Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 21.04.2005, Az.: 4 A 59/03

Errichtung eines Stellplatzes als genehmigungsfreie Baumaßnahme; Ermächtigungsgrundlagen für die Beseitigung eines Stellplatzes; Wohnhaus und Vorgartenbereich als Baudenkmal; Errichtung eines Stellplatzes im Vorgarten; Genehmigung der Denkmalschutzbehörde als Voraussetzung für die Veränderung eines Kulturdenkmals; Veränderung eines so genannten "Ensemble"; Feststellung der Beeinträchtigung eines Denkmalwertes durch einen sachverständigen Betrachter; Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes im Baurecht; Ermächtigungsgrundlage für die Herstellung des ursprünglichen Zustandes auf einem Grundstück

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
21.04.2005
Aktenzeichen
4 A 59/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 14191
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2005:0421.4A59.03.0A

Verfahrensgegenstand

Bauaufsichtliche Ordnungsverfügungen

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Verändert wird ein Kulturdenkmal mit jedem noch nicht zur Zerstörung führenden Eingriff. Ein so genanntes Ensemble i. S. des § 3 Abs. 3 S. 1 NDSchG wird selbst dann verändert, wenn ein Bau, der als solcher kein Baudenkmal, aber Teil einer denkmalwerten Gruppe ist, beseitigt oder von außen sichtbar verändert wird.

  2. 2.

    Ob der Denkmalwert beeinträchtigt wird, ist nach dem Urteil eines sachverständigen Betrachters, dessen Maßstab von einem breiten Kreis von Sachverständigen getragen wird, festzustellen, da die Beurteilung eines Baudenkmals, ein Vertrautsein mit dem zu schützenden Baudenkmal und seiner Epoche voraussetzt.

  3. 3.

    Im Baurecht ist der räumliche Bezug des Gleichheitssatzes bei einer entsprechenden Rüge im Prozess aus der Erkenntnis eingeschränkt worden, dass der Bauaufsichtsbehörde ein gleichmäßiges Einschreiten in ihrem gesamten Bereich aus verschiedenen praktischen Gründen unmöglich ist. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes führt nur dann zur Aufhebung einer Maßnahme, wenn die Denkmalschutzbehörde in räumlich benachbarten Fällen unterschiedlich vorgeht.

In dem Rechtsstreit hat
das Verwaltungsgericht Oldenburg - 4. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 2005
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Der Kläger zu 1) und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2), die die Beklagte zu tragen hat.

    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

    Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

  2. 2.

    Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger zu 1) begehrt die Aufhebung einer Beseitigungs- und Wiederherstellungsverfügung; die Klägerin zu 2) wandte sich gegen eine Duldungsverfügung.

2

Der Kläger zu 1) ist Eigentümer des mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks in (Gemarkung, Flur, Flurstück). Die Klägerin zu 2) ist Bewohnerin des Hauses. Das 1896 errichtete villenartige Wohnhaus ist seit dem 1. Februar 1983 als Teil einer Gruppe baulicher Anlagen gemäß § 3 Abs. 3 Nds. Denkmalschutzgesetz - NDSchG - Baudenkmal und seit dem 1. Oktober 1997 auch als Einzeldenkmal gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG ausgewiesen.

3

Unter dem 29. Dezember 1997 erteilte die Beklagte dem Kläger zu 1) eine Baugenehmigung zum Umbau und zur Renovierung des Wohnhauses. Den Bauunterlagen ist zu entnehmen, dass ein Stellplatznachweis nicht angefertigt wurde, da sich die vorhandene Wohnfläche nicht erhöhe und sich die Anzahl der Wohnungen von achtzehn auf vier verringere. Im Vorgarten seien Anpflanzungen, Klinkerwege und Kiesflächen vorgesehen.

4

Im September 1999 stellte die Beklagte fest, dass auf der linken Grundstücksseite vor dem Gebäude eine Stellplatzanlage im Vorgartenbereich eingerichtet worden war. Die Beklagte hörte die Kläger zum beabsichtigten Erlass zweier Ordnungsverfügungen nach der Nds. Bauordnung und dem Nds. Denkmalschutzgesetz an: Das Grundstück befinde sich im Geltungsbereich des rechtsverbindlichen Bebauungsplanes M-390 C. Nach den Festsetzungen und der dazugehörigen städtischen Erhaltungssatzung seien Stellplätze im Vorgartenbereich nicht zulässig. Darüber hinaus sei der Stellplatz aus Gründen des Denkmalschutzes nicht genehmigungsfähig.

5

In ihrer Stellungnahme wiesen die Kläger darauf hin, dass es bereits zahlreiche Auseinandersetzungen über die Stellplatzfrage in der Teichstraße gegeben habe. Auf einigen Grundstücken seien Stellplätze genehmigt worden bzw. würden sie geduldet. Insoweit lege die Beklagte unterschiedliche Maßstäbe an. Der Stellplatz sei darüber hinaus in enger Abstimmung mit dem Tiefbauamt hergestellt worden. Ein Mitarbeiter des Tiefbauamtes sei bei der Bordsteinabsenkung persönlich vor Ort gewesen, woraus sich für sie Vertrauensschutz ableite.

6

Mit Verfügung vom 14. Februar 2002 ordnete die Beklagte gegenüber dem Kläger zu 1) unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit die Beseitigung des Stellplatzes bis zum 22. Februar 2002 an und gab ihm zudem auf, den Vorgartenbereich in Abstimmung mit dem Fachdienst Bauordnung und Denkmalschutz wiederherzurichten. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte die Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,-- EUR an. Mit Schreiben vom 4. März 2002 hob die Beklagte die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit wieder auf und setzte eine Frist zur Befolgung der Anordnungen bis einen Monat nach Unanfechtbarkeit der Verfügung. Zur Begründung führte die Beklagte an: Stellplätze seien bauliche Anlagen, die einer Baugenehmigung bedürften. Eine solche Genehmigung könne nicht in Aussicht gestellt werden. Ein Stellplatz sei u.a. aus Gründen des Denkmalschutzes nicht genehmigungsfähig. Gerade die charakteristischen, noch weitgehend erhaltenen Vorgärten mit ihren typischen Einfriedungen stellten ein gewichtiges denkmalkonstitutives Element für das Gesamtkonzept von Architektur und Gartengestaltung dar. Die Einheit von Fassaden, Vorgärten und Straßenraum vermittle weiterhin anschaulich die architektur- und gartenbauhistorischen Elemente, die die Bedeutung des Viertels in besonderer Weise ausmachten. Die Vorgärten seien weitgehend als durchlaufende Ziergärten angelegt, die nur durch schmale Gänge zu den Eingangstüren unterbrochen und im Wesentlichen durch schmiedeeiserne Einfriedungen eingefasst seien. Der für den Denkmalschutz des Einzelbaudenkmals und des Ensembles bedeutsame Vorgarten sei durch die Versiegelung der Stellplatzanlage unterbrochen worden. Der damit zwangsläufig verbundene Verlust der Vegetation und die Nutzung als Kfz-Einstellplatz stellten eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmalwertes dar. Die Grenzen der Erhaltungspflicht würden nicht überschritten. Bestandsschutz genieße der Stellplatz nicht. Im Rahmen der Überwachung der Bauausführung sei die gepflasterte Stellplatzanlage erst am 7. September 1999 festgestellt worden, die bei einer Ortsbesichtigung am 16. Juni 1997 nicht vorhanden gewesen sei. Zur Herstellung rechtmäßiger Zustände sei die Verfügung erforderlich und unter dem Gesichtspunkt pflichtgemäßer Ermessensausübung auch gerechtfertigt. Es bestehe ein Interesse an der Beseitigung baurechtswidriger Anlagen. In der Duldungsverfügung gegenüber der Klägerin zu 2) heißt es: Sie sei Mitbewohnerin des Hauses. Daher werde ihr aufgegeben, die Verfügung gegenüber ihrem Ehemann sowie deren Durchsetzung mit Zwangsmitteln zu dulden.

7

Die Kläger erhoben Widerspruch und führten an: Für das Grundstück bestehe eine Sondersituation aus historischem Anlass. Die Besonderheit des Baudenkmals liege darin, dass das Haus im Jahre 1896 vom damaligen Leiter der Oldenburgischen Forstverwaltung errichtet worden sei. Da dieser jederzeit auf Pferd und Wagen angewiesen gewesen sei, sei das Haus im Gegensatz zu sämtlichen anderen Häusern in der um einige Meter hinter die Baulinie zurückgesetzt worden. Mit der "Wiederherstellung" dieses Stellplatzes habe man das Grundstück lediglich in den ursprünglichen Zustand versetzt. Soweit die Regelungen des geltenden Bebauungsplanes entgegenstehen sollten, seien diese im vorliegenden Einzelfall rechtswidrig. Jedenfalls habe er - der Kläger zu 1) - einen Anspruch auf Bewilligung einer Befreiung. Auch im Hinblick auf die bekannten Vergleichsfälle sei die Anordnung der Beseitigung rechtswidrig.

8

Durch Widerspruchsbescheide vom 5. Dezember 2002 wies die Bezirksregierung Weser-Ems die Widersprüche zurück. Die Beklagte habe ihre Verfügung zutreffend auf die Bestimmungen der Nds. Bauordnung und des Nds. Denkmalschutzgesetzes gestützt. Die durchgeführte Baumaßnahme verstoße in materieller Hinsicht gegen geltende Baurechtsbestimmungen, zu denen u.a. das Nds. Denkmalschutzgesetz gehöre. Der Denkmalwert des Gebäudes werde durch die Anlage des Einstellplatzes mit durchgängiger Pflasterung vom Gartenzaun bis an die Hausfassade, verbunden mit einer grundlegenden Veränderung des Vorgartens und einer Teilveränderung des Gartenzaunes, in erheblichem Maße beeinträchtigt. Ermessensfehler seien der Beklagten nicht unterlaufen.

9

Bzgl. der Klägerin zu 2) heißt es: Es sei lediglich über die Rechtmäßigkeit der ihr gegenüber ergangenen Duldungsverfügung zu entscheiden. Als "Mitnutzerin des Einstellplatzes" sei ihr die Duldung der Beseitigung des Stellplatzes aufzugeben gewesen.

10

Am 6. Januar 2003 haben die Kläger Klage erhoben.

11

Die Beseitigungsverfügung könne weder auf § 89 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 NBauO noch auf § 23 Abs. 1 NDSchG gestützt werden. Der Einstellplatz verstoße nicht gegen denkmalschutzrechtliche Vorschriften, da der Denkmalwert durch die Maßnahmen nicht negativ beeinträchtigt werde. Der Einstellplatz füge sich in jeder Hinsicht sehr gefällig in das Straßenbild ein. Die gepflasterte Front nehme nur ca. 1/3 der gesamten Straßenfront des Grundstückes ein. Der Einstellplatz stelle zudem eine materiell legale bauliche Anlage dar. In jedem Fall sei ihm - dem Kläger zu 1) - eine Befreiung zu erteilen, weil Grundzüge der Planung nicht berührt würden. Schließlich habe die Beklagte von dem ihr eingeräumten Ermessen nicht pflichtgemäß Gebrauch gemacht. Sie habe den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht richtig angewandt. In der Umgebung gebe es zahlreiche Einstellplätze und Garagen.

12

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte die Duldungsverfügung gegenüber der Klägerin zu 2) aufgehoben. Sie und die Klägerin zu 2) haben daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit für erledigt erklärt.

13

Der Kläger zu 1) beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2002/4. März 2002 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 5. Dezember 2002 aufzuheben.

14

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

15

Der Einstellplatz sei formell und materiell baurechtswidrig. Es liege ein Verstoß gegen das Beeinträchtigungsverbot nach § 6 Abs. 2 NDSchG vor. Im Baugenehmigungsverfahren habe die Denkmalschutzbehörde darauf hingewiesen, dass eine Veränderung der intakten Vorgartensituation einschließlich der eisernen Einfriedung und eine Störung der Souterraingeschossfassade, etwa wegen des Einbaues einer Souterraingarage, nicht mit den Vorstellungen der Denkmalpflege zu vereinbaren sei. Nichts anderes könne für einen Stellplatz gelten. Mit der Baugenehmigung sei demnach weder eine Souterraingarage noch ein Stellplatz genehmigt worden. Durch die Errichtung des Stellplatzes und der damit verbundenen Veränderung der Einfriedung der Grünanlage im Vorgarten sei der Denkmalwert des Baudenkmals selbst erheblich beeinträchtigt worden. Die Behauptung der Kläger, ein Einstellplatz für Fuhrwerke sei einmal an der Stelle des nunmehr rechtswidrig errichteten Stellplatzes vorhanden gewesen, ergebe sich nicht aus den Bauakten. Die Kläger könnten sich nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen. Dem Mitarbeiter des Tiefbauamtes sei nicht bekannt gewesen, dass der Stellplatz nicht genehmigt gewesen sei. Zudem könne die Überwachung der Absenkung eines Bordsteines nicht als nachträgliche Baugenehmigung des Stellplatzes angesehen werden. Ihr Vorgehen sei auch frei von Ermessensfehlern und stehe mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz in Einklang. Der Grund für das Einschreiten im vorliegenden Fall liege darin, dass es sich bei dem streitbefangenen Stellplatz ihres Wissens nach um den einzigen handele, der nach dem Inkrafttreten des Bebauungsplanes Nr. 390 C im November 1996 errichtet worden sei. Dieser sei nach dem B-Plan in Vor- und Hintergärten nicht zulässig, auch Ausnahmen seien nicht möglich. Der Kläger zu 1) habe sich zudem in Kenntnis der Rechtslage aus dem Baugenehmigungsverfahren über diese hinweggesetzt und den Stellplatz errichtet. Es stelle ein systemgerechtes Vorgehenskonzept dar, zunächst nur gegen diejenigen Stellplätze und Garagen vorzugehen, die nach dem Inkrafttreten des B-Planes errichtet worden seien. Um eine negative Vorbildwirkung auszuschließen, könne sie daher zunächst gegen aktuelle baurechtswidrige Entwicklungen vorgehen. Der Gleichheitssatz gebiete nicht, in unterschiedlich gelagerten Fällen zum gleichen Zeitpunkt gegen die Verstöße vorzugehen. Sie könne gegen die "Schwarzbauten" auch Schritt für Schritt vorgehen.

16

Der Beigeladene stellt keinen Antrag, macht allerdings folgende Ausführungen: Die Umnutzung des Vorgartens als Stellplatzanlage "verunkläre" das Baukonzept des denkmalgeschützten Gebäudes sowohl in Bezug auf die optische Störung als auch in Bezug auf die Versiegelung der Vorgartenfläche. Sie habe außerdem zum Verlust der das Denkmal unterstützenden Vorgartenvegetation und der eisernen Gittereinfriedung geführt. Die Veränderungen beeinträchtigten aber nicht nur den Denkmalwert des Hauses selbst, sondern auch den des gesamten Ensembles und des Dobbenviertels. Bei einem Gruppendenkmal sei gerade eine Beeinträchtigung des Gesamtbildes als eine besonders gravierende Störung des Denkmalwertes zu werten. Bestandsschutz bestehe für den Einstellplatz nicht. Ein ursprünglich vorhandener Stellplatz sei weder den Bauakten der Beklagten noch denen des Staatsarchivs zu entnehmen.

17

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (4 Bände) verwiesen. Sie waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Kammer eine Ortsbesichtigung durchgeführt.

Entscheidungsgründe

18

Soweit die Klägerin zu 2) und die Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache bzgl. der Duldungsanordnung für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

19

Im Übrigen - bzgl. des Klägers zu 1) - ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Die Beseitigungs- und Wiederherstellungsverfügung der Beklagten vom 14. Februar 2002/04. März 2002 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 5. Dezember 2002 sind rechtmäßig.

20

Als Ermächtigungsgrundlage für die Verfügung gegenüber dem Kläger zu 1) kommen sowohl die Bestimmungen des Nds. Denkmalschutzgesetzes als auch die Bestimmungen der Nds. Bauordnung in Betracht. Allerdings ist zweifelhaft, ob die Errichtung des Stellplatzes auf dem Grundstück des Klägers dem Genehmigungsvorbehalt nach § 68 NBauO unterliegt . Es könnte sich nämlich um eine genehmigungsfreie Baumaßnahme nach § 69 Abs. 1 NBauO i.V.m. Nr. 14.6 des Anhangs handeln. Danach sind Stellplätze für Personen-Kraftfahrzeuge bis 50 qm Nutzfläche je Grundstück sowie deren Zufahrten und Fahrgassen, ausgenommen notwendige Einstellplätze, genehmigungsfrei. Da die Beklagte die Errichtung von Stellplätzen im Vorgartenbereich durch den Bebauungsplan und die städtische Erhaltungssatzung für nicht zulässig erklärt hat, dürfte es sich vorliegend nicht um einen notwendigen Einstellplatz handeln (vgl. § 47 Abs. 2 letzter Satz NBauO). Aber auch genehmigungsfreie Baumaßnahmen können - wie hier - materiell baurechtswidrig sein und zum Erlass einer bauordnungsrechtlichen Verfügung berechtigen.

21

a)

Als Ermächtigungsgrundlage für die in der Verfügung enthaltene Beseitigungsanordnung kommt zunächst § 23 NDSchG in Betracht. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 NDSchG treffen die Denkmalschutzbehörden nach pflichtgemäßem Ermessen die Anordnungen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der §§ 6 bis 17, 25, 27 und 28 sicherzustellen.

22

Das Wohnhaus des Klägers einschließlich des Vorgartenbereichs ist ein Baudenkmal i.S. von § 3 Abs. 2 und 3 NDSchG. Auch die Beteiligten gehen unstreitig von der Denkmalseigenschaft als Einzelbaudenkmal und als Teil einer Gruppe baulicher Anlagen aus. Das beigeladene Landesamt hat hierzu in seiner Stellungnahme vom 22. September 2003 wie folgt Stellung genommen:

"Der zweigeschossige fünfachsige Rohziegelbau auf hohem, zum Teil vorgezogenem, verputztem Souterraingeschoss mit Rustikanimation unter flachem schiefergedecktem Mansarddach zeigt neben den Stuck-/Putzrahmungen und -verdachungen der Fenster als Gliederungselement eine seitliche zweiachsige flache Risalitvorlage über die beiden Obergeschosse mit vorgelagertem polygonalem Erker und Balustradenbrüstung im 1. Obergeschoss. Hier findet sich das architektonische Gegengewicht zur aufwendigen Eingangspartie (mit seiner original erhaltenen zweiflügeligen Eingangstür und vorgelegten Treppe), die ebenfalls geschossübergreifend das Sockelgeschoss mit Hochparterre/1. Obergeschoss verbindet. ...

Das Wohnhaus ist aber auch als Teil der Gruppe baulicher Anlagen "Dobbenviertel" als Baudenkmal im Sinne des § 3 (3) NDSchG ausgewiesen. Das Denkmalensemble Dobbenviertel stellt aufgrund seiner Entwicklungsgeschichte und der noch weitgehend vorhandenen originären Struktur und Bausubstanz eine Denkmaleinheit von hoher bauhistorischer und städtebaulicher Qualität dar. Vor allem die charakteristischen, noch weitgehend erhaltenen Vorgärten mit ihren originalen Einfriedungen gelten dabei ebenso wie die rückwärtigen Hausgärten als ein wichtiges denkmalkonstitutives Element für das Gesamtkonzept von Architektur und Gartengestaltung. Die Gruppenausweisung schließt daher außer den Gebäuden das gesamte Ensemble aus verdichteter Bebauung und attraktiven Grünflächen ein, das die hohe Wohnqualität ebenso wie den Zeugnis- und Schauwert des Viertels ausmacht. ..."

23

Bezüglich des Ensembleschutzes verweist die Kammer zudem auf ihr Urteil vom 6. Dezember 2001 - 4 A 2828/99 - bzgl. der beabsichtigten Errichtung einer Souterraingarage im Gebäude. In dem genannten Urteil hat sich die Kammer u.a. zu folgenden Ausführungen veranlasst gesehen:

"Jedenfalls handelt es sich bei dem Gebäude und dem Vorgartenbereich um einen nach § 3 Abs. 3 NDSchG denkmalgeschützten Teil der als Ensemble geschützten Gruppe baulicher Anlagen "Dobbenviertel", an dessen Erhaltung wegen seiner städtebaulichen Bedeutung besonderes öffentliches Interesse besteht. Sowohl die Denkmalwürdigkeit der Bausubstanz der Straßenfront des Gebäudes und seines Vorgartenbereichs nach § 3 Abs. 3 NDSchG als auch die den Denkmalwert beeinträchtigende Wirkung der beabsichtigten Baumaßnahme ergeben sich insbesondere aus der im gerichtlichen Verfahren abgegebenen und im Tatbestand im Wesentlichen wiedergegebenen schriftlichen Stellungnahme der Beigeladenen sowie ihrer mündlichen Erläuterung und Ergänzung dieser Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung. Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege ist im besonderem Maße - wenn nicht sogar in erster Linie - dazu berufen, sachkundige Stellungnahmen zur Schutzwürdigkeit von Baudenkmalen abzugeben. Bei der Feststellung der Denkmaleigenschaft und der Erhaltungswürdigkeit eines Kulturdenkmals ist nämlich in erster Linie auf den Wissens- und Kenntnisstand eines sachverständigen Betrachters abzustellen, dessen Maßstab von einem breiten Kreis von Sachverständigen getragen wird. Regelmäßig vermittelt das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege für Niedersachsen dieses Fachwissen in sachgerechter Weise (Nds. OVG, Urteil vom 17. Februar 1987 - 6 A 31/87 -, BRS 49 Nr. 148; vom 2. Oktober 1987 - 6 A 71/86 -, Nds.Rpfl. 1988, 67; vom 26. November 1992 - 6 L 24/90 -, Nds.Rpfl. 1993, 17; vom 17. Mai 1995 - 1 L 2303/94 -, Nds. Rpfl. 1995, 336; vom 14. September 1994 - 1 L 5631/92 -, Nds.Rpfl. 1995, 75 und 13. Mai 1996 - 6 L 2301/94 - V.n.b.). So ist es auch hier. ...

Diese ursprüngliche Situation ist wie an anderen Stellen des Dobbenviertels auch in der nicht mehr durchgängig erhalten. Eingriffe sind insbesondere auf der dem Grundstück des Klägers gegenüberliegenden Straßenseite erfolgt, wo in dem Gebäude Nr. 5 mit Genehmigung der Beklagte eine Souterraingarage eingerichtet wurde und wo sich auf mehreren anderen Grundstücken nicht genehmigte Kfz-Einstellplätze befinden. Auch auf der Straßenseite des Klägers befindet sich auf dem Grundstück Nr. 12 ein derartiger Stellplatz, gleich 3 Stellplätze sind auf dem nördlich an das Grundstück des Klägers angrenzenden Eckgrundstück Hindenburgstraße 7 angelegt worden. Infolge dieser schon vorhandenen denkmalwidrigen Eingriffe ist die Originalität und Aussagekraft der beschriebenen Situation zwar merklich, aber noch nicht derart beeinträchtigt, dass sie ihre Schutzwürdigkeit insgesamt oder speziell für die hier in Rede stehende Problematik endgültig verloren hätte. Vielmehr geben gerade die schon erfolgten Beeinträchtigungen Anlass, einer sich anbahnenden Tendenz zu denkmalfremden Nutzungen und Eingriffen entgegenzuwirken, um die Schutzwürdigkeit des Ensembles in diesem Bereich insgesamt zu erhalten. Die erkennende Kammer schließt sich auch insoweit der Einschätzung des beigeladenen Landesamtes für Denkmalpflege an. Den Ausführungen ihrer Vertreterin in der mündlichen Verhandlung ist folgendes hinzuzufügen: Von den für die gegenüberliegende Seite der Teichstraße angeführten Vergleichsfällen ist lediglich die Souterraingarage in dem Gebäude Nr. 5 bauaufsichtlich genehmigt worden, und zwar schon vor Inkrafttreten des NDSchG, sodass sich der Kläger hierauf nicht mit Erfolg berufen kann. Die anderen Stellplätze in diesem Bereich beeinträchtigen zwar die historische überkommene Vorgartensituation, sind aber ohne Eingriff in die Bausubstanz der jeweiligen Gebäude angelegt worden. Sie sind offenbar - wie auch der Stellplatz im Vorgarten des Grundstücks Nr. 12 - bauaufsichtlich nicht genehmigt. Nach der ausdrücklichen Erklärung der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung beabsichtigt die Beklagte jedoch, der Frage der Rechtmäßigkeit dieser Stellplätze jeweils nachzugehen und ggf. bauordnungsrechtlich gegen sie einzuschreiten. Damit stellen sich die Eingriffe auf diesen Grundstücken, die rückgängig zu machen wären, noch nicht als endgültig dar......

Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen sind die Ausführungen des beigeladenen Landesamts zu den Auswirkungen der beabsichtigten Maßnahme auf den Denkmalwert des Gebäudes einschließlich des Vorgartenbereichs als Teil einer denkmalwürdigen Gruppe baulicher Anlagen überzeugend. ..... Die Vorgartensituation bliebe weiterhin "zerschnitten". Die Zufahrt wäre dauerhaft einer vorgärtnerischen Nutzung entzogen; mindestens in der Breite der Zufahrt müsste die Einfriedung unterbrochen werden. Besonders auffallend wäre die wegen der Souterrainlage notwendige Vertiefung der Zufahrt im Vorgartenbereich, die wegen der zwischenzeitlich vorgenommenen Absenkung der Kellersohle noch deutlicher ausfallen müsste als vorher. Insoweit unterscheidet sich das Vorhaben des Klägers auch von der Garage im gegenüberliegenden Gebäude Nr. 5, denn diese ist ebenerdig. Aber selbst wenn durch eine besonders denkmalgerechte Ausführung der Maßnahme im Einzelfall die optischen Auswirkungen weitgehend gemindert werden könnten, wäre eine Beeinträchtigung des Denkmalwertes des Ensembles (§ 6 Abs. 2 NDSchG) weiterhin zu bejahen. Sie ergäbe sich aus einer negativen Vorbildwirkung der baulichen Maßnahme. Nachfolgewünschen, die jeweils ebenfalls mit Zerschneidungen von Vorgärten und Einbrüchen in das Mauerwerk verbunden wären, könnte die Beklagte kaum noch wirksam begegnen. Schon das vom Kläger angeführte Beispiel Lindenallee 14 zeigt, dass ein Berufungsfall für die Bauaufsichts- und Denkmalschutzbehörde zu Argumentationsproblemen bei objektiv ähnlich gelagerten Vorhaben führt. Auch wenn schon wegen der hohen Kosten Anfragen für entsprechende Einbauten begrenzt sein dürften, wäre angesichts der gerichtsbekannten Attraktivität des Dobbenviertels als Wohngebiet und des bekannten Mangels an Parkmöglichkeiten in diesem Bereich mit solchen Wünschen zu rechnen. Dabei hätte die Beklagte jeweils nur begrenzt die Möglichkeit, in denkmalschützender Weise auf Gestaltungsmöglichkeiten Einfluss zu nehmen, wie sie der Kläger hier von sich aus anbietet. Zudem würde sich die Vorbildwirkung nicht nur auf Souterraingaragen erstrecken, sondern auch auf die Nutzung von Vorgärten als Stellplätze für Pkw. Wenn hier sogar Eingriffe in die Gebäudesubstanz genehmigt werden würden, wären "bloße" Umnutzungen von Vorgärten noch schwerer abzuwehren. Die Beklagte könnte auch kaum noch mit Erfolg ihre Absicht durchsetzen, die ungenehmigt entstandene Situation auf Nachbargrundstücken oder in anderen Bereichen des Dobbenviertels zu beordnen. ....."

24

Die denkmalrechtliche Situation bzgl. des Ensembleschutzes hat sich seither bis zum Urteil der Kammer im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich verändert. Unter dem Gesichtspunkt des Denkmalschutzes stellt sich die Errichtung des Stellplatzes im Vorgartenbereich des Hauses des Klägers als formell illegal dar. Denn wer ein Kulturdenkmal verändern will, bedarf der Genehmigung der Denkmalschutzbehörde, die hier nicht vorliegt. Verändert wird ein Kulturdenkmal mit jedem noch nicht zur Zerstörung führenden Eingriff. Ein so genanntes Ensemble i.S. des § 3 Abs. 3 S. 1 NDSchG wird selbst dann verändert, wenn ein Bau, der als solcher kein Baudenkmal, aber - wie hier - Teil einer denkmalwerten Gruppe ist, beseitigt oder von außen sichtbar verändert wird. Auch eine solche Maßnahme ist also nach § 10 NDSchG genehmigungspflichtig (vgl. Schmaltz/Wiechert, Kommentar zum NDSchG, Auflage 1998, § 10 Rdnr. 7). Hiernach unterliegen die Veränderungen, die der Kläger bereits vorgenommen hat, der Genehmigungspflicht. Auf Bestandsschutz für den Einstellplatz kann sich der Kläger nicht berufen. Es kann dahinstehen, ob die Fläche vor dem Haus der Kläger jemals als Stellfläche für Pferd und Wagen genutzt wurde. Denn jedenfalls ist ein derartiger Stellplatz nicht durchgängig vorhanden gewesen und ein evtl. Bestandsschutz damit entfallen. Der Kläger selbst weist darauf hin, dass "der Stellplatz zwischenzeitlich nicht mehr genutzt wurde". Die "Wiederherstellung des im Urzustand bereits vorhandenen Stellplatzes" habe er als Teil seines Gesamtengagements an dem Grundstück angesehen (s. S. 5/6 des Klagebegründungsschriftsatzes vom 7. März 2003).

25

Wegen der beschriebenen, die Gestaltung des Hauses verändernden Wirkungen hätte die denkmalschutzrechtliche Genehmigung auch versagt werden müssen, weil diese Veränderungen das Denkmal beeinträchtigen. Ob der Denkmalwert beeinträchtigt wird, ist nach dem Urteil eines sachverständigen Betrachters, dessen Maßstab von einem breiten Kreis von Sachverständigen getragen wird, festzustellen. Anders als im Baugestaltungsrecht kommt es nicht auf den so genannten gebildeten Durchschnittsmenschen an, also auf das Empfinden jedes für ästhetische Eindrücke offenen Betrachters, da die Beurteilung eines Baudenkmals, ein Vertrautsein mit dem zu schützenden Baudenkmal und seiner Epoche voraussetzt (Nds. Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 25. Juli 1997 - 1 L 6544/95 -, NVwZ-RR 1998, 713 f m.w.N.). Das beigeladene Amt hat in seiner Stellungnahme vom 22. September 2003, die die Kammer im Rahmen ihrer Ortsbesichtigung nachvollziehen konnte, dargelegt, dass solche Baumaßnahmen nicht lediglich eine Veränderung, sondern auch eine Beeinträchtigung des Denkmals sind (vgl. auch Urteil der Kammer vom 6. Dezember 2001 - 4 A 2828/99 -, V.n.b.). Angesichts dessen kommt es - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht darauf an, dass sich der Einstellplatz in jeder Hinsicht sehr gefällig in das Straßenbild einfügt.

26

b)

Die Verfügung gegenüber dem Kläger zu 1) konnte tatbestandlich auch auf § 89 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 4 NBauO gestützt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Errichtung eines Stellplatzes im Vorgarten des Grundstücks baugenehmigungspflichtig ist. Denn zu den Vorschriften des öffentlichen Baurechts, denen ein Bauvorhaben genügen muss, gehören nach § 2 Abs. 10 NBauO auch die Bestimmungen des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes. Auch das NDSchG stellt besondere Anforderungen an bauliche Anlagen. Die Errichtung eines Kfz-Einstellplatzes und die zur funktionsgerechten Nutzung dieses Stellplatzes erforderliche Umgestaltung des Vorgartenbereichs würde der sich aus § 6 Abs. 2 NDSchG ergebenden Verpflichtung, Kulturdenkmale nicht so zu verändern, dass ihr Denkmalwert beeinträchtigt wird, widersprechen. Das Wohngebäude auf dem Grundstück des Klägers und der Vorgartenbereich sind - wie oben ausgeführt - als Baudenkmal und damit als Kulturdenkmal i.S.d. § 3 Abs. 1 NDSchG geschützt.

27

c)

Die Beklagte hat schließlich das ihr von § 23 Abs. 1 NDSchG eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Die angeordnete Maßnahme der Beseitigung des Stellplatzes ist geeignet und erforderlich, um die Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände in die Wege zu leiten. Auch ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt nach Auffassung der Kammer nicht vor.

28

Der Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet die Behörde zu einem nach Zeitpunkt und Modalitäten gleichmäßigen Vorgehen gegen rechtswidrige Zustände, soweit nicht in der Sache begründete Unterschiede Abweichungen rechtfertigen. Die Rechtsprechung hat im Baurecht den räumlichen Bezug des Gleichheitssatzes bei einer entsprechenden Rüge im Prozess aus der Erkenntnis eingeschränkt, dass der Bauaufsichtsbehörde ein gleichmäßiges Einschreiten in ihrem gesamten Bereich aus verschiedenen praktischen Gründen unmöglich ist. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes führt nur dann zur Aufhebung einer Maßnahme nach § 23, wenn die Denkmalschutzbehörde in räumlich benachbarten Fällen unterschiedlich vorgeht (Schmaltz/Wiechert, a.a.O., § 23 Rdnr. 33 m.w.N.). Häufen sich in einem Gebiet rechtswidrige Zustände, braucht die Denkmalschutzbehörde zwar nicht gegen alle Verantwortlichen gleichzeitig vorzugehen, sondern kann z.B. den Ausgang eines Musterprozesses abwarten. Nicht zu beanstanden ist es auch, wenn die Denkmalschutzbehörde sich in einem solchen Gebiet - wie hier - zunächst darauf beschränkt, neue Eingriffe in Baudenkmale zu unterbinden und langfristig auch gegen alte Eingriffe vorzugehen. Sie muss dann aber ein sachgerechtes System zur Schaffung ordnungsgemäßer Zustände zugrunde legen und dementsprechend vorgehen. Zur Wahrung des Gleichheitssatzes wird in solchen Fällen in der Regel die Erklärung der Denkmalschutzbehörde ausreichen, dass sie systemgerecht einschreiten werde. Erweisen sich solche Ankündigungen - etwa in einem längeren Verwaltungsprozess - als leere Worte, oder wird das Konzept zur Schaffung ordnungsgemäßer Zustände so zögerlich umgesetzt, dass es faktisch aufgegeben wird, kann das Konzept nicht mehr zur Rechtfertigung von denkmalschutzrechtlichen Maßnahmen herangezogen werden (Schmaltz/Wiechert, a.a.O., Rdnr. 34 m.z.N.).

29

Vorliegend ist bereits einem Vermerk der Beklagten vom 14. Juli 1997 zu entnehmen, u.a. die Stellplätze auf den Grundstücken Teichstraße 11 und 13 seien nicht genehmigt. Es seien nachvollziehbare Entscheidungskriterien für das Gebiet heranzuziehen und justiziabel anzuwenden. Als äußerer Anlass könnten auch die nunmehr anzuwendenden Erhaltungssatzungen in den einzelnen Bebauungsplänen dienen. In einer Stellungnahme des Sachgebietes Denkmalschutz zur Frage der Zulässigkeit von Souterraingeschossgaragen in Baudenkmalen vom 1. August 1997 wird im Zusammenhang mit den Bauvoranfragen für Souterraingeschossgaragen in den Häusern und darauf hingewiesen, dass zur Zeit noch bauaufsichtliche Verfahren zur Beseitigung ungenehmigter Stellplätze in den Vorgartenzonen der Gebäude und anhängig seien. Bei einer Genehmigung der Souterraingaragen werde eine weitere Verfolgung der Angelegenheit fragwürdig bzw. sei nicht mehr zu vertreten. In einem Vermerk vom 25. Juli 2000 heißt es bezüglich der Grundstücke und: Im April 1992 sei aufgrund einer Ortsbesichtigung die ungenehmigte Errichtung von Stellplätzen festgestellt worden. Im Juni 1992 sei daher der Erlass von Rückbauanordnungen angekündigt worden. Im Oktober 1992 sei mit den Grundstückseigentümern vereinbart worden, die Stellplätze bis zu einer generellen Regelung des Parkens im Dobbenviertel (Anwohnerparkrechte) zu dulden. Diese sei im Dezember 1995 in Kraft getreten. Es sei beabsichtigt, den Rückbau der Stellplätze anzuordnen. Bezüglich heißt es: Ein zunächst isoliertes Vorgehen in diesem Einzelfall () sei auch zulässig, da auf die illegale Bautätigkeit zeitnah reagiert werden solle. Hinsichtlich des Einschreitens bzgl. der anderen baurechtswidrigen Zustände solle der Ausgangs dieses Verfahrens abgewartet werden. Die Bauaufsichtsbehörde könne aufgrund knapper personeller und sachlicher Ressourcen nicht gleichzeitig gegen alle Verantwortlichen vorgehen. Sollte die Stadt in dem hier betreffenden Verfahren obsiegen, werde auf jeden Fall zeitnah eingeschritten.

30

Nachdem die Kammer am 6. Dezember 2001 ihr Urteil bzgl. des beabsichtigten Einbaus einer Souterraingarage im Haus gesprochen hatte, erließ die Beklagte zu Beginn des Jahres 2002 bauaufsichtliche Beseitigungsverfügungen bzgl. des Stellplatzes auf dem Grundstück und unter dem 14. Februar 2002 gegenüber dem Kläger zu 1) im vorliegenden Verfahren. Bezüglich des Stellplatzes auf dem Grundstück hörte die Beklagten die Verantwortlichen an und entschied sich, die Verfahren bzgl. der und einstweilen, bis zum Abschluss des vorliegenden Verwaltungsstreitverfahrens, nicht weiter zu betreiben.

31

Hierin ist nach Auffassung der Kammer ein sachgerechtes System zur Schaffung ordnungsgemäßer Zustände zu sehen. Nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte, nachdem sie die bausichtlichen Verfügungen bzgl. der Grundstücke und versandt hatte bzw. die Betroffenen auf dem Grundstück angehört hatte, den Ausgang des vorliegenden Verfahrens abwarten wollte, um im Anschluss gegen die anderen nicht genehmigten Stellplätze vorgehen zu können. Zwar hat die Kammer bereits in ihrem Urteil vom 6. Dezember 2001 zur Sach- und Rechtslage in der hinreichend Stellung genommen und die Beklagte ausdrücklich erklärt, sie beabsichtige, der Frage der Rechtmäßigkeit dieser Stellplätze jeweils nachzugehen und ggf. bauordnungsrechtlich gegen sie einzuschreiten (S. 11/12 UA). Sie wird nunmehr - nach der Entscheidung im vorliegenden Verfahren - dementsprechend vorgehen und ihre Absicht der Beordnung der und des Dobbenviertels weiter in die Tat umsetzen müssen.

32

Sollte der Kläger den Verpflichtungen aus der Verfügung vom 14. Februar 2002/4. März 2002 nach Unanfechtbarkeit innerhalb der gesetzten Frist nicht freiwillig nachkommen, so wird die Beklagte bei der in Betracht zu ziehenden Vollstreckung ihres Bescheides den Gleichheitssatz nach Art. 3 GG erneut zu beachten haben. Ohne einem möglichen weiteren Verwaltungsstreitverfahren vorgreifen zu können, hält die Kammer einen Hinweis dahingehend angezeigt, dass die Beklagte vor einer evtl. erforderlich werdenden Vollstreckung gegenüber dem Kläger, die Verwaltungs- bzw. Rechtsbehelfsverfahren bzgl. und evtl. anderer Verstöße in räumlicher Nähe zum Grundstück des Klägers wird maßgeblich vorantreiben müssen, um sich nicht dem Verdacht einer gleichheitswidrigen Vorgehensweise auszusetzen. Es dürfte mit einem sachgerechten System zur Schaffung ordnungsgemäßer Zustände nicht zu vereinbaren sein, wenn die Beklagte gegenüber dem Kläger bereits die Vollstreckung ihrer Verfügung betreibt, ohne gegen die anderen Verstöße, die der Beklagten nunmehr seit über zehn Jahre bekannt sind, maßgeblich vorgegangen zu sein. Die im Urteil vom 6. Dezember 2001 und den oben zitierten Vermerken dokumentierte Ankündigung der Beklagten, sie habe die Absicht, die ungenehmigt entstandene Situation auf Nachbargrundstücken oder in anderen Bereichen des Dobbenviertels zu beordnen, könnte sich dann als gehaltlose Absichtserklärung erweisen und demnach möglicherweise nicht mehr zur Rechtfertigung von denkmalschutzrechtlichen und/oder bauordnungsrechtlichen (Vollstreckungs-)Maßnahmen herangezogen werden .

33

d)

Ermächtigungsgrundlage für die Herstellung des ursprünglichen Zustandes auf dem Grundstück des Klägers ist § 23 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 1 NDSchG. Danach hat derjenige, der - wie hier - dem NDSchG zuwider in ein Kulturdenkmal oder in dessen Umgebung eingreift, auf Verlangen der Denkmalschutzbehörde den bisherigen Zustand wiederherzustellen. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Verfügung bestehen insoweit nicht.

34

Auch im Übrigen ist die Beseitigungs- und Wiederherstellungsverfügung gegenüber dem Kläger zu 1) rechtmäßig, so dass die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen war. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) trägt die Beklagte, da sie insoweit voraussichtlich unterlegen wäre. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

35

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil er keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO).

36

Soweit das Verfahren eingestellt worden ist, ist das Urteil unanfechtbar (§§ 92 Abs. 3 Satz 2 analog, 158 Abs. 2 VwGO).

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 GKG a.F. und orientiert sich der Höhe nach an den Streitwertannahmen der Bausenate des Nds. Oberverwaltungsgerichts nach dem 1. Januar 2002 (Nds. VBl. 2002, S. 192, dort Nrn. 10 g und 11 h). Danach beträgt der Streitwert für die Beseitigungsverfügung und die Duldungsverfügung jeweils 2.500,-- EUR, also insgesamt 5.000,-- EUR.