhe von insgesamt 249.493,10 DM fest. In diesem Betrag ist eine Zinsforderung in Höhe von 11.329,94 DM enthalten. Die Zinsforderung, zu deren Zahlung der Kläger bis zum 06.06.1990 aufgefordert wurde, bezieht sich ausweislich der Berechnung in der Anlage 5 des Bescheides auf das in der Zeit vom 01.02.1985 bis zum 04.12.1987 nach Ansicht der Beklagten fällig gewesene restliche Nutzungsentgelt der Jahre 1983 bis 1985.
Mit einem weiteren "Nutzungsentgeltbescheid für die Jahre 1987, 1988 und 1989" vom 03.05.1990 zog die Beklagte den Kläger zu einem Nutzungsentgelt (Sachkosten und Vorteilsausgleich) für die Jahre 1987 bis 1989 in Höhe von insgesamt 668.176,88 DM heran. Gleichzeitig setzte sie Abschläge des Jahres 1990 in Höhe von insgesamt 102.300,00 DM fest, bei deren Berechnung sie eine Beendigung der Nebentätigkeit des Klägers zum 31.03.1990 zugrundelegte.
Den gegen die beiden Bescheide vom 03.05.1990 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.1991, zugestellt am 01.11.1991, als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 29.11.1991 Klage erhoben.
Die gegen den "Nutzungsentgeltbescheid für die Jahre 1987, 1988 und 1989" vom 03.05.1990 gerichtete Teilanfechtungsklage (Seite 1 des Schriftsatzes vom 15.03.1994) hat der Kläger am 06.07.1994 vor Eintritt in die mündliche Verhandlung zurückgenommen.
Zur Begründung seiner Klage macht der Kläger geltend:
Der Nutzungsentgeltbescheid für die Jahre 1983 bis 1986 sei hinsichtlich der festgesetzten Zinsforderung in Höhe von 11.329,94 DM rechtswidrig. Ein Zinsanspruch bestehe schon dem Gründe nach nicht. Denn die verspätete Zahlung des Nutzungsentgelts sei nicht darauf zurückzuführen, daß er, der Kläger, seine Jahreserklärungen zur Höhe seiner Liquidation verspätet oder unvollständig abgegeben habe. Die Rechtslage hinsichtlich der Abrechnungspraxis in den Jahren 1983 bis 1986 sei unklar gewesen. Dafür spreche u.a. ein Schreiben des Verwaltungsdirektors ... an den Kläger vom 28.08.1984, in dem ausschließlich von zu meldenden Einnahmen die Rede sei. Zinsen könnten zudem erst ab Fälligkeit des Nutzungsentgeltsanspruchs erhoben werden. Der Anspruch sei aber erst fällig, wenn die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs wegfalle. Erst wenn der Beamte mit der Zahlung in Verzug komme, habe er den fälligen Betrag zu verzinsen. Dies könne frühestens der Fall sein, wenn der Bescheid bestandskräftig sei. Da er, der Kläger, erst mit der Bekanntgabe des Bescheides vom 03.05.1990 von seiner Zahlungsverpflichtung habe Kenntnis nehmen können, habe er sich vorher auch nicht in Verzug befinden können. Im übrigen habe es für den Zinsanspruch, der sich auf die Zeit vom 01.02.1985 bis zum 04.12.1987 und das angeblich fällig gewesene Nutzungsentgelt der Jahre 1983 bis 1985 beziehe, seinerzeit keine Rechtsvorschrift gegeben, die für die von der Beklagten angenommene Konstellation eine ausdrückliche Verzinsungspflicht angeordnet habe. Eine entsprechende Rechtsvorschrift sei aber zwingend erforderlich; eine angeblich ständige Verwaltungspraxis der Hochschulbehörden des Landes reiche nicht aus.
Der Kläger beantragt,
den Nutzungsentgeltbescheid der Beklagten für die Jahre 1983 bis 1986 vom 03.05.1990 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.10.1991 aufzuheben, soweit der Kläger darin zur Zahlung eines Betrages von 11.329,94 DM (Zinsen gemäß der Berechnung in der Anlage 5 des Bescheides vom 03.05.1990) aufgefordert wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem Vorbringen des Klägers im einzelnen entgegen.
Die Zinsen von 11.329,94 DM für das in der Zeit vom 01.02.1985 bis zum 04.12.1987 fällig gewesene restliche Nutzungsentgelt der Jahre 1983 bis 1985 hätten erhoben werden müssen, weil der Kläger die jeweiligen Jahreserklärungen zur Höhe seiner Liquidationen nicht fristgerecht und/oder nicht vollständig abgegeben habe, was erst durch aufwendige Prüfungsarbeiten der Innenrevision der Beklagten habe bereinigt werden können. Hierbei sei von vornherein die Besonderheit zu berücksichtigen, daß der Gläubiger, das Land Niedersachsen, auf dem Gebiet des Nutzungsentgelts nicht in der Lage sein könne, von sich aus die ihm geschuldeten Beträge, festzustellen, und vom Schuldner, dem Kläger, einzufordern. Da es dem Land naturgemäß unmöglich sei, permanent von Art und Umfang der Inanspruchnahme und in deren Folge von der Höhe der Liquidation Kenntnis zu nehmen, sei es somit ausgeschlossen, daß es eigenständig die geschuldeten Beträge ermitteln könne. Vielmehr sei das Land einzig und allein auf die fristgerechten und vollständigen Jahreserklärungen des Klägers angewiesen gewesen, um das Nutzungsentgelt zu bestimmen. Deshalb könne es nicht den Liquidationsberechtigten überlassen bleiben, zu gänzlich beliebigen Zeitpunkten ihre Jahreserklärungen abzugeben und damit praktisch die Zahlungsfristen selbst zu bestimmen. Dem habe der Verordnungsgeber in § 3 Abs. 3 Satz 2 der neugefaßten Hochschulnutzungsentgeltverordnung Medizin vom 26.01.1990 Rechnung getragen, worin die Zinsberechnung im Falle verzögerter Erklärungen geregelt werde. Hierbei handele es sich im übrigen nur um die Kodifizierung einer seit jeher bestehenden ständigen Verwaltungspraxis.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren,
II.
Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist das Verfahren einzustellen.
1.
Der Nutzungsentgeltbescheid der Beklagten für die
Jahre 1983 bis 1986 vom 03.05.1990 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 16.10.1991 ist rechtswidrig und aufzuheben, soweit der Kläger darin zur Zahlung eines Betrages von 11.329,94 DM - Zinsen gemäß der Berechnung in der Anlage 5 - aufgefordert wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Für den geforderten streitigen Zinsbetrag, der von der Beklagten erhoben wird, weil ihrer Meinung nach das Rest-Nutzungsentgelt der Jahre 1983 bis 1985 für den zugrundegelegten Verzinsungszeitraum vom 01.02.1985 bis zum 04.12.1987 aufgrund verspäteter und/oder unvollständiger Jahreserklärungen des Klägers zur Höhe seiner Liquidationen nicht fristgerecht hat ermittelt werden können, fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, gibt es für die nicht fristgerechte bzw. unvollständige Erfüllung von Erklärungspflichten des Beamten im Zusammenhang mit öffentlich-rechtlichen Geldforderungen des Dienstherrn keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur Zahlung von Zinsen verpflichtet. Vielmehr gilt insoweit der in § 233 Satz 1 AO 1977 zum Ausdruck gekommene abgabenrechtliche Grundsatz, daß Zinsen nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage (vgl. § 4 AO 1977) verlangt werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1987 - 2 C 3.84 -, Buchholz 237.0 § 89 Nr. 2 Seite 1/2; Urteil vom 03.11.1988 - 5 C 38.84 -, Buchholz 424.01 § 19 Nr. 15 Seite 2/3).
Einen solchen spezialgesetzlichen Rechtsgrund für Zinsen wegen nicht fristgerechter bzw. unvollständiger Erklärungen des Beamten nach der Hochschulnutzungsentgeltverordnung Medizin - HNTVO-M - gibt es für den hier strittigen Verzinsungszeitraum - 01.02.1985 bis 04.12.1987 - nicht. § 3 Abs. 3 der mit Wirkung vom 01.01.1984 in Kraft getretenen HNTVO-M vom 27.12.1983 (Nds. GVBl. Seite 326) sieht - auch in der Fassung der mit Wirkung vom 01.01.1985 in Kraft getretenen Änderungsverordnung vom 15.12.1988 (Nds. GVBl. Seite 205) - lediglich vor, daß der Beamte "fällige Beträge" mit einem Zinssatz von 3 vom Hundert über dem jeweils geltenden Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen hat. Das Rest-Nutzungsentgelt der Jahre 1983 bis 1985, auf das sich der hier strittige Verzinsungsbetrag bezieht, ist aber in der Zeit vom 01.02.1985 bis zum 04.12.1987 mangels insoweit förmlicher Festsetzung der Nachzahlungsbeträge durch Bescheide der Hochschule (§ 3 Abs. 1 HNTVO-M 1983/88) unstreitig nicht fällig gewesen.
Erst in § 3 Abs. 3 Satz 2 der HNTVO-M vom 26.01.1990 (Nds. GVBl. Seite 40) ist bestimmt, daß der Beamte fällige Beträge nach Maßgabe des für "entsprechend" anwendbar erklärten Satzes 1 zu verzinsen hat, wenn er seine Erklärungen gemäß § 2 Abs. 4 verspätet abgibt. Die hier in der Sache möglicherweise einschlägige Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 2 HNTVO-M 1990 ist aber erst am 01.02.1990 in Kraft getreten (§ 4 Abs. 1 a.a.O.); mangels ausdrücklicher Rückwirkungsanordnung bzw. Überleitungsregelung für vor dem 01.02.1990 liegende Sachverhalte gilt sie deshalb im vorliegenden Fall nicht.
§ 3 Abs. 3 HNTVO-M in der hier maßgeblichen, bis zum 31.01.1990 geltenden Fassung kann nicht etwa "erweiternd" dahin ausgelegt werden, daß die Verzinsungspflicht für "fällige Beträge" sich - ungeachtet der fehlenden ausdrücklichen Anordnung des Verordnungsgebers - auch auf die nicht fristgerechte bzw. nicht vollständige Abgabe der Jahreserklärungen i.S.d. § 2 Abs. 4 HNTVO-M erstreckt. Dem steht der allgemein anerkannte Grundsatz entgegen, daß abgabenbegründende oder -erhöhende Rechtsnormen weder über ihren möglichen Wortlaut hinaus ausgelegt werden dürfen noch einer analogen Auslegung fähig sind (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 13.08.1987 - 2 S 2974/86 -, VBlBW 1988, 68/69; Urteil vom 17.11.1988 - 2 S 1324/86 -, VBlBW 1989, 65/67).
Ein Zinsanspruch der Beklagten folgt im vorliegenden Fall auch nicht aus einer analogen Anwendung der §§ 284, 288 BGB, denn diese zivilrechtlichen Regelungen sind im öffentlichen Recht nicht generell entsprechend anwendbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1987 - 2 C 3.84 -, Buchholz 237.0 § 89 Nr. 2 Seite 1/2). Auch die von der Beklagten behauptete "ständige Verwaltungspraxis", die der Verodnungsgeber mit Wirkung vom 01.02.1990 lediglich kodifiziert habe, vermag eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage nicht zu ersetzen. Im vorliegenden Fall ist entscheidend, daß das einschlägige besondere Verwaltungsrecht für die Zeit bis zum 31.01.1990 bei verspäteter oder unvollständiger Abgabe der Jahreserklärungen gerade keine Verzinsung vorgesehen hat.
Eine Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Klägers zu Zinszahlungen kann für den hier strittigen Verzinsungszeitraum - 01.02.1985 bis 04.12.1987 - auch nicht im Wege der richtlichen Rechtsfortbildung geschaffen werden. Diese Rechtsfortbildung würde in krasser Weise dem vorstehend dargelegten Rechtsgrundsatz, der den Vorbehalt des Gesetzes verwirklicht, widersprechen. Darüber hinaus liegt auch offensichtlich keine Regelungslücke in einer Rechtsnorm vor, deren Beibehaltung zu so ungerechten und unzweckmäßigen Folgen führen würde, daß der Widerspruch der positiven Rechtsnorm zur Gerechtigkeit ein unerträgliches Maß erreichen würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.09.1990 - 3 C 56.88 -, Buchholz 437.1 Nr. 7 Seite 14/15).
Letztlich schuldet der Kläger den noch strittigen Betrag von 11.329,94 DM auch nicht als Verspätungs- oder Säumniszuschläge. Die HNTVO-M sieht - in allen Fassungen - die Erhebung von Verspätungs- bzw. Säumniszuschlägen nicht vor. Die Regelung des Erhebungsverfahrens für beamtenrechtliche Nutzungsentgelte bei Nebentätigkeiten in der Krankenversorgung in humanmedizinischen Einrichtungen der Hochschulen des Landes ist insoweit abschließend, so daß die ergänzende Anwendung von Landeskommunalabgabenrecht (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 4 a NKAG i.V.m. § 152 AO 1977 sowie § 11 Abs. 1 Nr. 5 b NKAG i.V.m. § 240 AO 1977) ausgeschlossen ist.
Hiernach ist der Nutzungsentgeltbescheid der Beklagten für die Jahre 1983 bis 1985 in Höhe des allein angefochtenen Leistungsgebotes von 11.329,94 DM (Ziffer 13 des Bescheides vom 03.05.1990) mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO antragsgemäß aufzuheben.
2.
Das Verfahren, soweit es den Nutzungsentgeltbescheid der Beklagten für die Jahre 1987, 1988 und 1989 vom 03.05.1990 betrifft, ist gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO mit der Kostenfolge aus § 155 Abs. 2 VwGO einzustellen, weil der Kläger insoweit seine Klage am 06.07.1994 zurückgenommen hat.
3.
Die Gesamtkostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und berücksichtigt das Ausmaß des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rühling
Dr. Rudolph