Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 10.02.2006, Az.: 6 T 19/06

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
10.02.2006
Aktenzeichen
6 T 19/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 43489
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2006:0210.6T19.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Winsen/Luhe - AZ: 23 C 70/06

Tenor:

  1. Die sofortige Beschwerde vom 31.01.2006 der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Winsen/Luhe vom 25.01.2006 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

GRÜNDE:

1

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Amtsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

2

Die beabsichtigte Räumungsklage der Antragstellerin hat keine Aussicht auf Erfolg, §114 ZPO.

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Zwar hält es das Gericht auf Grund der Sachdarstellung der Antragstellerin und der Einlassung des Antragsgegners für möglich, dass die Kündigung des Mietverhältnisses vom 30. Dezember 2005 auf Grund - unstrittigen - Eigenbedarfs der Antragstellerin gemäß § 573 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 2 BGB wirksam ist. Es kann im jetzigen Zeitpunkt noch nicht sicher davon ausgegangen werden, dass die Kündigung gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verstößt und deshalb unwirksam ist, weil für die Klägerin ein Eigenbedarf im Zeitpunkt des Vertragsschlusses voraussehbar war und sie deshalb gegen ihre Hinweispflicht verstoßen hat. Dabei ist zunächst maßgebend, dass der von der Antragstellerin gefasste Selbstnutzungsentschluss im Hinblick auf Art 14 Abs. 1 Satz 1 GG grundsätzlich zu akzeptieren und der Rechtsfindung zu Grunde zu legen ist. Mit dem Abschluss des unbefristeten Mietvertrages zum 15.07.2005 hat die Antragstellerin allerdings einen Vertrauenstatbestand, dahingehend begründet, dass nicht bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein Eigenbedarfsfall absehbar war. Der Vermieter muss, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Mietverhältnis nur von kurzer Dauer sein könnte, dem Mieter einen Hinweis geben. Die bloße Möglichkeit, dass später ein solcher Bedarf auftreten könnte, genügt allerdings nicht. Andererseits ist nicht erforderlich, dass der Vermieter den künftigen Bedarf genau kennt. Es genügt, wenn der Vermieter den künftigen Bedarf - darauf hat das Amtsgericht zu Recht hingewiesen - bei vorausschauender Planung hätte in Erwägung ziehen müssen (vgl, Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8A, § 573 BGB Rn. 130; LG Berlin ZMR 1998, 433). Das Gericht vermag allerdings den weiteren Erwägungen des Amtsgerichts nicht uneingeschränkt zu folgen. Zwar ist es zutreffend, dass man erst bei einem ständigen Zusammenleben den anderen Partner in allen Lagen des täglichen Lebens kennen lernt Es hängt aber von der Art und der Festigkeit der Beziehung ab, ob man bereits in Erwägung ziehen muss, dass ein Zusammenleben möglicherweise scheitern wird. Dazu fehlt es an einer ausreichenden Bewertungsgrundlage. Das Gericht hätte deshalb im Prozess der Antragstellerin gemäß § 139 ZPO auferlegen können, die Art der Beziehung im Einzelnen zu dem Freund, mit dem sie seit 4 Jahren verbunden gewesen ist, darzulegen. Erst dann könnte beurteilt werden, ob die Antragstellerin vorausschauend eine Rückkehr in das Reihenhaus in Erwägung ziehen musste.

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Letztlich kann dieses aber dahin gestellt bleiben. Die Klage hat jedenfalls bereits deshalb keine Aussicht auf Erfolg, weil eine Abwägung der gegenseitigen Interessen ergibt, dass der Antragsgegner gemäß § 574 Abs. 1 BGB eine Fortsetzung des Mietverhältnisses - wie von ihm beantragt bis zum 15.07.2007 - verlangen kann, weil die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn eine Härte bedeutet, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen der Antragstellerin nicht zu rechtfertigen ist. Die Antragstellerin hat durch den Abschluss eines unbefristeten Mietvertrages einen Vertrauenstatbestand dahin geschaffen, dass der Antragsgegner für einen längeren Zeitraum in dem Mietobjekt verbleiben kann. Im Vertrauen darauf hat der Antragsgegner unstreitig 1.508,00 € an Maklerkosten gezahlt und für die Umzugskosten 1.000,00 € aufgewandt. Auf Grund seiner finanziellen Verhältnisse ist es ihm nicht möglich, in so kurzer Zeit einen zweiten Umzug zu finanzieren. Da diese finanziellen Aufwendungen von dem Antragsgegner durch die kurze Mietzeit von 8,5 Monaten noch nicht im Ansatz "abgewohnt" sind, führt dieses zu einem wesentlichen finanziellen Verlust für den Antragsgegner. Demgegenüber ist bei der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass das genannte Vertrauen in eine längere Mietzeit sich allein aus Gründen, die in der Person der Antragstellerin liegen, nicht realisiert. Zudem können zugunsten des Vermieters nur die Gründe, die in dem Kündigungsschreiben genannt sind, bewertet werden (Schmidt-Futterer aaO § 574 Rdn. 60). Insoweit sind allein der unstreitige Eigenbedarf und die Behauptung zu werten, dass sie eine Mietwohnung aus finanziellen Gründen nicht bezahlen kann. Dem finanziellen Argument kann aber nicht gefolgt werden. Denn der Antragstellerin ist es ohne weiteres möglich, die von dem Antragsgegner gezahlte Miete ihrerseits für eine Mietzahlung zu verwenden. Die Erwägungen, die die Antragstellerin bei einem zukünftigen Bezug von Hartz IV anstellt, sind derzeit nicht aktuell und können bereits deshalb nicht in die Abwägung eingebracht werden. Zudem wird dieses alleine damit begründet, dass sie wegen des unzuträglichen Zusammenlebens mit ihrem Freund und der psychischen Belastung nicht mehr konzentriert arbeiten kann und ihren Arbeitsplatz verlieren könnte/Diese Sachlage würde sich aber bereits durch den Bezug einer Mietwohnung ändern. Der Bezug des eigenen Hauses ist dafür nicht Voraussetzung. Im Übrigen ist dieser Grund in dem Kündigungsschreiben nicht genannt worden. Es ist nicht erkennbar, dass dieser Punkt erst nachträglich aktuell geworden sind.

5

Eine Würdigung der gegenseitigen Interessen ergibt deshalb ein deutliches Übergewicht zugunsten des Antragsstellers und eine nicht zu rechtfertigende Härte.