Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 29.10.2019, Az.: 10 A 1/19

Finanzbeamter; freiwillige Offenbarung vor Tatendeckung; innerdienstliches Dienstvergehen; Spielsucht; Unterschlagung; Untreue; Urkundenunterdrückung; Wohlverhaltenspflicht

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
29.10.2019
Aktenzeichen
10 A 1/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69872
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Tatsache, dass ein Beamter sein Fehlverhalten (Verwendung dienstlich anvertrauter Kopier-/Fax- und Telefonentgelte sowie Gelder einer kollegialen Tippgemeinschaft zu privaten Zwecken, Vernichtung und Manipulation von Quittungen) vor Tatentdeckung freiwillig offenbart und seine hinter dem Fehlverhalten stehende Spielsucht dauerhaft überwunden hat sowie keine gegenläufigen belastenden Umstände vorliegen, rechtfertigt eine Disziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme (hier: die Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis).

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Der Beklagte wurde am D. 1962 in E. geboren. Er ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Nach dem Erwerb des erweiterten Sekundarabschlusses I absolvierte er bis Juni 1983 eine Berufsausbildung zum Technischen Zeichner im Bereich Heizungs- und Lüftungstechnik. In der Zeit vom 1. Januar 1985 bis zum 31. Dezember 1988 leistete er seinen Wehrdienst im Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit. Im Jahr 1989 schloss er seine Ausbildung zur geprüften Werkschutzkraft im Rahmen der Berufsförderung durch die Bundeswehr ab. Anschließend war er befristet vom 22. April bis zum 31. Dezember 1991 als Aushilfsangestellter beim Arbeitsamt F. sowie befristet vom 13. Januar bis zum 31. Juli 1992 als Aushilfsangestellter beim Landkreis E. beschäftigt. Am 3. August 1992 trat er als Steueranwärter beim Finanzamt E. in den Dienst der Niedersächsischen Steuerverwaltung. Die Laufbahnprüfung für den mittleren Dienst bestand er am 13. Juli 1994 mit der Gesamtnote „ausreichend“. Anschließend wurde er mit Wirkung vom 3. August 1994 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Steuerassistenten z.A. ernannt und zunächst beim Finanzamt E. beschäftigt. Am 1. Oktober 1994 wurde er an das Finanzamt A-Stadt versetzt und in das Amt eines Steuersekretärs z.A. übergeleitet. Nach Ablauf der Probezeit wurde er am 3. April 1995 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Steuersekretär ernannt. Am 26. Mai 1999 wurde er zum Steuerobersekretär und am 3. September 2009 zum Steuerhauptsekretär befördert. Seit dem 1. April 2003 war er an das (nachfolgend: Finanzamt) abgeordnet und wurde dorthin zum 1. Juli 2003 versetzt. Dort wurde er als Fahndungshelfer sowie ab April 2012 zusätzlich als Mitarbeiter in der Geschäftsstelle eingesetzt. Die über den Beamten erstellte dienstliche Regelbeurteilung vom 1. Oktober 2013 schloss mit dem Gesamturteil „C - entspricht voll den Anforderungen“, Eignungs- und Förderungsvorschlag „Bearbeiter A 8“. Die Regelbeurteilung zum 1. Oktober 2016 wurde ihm wegen der Einleitung des Straf- und des Disziplinarverfahrens nicht bekannt gegeben.

Bereits zu einem früheren Zeitpunkt wurde gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren geführt. Das im Jahr 2012 eröffnete Disziplinarverfahren wurde am 3. September 2015 gem. § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 NDiszG eingestellt. Die Staatsanwaltschaft G. hatte diesbezüglich wegen desselben Sachverhaltes unter dem Az. 141 Js 8173/13 ein Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten geführt, welches im Juli 2014 nach Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 1000,- EUR gemäß § 153a StPO endgültig eingestellt wurde. Dem Beklagten wurde leichtfertige Steuerverkürzung gemäß § 378 AO vorgeworfen, indem er in seiner Funktion als Schatzmeister eines Sportvereins durch Nichteinreichung von Lohnsteueranmeldungen Lohnsteuer Januar 2009 bis März 2009 und Solidaritätszuschlag Januar 2009 bis März 2009 zugunsten des H. Sportclub I. e.V., dessen Vorstandsmitglied er zeitweise war, verkürzt habe. Im Übrigen ist der Beklagte disziplinarisch nicht in Erscheinung getreten.

Am 16. November 2016 leitete der Vorsteher des Finanzamtes gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren mit der Begründung ein, dass er hinreichend verdächtig sei, seine Pflicht zur Uneigennützigkeit und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verletzt und somit ein Dienstvergehen im Sinne des § 47 BeamtStG begangen zu haben, indem er im Zeitraum vom 7. März 2014 bis 15. November 2016 das ihm anvertraute Kopier-, Fax- und Telefongeld in Höhe von mindestens 800,- EUR zu eigenen Zwecken entnommen habe, obwohl mit der Leitung des Finanzamtes vereinbart gewesen sei, dass er das vereinnahmte Geld zeitnah auf sein eigenes Konto einzahle und danach direkt auf das Konto der Landeshauptkasse überweise. Des Weiteren untersagte er ihm mündlich die Ausübung der Dienstgeschäfte und verwies ihn des Hauses.

In einem Vermerk ebenfalls vom 16. November 2016 legte Frau B., Mitarbeiterin im Finanzamt, folgenden Sachverhalt schriftlich nieder:

„Am Dienstag, den 15.11.2016 um ca. 7:30 Uhr ging ich zu Herrn A. (ich stellte mich in die Tür) und bat ihn das Kopiergeld abzurechnen, weil das HHJ 2016 zu Ende geht. Daraufhin sagte er mir, er habe das Geld nicht mehr. Ich fragte ihn daraufhin, du hast das nicht mehr? warum? und er antwortete, er hätte es privat ausgegeben, privat? ja 800 Euro, er würde das später einzahlen, ich: am 1. Dezember? und er sagte, irgendwas vom Januar oder vom nächsten Jahr, ganz genau weiß ich das nicht mehr, ich sagte nein das geht doch nicht, dann sagte ich, dann musst du einen Kredit aufnehmen, er sagte er sei dabei, könne das Geld aber erst im Januar zurückgeben. Das geht nicht und dann bin ich weggegangen.

Gegen Mittag habe ich Frau eine Mail geschrieben, dass Sie mich bitte am Abend ab 19:00 Uhr zu Hause aus dienstlichen Gründen anrufen möchte.“

Am 18. November 2016 fand ein persönliches Gespräch zwischen dem Vorsteher des Finanzamtes und dem Beklagten statt, in dessen Rahmen der Beklagte die Entnahme des von ihm verwalteten Bargeldes einräumte wie auch die Manipulation von Quittungen in mehreren Fällen sowie die Entwendung von 250,- EUR aus dem von ihm verwalteten Tresor (Geld einer Tippgemeinschaft von Bediensteten des Amtes). Dabei verwies er auf seine Spielsucht und seine finanziellen Verhältnisse.

Mit dem Beklagten am 28. November 2016 zugestellter Verfügung vom 22. November 2016 wurde das Disziplinarverfahren nach § 20 Abs. 1 NDiszG ausgedehnt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Beklagte zureichend verdächtig sei, seine Pflicht zur Uneigennützigkeit und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten dadurch verletzt zu haben, dass er im Zeitraum vom 7. März 2014 bis zum 15. November 2016 in mindestens einem Fall die Durchschrift einer Barquittung vernichtet und in mehreren Fällen Quittungsbelege in der Weise manipuliert habe, dass er die Durchschriften der Originalquittungen vernichtet und neue Quittungsbelege mit geringeren Beträgen ausgestellt habe, ferner er im Zeitraum von Mai 2016 bis zum 15. November 2016 aus der ihm von der Tippgemeinschaft von Kolleginnen und Kollegen des Finanzamtes anvertrauten Kasse einen Betrag in Höhe von 250,- EUR zu eigenen Zwecken verwendet habe.

Unter dem 17. November und 6. Dezember 2016 erstattete der Vorsteher des Finanzamtes bei der Staatsanwaltschaft A-Stadt Strafanzeige.

Mit Schreiben vom 1. Dezember 2016 teilte der Beklagte dem Finanzamt mit, dass er zwischenzeitlich einen Betrag in Höhe von 700,- EUR auf das Konto der Landeshauptkasse und einen Betrag in Höhe von 250,- EUR an ein Mitglied des Personalrates, der die Betreuung der Kasse der Tippgemeinschaft übernommen habe, überwiesen habe.

Mit Verfügung vom 16. Dezember 2016 wurde das Disziplinarverfahren im Hinblick auf das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 NDiszG bis zum rechtskräftigen Abschluss eines sich gegebenenfalls anschließenden Strafverfahrens ausgesetzt. Gleichzeitig wurde der Beklagte gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG vorläufig des Dienstes enthoben.

Mit Schreiben vom 16. Januar 2017 und vom 21. Juli 2017 nahm der Beklagte in der Sache im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass er die Taten vor Tatentdeckung durch Dritte selbst offenbart habe, womit der klassische Milderungsgrund der Offenbarung vor Tatentdeckung vorliege. Die unsachgemäße Verwendung der Gelder für eigene Zwecke sei Ausfluss ausschließlich einer bei ihm vorliegenden Spielsuchterkrankung. Er habe sich nunmehr in vollem Umfang dieser Suchterkrankung gestellt und sich umfassend in sach- und fachgerechte therapeutische Behandlung begeben. Es sei auch der klassische Milderungsgrund des „Überwindens einer negativen Lebensphase“ gegeben.

Mit seit dem 19. September 2017 rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts A-Stadt vom 30. August 2017 (Az. NZS 7103 Js 36097/16) wurde der Beklagte wegen der dem Disziplinarverfahren zugrunde liegenden Vorwürfe wegen Unterschlagung, Untreue sowie Urkundenunterdrückung (§§ 246 Abs. 1 und 2, 266 Abs. 1 Alt. 2, 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB) zu einer Gesamtgeldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30,- EUR verurteilt.

Mit Verfügung vom 6. November 2017 setze der Kläger das Disziplinarverfahren fort, belehrte den Beklagten erneut über seine Rechte und gab ihm Gelegenheit zur Äußerung. Am 5. Januar 2018 fand eine persönliche Anhörung des Beklagten statt. Mit Schreiben vom 31. Januar 2018 nahm der Beklagte weitergehend schriftlich Stellung, in diesem Rahmen insbesondere zu der bei ihm bestehenden pathologischen Spielsucht und deren finanziellen Folgen.

Im März 2018 beauftrage der Kläger die Psychiatrische Klinik A-Stadt mit der Erstellung eines Psychiatrischen Gutachtens über den Beklagten zu der Fragestellung, ob der Beamte für das im Disziplinarverfahren ermittelte Verhalten voll oder eingeschränkt schuldfähig im Sinne des §§ 20, 21 StGB ist, welches Krankheitsbild vorliegt, wie die bisherige Entwicklung ist und wie das Ausmaß der Gesundheitsstörung zu beurteilen ist. Im Gutachten vom 4. Oktober 2018 stellte der Gutachter die Diagnose des „Pathologischen Spielens“ (ICD 10: F63.0). Er kam allerdings zu dem Ergebnis, dass bei dem Beklagten die Symptomatik des „Pathologischen Spielens“ den geforderten Schweregrad für die Zuordnung zum Eingangsmerkmal des § 20 StGB „schwere andere seelische Abartigkeit“ nicht erfülle. Eine sogenannte progrediente Verstrickung mit Verlust sozialer und beruflicher Fertigkeiten sei bei ihm in gefordertem Ausmaß nicht festzustellen. Zur Frage der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit führte der Gutachter aus, dass es keinen Anhalt dafür gebe, dass die Einsichtsfähigkeit des Beklagten zu den Zeitpunkten für die Unterschlagung der Geldbeträge bzw. der Fälschung von Quittungen krankheitsbedingt in irgendeiner Weise verändert gewesen sei. Er sei in der Lage gewesen und sei es immer noch, Recht von Unrecht zu unterscheiden. Die psychosoziale Leistungsfähigkeit sei nicht in schwerem Maße eingeschränkt gewesen. Eine Einengung der Lebensführung, vorrangig auf das Spielen, habe nicht stattgefunden. Die Straftaten seien sicherlich im symptomatologischen Zusammenhang mit dem „Pathologischen Spielen“ zu sehen und mit diesem auch motivational verknüpft. Eine schwere psychopathologische Auffälligkeit zu den Tatzeitpunkten, die dem Begriff einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit genügen würde, lasse sich aus gutachterlicher Sicht allerdings nicht feststellen. Nachdem die Straftaten aufgefallen seien, habe der Beamte sich in eine ambulante störungsspezifische Behandlung begeben. Dies und auch das eingeleitete disziplinarrechtliche Verfahren hätten zu einer weitestgehend eingehaltenen Spielabstinenz geführt.

Auf den ihm am 14. Januar 2019 zugestellten Ermittlungsbericht des Ermittlungsführers des Klägers vom 13. Dezember 2018 nahm der Beklagte mit Schreiben vom 11. Februar 2019 abschließend Stellung.

Am 21. März 2019 hat der Kläger Disziplinarklage mit dem Ziel erhoben, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Der Kläger führt zur Begründung der Klage im Wesentlichen aus, dass sich der in der Einleitungsverfügung vom 16. November 2016 genannte Verdacht nach Abschluss der Ermittlungen bestätigt habe. Zu den Aufgaben des Beklagten in der Geschäftsstelle habe die Abrechnung und weitere Abwicklung der Telefon-, Fax- und Kopierkosten gehört. Die Beschäftigten des Finanzamtes seien bei Nutzung der dienstlichen Telekommunikationsgeräte dazu angehalten gewesen, private Gespräche bzw. die private Nutzung des Faxgerätes separat zu dokumentieren und bei dem Beklagten zu bezahlen. Der Beklagte sei für die Abrechnung der dienstlich veranlassten Kopierkosten, in diesem Rahmen für die für die Bevollmächtigten in Steuerstrafsachen gefertigten Kopien vom Inhalt der beim Finanzamt geführten Akten, ebenfalls zuständig gewesen. Da es keine praxisgerechte Möglichkeit gegeben habe, die monatlich angefallenen Telefon-, Fax- und Kopiergelder bei der Landeshauptkasse einzuzahlen, sei mit dem Beklagten die Vereinbarung getroffen worden, dass dieser die Gelder vereinnahmt, auf sein privates Girokonto einzahlt und unmittelbar danach auf das Konto der Landeshauptkasse überweist. Entsprechend dieser Vereinbarung seien in der Zeit vom 21. April 2012 bis zum 6. März 2014 insgesamt 299,03 € von dem Beklagten bei der Landeshauptkasse eingezahlt worden. Obwohl im Zeitraum vom 7. März 2014 bis zum 15. November 2016 entsprechende Geschäftsvorfälle im Umfang von ca. 700,- EUR zu verzeichnen gewesen seien, seien von dem Beklagten keine weiteren Gelder abgerechnet und weitergeleitet worden. Der Beklagte habe eingestanden, dass er diese ihm dienstlich anvertrauten Gelder zu eigenen Zwecken entnommen und verwendet habe. Der in der Ausdehnungsverfügung vom 22. November 2016 genannte Verdacht bezüglich der Vernichtung und Manipulation von Quittungen habe sich ebenfalls nach Abschluss der Ermittlungen bestätigt. Der Beklagte habe Quittungen in der Weise manipuliert, dass er die ausgewiesenen Beträge auf den Quittungen nachträglich herabgesetzt habe, um den überschießenden Betrag für sich einzubehalten. Des Weiteren habe er mindestens eine Quittung vernichtet, um den ausgewiesenen Betrag ebenfalls für sich zu vereinnahmen. Er habe zugestanden, dass er mindestens eine Durchschrift einer Barquittung vernichtet und in mehreren Fällen Quittungsbelege manipuliert habe. Auch der in der Ausdehnungsverfügung vom 22. November 2016 genannte Verdacht, aus der ihm von der Tippgemeinschaft anvertrauten Kasse einen Betrag in Höhe von 250,- EUR zu eigenen Zwecken verwendet zu haben, habe sich nach Abschluss der Ermittlungen bestätigt. Der Beklagte sei von der Tippgemeinschaft beauftragt worden, die Mitgliedsbeiträge bzw. Einsätze zu verwalten. Den von den Mitgliedern eingezahlten Betrag in Höhe von 250,- EUR habe er aus dem in seinem Dienstzimmer befindlichen Tresor der Tippgemeinschaft entnommen. Den Vorwurf habe er eingeräumt. Mit den ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen habe der Beklagte seine Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung nach § 34 Satz 2 BeamtStG und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gemäß § 34 Satz 3 BeamtStG, was auch die Wahrheitspflicht umfasse, verletzt. Der Beklagte habe seinem Dienstherrn in der Zeit nach 2012 nicht offenbart, dass er möglicherweise spielsüchtig sei. Der Dienstherr hätte bei entsprechender Kenntnis von einem Einsatz des Beklagten in der Geschäftsstelle absehen können bzw. ihm die Verwaltung vereinnahmter Gelder nicht anvertraut. Dies gelte auch im Hinblick auf die Tippgemeinschaft, die ihm in Kenntnis einer etwaigen Spielsucht die Verwaltung ihrer Kasse nicht anvertraut hätte. Er habe gewusst, dass er die von ihm eingenommenen und verwalteten Gelder an die Landeshauptkasse abzuführen gehabt habe. Dies habe er nicht getan, weil es ihm auf eine Verwendung für private Zwecke angekommen sei. Durch die Manipulation der Quittungsbelege habe er die zweckwidrige Verwendung der anvertrauten Gelder verschleiern wollen. Auch habe er gewusst, dass er die von ihm verwalteten Gelder der Tippgemeinschaft nur für deren Zwecke habe verwenden dürfen. Er habe vorsätzlich und rechtswidrig gehandelt. Rechtfertigungsgründe lägen nicht vor. Nach dem psychiatrischen Fachgutachten vom 4. Oktober 2018 sei nicht von einer Schuldunfähigkeit oder erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB auszugehen. Nach den Ausführungen des Gutachters sei bei dem Beklagten die Diagnose „Pathologisches Spielen“ zu stellen. Der Gutachter habe indes weiter festgestellt, dass bei dem Beklagten die Symptomatik des „Pathologischen Spielens“ den von der Rechtsprechung für die Zuordnung zum Eingangsmerkmal „schwere andere seelische Abartigkeit“ geforderten Schweregrad nicht erfülle. Er sei zu jeder Zeit in der Lage gewesen, Recht von Unrecht zu unterscheiden. Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren habe, sei aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Begehe ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsehe, was hier der Fall sei, reiche der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Die vom Beklagten verwirklichten Straftatbestände der Untreue, Unterschlagung und Urkundenunterdrückung seien jeweils im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bedroht. Zugunsten des Beklagten sei zu würdigen, dass er den Sachverhalt in sämtlichen Gesprächen und im Rahmen seiner persönlichen Anhörung durch den Ermittlungsführer vollständig und wahrheitsgemäß geschildert und die Vorwürfe vollumfänglich eingeräumt habe. Er habe zu keinem Zeitpunkt versucht, den Ablauf nachträglich zu vertuschen oder zu beschönigen. Er habe darüber hinaus direkt nach Einleitung des Disziplinarverfahrens Kontakt mit der örtlichen Drogen- und Suchtberatungsstelle aufgenommen und sich in eine langfristige Therapie begeben, bei der nach seinen Angaben eine sehr gute Prognose für eine dauerhafte Abstinenz bezüglich des pathologischen Spielens bestehe. Zudem habe er die Geldbeträge zeitnah nach Tatentdeckung zurückgezahlt, wobei allerdings zu berücksichtigen sei, dass er hierzu ohnehin zivil- und beamtenrechtlich verpflichtet gewesen sei. Es liege jedoch jedenfalls hinsichtlich des Vernichtens einer Quittung und der Manipulation von Quittungen sowie der Veruntreuung von Geldern der Tippgemeinschaft kein Fall der freiwilligen Tatoffenbarung vor. Dieser Milderungsgrund greife nicht mehr ein, wenn der Beamte ein Dienstvergehen offenbare, weil er damit rechne, dass deswegen gegen ihn ermittelt werde. Nach der Offenbarung vom 15. November 2016 habe er mit umfangreichen Ermittlungen rechnen müssen, und zwar auch hinsichtlich der Vorwürfe, die Gegenstand der Ausdehnungsverfügung gewesen seien. Die den Beklagten belastenden Umstände überwögen bei weitem. Er habe im Bereich seiner Kernpflichten als Finanzbeamter versagt. Die Unterschlagung und Veruntreuung der Gelder habe das Vertrauensverhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beklagten sowie zu den Kolleginnen und Kollegen, die ihm die Verwaltung der Kasse der Tippgemeinschaft anvertraut hätten, endgültig zerstört. Zu Lasten des Beklagten sei weiter zu berücksichtigen, dass er durch die Manipulation und Vernichtung der Quittungsbelege erhebliche kriminelle Energie an den Tag gelegt habe, damit sein Handeln nicht entdeckt werde. Es habe ihm offenbar an

Unrechtsbewusstsein bezüglich seiner Taten gefehlt, denn er sei bis zu seiner Entdeckung davon ausgegangen, die Gelder eigenständig zurückzahlen zu können. Schwer wiege auch, dass er seinen Dienstherrn nicht über die Spielsuchtproblematik in Kenntnis gesetzt habe. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf seinen Einsatz in der Geschäftsstelle des Finanzamtes ab 2012, der bei entsprechender Kenntnis des Dienstherrn hiervon, auch unter Fürsorgegesichtspunkten, wahrscheinlich nicht ermöglicht worden wäre. Soweit der Beklagte geltend macht, dass die Umstände Ausfluss seiner Suchterkrankung gewesen seien und ihm die Einsicht in das Vorliegen einer Erkrankung gefehlt habe, was ein ganz typisches Phänomen bei Suchterkrankungen sei, sei dem entgegenzuhalten, dass er vielleicht nicht positiv um das Vorliegen einer Suchterkrankung gewusst habe, ihm allerdings bekannt gewesen sei, dass er ihm anvertraute Gelder zu eigenen Zwecken, nämlich zum Spielen, verwendet habe und dies im Falle der Entdeckung Konsequenzen haben würde. Dies allein hätte ihn veranlassen müssen, seinen Dienstherrn über die Möglichkeit des Vorliegens einer Problematik aufzuklären, damit dieser gegebenenfalls Maßnahmen hätte ergreifen können. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sei schließlich zu berücksichtigen, dass der Beklagte mit Strafbefehl vom 30. August 2017 rechtskräftig zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 1.200,- EUR verurteilt worden sei. Zu seinen Lasten wirke auch, dass er bereits im Jahr 2012 disziplinarisch in Erscheinung getreten sei. Insgesamt sei festzustellen, dass er in besonderem Maße nicht nur das Vertrauen seines Dienstherrn missbraucht, sondern auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in seine Aufrichtigkeit und Redlichkeit zerstört habe. In seinem Verhalten komme eine so erhebliche Unzuverlässigkeit zum Ausdruck, die eine Weiterbeschäftigung für die Finanzverwaltung und die Kollegen und Kolleginnen unzumutbar mache. Das Vertrauen des Dienstherrn, dass er sich zukünftig keine Verfehlungen mehr zuschulden kommen lasse, könne nicht wiederhergestellt werden. Das Dienstvergehen wiege so schwer, dass eine Zurückstufung in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt nicht mehr ausreichend erscheine, vielmehr er aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sei.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Der Beklagte beantragt,

auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu erkennen.

Er trägt zur Begründung vor, nach dem fachärztlichen Gutachten sei zwar nicht von einer Schuldunfähigkeit auszugehen. Aufgrund des Gutachtens sei andererseits aber festzuhalten, dass bei ihm unstreitig die Diagnose des „Pathologischen Spielens“ vorliege. Der gesamte Sachverhalt sei zwingend vor diesem Hintergrund zu betrachten. Hätte es diese Problematik nicht gegeben, gäbe es auch die ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen nicht. Es gehe um unmittelbar spielsuchtbezogene Sachverhalte und damit um Sachverhalte, die Ausfluss einer Suchterkrankung gewesen seien. Er habe sich seiner Suchterkrankung gestellt, Krankeneinsicht gezeigt und sich in umfängliche fachliche Behandlung und Therapie begeben, was insbesondere zur Folge habe, dass er bezüglich des „Pathologischen Spielens“, wie im Gutachten niedergelegt, abstinent sei. Er habe außerdem den Sachverhalt von Anbeginn vollumfänglich und wahrheitsgemäß offengelegt, die ihm zur Last gelegten Vorwürfe eingeräumt sowie durch Rückzahlung der vereinnahmten Beträge Schadenswiedergutmachung geleistet. Es sei zudem ein Fall der freiwilligen Tatoffenbarung vor Tatentdeckung gegeben, denn er habe die Tatsache der zweckwidrigen Verwendung der Gelder aus der Kopier-/Fax- und Telefongeld- sowie der Tippspiel-Kasse und die Manipulation und Vernichtung von Quittungen ausschließlich selbst vor jeglicher Tatentdeckung offenbart. Eine Tatentdeckung durch Dritte sei nicht gegeben. Ebenso wenig sei eine potentielle Tatentdeckung bereits so weit fortgeschritten oder angelegt gewesen, dass er mit einer Offenbarung einer Tatentdeckung nur noch kurz zuvorgekommen sei. Bei der Kontaktaufnahme durch die Kollegin B. Mitte November 2016 habe es sich lediglich um eine bloße Erinnerung an die noch ausstehende Abrechnung und Einzahlung der Beträge aus der Kopier-/Fax- und Telefongeldkasse für die letzten beiden Jahre (2015 und 2016) gehandelt. In keiner Hinsicht sei die Kollegin ihm „auf die Schliche gekommen“, habe diesen einen Verdacht gehabt und ihn mit diesem Verdacht oder einer sozusagen kurz bevorstehenden Tatentdeckung konfrontieren wollen, noch habe sonst im Bereich des Dienstherrn zu diesem Zeitpunkt eine Kenntnis von irgendeiner unsachgemäßen Verwendung der Gelder durch ihn bestanden. Hätte er schlicht, so wie in der Vergangenheit auch, den Betrag auf das Konto der Landeshauptkasse überwiesen, wäre die Angelegenheit vollständig erledigt gewesen und es wäre zu keinen Ermittlungen gekommen. Die Kollegin hätte dann zur Kenntnis genommen, dass er nunmehr, so wie in der Vergangenheit auch, die Abrechnung vorgenommen und das vereinnahmte Geld überwiesen habe. Dass es das Disziplinarverfahren gebe, sei ausschließlich dem Umstand geschuldet, dass er bei der Erinnerung durch die Kollegin dieser gegenüber von sich aus offenbart habe, dass er die Gelder unsachgemäß für sich verwendet habe. Im Rahmen eines weiteren Gesprächs mit der Leitung des Finanzamtes am 18. November 2016 habe er seinerseits zusätzlich, ohne dass man ihm dahingehend in irgendeiner Art und Weise bereits auf die Schliche gekommen wäre oder es dahingehende Ermittlungen gegeben hätte, offenbart, dass er auch aus der Kasse der Tippgemeinschaft einen Betrag von 250,- EUR zu privaten Zwecken entnommen habe. Zudem habe er in diesem Gespräch der Behördenleitung mitgeteilt, dass er Quittungen über entgegengenommene Kopiergelder manipuliert habe. Die Kasse der Tippgemeinschaft wäre erst nach Ablauf der Bundesligasaison 2016/2017, also Ende Mai 2017, bei den Teilnehmern wieder zur Sprache gekommen, da erst dann die Gesamtabrechnung der Saison erfolgt wäre. Bis dahin hätte niemand in irgendeiner Hinsicht Gelder vermisst oder diesbezüglich nachgehakt. Alle drei Dienstpflichtverletzungen habe er mithin vor jeglicher Tatentdeckung offenbart. Damit komme ihm vorliegend zwingend der Milderungsgrund der Offenbarung vor Tatentdeckung zugute, was bei der Maßnahmenbemessung in erheblichem Maße Berücksichtigung finden müsse und gegen die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis spreche. Dies gelte umso mehr, als dass er im Übrigen unbescholten sei. Es gebe vorliegend keine disziplinarrechtlichen einschlägigen Vorbelastungen, die der Anwendung des Milderungsgrundes entgegenstehen könnten. Auch gebe es keine zusätzlichen Verfehlungen mit erheblichem Eigengewicht. Das vorliegend in Rede stehende bloße typische Begleitdelikt der Manipulation/Vernichtung von Quittungen habe gemäß der einschlägigen disziplinargerichtlichen Rechtsprechung kein gesondertes erhebliches Eigengewicht. Zudem habe der Kläger bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme unzutreffende Wertungen vorgenommen. Dass er den Dienstherrn nicht über die Spielsuchtproblematik in Kenntnis gesetzt habe, sei unmittelbarer Ausfluss seiner Suchterkrankung gewesen und könne ihm nicht als Erschwernisgrund zur Last gelegt werden. Dies sei Folge des Umstands gewesen, dass er zu jenem Zeitpunkt noch keine eigene Einsicht in die Suchtproblematik gehabt habe. Wäre ihm bereits früher die Suchtproblematik klar und einsichtig gewesen, hätte er sich selbstverständlich früher offenbart. Mit Erlangung der Krankeneinsicht habe er die Taten vollumfänglich gegenüber dem Dienstherrn offenbart und alles in die Wege geleitet, um sich der Suchtproblematik auch in therapeutischer und medizinischer Hinsicht zu stellen. Auch könne ihm als Erschwernisgrund nicht angelastet werden, dass er nicht von vornherein eine Offenbarung vor Tatentdeckung vorgenommen habe. Die dahingehenden Ausführungen des Klägers gingen letztlich in die Richtung, dass ihm hätte bewusst sein müssen, dass er mit der Verwendung der anvertrauten Gelder zum Spielen eine Pflichtverletzung begehe und er dieses dem Dienstherrn hätte offenbaren müssen. Damit werde ihm letztlich die Begehung des Dienstvergehens als solches nochmals in besonders erschwerender Weise zur Last gelegt, was nicht zu überzeugen vermöge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Klägers verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Disziplinarklage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Beklagte hat schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt und damit ein Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen. Die Kammer hält die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung (Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt) für angemessen, um dem Beklagten seinen Pflichtenverstoß nachhaltig vor Augen zu führen und ihn anzuhalten, in Zukunft seine Dienstpflichten gewissenhaft zu erfüllen, nicht jedoch die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Insoweit ist die Klage abzuweisen.

Die Dienstpflichtverletzungen sind darin zu sehen, dass der Beklagte im Zeitraum vom 7. März 2014 bis zum 15. November 2016 das ihm anvertraute Kopier-, Fax- und Telefongeld in Höhe von insgesamt ca. 700,- EUR zu eigenen Zwecken entnahm, obwohl mit der Leitung des Finanzamtes vereinbart war, dass er das vereinnahmte Geld zeitnah auf sein eigenes Konto einzahlt und danach direkt auf das Konto der Landeshauptkasse überweist, er ferner im Zeitraum vom 7. März 2014 bis zum 15. November 2016 in mindestens einem Fall die Durchschrift einer Barquittung vernichtete und in mehreren Fällen Quittungsbelege in der Weise manipulierte, dass er die Durchschriften der Originalquittungen vernichtete und neue Quittungsbelege mit geringeren Beträgen ausstellte, und er ferner im Zeitraum von Mai 2016 bis zum 15. November 2016 aus der ihm von der Tippgemeinschaft von Kolleginnen und Kollegen des Finanzamtes anvertrauten Kasse einen Betrag in Höhe von 250,- EUR zu eigenen Zwecken verwendete. Diese Sachverhalte sind unstreitig und damit erwiesen, nachdem der Beklagte sie vollumfänglich eingeräumt hat. Sie sind zudem Gegenstand des seit dem 19. September 2017 rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts A-Stadt vom 30. August 2017, mit dem der Beklagte wegen Unterschlagung, Untreue sowie Urkundenunterdrückung gemäß §§ 246 Abs. 1 und 2, 266 Abs. 1 Alt. 2, 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu einer Gesamtgeldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30,- EUR verurteilt wurde.

Mit Begehung dieser Dienstpflichtverletzungen hat der Beklagte seine Pflicht zur Uneigennützigkeit und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verletzt und somit ein Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen. Durch die in § 34 Satz 2 BeamtStG normierte Pflicht zur Uneigennützigkeit und Gewissenhaftigkeit soll der Beamte auch im Interesse der neutralen Amtsführung vor eventuellen Interessenkollisionen bewahrt werden und als Fernziel potentieller Korruption vorgebeugt werden, gegebenenfalls ist er von der Vornahme entsprechender Amtshandlungen zu befreien. Eigennützigkeit liegt dabei bereits dann vor, wenn der Beamte aus persönlichen (nicht notwendig) finanziellen Gründen (z.B. Neugierde) tätig wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.5.1998 - 1 D 20.96 -, juris Rn. 19). Ein Beamter hat Sorge dafür zu tragen, dass er die ihm übertragenen dienstlichen Befugnisse nicht missbraucht und zum Nachteil des Dienstherrn ausübt. Der Dienstherr ist auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit seiner Beamten in besonderem Maße angewiesen. Durch die Pflicht wird der Beamte jedoch nicht zu ausschließlichem Altruismus und Verzicht auf jeden persönlichen Vorteil verpflichtet. Vielmehr beginnt die Pflichtwidrigkeit erst, wenn die Verwaltung, einzelne Mitarbeiter oder Adressaten der Verwaltungstätigkeit unrechtmäßig bereichert oder geschädigt werden. Dabei handelt es sich im ganz überwiegenden Anwendungsbereich dieser Pflichtverletzung um eigentums- oder vermögensrechtliche Delikte, die im disziplinarrechtlichen Sinne unabhängig von der strafrechtlichen Einordnung und Qualifizierung (etwa als Diebstahl gemäß § 242 StGB, Betrug gemäß § 263 StGB, Untreue gemäß § 266 StGB oder Unterschlagung gemäß § 246 StGB) als Zueignungs- und Eigentumsdelikte zusammengefasst werden (vgl. Bund/Werres, BeckOK BeamtenR, 15. Ed. 1.2.2019, BBG § 61 Rn. 11; Reich, BeamtStG, 3. Aufl. 2018, § 34 Rn. 10, 11).

Überdies muss das Verhalten der Beamten der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert (sog. Wohlverhaltenspflicht), § 34 Satz 3 BeamtStG. Die Wohlverhaltenspflicht ist amtsbezogen, so dass an ein leitendes Amt höhere Verhaltensanforderungen gestellt werden dürfen. Bei den Begriffen „Achtung“, „Vertrauen“ und „berufliches Erfordernis“ handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Prüfung unterliegen. Achtung ist die Wertschätzung und der Respekt, die dem Beamten von jedermann, insbesondere aber vom Dienstherrn und von der Allgemeinheit, entgegengebracht werden. Vertrauen betrifft die Erwartung, dass sich der Beamte, insbesondere aus Sicht des Dienstherrn und der Allgemeinheit, so verhält, wie es von ihm im Hinblick auf seine Dienstpflichten als berufserforderlich erwartet wird. Achtung und Vertrauen werden in ihrem Inhalt und in ihrem Umfang von den Erfordernissen des Berufs des Beamten bestimmt. Die Wohlverhaltenspflicht verlangt von dem Beamten jedoch, seine Lebensführung nach den geltenden Moralanschauungen auszurichten, also grundsätzlich die Gebote, die sich aus Sitte, Ehre und Anstand ergeben, jedenfalls soweit zu beachten, wie dies die dienstliche Stellung erfordert. Die Wohlverhaltenspflicht ist als Auffangtatbestand für alle Dienstpflichten anzusehen, die keine speziellen Regelungen in den Beamtengesetzen gefunden haben. Letztlich lassen sich alle Amtswalterpflichten auf die Wohlverhaltenspflicht zurückführen. Aus der Verpflichtung zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten folgt die Pflicht des Beamten zur Wahrhaftigkeit gegenüber dem Dienstherrn (Dienstvorgesetzten) in dienstlichen Angelegenheiten (vgl. VG Lüneburg, Urt. v. 17.4.2019 - 10 A 6/17 -, juris Rn. 175).

Zudem liegt in der Begehung der durch Strafbefehl des Amtsgerichts A-Stadt geahndeten Taten (Unterschlagung, Untreue sowie Urkundenunterdrückung) ein Verstoß gegen die Pflicht zur Beachtung der Rechtsordnung und damit der Strafgesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG).

Das Dienstvergehen beging der Beklagte auch vorsätzlich und damit schuldhaft, d.h. mit Wissen und Wollen. Schuldausschließungsgründe sind nicht gegeben. Insbesondere kann sich der Beklagte nicht auf Schuldunfähigkeit bzw. verminderte Schuldfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB berufen. Der hierzu vom Kläger im Disziplinarverfahren beauftragte Gutachter ist in seinem Psychiatrischen Gutachten vom 4. Oktober 2018 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Symptomatik des „Pathologischen Spielens“ bei dem Beklagten keinen derartigen Umfang und keine derartige Schwere angenommen habe, dass die Zuordnung zum Eingangskriterium der „schweren anderen seelischen Abartigkeit“ des § 20 StGB erfolgen könne, ferner, sollte diese Zuordnung dennoch angenommen werden, sich im weiteren Schritt der Begutachtung keine Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit in forensisch psychiatrisch relevantem Umfang verändert gewesen sei.

Der Verstoß gegen die zuvor beschriebenen Pflichten ist als innerdienstliches Vergehen einzuordnen. Die Unterscheidung zwischen inner- und außerdienstlichen Verfehlungen richtet sich nicht entscheidend nach der formalen Dienstbezogenheit, d.h. nach der engen räumlichen oder zeitlichen Beziehung zum Dienst. Vielmehr kommt es in erster Linie auf die materielle Dienstbezogenheit an. Abzustellen ist darauf, ob durch das Verhalten inner- oder außerdienstliche Pflichten verletzt sind. Der dienstliche Bereich eines Beamten ist allgemein von demjenigen Lebenskreis abzugrenzen, in dem er von dienstlichen Pflichten frei ist, mag er auch nicht frei von jeglichen beamtenrechtlichen Verpflichtungen sein. Obwohl bei der Abgrenzung von inner- und außerdienstlichem Verhalten in erster Linie eine materielle Betrachtungsweise zugrunde zu legen ist, können auch formale Gesichtspunkte als Indizien herangezogen werden. Für innerdienstliches Verhalten spricht ein funktionaler Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem von dem Beamten bekleideten Amt. Stellt sich das Verhalten des Beamten bei der gebotenen materiellen Betrachtung als das einer Privatperson dar, ist es als ein außerdienstliches, sonst als innerdienstliches zu würdigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.2.2001 - 1 D 55.99 -, juris Rn. 57, m.w.N.). Hier besteht die materielle Dienstbezogenheit darin, dass der Beklagte ihm dienstlich anvertraute Gelder zu eigenen Zwecken entnommen und verwendet, Barquittungen hierüber vernichtet und Quittungsbelege manipuliert sowie aus der ihm von der Tippgemeinschaft von Kolleginnen und Kollegen des Finanzamtes anvertrauten Kasse einen Geldbetrag in Höhe von 250,- EUR zu eigenen Zwecken entnommen und verwendet hat.

Das von dem Beklagten begangene innerdienstliche Dienstvergehen wiegt allerdings nicht so schwer, dass es den Ausspruch der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigt. Vielmehr ist eine mildere Disziplinarmaßnahme, in diesem Rahmen die Zurückstufung, unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beklagten und des Umfangs, in dem er das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit beeinträchtigt hat, angemessen und geboten. Es liegen Milderungsgründe von solchem Gewicht vor, die gerade noch den Schluss rechtfertigen, der Beklagte habe das Vertrauensverhältnis noch nicht vollends zerstört. Das Belassen des Beklagten im Beamtenverhältnis ist nach Auffassung der Kammer vor diesem Hintergrund als mit der Integrität des Beamtentums gerade noch vereinbar.

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens (§ 14 Abs. 1 Satz 2 NDiszG) unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten (§ 14 Abs. 1 Satz 3 NDiszG) und des Umfangs, in dem der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beschädigt hat (§ 14 Abs. 1 Satz 4 NDiszG). Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese drei Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Danach muss die gegen oder den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalles in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.3.2017 - 2 B 19.16 -, juris Rn. 8.; Urt. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, juris Rn. 22).

Hierzu sind die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen nach Maßgabe der § 53 Abs. 1 NDiszG zu ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ findet Anwendung. Insbesondere bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens dürfen nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Demgegenüber sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.3.2012 - 2 A 11.10 -, juris Rn. 72). Oder anders ausgedrückt: Lässt sich nach erschöpfender Sachaufklärung das Vorliegen eines mildernden Umstands nicht ohne vernünftigen Zweifel ausschließen, ist dieser Umstand nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ in die Gesamtwürdigung einzustellen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.6.2013 - 2 B 50.12 -, juris Rn. 8; Beschl. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11 -, juris Rn. 14; Beschl. v. 26.3.2014 - 2 B 100.13 -, juris Rn. 7).

Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist das Kriterium der Schwere des Dienstvergehens (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 -, juris Rn. 12; Urt. v. 3.5.2007 - 2 C 9.06 -, juris Rn. 13, 20). Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte - insbesondere der materielle Schaden - bestimmend sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, juris Rn. 24; Urt. v. 7.2.2008 - 1 D 4.07 -, juris Rn. 14; Urt. v. 3.5.2007 - 2 C 9.06 -, juris Rn. 13 ; Urt. v. 11.1.2007 - 1 D 16.05 -, juris Rn. 55; Nds. OVG, Urt. v. 11.6.2013 - 6 LD 1/13 -, juris Rn. 50).

Die angemessene Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten (§ 14 Abs. 1 Satz 3 NDiszG) bedeutet, dass es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme auch auf die persönlichen Verhältnisse und das sonstige dienstliche Verhalten des Beamten vor, bei und nach dem Dienstvergehen ankommt, insbesondere soweit es mit seinem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht (vgl. BVerwG, Urt. 3.5.2007- 2 C 9.06 -, juris Rn. 14; Urt. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, juris Rn. 25). Ein Aspekt des Persönlichkeitsbildes stellt auch die tätige Reue dar, wie sie durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.5.2007- 2 C 9.06 -, juris Rn. 14).

Die prognostische Frage nach dem Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit (§ 14 Abs. 1 Satz 4 NDiszG) betrifft die Erwartung, dass sich der Beamte aus der Sicht des Dienstherrn und der Allgemeinheit so verhält, wie es von ihm im Hinblick auf seine Dienstpflichten als berufserforderlich erwartet wird. Das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die Person des Beamten bezieht sich in erster Linie auf dessen allgemeinen Status als Beamter, daneben aber auch auf dessen konkreten Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und auf dessen konkret ausgeübte Funktion (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.5.2007 - 2 C 9.06 -, juris Rn. 15). Ob und gegebenenfalls inwieweit eine Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen, d.h., es ist die Frage zu stellen, inwieweit der Dienstherr bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Basis der festgestellten be- und entlastenden Umstände noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird. Ebenso ist zu fragen, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der be- und entlastenden Umstände bekannt würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 -, juris Rn. 26). Hat ein Beamter durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren, ist er aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, § 14 Abs. 2 Satz 1 NDiszG (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 21.1.2019 - 3 LD 3/18 -, n.v., UA S. 25).

Unter Beachtung dieser Grundsätze gelangt die Kammer nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht zu der Überzeugung, dass der Beklagte durch sein Dienstvergehen das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat.

Das auf mehrere vorsätzliche und innerdienstliche Dienstpflichtverletzungen beruhende Dienstvergehen des Beklagten ist zunächst von schwerem Gewicht. Setzt sich ein Dienstvergehen - wie hier - aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.2.2005 - 1 D 1.04 -, juris Rn. 113). Am schwersten wiegen hier der Treuebruchstatbestand im Zusammenhang mit der Verwendung der dem Beklagten zur Einzahlung auf das Konto der Landeshauptkasse anvertrauten Kopier-, Fax- und Telefongelder zu eigenen Zwecken sowie der Tatbestand der veruntreuenden Unterschlagung von für die Tippgemeinschaft verwahrte Gelder.

Liegt - wie hier - die Pflichtverletzung in einer vorsätzlich begangenen Straftat, so ist zur Bestimmung des Ausmaßes des hierdurch bewirkten Vertrauensschadens in einer ersten Stufe auf den gesetzlich bestimmten Strafrahmen zurückzugreifen, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Das gilt sowohl für außerdienstliche als auch für innerdienstliche Verfehlungen. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Urt. v. 5.4.2017 - 3d A 932/14.O -, juris Rn. 83; Urt. v. 7.2.2018 - 3d A 2284/14.BDG -, juris Rn. 60; BVerwG, Urt. v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 -, juris Rn. 17). Sind also die in Rede stehenden Delikte, wie hier die veruntreuende Unterschlagung (§ 246 Abs. 1 und 2 StGB), die Untreue (§ 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB) und die Urkundenunterdrückung (§ 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB) mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht, so ist mithin mit Blick auf die zu verhängende Disziplinarmaßnahme ein Orientierungsrahmen bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eröffnet (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Urt. v. 5.4.2017 - 3d A 932/14.O -, juris Rn. 85; Urt. v. 7.2.2018 - 3d A 2284/14.BDG -, juris Rn. 62; BVerwG, Urt. v. 10.12.2015 - 2 C 50.13 -, juris Rn. 22).

Im nächsten Schritt ist zu entscheiden, ob das Dienstvergehen des Beamten bei Bewertung seiner Einzelumstände von solchem Gewicht ist, dass der durch die abstrakte Strafandrohung eröffnete Orientierungsrahmen nach oben auszuschöpfen und der Beamte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, oder ob auf eine geringere Disziplinarmaßnahme (in diesem Rahmen die Zurückstufung) zu erkennen ist. Denn die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht. Delikte, die - wie gegen fremdes Vermögen gerichtete Straftaten - angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens - nach oben wie nach unten - unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein. Es ist also zu klären, ob das Dienstvergehen des Beamten vorliegend bei Bewertung seiner Einzelumstände solches Gewicht besitzt, dass der genannte Orientierungsrahmen nach oben auszuschöpfen ist (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Urt. v. 7.2.2018 - 3d A 2284/14.BDG -, juris Rn. 66).

Ein Beamter, der sich bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten seines Dienstherrn vergreift, die seinem Gewahrsam unterliegen, beeinträchtigt damit in aller Regel grundlegend das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in seine Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit. Denn die Verwaltung ist auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten beim Umgang mit solchen Geldern und Gütern in hohem Maße angewiesen. Eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Mitarbeiters ist mit dem Prinzip effektiver und sparsamer Erfüllung der Aufgaben öffentlicher Verwaltung unvereinbar und muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für das Funktionieren des öffentlichen Dienstes unabdingbare Vertrauensgrundlage erschüttert, muss grundsätzlich auch mit der Auflösung des Beamtenverhältnisses rechnen (vgl. etwa OVG Nordrh.-Westf., Urt. v. 7.2.2018 - 3d A 2284/14.BDG -, juris Rn. 67 f.). Entsprechendes gilt für die Entnahme und Verwendung von dem Beamten von Kollegen zur Verwahrung und Verwaltung anvertrauten Geldern (hier aus einer kollegialen Tippgemeinschaft) zu eigenen Zwecken. Dies ist - wie bei Diebstahl gegenüber Kollegen - hinsichtlich der Schwere im Grundsatz der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder vergleichbar. Auch insoweit gilt, dass sich der Dienstherr auf die Ehrlichkeit seiner Bediensteten verlassen muss. Das besondere disziplinarrechtliche Gewicht derartiger, innerdienstlicher Pflichtverletzungen bedeutender Kollegendiebstähle liegt in der empfindlichen Störung der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern einer Dienststelle. Eine Behörde und ihre Bediensteten müssen sich darauf verlassen können, dass ein Beamter das zwangsläufige Zusammensein im Dienst und die dadurch gegebenen Möglichkeiten nicht dazu benutzt, Kollegen zu bestehlen oder - wie hier - die ihm von Kollegen anvertrauten Gelder zu eigenen Zwecken zu verwenden. Dies vergiftet das Betriebsklima und stört den Arbeitsfrieden in schwerwiegender Weise (vgl. Bay. VGH, Urt. v. 22.9.2010 - 16b D 08.314 -, juris Rn. 66, m.w.N.).

Ein solches - schwerwiegendes - Fehlverhalten fällt dem Beklagten hier zur Last. Ihn belastet hierbei, dass es sich bei der ordnungsgemäßen Abführung der genannten Einnahmen, in diesem Rahmen um die in bar gezahlten angefallenen Kopierentgelte von Steuerberatern und Rechtsanwälten sowie die im Zuge privater Telefon-, Kopier- und Faxnutzung angefallenen Entgelte von Amtsangehörigen, um eine Kernpflicht des hiermit betrauten Beamten handelt. Das der Veruntreuung dienstlich anvertrauter Gelder generell zukommende erhebliche disziplinare Gewicht wird hier noch dadurch gesteigert, dass der Beklagte über einen längeren Zeitraum die angefallenen Einnahmen in Höhe von ca. 700,- EUR entgegen seiner dienstlichen Verpflichtung nicht auf sein privates Girokonto eingezahlt hat, um es sodann in regelmäßigen Abständen auf ein Konto des Dienstherrn zu überweisen. Das Dienstvergehen, das mit Blick auf die vom Beklagten begangene Veruntreuung so schwer wiegt, dass seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis indiziert ist bzw. (zunächst) indiziert scheint, erlangt durch die darüber hinaus begangenen Verfehlungen im Zusammenhang mit der Vernichtung und Manipulation von Einzahlungsquittungen noch zusätzliches Gewicht.

Ist demzufolge die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung für das dem Beklagten zur Last fallende Dienstvergehen, so kommt es für die Bestimmung der im konkreten Einzelfall zu verhängenden Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beklagten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung nach § 14 Abs. 1 Satz 3 und 4 NDiszG derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten ist (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Urt. v. 5.4.2017 - 3d A 932/14.O -, juris Rn. 90; Urt. v. 7.2.2018 - 3d A 2284/14.BDG -, juris Rn. 76; BVerwG, Urt. v. 25.7.2013 - 2 C 63.11 -, juris Rn. 17). Je schwerwiegender das Dienstvergehen oder die mit ihm einhergehende Vertrauensbeeinträchtigung ist, umso gewichtiger müssen die sich aus dem Persönlichkeitsbild ergebenden mildernden Umstände sein, um gleichwohl eine andere Maßnahme zu rechtfertigen. Umgekehrt können Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes oder eine besondere Vertrauensbeeinträchtigung die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen, obwohl diese Maßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens für sich genommen nicht indiziert ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.7.2013 - 2 C 63.11 -, juris Rn. 18). Das Bemessungskriterium "Persönlichkeitsbild des Beamten" gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 NDiszG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder ob es etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Urt. v. 5.4.2017 - 3d A 932/14.O -, juris Rn. 92; BVerwG, Beschl. v. 20.12.2013 - 2 B 35.13 -, juris Rn. 6).

Zunächst ist der Milderungsgrund des persönlichkeitsfremden Handelns in einer besonderen Versuchungssituation nicht gegeben. Eine Milderung kommt unter diesem Gesichtspunkt in Betracht, wenn ein Beamter im Zuge einer plötzlich entstandenen besonderen Versuchungssituation einmalig und persönlichkeitsfremd gehandelt hat. Die die Versuchung auslösende Situation muss geeignet sein, ein gewisses Maß an Kopflosigkeit, Spontanität und Unüberlegtheit herbeizuführen (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Urt. v. 5.4.2017 - 3d A 932/14.O -, juris Rn. 95; BVerwG, Beschl. v. 20.12.2013 - 2 B 35.13 -, juris Rn. 6; Urt. v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 -, juris Rn. 32; Urt. v. 24.2.1999 - 1 D 31.98 -, juris Rn. 19). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Beklagte hat nicht im Zuge einer plötzlich entstandenen besonderen Versuchungssituation einmalig versagt, sondern über einen längeren Zeitraum in mehreren, nicht im Einzelnen bezeichneten Fällen die genannten Kopier-, Fax- und Telefongelder absprachewidrig zu privaten Zwecken einbehalten, statt sie über sein privates Konto dem dienstlichen Konto seines Dienstherrn zuzuführen. Darüber hinaus hat er die Taten in einigen nicht näher bezeichneten Fällen durch die Vernichtung bzw. Manipulation der von ihm selbst ausgestellten Quittungen über die Entgegennahme von Kopierkosten verschleiert. Die Taten setzten ein planvolles und überlegtes Vorgehen voraus und boten für Spontanität und Kopflosigkeit keinen Anhalt. Von einer besonderen Versuchungssituation kann bei der Art der begangenen Straftaten nicht die Rede sein. Nichts Anderes gilt im Zusammenhang mit den ihm anvertrauten Gelder der kollegialen Tippgemeinschaft.

Der Milderungsgrund des Handelns in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Notlage liegt ebenfalls nicht vor. Der "anerkannte Milderungsgrund" des Handelns in einer unverschuldet entstandenen, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage zur Tatzeit greift dann ein, wenn es sich um ein zeitlich begrenztes Fehlverhalten handelt und der Beamte die veruntreuten Gelder oder Güter zur Milderung oder Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage verwendet (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 -, juris Rn. 28). Gravierende wirtschaftliche Schwierigkeiten des Beklagten im insoweit geforderten Ausmaß im Tatzeitraum sind weder dargetan noch erkennbar.

Es liegen allerdings nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sowie unter Beachtung des hier anwendbaren Grundsatzes „in dubio pro reo“ weitere tatsächliche Umstände aus der Zeit nach dem Dienstvergehen vor, die eine mildere Disziplinarstrafe rechtfertigen. Zwar ist kein Fall der tätigen Reue im Sinne der Wiedergutmachung des Schadens vor der Tatentdeckung durch einen bisher unbescholtenen Beamten gegeben (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 21.1.2019 - 3 LD 3/18 -, n.v., UA S. 28), denn der Beklagte hat die unterschlagenen Gelder erst nach Tatentdeckung an den Kläger bzw. die geschädigten Kolleginnen und Kollegen zurückgezahlt.

Allerdings greift vorliegend der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens durch einen bisher insoweit unbescholtenen Beamten vor Entdeckung der Tat (vgl. zu diesem Milderungsgrund: BVerwG, Urt. v. 28.7.2011 - 2 C 16.10 -, juris Rn. 36). Das ist der Fall, wenn der Beamte das Dienstvergehen vor seiner Aufdeckung aus eigenem Antrieb ohne Furcht vor konkreter Entdeckung vorbehaltlos und vollständig offenlegt. Der Milderungsgrund greift hingegen nicht mehr ein, wenn der Beamte das Dienstvergehen offenbart, weil er damit rechnet, dass deswegen gegen ihn ermittelt wird. Durch die freiwillige Offenbarung zeigt der Beamte, dass er sein Fehlverhalten bereut und aus innerer Einsicht entschlossen ist, sich künftig rechtstreu zu verhalten. Sein Persönlichkeitsbild erscheint in einem günstigeren Licht, sodass die Erwartung gerechtfertigt ist, die von dem Beamten verursachte Ansehensschädigung könne wettgemacht werden. Mit dem Zweck des Milderungsgrundes der freiwilligen Offenbarung lässt sich nicht vereinbaren, den in die Tat umgesetzten Persönlichkeitswandel generell für unbeachtlich zu erklären. Vielmehr führt die Umkehr des Beamten aus freien Stücken selbst bei schwerwiegenden innerdienstlichen Pflichtverletzungen regelmäßig zur Bestimmung einer Disziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme. Dies gilt nur dann nicht, wenn dem Milderungsgrund erschwerende Umstände von ganz erheblichem Gewicht entgegenstehen. Dazu gehört eine enorme Schadenshöhe bei Vermögens- und Abgabedelikten nicht, wenn der Beamte seine Bereitschaft zur Wiedergutmachung des Schadens gezeigt hat und dazu in der Lage ist. Die Fähigkeit zur Wiedergutmachung des Schadens ist im Allgemeinen wegen des Einsatzes der Dienst- oder Versorgungsbezüge zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.7.2011 - 2 C 16.10 -, juris Rn. 36 f.). Offenbart sich ein Beamter und liegt in seinem Verhalten keine Offenbarung der Pflichtwidrigkeit im Sinne des anerkannten Milderungsgrundes der Offenbarung vor der Tatentdeckung vor, so kann dies dennoch mildernd ins Gewicht fallen, sofern der Beamte durch eine Selbstanzeige und eine vorbehaltlose Bereitschaft, den Umfang seiner Verfehlung offen zu legen, die Beweislage entscheidend zu seinen Ungunsten geändert hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.6.2000 - 1 D 66.98 -, juris Rn. 24). Ein beachtlicher Milderungsgrund, der die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei Fehlen besonderer Erschwerungsgründe ausschließt, liegt auch dann vor, wenn der Beamte durch seine Mitwirkung die Aufklärung des Dienstvergehens ermöglicht oder erheblich vereinfacht hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.7.2011 - 2 C 16.10 -, juris Rn. 39). Dabei ist ein Geständnis nicht einem vorbehaltlosen Offenbaren gleichzusetzen, da ihm das Merkmal der Freiwilligkeit fehlt. Nur der Täter, der den angerichteten Schaden vor der Aufdeckung der Tat aus freien Stücken und eigenem Antrieb wiedergutgemacht oder jedoch vorbehaltlos offenbart hat, zeigt Persönlichkeitselemente, die die Erwartung gerechtfertigt erscheinen lassen können, dass das notwendige Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn wiederherstellbar ist. Das gleiche gilt, wenn die Tat als solche entdeckt ist, der Täter hiervon jedoch nichts weiß und dies auch nicht konkret befürchten muss. Diese Grundsätze können aber dann nicht mehr gelten, wenn die Tat als solche entdeckt ist und der Täter weiß, dass wegen der von ihm begangenen Tat ermittelt wird, er aber noch nicht überführt ist, er allerdings jeden Tag damit rechnet, als Täter entdeckt zu werden. In einem derartigen Fall erfolgt die Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung der Tat nicht freiwillig. Hier muss der Täter stets konkret mit seiner Überführung rechnen oder sie befürchten (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.10.1994 - 1 D 31.94 -, juris Rn. 23). Lediglich die bloß abstrakte Möglichkeit, der Schaden oder die Tat werde alsbald dem Dienstherrn offenbar werden, reicht hingegen nicht aus, den Entschluss zur Wiedergutmachung des Schadens oder zur Offenbarung der Tat als unfreiwillig erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.10.1994 - 1 D 31.94 -, juris Rn. 23; BVerwG, Urt. v. 7.2.2001 - 1 D 69.99 -, juris Rn. 14). Es muss vielmehr die konkrete Möglichkeit der Aufdeckung des Fehlverhaltens oder deren Folgen bestehen. Davon ist u.a. auszugehen, wenn der Beamte wegen eines aufgedeckten Fehlverhaltens von seinem Dienstherrn zur Rede gestellt worden ist. In einem solchen Fall besteht die Vermutung, dass der Beamte damit rechnet, seine Tätigkeit werde insgesamt einer Überprüfung unterzogen, und dass er deshalb annimmt, es bestehe die konkrete Möglichkeit der Entdeckung weiterer Verfehlungen. Diese Vermutung ist aber widerlegbar. Dafür kommt es auf die tatsächliche innere Einstellung an, die den Beamten zu dem Ausgleich des Schadens bewogen hat. Dies ergibt sich aus der Erwägung, die dem Milderungsgrund der Wiedergutmachung zugrunde liegt. Entscheidend dafür, dass noch ein Rest an Vertrauen in den Beamten gesetzt werden kann, ist die von ihm offenbarte innere Einstellung. Sie muss erkennen lassen, dass er nicht durch die Entwicklung zum Ausgleich des Schadens gezwungen worden ist. Steht aufgrund nachvollziehbarer, glaubhafter und überzeugender Erklärungen des Beamten fest, dass er trotz einer bereits erfolgten Aufdeckung von Fehlverhalten nicht die Vorstellung hatte, es bestehe die konkrete Möglichkeit der Aufdeckung weiterer einschlägiger Pflichtwidrigkeiten, kann die hier in Rede stehende Vermutung ausnahmsweise als widerlegt angesehen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.2.2001 - 1 D 69.99 -, juris Rn. 14). Eine solche erforderliche innere Einstellung, die eine positivere Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beamten erlaubt, kann jedoch nur dann hinreichend deutlich festgestellt werden, wenn die Wiedergutmachung vor Tatentdeckung nach außen erkennbar zumindest in die Wege geleitet und damit eine entsprechende Absicht in objektivierbarer Weise offenbart worden ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.9.2013 - DL 13 S 724/13 -, juris Rn. 102).

Dies zugrunde gelegt, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und unter Berücksichtigung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ zur Überzeugung der Kammer fest, dass sich der Beklagte zunächst der Zeugin und in der Folge auch gegenüber dem Vorsteher des Finanzamtes aus freien Stücken und nicht aus Furcht vor Entdeckung offenbart hat. Dies gilt insbesondere für den Tatkomplex der Entnahme und Verwendung der Kopier-, Fax- und Telefongelder zu eigenen Zwecken, aber auch für die damit im Zusammenhang stehende Vernichtung und Manipulation von Quittungen, ihrerseits Taten, die als solche als sogenanntes Begleitdelikt zu werten sind. Die Zeugin hat ausgesagt, dass sie den Beklagten bereits vor dem 15. November 2016 an die Einzahlung erinnert habe, und zwar vermutlich im August des Jahres. Auch in den Vorjahren habe sie den Beklagten wiederholt an die Abrechnung erinnert, was sie deshalb getan habe, weil sie die Aufgaben vorher selbst erledigt gehabt habe und sie für den Haushalt und die Erstellung der Annahmeanordnungen zuständig gewesen sei. Erst nach dem Gespräch mit dem Beklagten im November 2016 sei festgestellt worden, dass die letzten Einzahlungen bereits längere Zeit zurückgelegen hätten. Die Überwachung der Einzahlungen sei aber letztlich - ungeachtet der Erinnerungen - verlorengegangen und das Fehlen erst nach dem Gespräch im November 2016 wieder aufgefallen. Im Nachgang zur Beweisaufnahme bejaht auch der Kläger im Hinblick auf den Tatkomplex Entnahme aus der Kopier-/Fax- und Telefongeldkasse eine freiwillige Offenbarung des Beklagten vor Tatentdeckung.

Damit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Beklagte vor Offenbarung der Taten (zunächst) gegenüber der Zeugin und in der Folge auch gegenüber dem Vorsteher des Finanzamtes nicht damit rechnen musste und auch nicht damit gerechnet hat, dass wegen der zu eigenen Zwecken verwendeten und nicht auf ein Konto der Landeshauptkasse eingezahlten Kopier-, Fax- und Telefongelder sowie der damit im Zusammenhang stehenden Vernichtung und Manipulation von Quittungen bereits gegen ihn ermittelt wird. Zum Zeitpunkt der Offenbarung, weder am 15. November 2016 (Gespräch mit der Zeugin) noch am 18. November 2016 (Gespräch mit dem Vorsteher des Finanzamtes), fand bereits eine (interne) Prüfung etwaiger Unregelmäßigkeiten statt und der Beklagte musste zu dieser Zeit auch nicht mit einer unangemeldeten Prüfung rechnen. Ungeachtet des Umstandes, dass die Zeugin vermutlich durch ihre (wiederholten) Nachfragen, zuletzt im November 2016, den Anstoß für die Offenbarung gegeben haben mag, ist hier zugunsten des Beklagten von einer freiwilligen Tatoffenbarung auszugehen. Die Zeugin war u.a. für Haushaltsangelegenheiten des Finanzamtes und in diesem Rahmen für die Erstellung von Kassenanordnungen verantwortlich. Sie hat den Beklagten allein mit Blick auf diesen Aufgabenbereich, den anstehenden Kassenschluss und ihre frühere Verantwortlichkeit für die Einzahlung der vereinnahmten Kopier-, Fax- und Telefongelder an die Einzahlung erinnert, ohne dass dessen Fehlverhalten bereits bekannt war oder auch nur ein entsprechender Verdacht bestanden hätte, wie die von der Zeugin geschilderte Überraschung über die Aussage des Beklagten zeigt. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich oder von dem Kläger dargetan, die darauf schließen ließen, dass das Fehlverhalten des Beklagten entdeckt gewesen wäre, der Beklagte gewusst hätte, dass gegen ihn deshalb ermittelt werde oder er täglich damit gerechnet hätte, als Täter entdeckt zu werden. Selbst wenn der Beklagte zum Zeitpunkt der Offenbarung die abstrakte Möglichkeit für sich erwogen haben sollte, das Fehlverhalten werde dem Dienstherrn - gegebenenfalls über die Zeugin - bekannt werden, reicht dies, wie ausgeführt, nicht aus, den Entschluss zur Offenbarung der Tat als unfreiwillig erscheinen zu lassen. Es muss vielmehr, anders als hier nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, die konkrete Möglichkeit der Aufdeckung des Fehlverhaltens oder deren Folgen bestanden haben. Dem Beklagten ist es - wie er in der mündlichen Verhandlung glaubhaft ausgeführt hat - darum gegangen, „einen Schlussstrich zu ziehen". Mit seinem Eingeständnis gegenüber der Zeugin, die Gelder nicht auf ein Konto der Landeshauptkasse eingezahlt zu haben und den Betrag - derzeit - nicht zurückzahlen zu können, hat er von sich aus und aus freien Stücken, ohne konkrete Furcht vor Entdeckung die Dienstpflichtverletzung eingeräumt. Durch dieses selbstbestimmte und von ihm ausgehende Verhalten setzte er die Kette in Gang, die letztlich zur Aufklärung und zur straf- sowie zur disziplinarrechtlichen Ahndung der Taten geführt hat. Insoweit ist es deshalb unschädlich, dass der Beklagte sich nicht unmittelbar gegenüber seinem Dienstvorgesetzten offenbart hat, vielmehr ihm insoweit die Zeugin zuvorgekommen ist, indem sie den ihr vom Beklagten mitgeteilten Sachverhalt umgehend an diesen weiterleitete, was diesen wiederum zum sofortigen Einschreiten unter Nutzung dienst- und disziplinarrechtlicher Befugnisse veranlasste. Denn mit seinem Eingeständnis gegenüber der Zeugin hat der Beklagte sein Fehlverhalten vor Tatendeckung einem Dritten und damit nach außen erkennbar offenbart und damit zum Ausdruck gebracht, dass er sein Fehlverhalten bereut und sich um Aufklärung bemüht, ohne sein Fehlverhalten zu relativieren oder zu bagatellisieren. Der Beklagte hat zudem die Aufklärung durch sein Geständnis maßgeblich erleichtert und für eine zügige Abwicklung des von ihm bezifferten Schadens gesorgt. Über die eingestandenen Taten hinaus hat es kein weiteres Fehlverhalten des Beklagten gegeben, welches dem Kläger Veranlassung gegeben hätte und hat, weitere Ermittlungen anzustellen.

Der hiermit einschlägige Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung vor Tatentdeckung bezieht sich auch auf das Begleitdelikt der Urkundenfälschung und -vernichtung sowie auf die Veruntreuung der Gelder der Tippgemeinschaft. Zwar hat der Beklagte diese Taten nicht bereits im Rahmen des Gesprächs mit der Zeugin am 15. November 2016 eingeräumt, sondern erst nach Einleitung des Disziplinarverfahrens am 16. November 2016 in dem persönlichen Gespräch mit dem Vorsteher des Finanzamtes am 18. November 2016. Aber auch insoweit ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er die Möglichkeit des ersten frühen und in Bezug auf die nur wenige Tage nach der ersten Offenbarung von ihm über den Personalrat ersuchten Gesprächs mit dem Vorsteher des Finanzamtes genutzt hat, um Reue für sein Verhalten zum Ausdruck zu bringen und vollständig und vorbehaltlos alle seine ihm zur Last fallenden Taten einzuräumen, ohne dass ersichtlich ist, dass er dies getan hätte, weil er die Vorstellung hatte, es bestehe die konkrete Möglichkeit der Aufdeckung dieser weiteren Taten. Im Gegenteil, dem Gesprächsprotokoll vom 18. November 2016 ist eine Freiwilligkeit der Tatoffenbarung zu entnehmen und eine erste offene Einsicht des Beklagten in seine hinter den Taten stehende Spielsuchtproblematik. Anderweitige Erkenntnisse, namentlich Anhaltspunkte, dass der Beklagte wegen drohender Entdeckung bei seiner Offenbarung weiteren Fehlverhaltens nicht freiwillig gehandelt haben könnte, sind weder aus dem Verwaltungsvorgang ersichtlich noch haben sich solche aus der Zeugeneinvernahme in der mündlichen Verhandlung ergeben. Mit der vollständigen und vorbehaltlosen Offenlegung seines Fehlverhaltens hat der Beklagte die Aufklärung des Dienstvergehens ermöglicht und - wie sich aus dem weiteren Ermittlungsaufwand des Klägers ergibt - erheblich vereinfacht. Insbesondere in Bezug auf die Veruntreuung der Gelder der Tippgemeinschaft hat der Beklagte überdies nachvollziehbar und glaubhaft dargetan, dass er nicht die Vorstellung hatte, dass mit der drei Tage zuvor erfolgten freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens im Zusammenhang mit den Kopier-, Fax- und Telefongeldern die konkrete Möglichkeit der Aufdeckung weiterer einschlägiger Pflichtwidrigkeiten bestand. Insoweit hat er überzeugend dargetan, dass der Tatkomplex betreffend die Tippspielkasse aus seiner Sicht einen vollständig unabhängigen Lebenssachverhalt betraf, der erst Monate später zum Ende der Bundesligasaison überhaupt erst im Kollegenkreis zum Thema hätte werden können, da erst zu diesem Zeitpunkt die Abrechnung etwaiger Ein- oder Auszahlungen der Saison erfolgt wäre. Auf diese innere Einstellung, die erkennen lassen muss, dass er nicht durch die Entwicklung zum Eingeständnis der weiteren Taten gezwungen worden ist, und die vorliegend auch nicht widerlegt worden ist, kommt es, wie ausgeführt, an. Sein Verhalten am 15. November 2016 und in den nachfolgenden Tagen, in denen er von sich aus das Gespräch mit dem Vorsteher des Finanzamtes gesucht hat, und Monaten, in denen er seine Spielsuchtproblematik bearbeitet hat, lässt den Schluss zu, dass er echte Einsicht gezeigt hat und dies nicht dazu bestimmt gewesen ist, eine mildere Strafe zu erreichen.

Ist nach alledem von einer Offenbarung aus freien Stücken auszugehen ist, kommt die disziplinare Höchstmaßnahme, die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, nicht in Betracht (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 28.7.2011 - 2 C 16.10 -, juris Rn. 40), es sei denn, es handelt sich bei dem Betroffenen nicht um einen bisher unbescholtenen Beamten mit der Folge, dass ihm der Milderungsgrund schon deshalb nicht zugutekommt (zu diesem Erfordernis vgl.: BVerwG, Urt. v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 -, juris Rn. 33; BVerwG, Urt. v. 30.9.1998 - 1 D 84.97 -, juris Rn. 15). Der Beklagte ist zur Überzeugung der Kammer nicht einschlägig (gleichartig) disziplinarrechtlich vorbelastet. Für die Frage der Unbescholtenheit gilt, dass solche Pflichtverletzungen oder sonstigen Umstände den Milderungsgrund ausschließen, die so gewichtig sind, dass trotz des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen das Vertrauensverhältnis zu dem Dienstherrn als zerstört anzusehen ist. Dabei ist nicht entscheidend, ob der Beamte vor oder nach seiner Dienstverfehlung wegen einschlägigen Fehlverhaltens strafrechtlich verurteilt oder disziplinar gemaßregelt ist. Es genügt, wenn es zu einer dienstlichen Reaktion mit entsprechender Warnfunktion für den Beamten kam, was schon in den Fällen einer Zurechtweisung oder Ermahnung im Sinne des § 6 Abs. 2 BDO (a.F.) der Fall ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.2.2001 - 1 D 69/99 -, juris Rn. 19; Urt. v. 30.9.1998 - 1 D 84.97 -, juris Rn. 15). Eine dienstliche Reaktion mit entsprechender Warnfunktion ist in dem früheren Disziplinarverfahren nicht zu sehen. Allein die Einleitung des später eingestellten Disziplinarverfahrens vermochte noch nicht die erforderliche Warnfunktion zu entfalten. Nichts Anderes ergibt sich aus der Einstellungsverfügung vom 3. September 2015 und aus dem darin in Bezug genommenen Ermittlungsbericht vom 8. Juli 2015. In dem abschließenden Ermittlungsbericht heißt es zur Bemessung der Disziplinarmaßnahme, dass der Beamte durch sein Verhalten ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen habe, welches mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Ansehensschädigung erwarten lasse. Die Einhaltung der Steuergesetzte berühre den Kernbereich der Pflichten eines Finanzbeamten und wiege daher relativ schwer. Auch eine leichtfertig begangene Steuerhinterziehung sei als Dienstvergehen zu werten. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft/Steuerfahndung und den Ausführungen des Beamten habe er sich jedoch tatsächlich bemüht, Einblick in die finanzielle Situation des Vereins zu bekommen. Ferner habe er, nachdem ihm dieser verwehrt worden sei, sein Amt als Schatzmeister im März 2009 niedergelegt. Er habe freiwillig Aussagen zu den Vorkommnissen im Verein gegenüber der Steuerfahndung getätigt, und dass vor Einleitung des Steuerstrafverfahrens. Durch seine Angaben habe er zur Aufklärung weiterer Steuerhinterziehungen beigetragen und durch die Zahlung der Geldauflage habe er verdeutlicht, dass er seine Verantwortlichkeit für die Steuerehrlichkeit des Vereins im gewissen Maße anerkannt habe. Eine zusätzliche Pflichtenermahnung wurde daher als nicht notwendig angesehen. Damit fehlt es aber an einer derartig gewichtigen (einschlägigen) Pflichtverletzung, die sonst zur Folge hätte, dass trotz des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen das Vertrauensverhältnis zu dem Dienstherrn als zerstört anzusehen ist.

Zu Gunsten des Beklagten ist vorliegend auch die von ihm aus eigenen Stücken offengelegte Spielsuchtproblematik einzustellen. Der Beklagte hat insoweit überzeugend - und letztlich auch gutachterlich bestätigt - dargetan, sich seiner Erkrankung des „Pathologischen Spielens“ gestellt, Krankeneinsicht gezeigt, therapeutische Maßnahmen initiiert und durchgehalten zu haben, weshalb er als abstinent bezeichnet werden könne. Auch dieser Umstand rechtfertigt eine mildere Bewertung des Dienstvergehens. Der Beklagte hat das Dienstvergehen zwar mit Blick auf die „Pathologische Spielsucht“ ausweislich des Psychiatrischen Gutachtens vom 4. Oktober 2018 nicht im Zustand einer im Sinne des § 21 StGB erheblich verminderten, regelmäßig einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis entgegenstehenden Schuldfähigkeit begangen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.2.2016 - 2 B 84.14 -, juris Rn. 21; Beschl. v. 4.7.2013 - 2 B 76.12 -, juris Rn. 19; vgl. auch OVG Bremen, Urt. v. 26.5.2010 - DL A 535/08 -, juris Rn. 67 ff.). Andererseits können sich als Dienstvergehen zu wertende Zugriffshandlungen des Beamten als Entgleisungen während einer durch eine Suchterkrankung gekennzeichneten negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase darstellen (zu diesem Entlastungsgrund: vgl. BVerwG, Urt. v. 3.5.2007 - 2 C 9.06 -, juris Rn. 36; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 7.4.2003 - DL 17 S 18/02 -, juris Rn. 29 ff.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.1.2012 - DB 13 S 316/11 -, juris Rn. 55). In einem solchen Fall kann noch nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass das Vertrauen des Dienstherrn in die pflichtgemäße Amtsführung des Beamten endgültig zerstört ist. Voraussetzung für einen solchen Entlastungsgrund ist, dass das Dienstvergehen allein auf Grund einer krankhaften Sucht begangen wurde, hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beamte diese Sucht dauerhaft überwunden hat und keine weiteren belastenden Gesichtspunkte hinzutreten. Voraussetzung ist mithin, dass die negative Lebensphase des Beamten durch dessen Suchterkrankung gekennzeichnet ist, die zur Begehung des Dienstvergehens geführt hat und derentwegen das Vertrauen des Dienstherrn in die pflichtgemäße Amtsführung nicht von vornherein unwiederbringlich zerstört sein muss, wenn hinreichende Anhaltspunkte für eine dauerhafte Überwindung der Sucht bestehen. Maßgeblich ist insoweit, dass die zum Tatzeitpunkt bei dem Beamten gegebene und ärztlich bestätigte Suchterkrankung alleinige Triebfeder für das Dienstvergehen war, dieses mithin nicht auf eine von der Suchterkrankung unabhängige charakterliche Fehleinstellung des Beamten zurückzuführen ist. Das ist etwa der Fall, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die begangenen Dienstpflichtverletzungen gerade zur Befriedigung der Spielsucht (Beschaffung von Bargeld für neues Spielen) und - zu deutlich kleineren Teilen - der aus ihr folgenden Konsequenzen (Beschaffung von Geld für den Lebensunterhalt und für Lebensmittel der Familie) dienten. Außerdem muss die Prognose gerechtfertigt sein, dass es dem Beamten auf Dauer gelingen wird, einen Rückfall in die Suchterkrankung zu vermeiden, er also die durch die Suchterkrankung geprägte negative Lebensphase überwunden hat. Dies kann angenommen werden, wenn deutliche Indizien für einen ernsthaften und nachhaltigen Willen des Betroffenen zur endgültigen Abkehr von der Sucht bestehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.1.2012 - DB 13 S 316/11 -, juris Rn. 55 ff.). Der Gutachter merkt zwar in seinem psychiatrischen Gutachten vom 4. Oktober 2018 kritisch zur Diagnosestellung an, dass die von dem Beklagten beschriebene Spielsuchtproblematik nicht zu einem erheblichen sozialen, beruflichen und familiären Verfall geführt habe. Der Beklagte habe ein ritualisiertes Spielen mit erheblichem finanziellen Einsatz und Verschuldung beschrieben. Seine berufliche Leistungsfähigkeit und auch der Bestand seiner Beziehung seien davon aber offensichtlich (noch) nicht in hohem Maße betroffen gewesen. Dennoch sei die Diagnose gerechtfertigt, weil die begangenen Taten als Hinweis auf eine Progredienz der Spielsymptomatik und Beginn von schwereren psychosozialen Folgen des „Pathologischen Spielens“ zu bewerten seien. Vermutet werden müsse, dass der Beklagte den Verlust von Lebensinhalt - nach endgültiger Aufgabe seines ehrenamtlichen Engagements in einem Sportverein im Jahre 2012 - teilweise mit dem „Pathologischen Spielen“ kompensiert, diese Betätigung antidepressiv wirksamen Charakter gehabt und der Selbstwertstabilisierung gedient habe. Zur Frage der Steuerungsfähigkeit kam der Gutachter zu dem Ergebnis, dass das „Pathologische Spielen“ einen ritualisierten Charakter gehabt habe. Die psychosoziale Leistungsfähigkeit des Beklagten sei nicht in schwerem Maße eingeschränkt gewesen. Eine Einengung der Lebensführung, vorrangig auf das Spielen, habe nicht stattgefunden. Der Beklagte habe angegeben, das Spielen nach vorhandenen Geldbeträgen gesteuert zu haben. Auch sei er in der Lage gewesen, zum Beispiel den Besuch der Spielhalle zu beenden und anderen Interessen nachzugehen. Die Straftaten seien zwar im symptomatologischen Zusammenhang mit dem „Pathologischen Spielen“ zu sehen und mit diesem auch motivational verknüpft, von einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit sei allerdings nicht auszugehen. Nachdem die Straftaten aufgefallen seien, habe sich der Betroffene in eine ambulante störungsspezifische Behandlung begeben, welche wie auch das eingeleitete disziplinarrechtliche Verfahren zu einer weitestgehend eingehaltenen Spielabstinenz geführt habe. Diese gutachterliche Einschätzung ist - wie ausgeführt - zugunsten des Beklagten in die Bewertung mit einzustellen.

Greifen nach alledem die Milderungsgründe der freiwilligen Tatoffenbarung sowie der dauerhaften Überwindung einer Spielsucht, führt dies zu einer Disziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme, es sei denn, es liegen gegenläufige belastende Umstände vor (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.6.2016 - 2 B 49.15 -, juris Rn. 13; Urt. v. 28.7.2011 - 2 C 16.10 -, juris Rn. 37 und Urt. v. 25.7.2013 - 2 C 63.11 -, juris Rn. 26). Solche Erschwernisgründe, unter denen trotz Vorliegens eines anerkannten Milderungsgrundes ausnahmsweise dennoch auf die disziplinare Höchstmaßnahme zu erkennen ist, können sich etwa aus der Anzahl und Häufigkeit von Betrugshandlungen oder der Höhe des Gesamtschadens (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.7.2017 - 2 B 1.17 -, juris Rn. 9), der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlung im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z.B. mit Urkundenfälschungen stehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.9.2010 - 2 B 97.09 -, juris Rn. 8). Ein solcher Erschwernisgrund ist vorliegend aber nicht in dem Umstand zu sehen, dass der Beklagte in einem Fall die Durchschrift einer von ihm ausgestellten Quittung über die Entgegennahme von Kopierkosten vernichtet und in mehreren Fällen Quittungsbelege in der Weise manipuliert hat, dass er die Durchschriften der Originale vernichtet und neue Quittungsbelege mit geringeren Beträgen ausgestellt hat. Denn dabei handelte es sich um Begleitdelikte ohne erhebliches disziplinarisches Eigengewicht, die den Milderungsgrund nicht auszuschließen vermögen (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 28.5.1997 - 1 D 74.96 -, juris Rn. 22).

Unter Berücksichtigung aller zu Gunsten des Beklagten sprechenden Umstände, namentlich, dass er die von ihm offenbarten und eingeräumten Taten nachträglich aufgearbeitet, den beim Dienstherrn und den Kolleginnen und Kollegen entstandenen Schaden wieder gutgemacht und diejenigen Lebensumstände, aus denen diese entstanden sind (hier: die „Pathologische Spielsucht“), mittlerweile überwunden sind, gelangt die Kammer zu der Überzeugung, dass - wäre der Beklagte weiterhin im Dienst - eine erneute Begehung entsprechender Dienstpflichtverletzungen nicht mehr zu besorgen ist (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 5.5.2015 - 2 B 32.14 -, juris Rn. 29).

Die Gesamtwürdigung dieser Umstände lässt das Persönlichkeitsbild des Beklagten im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 3 NDisG in einem günstigeren Licht erscheinen, so dass die Erwartung gerechtfertigt ist, die von ihm verursachte Ansehensschädigung könne wiedergutgemacht werden. Trotz der schwerwiegenden innerdienstlichen Pflichtverletzungen ist die Bestimmung einer Disziplinarmaßnahme ausreichend, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme. Nach dem geständigen und kooperativen Verhalten des Beklagten im Straf- und Disziplinarverfahren und dem Eindruck, den der Beklagte in der mündlichen Verhandlung der Kammer vermittelt hat, geht die Kammer davon aus, dass das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in den Beklagten noch nicht endgültig zerrüttet ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 69 Abs. 1 und 2 NDiszG. Danach trägt der Beamte, gegen den im Disziplinarklageverfahren vom Verwaltungsgericht eine Disziplinarmaßnahme ausgesprochen wird, die Kosten des Verfahrens (§ 69 Abs. 2 Satz 1 NDiszG). Da eine der in § 33 Abs. 1 NDiszG genannten Disziplinarmaßnahmen nicht ausgesprochen wurde, kommt eine verhältnismäßige Kostenteilung (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 2 NDiszG) nicht in Betracht.