Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 23.11.2022, Az.: L 3 U 61/19

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
23.11.2022
Aktenzeichen
L 3 U 61/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 68220
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2022:1123.3U61.19.00

Verfahrensgang

vorgehend
SG Lüneburg - 18.04.2019 - AZ: S 3 U 92/17

Fundstelle

  • NWB 2023, 893

Amtlicher Leitsatz

Es liegen keine aktuellen Erkenntnisse dazu vor, dass Erkrankungen durch Tonerstaub-Einwirkungen verursacht werden, denen Beschäftigte in Büros in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind.

In dem Rechtsstreit
B.
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte C.
gegen
Verwaltungs-Berufsgenossenschaft,
D.
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
hat der 3. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 2022 in Celle durch die Richter E. - Vorsitzender -, Dr. F. und G. sowie die ehrenamtlichen Richter H. und Dr. I.
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 18. April 2019 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob bei der Klägerin eine Berufskrankheit (BK) oder eine sog Wie-BK vorliegt, die durch die berufliche Einwirkung von Tonerstäuben verursacht worden ist.

Die 1955 geborene Klägerin arbeitete früher als Fremdsprachenkorrespondentin und von April 2000 bis Anfang November 2013 als Chefsekretärin bei der Handwerkskammer (J.) K. -L.. Nach eigenen Angaben befanden sich an diesem letzten Arbeitsplatz ein Farblaserdrucker, zwei Farblaserkopierer und ein Laserfaxgerät. Zu ihren beruflichen Aufgaben gehörte es auch, erforderlichenfalls die Tonerkartuschen zu wechseln und zu entsorgen, Papierstaus zu beheben und mindestens fünfmal täglich den Druckerraum zu betreten.

Im August 2015 meldete sie der Beklagten, bei ihr bestehe der Verdacht auf eine Schwermetallvergiftung durch Tonerfeinstäube. Ihr Gesundheitszustand habe sich in den letzten Jahren schleichend verschlechtert. Es seien eine Zahnfleischentzündung mit Knochenabbau, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Taubheitsgefühle im linken Bein und im linken Arm mit Muskelschwäche und teilweisem Einschlafen der Hände, Konzentrationsstörungen, Depressionen, eine Multiple Sklerose (MS) und Erschöpfungszustände eingetreten, die im November 2013 zum gesundheitlichen Zusammenbruch geführt hätten. In Betracht komme das Vorliegen der BKen nach den Nrn 1101, 1102, 1103, 1104, 1105, 1301, 1303, 4106 und 4109 der Anl 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).

Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres Präventionsdienstes ein, der unter dem 18. August 2015 ausführte, eine Gefährdung iS von § 9 Abs 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) liege nicht vor, weil nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen keine Krankheit durch den Umgang mit Druckern und Kopierern entstehe. Dies hätten sowohl das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) als auch die Universität München und die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) ausgeschlossen.

Mit Bescheid vom 8. Oktober 2015 entschied die Beklagte, die von der Klägerin gemeldete Erkrankung sei keine BK iS von § 9 Abs 1 SGB VII und auch nicht wie eine BK anzuerkennen. Nach dem heutigen Stand der Erkenntnisse gebe es keinen Zusammenhang zwischen dem ordnungsgemäßen Betrieb von Laserdruckern und den von der Klägerin geschilderten Symptomen. Toner sei kein Gefahrstoff iS des Chemikaliengesetzes oder der Gefahrstoffverordnung. Bisher gebe es keinen wissenschaftlichen Nachweis einer durch Tonerstäube hervorgerufenen Erkrankung. Aus arbeitsmedizinischer und toxikologischer Sicht seien die Inhaltsstoffe wegen der sehr geringen Konzentration als unbedenklich einzustufen. Auch nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen entstehe keine Krankheit durch den Umgang mit Druckern und Kopierern. Sowohl das BfR als auch die Universität München im Zusammenarbeit mit der BAM schlössen eine Gefährdung durch den Umgang mit den genannten Geräten aus.

Hiergegen legte die Klägerin am 19. Oktober 2015 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie sich ua auf eine Entscheidung des Sozialgerichts (SG) M. vom 22. September 2009 (Az: S 4 U 119/06) berief. Außerdem habe die Beklagte nicht beachtet, dass die von ihr geschilderten Beschwerden in der Literatur als Symptome für eine Erkrankung aufgrund von Toneremissionen diskutiert würden. Gerade Anzeichen wie Husten und Kopfschmerzen sprächen für das Vorliegen einer obstruktiven Atemwegserkrankung.

Die Beklagte schaltete erneut ihren Präventionsdienst ein, der nach einer Besichtigung des früheren Arbeitsplatzes der Klägerin (am 12. Februar 2016) zum Ergebnis kam, ein Austritt von Tonerstaub sei nicht gegeben gewesen. Eine Einwirkung iS der BK-Nr 4301 habe nicht vorgelegen. Auch Einwirkungen iS der von der Klägerin gelisteten BKen (zB in Hinblick auf Blei, Quecksilber, Chrom, Cadmium) lägen nicht vor.

Weiterhin holte die Beklagte Berichte der behandelnden Ärzte der Klägerin (Allgemeinmediziner Dr. N. und Dr. O., Neurologe Prof. Dr. P. im Klinikum K., Neurologe Dr. Q., Orthopädin Dr. R. und Zahnarzt S.) ein und zog einen Kurentlassungsbericht der T. in U. (vom 4. April 2014) bei. Aus diesen Unterlagen ergaben sich die Diagnosen: MS, mittelgradige depressive Episode, Polyneuropathie, Anpassungsstörung im Rahmen eines chronischen Arbeitsplatzkonfliktes mit gemischten Gefühlen und Periimplantitis im Bereich des Implantats regio 12.

Die die Beklagte beratenden Arbeitsmediziner V. kamen in ihren Stellungnahmen vom 31. August 2016 bzw vom 10. Februar 2017 zum Ergebnis, bei den Erkrankungen handele es sich nicht um solche der BKV und es lägen keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die bewiesen, dass sie durch bestimmte berufliche Tätigkeiten in höherem Maße verursacht werden könnten. Bei den BK-Nrn 4101, 4106, 4107, 1318, 2402 und 1301 handele es sich entweder um spezielle Lungenerkrankungen oder um Krebserkrankungen, die bei der Klägerin nicht diagnostiziert worden seien. Weder habe am Arbeitsplatz eine Belastung durch Tonerstaub vorgelegen noch hätten die behandelnden Ärzte einen Zusammenhang zwischen einer kumulativen Wirkung von Substanzen, die möglicherweise in Tonern vorkämen, und den nachgewiesenen Krankheitsbildern bestätigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2017 wies die Beklagte den Widerspruch daraufhin zurück und berief sich zur Begründung auf die Stellungnahmen der Arbeitsmedizinerin W. und der behandelnden Ärzte.

Hiergegen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 28. Juli 2017 Klage erhoben, die am 1. August 2017 beim SG Lüneburg eingegangen ist und mit der sie das Ziel verfolgt hat, das Vorliegen einer BK der Nr 4106, hilfsweise der Nrn 4109, 1101, 1102, 1103, 1104, 1105, 1301 bzw 1303 der Anl 1 der BKV oder einer Wie-BK feststellen zu lassen. Zur Begründung hat sie darauf hingewiesen, dass sie nicht in einem Großraumbüro, sondern in einem kleinen Büro gearbeitet habe, in dem die Konzentration des Tonerstaubes viel größer als in einem Großraumbüro gewesen sei. Die Anerkennung einer Wie-BK könne aufgrund des synergetischen Zusammenwirkens mehrerer in Tonerstäuben enthaltener Substanzen erfolgen. Ergänzend hat sich die Klägerin ua auf einen Bericht in der ARD-Sendung "Plusminus" vom 18. Oktober 2017 und auf Publikationen der Stiftung "nano-Control" und der Internetseite "arbeitssicherheit.de" berufen. Soweit die Beklagte sich auf Stellungnahmen des BfR, der Universität München und der BAM stütze, stellten diese eine Falschbegutachtung dar.

Die Beklagte hat im Klageverfahren - neben den oa Beiträgen des BfR und der Universität München (Jörres et al in: Umwelt-Hygiene-Arbeitsmed 2015, S 181ff) - eine Stellungahme ihres Präventionsdienstes vom 5. Juni 2014 vorgelegt, in der wiederum auf den Beitrag von Jörres et al verwiesen worden ist.

Das SG hat ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin Prof. Dr. X. (vom 17. Dezember 2018) eingeholt. Dieser ist zusammenfassend zur Beurteilung gelangt, die bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen seien als schicksalhaft und arbeitsplatzunabhängig zu bewerten, zumal keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse für einen Kausalzusammenhang mit Tonerstäuben vorlägen.

Mit Gerichtsbescheid vom 18. April 2019 hat das SG die Klage abgewiesen. In Hinblick auf die BKen nach den Nrn 4106 bzw 4109 der BK-Liste fehle es offenkundig an den entsprechenden medizinischen Voraussetzungen, weil bei der Klägerin eine Erkrankung der Atemwege nicht vorliege. Soweit die Klägerin ferner die Anerkennung verschiedener BKen infolge einer behaupteten Vergiftung durch Schwermetalle (Nrn 1101 bis 1105 der BK-Liste) begehre, komme eine Anerkennung nicht in Betracht, weil sich nicht feststellen lasse, dass sie jemals im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit eine Schwermetallvergiftung erlitten habe. Dies ergebe sich aus den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. X., dem sich das Gericht nach eigener Überzeugung anschließe. Dem Gutachten ließen sich auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer sonstigen Listen-BK entnehmen. In Hinblick auf die bei der Klägerin diagnostizierte MS habe Prof. Dr. X. nachvollziehbar dargelegt, dass es sich hierbei um eine schicksalhaft aufgetretene neurologische Erkrankung handele, die sich nach aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht im Zusammenhang mit Umwelteinflüssen bringen lasse. Schließlich fehle es - wie gleichfalls den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. X. zu entnehmen sei - an neuen, zum Zeitpunkt der letzten Aktualisierung der BK-Liste unbekannten medizinischen Erkenntnissen, wonach die Klägerin aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit überhaupt einer Personengruppe angehört habe, welche bei ihrer Arbeit in erheblich höherem Maße als die sonstige Bevölkerung besonderen schädlichen, die Ausbildung bestimmter Krankheiten begünstigenden Auswirkungen ausgesetzt gewesen sei.

Gegen diese ihr am 25. April 2019 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 23. Mai 2019 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Außerdem sei das vom SG eingeholte Gutachten nicht verwertbar, weil dort in Hinblick auf die untersuchten Urinproben eine Auseinandersetzung mit dem Entstehen von Krankheiten im Zusammenhang mit einer Schwermetallbelastung fehle. Auch fehlten Abbauwerte für Schwermetallbelastungen und die Auseinandersetzung damit, inwieweit unter Berücksichtigung eines Abbauwertes die aktuell vorliegenden Werte für eine erhöhte Schadstoffkonzentration zum Zeitpunkt der Aufgabe der beruflichen Tätigkeit sprächen. Nach dem Gutachten sei zumindest der Wert für Mangan überschritten worden und die Werte für Cadmium, Quecksilber, Chrom und Kobalt lägen nur geringfügig unter den Referenzwerten. Bestimmte Schwermetalle (zB Quecksilber, Vanadium und Blei) könnten darüber hinaus auch im Blut nachgewiesen werden; eine Blutuntersuchung sei aber nicht erfolgt. Auch in Hinblick auf eine Wie-BK gemäß § 9 Abs 2 SGB VII könne das Gutachten von Prof. Dr. X. nicht herangezogen werden.

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 18. April 2019 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juli 2017 aufzuheben,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, das Vorliegen einer Berufskrankheit nach der Nr 4106 der Berufskrankheiten-Liste, hilfsweise nach den Nrn 1101, 1102, 1103, 1104, 1105, 1301, 1303 und 4109 der Berufskrankheiten-Liste bzw einer Wie-Berufskrankheit gemäß § 9 Abs 2 SGB VII anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Pharmakologie und Toxikologie PD Dr. Y. vom 22. Februar 2021 (mit ergänzender Stellungnahme vom 26. November 2021) eingeholt. Der Sachverständige ist zum Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen der von der Klägerin geltend gemachten BKen nicht erwiesen seien. Medizinisch-wissenschaftliche Daten, die die Entstehung einer neurologischen Erkrankung in erheblich höherem Grade durch Feinstäube aus Druckern und Kopiergeräten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bewiesen, lägen aktuell nicht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat ihre Klage vom 28. Juli 2017 zu Recht abgewiesen.

A. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs 1 S 1 SGG statthaft (Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 15. September 2011 - B 2 U 22/10 R, juris; Urteil vom 30. März 2017 - B 2 U 6/15 R, SozR 4-2700 § 9 Nr 27) und auch im Übrigen zulässig.

B. Sie ist jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 8. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juli 2017 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, im Fall der Klägerin die von ihr geltend gemachten BKen (im Folgenden unter I.) bzw eine Wie-BK (II.) anzuerkennen.

I. BKen sind gemäß § 9 Abs 1 S 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als BKen bezeichnet (sog Listen-BKen) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Insoweit ist die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs 1 S 2 SGB VII).

Aus diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggf bei einzelnen BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt (Einwirkungskausalität) haben und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" iS des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt demgegenüber die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings eine bloße Möglichkeit (zu alledem BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 33/07 R, SozR 4-2700 § 9 Nr 16, mwN).

Diese Voraussetzungen sind in Hinblick auf die geltend gemachten BKen nicht erfüllt. Die Klägerin stand während ihrer beruflichen Tätigkeit als Fremdsprachenkorrespondentin und als Chefsekretärin zwar als "Beschäftigte" iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung und übte damit eine grundsätzlich versicherte Tätigkeit aus. Es ist jedoch nicht erwiesen, dass die weiteren Voraussetzungen der von ihr geltend gemachten BK-Nrn erfüllt sind.

1. Die Nr 4106 der Anl 1 zur BKV erfasst die "Erkrankung der tieferen Atemwege und der Lungen durch Aluminium und seine Verbindungen". Auf diese BK kann sich die Klägerin schon deshalb nicht berufen, weil bei ihr keine Erkrankung der tieferen Atemwege und der Lungen vorliegt. Mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit kann vielmehr nur festgestellt werden, dass sie an einer MS (Encephalomyelitis disseminata; ICD-10: G35.11), einer Polyneuropathie (ICD-10: G62.88), einer psychogenen Überlastungsreaktion mit mittelgradiger depressiver Episode (ICD-10: F32.1) und einer Erkrankung der Lendenwirbelsäule mit einem Zustand nach Nukleotomie im Bereich LWK 4/LWK 5 (ICD-10: M99.03) leidet. Außerdem besteht bei ihr ein Zustand nach atrophiertem Kieferkammknochen mit mehrwandigem Knochendefekt und Periimplantitis (ICD-10: M85.99; M87.98), eine zystische Raumforderung der linken Adnexe (ICD-10: N83.2), ein kalter Knoten der Schilddrüse (ICD-10: D44.0) und Zustände nach klinisch isoliertem Syndrom mit pelzigem Taubheitsgefühl und Hypästhesie beider Fußsohlen und der lateralen Unterschenkel beidseits (ICD-10: R20.8) bzw nach Appendektomie und Hysterektomie. Dies hat der Sachverständige PD Dr. Y. auf S 5 seines Gutachtens vom 22. Februar 2021 überzeugend dargelegt, wobei er sich in Übereinstimmung mit den im Verwaltungsverfahren eingeholten Arztberichten und den Angaben im Sachverständigengutachten von Prof. Dr. X. befindet. Außerdem hat PD Dr. Y. darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin ein langjähriger Tabakabusus besteht, der die Voraussetzungen der Diagnose nach ICD-10: T65.2 erfüllt. Eine Erkrankung der tieferen Atemwege und der Lungen besteht im Fall der Klägerin jedoch nicht; dies wird von ihr auch gar nicht geltend gemacht.

2. Unter die hilfsweise geltend gemachte BK-Nr 1101 fallen "Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen".

a) Derartige Erkrankungen liegen bei der Klägerin aber nicht vor.

Bezeichnet der Verordnungsgeber bei einer BK der Liste in Anl 1 zur BKV die zu entschädigende Krankheit allgemein als "Erkrankung" - wie im Fall der Nr 1101 -, werden damit alle Krankheiten zu BKen erklärt, die nach den aktuellen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch die in der BK-Nr angeführte Einwirkung potenziell verursacht werden können (BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R, juris; Urteil vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 11/14 R, SozR 4-2700 § 9 Nr 26; vgl außerdem Becker in: Krasney SGB VII - Komm, Stand: Mai 2022, § 9 Rn 150 mwN).

Zur Bestimmung dieser Krankheitsbilder ist zunächst von dem Merkblatt auszugehen, das das Bundesarbeitsministerium 1964 zur damaligen BK Nr 6 der Anl zur BKV - der jetzigen Nr 1101 - herausgegeben hat (im Folgenden zitiert nach Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung <BKV>, Stand: März 2022, M 1101, S 1 ff). Danach kommt es - nach Ablauf von Vor- bzw Anfangsstadien - bei der Bleierkrankung zu zunehmenden pathologischen Laboratoriumsbefunden und zu Symptomen eines sog "Saturnismus", wozu insbesondere schmerzhafte sog Bleikoliken gehören. Außerdem können sich Spätkrankheiten wie eine Schrumpfniere oder eine chronische Enzephalopathie entwickeln. Bei Einwirkungen von organisch gebundenem Blei können außerdem Zentralnervensystem, Leber und Nebennieren geschädigt werden (Merkblatt aaO S 3 f). Dies entspricht auch den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen (vgl die S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin <DGAUM> vom 10. März 2020, abrufbar unter AWMF online <www.awmf.org> unter der Register-Nr 002/001, S 8 ff). Dass bei der Klägerin ein entsprechendes Krankheitsbild vorliegt, trägt sie aber selbst schon nicht vor. Dies kann auch von Amts wegen nicht festgestellt werden, wie sich aus den Berichten ihrer behandelnden Ärzte und aus den überzeugenden Darlegungen im Gutachten von PD Dr. Y. (dort S 9 f) ergibt.

b) Selbst wenn man unterstellen wollte, dass die bei der Klägerin diagnostizierten Krankheitsbilder "Erkrankungen" iS der Nr 1101 sind und dass die Klägerin bei ihrer Beschäftigung mit Laserdruckern und Laserkopierern der Einwirkung von Blei oder Bleiverbindungen ausgesetzt gewesen ist, kann aber nicht wahrscheinlich gemacht werden, dass entsprechende Erkrankungen durch diese Einwirkungen verursacht worden sind.

aa) Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den insoweit übereinstimmenden Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. X. und PD Dr. Y.. Beide haben nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Annahme einer Schwermetallvergiftung (hier: durch Blei) den Nachweis einer gesundheitlich relevanten Schwermetallkonzentration im Biomonitoring voraussetzt. Dies entspricht den wissenschaftlichen Erfahrungswerten zur BK-Nr 1101 (vgl Merkblatt aaO, S 6), wobei vor allem der Bleikonzentration im Blut entscheidende Bedeutung zukommt (vgl S1-Leitlinie aaO, S 13; Göen, ASU 2021, S 388 ff). Wie PD Dr. Y. auf der Grundlage der von der Klägerin vorgelegten Untersuchungsergebnisse des MVZ Medizinisches Labor Z. GmbH (vom Februar 2021) dargelegt hat, kann eine erhöhte Konzentration von Blei in ihrem Blut - bei einem gemessenen Wert von 25,0 µg/l (Referenzbereich < 30 µg/l) - jedoch nicht nachgewiesen werden. Das gleiche gilt für das von Prof. Dr. X. zugrunde gelegte Ergebnis der toxikologischen Urinprobenanalyse, das mit 3 µg/l gegenüber dem Referenzwert von 50 unauffällig ist. Dabei haben beide Sachverständige zu Recht auch davon abgesehen, die bei der Klägerin 2018 bzw 2021 festgestellten Schadstoffwerte im Urin bzw im Blut um mutmaßliche "Abbauwerte" seit dem Ende ihrer Beschäftigung zu erhöhen, wie sie dies in ihrer Berufungsbegründung geltend gemacht hat. Denn derart fiktiv erhöhten Werten käme kein Beweiswert für eine tatsächlich abgelaufene Schadstoffexposition zu, weil sie auch vorliegen würden, wenn man die Messwerte alltäglich mit ubiquitär vorhandenen Schwermetallen belasteter Personen um entsprechende "Abbauwerte" aufstockte.

bb) (1) Unabhängig hiervon hat der erstinstanzlich gehörte Sachverständige Prof. Dr. X. überzeugend dargelegt, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen der Einwirkung von Tonerstäuben und der Entstehung von Erkrankungen nach den gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnissen generell nicht wahrscheinlich gemacht werden kann und sich dabei nachvollziehbar auf hierzu durchgeführte Studien (etwa von Nies et al, Smola et al und des BfR) gestützt. Dies hat der auf Antrag der Klägerin befragte PD Dr. Y. für die bei ihr vorliegenden Erkrankungen MS, Polyneuropathie und Depression bestätigt (vgl S 16 des Sachverständigengutachtens vom 22. Februar 2021). Das Vorbringen der Klägerin, die Emission von Nanopartikeln führe über die Blutbahn zu Schädigungen der Nerven und des Gehirns, stellt danach aus toxikologischer Sicht eine bloße Vermutung dar. Gesundheitliche Schäden bei einer hohen Exposition gegenüber chemischen Verbindungen, die beim Drucken und Kopieren frei werden, sind allenfalls möglich. Hierzu zählten jedoch insbesondere Erkrankungen der Atemwege, die bei der Klägerin gerade nicht vorliegen.

Diese Einschätzung wird durch aktuelle Publikationen bestätigt. So hält etwa Fromme (Luftverunreinigungen in Innenräumen, 2021, S 60 f) fest, dass von Laserdruckeremissionen ausgehende Gesundheitseffekte nach dem derzeitigen Kenntnisstand gering sein dürften. Dabei beruft er sich auf die Studie von Gu et al aus dem Jahr 2020 (Indoor Air 2020, S 396 ff), die nach Auswertung einer großen Zahl vorangegangener Untersuchungen zum Ergebnis gekommen ist, dass die Reaktionen, die nach den hier angeschuldigten Emissionen beobachtet worden sind, so leicht waren, dass sich eine überzeugende klinische Signifikanz daraus nicht ableiten lässt (Gu et al aaO, S 418). In Übereinstimmung damit hat auch die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 15. Oktober 2020 auf die Anfrage von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE (BT-Drs 19/23457) darauf hingewiesen, dass sich das BfR, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), die BAM und das Umweltbundesamt (UBA) intensiv mit der Thematik von Emissionen aus Laserdruckern befasst haben und zum Ergebnis gekommen sind, dass Laserdrucker keine spezifische Gesundheitsgefahr darstellen.

(2) Das dagegen gerichtete Vorbringen der Klägerin beschränkt sich demgegenüber auf Versuche, diese wissenschaftlichen Einschätzungen in Zweifel zu ziehen. Dabei beruft sie sich auf eine Vielzahl von Darlegungen wie Fernsehbeiträge oder Einschätzungen von "nano-Control" - einer Stiftung, die ua die Gefährdung der Innenraumluft in Büros durch Nanopartikel und Schadstoffe aus Laserdruckern und Kopierern bekämpft (vgl www.nano-control.org) -, die nicht von Wissenschaftlern erstellt sind. Von Arbeitsmedizinern oder Toxikologen abgefasste wissenschaftliche Stellungnahmen kann sie zur Begründung des von ihr vermuteten Kausalzusammenhangs zwischen der versicherten Beschäftigung und ihren Erkrankungen jedoch nicht vorlegen.

Ohne Erfolg beruft sie sich schließlich auf die Entscheidung des SG Fulda vom 22. September 2009 (S 4 U 119/06, juris), mit der eine BK der Nr 4301 der Anl 1 zur BKV als Folge einer Tonerstaubbelastung anerkannt worden war. Abgesehen davon, dass diese BK ("Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen <einschließlich Rhinopathie>") vorliegend nicht geltend gemacht wird und eine Atemwegserkrankung bei der Klägerin nicht vorliegt, ist dieses Urteil mittlerweile vom Hessischen LSG (mit Urteil vom 21. Januar 2021 - L 9 U 159/15, juris) wieder aufgehoben worden.

3. Auch eine "Erkrankung durch Quecksilber oder seine Verbindungen" iS der BK-Nr 1102 liegt bei der Klägerin nicht vor. Wie der Sachverständige PD Dr. Y. dargelegt hat, ist im Blut der Klägerin zwar eine gering erhöhte Konzentration von Quecksilber festgestellt worden (< 2,7 µg/l gegenüber einem Referenzbereich von < 2,0 µg/l). Eine signifikante Erhöhung, die die Kausalität für eine BK begründen könnte, ist dies aus fachärztlich-toxikologischer Sicht jedoch nicht (vgl S 3 der ergänzenden Stellungnahme vom 26. November 2021). Im Übrigen gelten auch hier die Darlegungen unter 2.b) bb) zum fehlenden generellen Ursachenzusammenhang zwischen der Exposition gegenüber Tonerstäuben und der Entstehung von Krankheiten.

4. Eine BK der Nr 1103 ("Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen") kann aus den gleichen Gründen ebenfalls nicht angenommen werden. Darüber hinaus hat der Sachverständige PD Dr. Y. überzeugend dargelegt, dass die Einwirkung von Chromverbindungen allenfalls zu Erkrankungen im Bereich der Atemwege, der Haut, der Nasenscheidewand und des Magen-Darm-Traktes führen könnte. Dies entspricht den Darlegungen im Merkblatt zur BK-Nr 1103 (Mehrtens/Brandenburg aaO, M 1103, S 2 f). Derartige Krankheiten sind bei der Klägerin aber nicht diagnostiziert worden.

5. Mangels einer mit Wahrscheinlichkeit erwiesenen Kausalität zwischen einer Tonerstaubexposition und dem Auftreten von Krankheiten kann auch die BK-Nr 1104 ("Erkrankungen durch Cadmium oder seine Verbindungen") nicht anerkannt werden. Der Sachverständige PD Dr. Y. hat zwar eine erhöhte Cadmium-Konzentration im Blut der Klägerin festgestellt. Diese lässt sich nach seinem Gutachten vom 22. Februar 2021 (dort S 15) aber auch durch ihren Tabakkonsum erklären und kann deshalb einen kausalen Zusammenhang mit einer etwaigen beruflichen Exposition nicht hinreichend wahrscheinlich machen. Im Übrigen folgt aus der Wissenschaftlichen Stellungnahme zur BK-Nr 1104 (Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 20. Januar 2014, zitiert nach Mehrtens/Brandenburg aaO, M 1104 S 1, 5 ff), dass Zielorgane einer toxischen Wirkung von Cadmium die Atemwege, die Lunge und die Nieren sind. Erkrankungen dieser Organe sind im Fall der Klägerin jedoch nicht erwiesen. Soweit Cadmium außerdem zu einer Osteomalazie der Knochen führen kann, betrifft dies nicht die bei der Klägerin diagnostizierte Knochenrückbildung im Kieferbereich, sondern Spontanfrakturen von Wirbelkörpern und anderen Knochen (Wissenschaftliche Stellungnahme aaO, S 8).

6. Unter der ebenfalls geltend gemachten BK-Nr 1105 sind "Erkrankungen durch Mangan oder seine Verbindungen" zu verstehen. Auch in Hinblick auf Mangan ist dem Sachverständigengutachten von PD Dr. Y. zu entnehmen, dass der aus toxikologischer Sicht insoweit erforderliche Nachweis einer erhöhten Konzentration von Mangan im Blut und im Urin nicht erbracht werden konnte. Im Übrigen gelten auch hier die obigen Darlegungen (2.b) bb)) zur fehlenden Wahrscheinlichkeit eines generellen Zusammenhangs zwischen Tonerstäuben und Gesundheitsschäden.

7. Auch eine BK der Nr 1301 liegt bei der Klägerin nicht vor. Hierunter fallen "Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine". Eine Harnwegserkrankung ist bei der Klägerin jedoch nicht ersichtlich.

8. Weiterhin kann auch keine BK der Nr 1303 - "Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder Styrol" - anerkannt werden. Wie der Sachverständige PD Dr. Y. - unter Bezugnahme auf das Merkblatt vom Februar 1964 (Mehrtens/Brandenburg aaO, M 1303, S 1 ff) - schlüssig ausgeführt hat, tritt bei einer durch diese Stoffe verursachten Erkrankung eine Schädigung des hämatopoetischen (blutbildenden) Systems ein, bei der rote und weiße Blutzellen sowie die Blutplättchen verändert sind. Es ist eine durch Gefäßwandschädigungen bedingte hämorrhagische Diathese, dh eine Blutungsneigung, vorhanden, die zu Haut- und Schleimhautblutungen sowie zu Blutungen am Augenhintergrund führen kann. Derartige Symptome und Krankheitsbilder sind bei der Klägerin nicht diagnostiziert worden. Im Übrigen fehlt es auch für die BK-Nr 1303 am erforderlichen generellen Ursachenzusammenhang, da die von der Klägerin behauptete Schädigung durch Tonerstäube nicht wahrscheinlich gemacht werden kann.

9. Schließlich ist die Klägerin auch nicht an einer BK der Nr 4109 erkrankt. Diese erfasst "bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch Nickel oder seine Verbindungen". Erkrankungen in diesem Sinn liegen bei der Klägerin nicht vor.

II. Die Erkrankungen der Klägerin können auch nicht als Wie-BK iS des § 9 Abs 2 SGB VII entschädigt werden.

1. Nach § 9 Abs 2 SGB VII haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs 1 S 2 SGB VII erfüllt sind (sog Öffnungsklausel für Wie-BKen). Die sich aus dieser Vorschrift ergebenden Tatbestandsmerkmale für die Feststellung einer Wie-BK bei einem Versicherten sind das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine in der BKV bezeichneten Krankheit, das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltend gemachten Krankheit als BK nach § 9 Abs 1 S 2 SGB VII - nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen - sowie die individuellen Voraussetzungen für die Feststellung dieser Krankheit als Wie-BK im Einzelfall bei dem Versicherten. Im Fall der Klägerin fehlt es aber sowohl an den allgemeinen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach § 9 Abs 1 S 2 SGB VII als auch an den individuellen Voraussetzungen für die Feststellung dieser Krankheit als Wie-BK im Einzelfall.

1. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Wie-BK sind erfüllt, wenn eine bestimmte Personengruppe infolge der versicherten Tätigkeit nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt ist, die nach den neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft eine Erkrankung hervorrufen (vgl hierzu BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 6/12 R, SozR 4-2700 § 9 Nr 22). Auch insoweit genügt die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, die auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands zu beurteilen ist.

Wie oben unter I.2.b) bb) bereits ausgeführt ist, liegen aber keine aktuellen Erkenntnisse dazu vor, dass Erkrankungen durch Tonerstaub-Einwirkungen verursacht werden können, denen Mitarbeiter in Büros in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Denn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Tonerstäuben und dem Auftreten von Krankheiten ist nach dem augenblicklichen wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht wahrscheinlich. Dies gilt sowohl in Hinblick auf einzelne Stoffe, die in den Stäuben bzw Nanopartikeln enthalten sind, als auch bezüglich des von der Klägerin geltend gemachten synergetischen Zusammenwirkens mehrerer dieser Stoffe.

2. Können aus diesem Grund die allgemeinen Voraussetzungen für die Bezeichnung einer BK nicht bejaht werden, gilt dies auch für den außerdem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen den bei der Klägerin diagnostizierten Erkrankungen und den hier angeschuldigten berufsbedingten Einwirkungen von Tonerstäuben.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), sind nicht ersichtlich.

Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe

I. Rechtsmittelbelehrung

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II. Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe

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III. Ergänzende Hinweise

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