Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 16.10.2019, Az.: 1 A 43/18

Fahrtenbuchauflage; Frist

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
16.10.2019
Aktenzeichen
1 A 43/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69527
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung des Beklagten, ein Fahrtenbuch für die Dauer von zwölf Monaten zu führen.

Mit dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen A., dessen Halter der Kläger ist, wurde am 11. Oktober 2017 um 5:20 Uhr in A-Stadt (Samtgemeinde B.) in der C. Straße die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb der geschlossenen Ortschaft von 50 km/h nach Toleranzabzug um 33 km/h überschritten.

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 übersandte der Beklagte dem Kläger im Ordnungswidrigkeitenverfahren einen Anhörungsbogen. Unter dem 26. Oktober 2017 antwortete der Kläger: „Auf den Bildern ist nicht zu erkennen, wer der Fahrer war. Daher kann ich keine Angaben machen.“ Daraufhin befragte der Beklagte durch Schreiben vom 7. November 2017 den Kläger als Zeugen. Darauf meldete sich der damalige Bevollmächtigte des Klägers und bat um Akteneinsicht, die der Beklagte gewährte. Eine Aussage zur Sache machte der Kläger nicht. Auf die weitere Befragung des Klägers durch gesondertes Schreiben vom 27. Dezember 2017 antwortete der Kläger nicht.

Nachdem das Ordnungswidrigkeitenverfahren am 15. Januar 2018 endgültig eingestellt worden war, verfügte der Beklagte nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 8. Februar 2018 gegenüber dem Kläger, dass für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen A. oder ein dafür beschafftes Ersatzfahrzeug ein Fahrtenbuch für die Dauer von zwölf Monaten zu führen ist. Die Verfügung begründete er im Wesentlichen damit, dass der für den angeführten Verkehrsverstoß verantwortliche Fahrzeugführer nach intensiven Ermittlungen nicht habe ermittelt werden können. Er sei seiner Ermittlungspflicht - soweit zumutbar - nachgekommen. Der begangene Verstoß wäre mit einer Geldbuße in Höhe von 160 EUR, einem Fahrverbot von einem Monat sowie zwei Punkten im Verkehrszentralregister zu ahnden gewesen. Deshalb erweise sich der mit dem Fahrzeug begangene Verstoß als ausreichende Grundlage für die Anordnung. Mit weiteren Bescheid vom 8. Februar 2018 setzte der Beklagte Verwaltungskosten wegen der Fahrtenbuchanordnung in Höhe von 153,13 EUR fest.

Gegen beide Bescheide hat der Kläger am 8. März 2018 Klage erhoben. Er macht zur Begründung im Wesentlichen geltend: Die Ermittlungsbehörde sei den ihr obliegenden Verpflichtungen zur Ermittlung des Täters nicht im hinreichenden Maße nachgekommen. Ferner bestehe nicht die Besorgnis einer Wiederholungsgefahr. Der Ermittlungsbehörde sei vorzuhalten, bereits anfänglich die allein ihr obliegende Verpflichtung zur Erhebung und Sicherung hinreichender Beweise nicht in einem notwendigen oder hinreichenden Maße erfüllt zu haben. So seien von der Ermittlungsbehörde keine Beweise erhoben oder gesichert worden, die auch nur ansatzweise die Identifizierung des verantwortlichen Fahrzeugführers ermöglicht hätte. Die Ermittlungen seien auf die Fertigung schlicht unbrauchbarer Fotos beschränkt gewesen. Der Ermittlungsbehörde sei es möglich und zumutbar gewesen, die ihr originär obliegende Verkehrsüberwachung mit den personellen und technischen Mitteln durchzuführen, die nicht nur eine gerichtsfeste Feststellung des objektiven Verkehrsverstoßes, sondern auch des verantwortlichen Fahrzeugführers ermöglicht hätte. Erfolge gleichzeitig eine Überwachung des abfließenden und des ankommenden Verkehrs, hätte das Messgerät für beide Fahrtrichtungen mit einer Kamera ausgestattet sein müssen. Sei dies - wie hier - nicht der Fall und lägen deshalb für eine Fahrtrichtung lediglich Kennzeichenfotos vor, hätte ein Kontroll-/Anhaltepunkt eingerichtet werden müssen, um den verantwortlichen Fahrer zweifelsfrei festzustellen. Ein Verzicht hierauf führe de facto zu einem Abwälzen der notwendigen Ermittlungen auf den Fahrzeughalter. Dieser werde dann mit einer ungerechtfertigten und rechtswidrigen Mitwirkungserwartung überzogen. Einziger Grund für die fehlende Ermittlung bzw. Ermittlungsmöglichkeit des verantwortlichen Fahrzeugführers sei die unzureichende Organisation der Verkehrsüberwachung gewesen. Deshalb komme die Ermittlungsbehörde ihrer Ermittlungspflicht erst dann hinreichend nach, wenn durch Beweiserhebungen eine Tatsachengrundlage geschaffen worden sei, die dem Fahrzeughalter eine Mitwirkung überhaupt erst ermögliche. Daran fehle es hier. Die fehlende Ermittlung des Fahrzeugführers beruhe weder auf ein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht noch auf einem entgegenstehenden Mitwirkungswillen seinerseits. Auf Grundlage der ihm vorgelegten Beweismittel sei er zu einer Mitwirkung schlicht nicht in der Lage gewesen. Dem Halter eines Fahrzeugs könne eine fehlende Mitwirkung nur dann vorgeworfen werden, wenn die Ermittlungsbehörde ihm eine tatsächliche Mitwirkung überhaupt objektiv ermögliche. Der Beklagte hätte bei der angefochtenen Ordnungsverfügung prüfen müssen, dass die fehlende Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers allein auf Versäumnisse des Beklagten beruhe, ein entgegenstehender Willen seinerseits - seitens des Klägers - die Feststellung weder erschwert noch unmöglich gemacht habe und für einen hypothetischen künftigen Verkehrsverstoß eine Wiederholung der Nichtfeststellbarkeit des verantwortlichen Fahrzeugführers nicht zu besorgen sei. Außerdem sei jedenfalls die fehlende Angemessenheit der Sanktion zu rügen. Der Beklagte hätte hier mildere Mittel und Möglichkeiten prüfen müssen. Es sei nicht erkennbar, dass der Beklagte insoweit überhaupt eine Prüfung vorgenommen habe. Dies sei ermessensfehlerhaft. Wegen der Rechtswidrigkeit der Grundverfügung sei auch der Kostenfestsetzungsbescheid rechtswidrig.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide des Beklagten vom 8. Februar 2018 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt er auf seine Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid Bezug und erwidert auf das Klagevorbringen: Die Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers sei ihm nicht möglich gewesen. Der Kläger habe weder Angaben zum Fahrer noch zum möglichen Kreis der Personen gemacht, die den zugrunde liegenden Verkehrsverstoß begangen haben könnten. Auf die Zeugenfragenbögen habe der Kläger nicht reagiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, so dass der Kläger deren Aufhebung (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nicht beanspruchen kann.

1. Rechtsgrundlage für die gegenüber dem Kläger als Halter des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen A. verfügte Fahrtenbuchauflage ist § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Danach kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein auf ihn zugelassenes Fahrzeug die Führung eines Fahrtenbuches anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

a. Durch die angeführte Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem genannten Fahrzeug wurde eine erhebliche Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften begangen. Dies ergibt sich aus den in der Beiakte befindlichen Unterlagen und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

b. Die Feststellung eines Fahrzeugführers nach der festgestellten Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften war unmöglich im Sinne der genannten Vorschrift. Hiernach ist eine solche Feststellung unmöglich, wenn die zuständige Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage gewesen ist, den Fahrzeugführer zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen traf. Mithin hat die Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen zu veranlassen, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit der Behörde können sich an dem Verhalten und den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben. An einer hinreichenden Mitwirkung des Fahrzeughalters daran, den Fahrzeugführer zu bezeichnen, fehlt es regelmäßig bereits dann, wenn der Fahrzeughalter den Anhörungsbogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet oder keine weiteren Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer macht. Darin liegt die konkludente Erklärung, sich nicht zur Sache äußern zu wollen. Der Behörde werden in diesen Fällen weitere Ermittlungsversuche, die über die Anhörung des Fahrzeughalters hinausgehen, grundsätzlich nicht abverlangt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.10.1987 - 7 B 162.87 -, juris Rn. 5, Urt. v. 17.12.1982 - 7 C 3.80 -, juris Rn. 7; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.1.2019 - 12 ME 170/18 -, juris Rn. 16 f., Beschl. v. 1.2.2013 - 12 LA 122/12 -, juris Rn. 7, Beschl. v. 7.6.2010 - 12 ME 44/10 -, juris Rn. 5).

Nach Maßgabe dessen war es der Verfolgungsbehörde nicht im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO möglich, den Fahrzeugführer zu ermitteln, da sie alle nach den Umständen des Einzelfalles angemessenen und zumutbaren Maßnahmen traf, um den Fahrzeugführer zu ermitteln. Weitere Maßnahmen drängten sich - entgegen der Ansicht des Klägers - hier nicht auf, zumal dieser als Halter des Tatfahrzeugs nicht hinreichend an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes mitwirkte. Zwar antwortete er auf den Anhörungsbogen vom 19. Oktober 2017, dass er keine Angaben machen könne, weil auf den Bildern nicht zu erkennen sei, wer der Fahrer sei. Diese Erklärung ist nicht ausreichend, um weitere, erfolgversprechende Ermittlungsmaßnahmen der Bußgeldbehörde anzustoßen. Wollte er von einem etwaigen Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht keinen Gebrauch machen, hätte er - wie er in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - nähere Angaben zum Kreis der Fahrzeugnutzer geben können, die das Fahrzeug am Tattag genutzt haben könnten.

In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidungserheblich, ob der Anhörungsbogen vom 19. Oktober 2017 innerhalb von zwei Wochen nach dem Verkehrsverstoß dem Kläger zuging. Zwar gehört es grundsätzlich zu den angemessenen Ermittlungsmaßnahmen, dass der Halter möglichst umgehend, im Regelfall innerhalb von zwei Wochen, von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.6.1987 - 7 B 139.87 -, juris Rn. 2, Urt. v 13.10.1978 - VII C 77.74 -, juris, Rn. 18).

Diese Zweiwochenfrist gilt für jene vom Regelfall abweichenden Gestaltungen jedoch nicht, in denen bei typisierender Betrachtung auch eine spätere Anhörung zur effektiven Rechtsverteidigung genügt oder erkennbar ist, dass die Rechtsverteidigung des Fahrzeughalters durch seine spätere Anhörung nicht beeinträchtigt worden ist. Verzögerte Ermittlungshandlungen der Behörde schließen deshalb die Fahrtenbuchanordnung nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist und deshalb auch bei einer früheren Anhörung ein anderes Ermittlungsergebnis nicht zu erwarten gewesen wäre (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 25.6.1987 - 7 B 139.87 -, juris, Rn. 2; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 23.11.2017 - 12 ME 211/17 -, Beschl. v. 20.7.2015 - 12 ME 83/15 -, n.v.). Dies ist der Fall, wenn die unterlassene Benennung des Fahrers nicht auf - angesichts des Zeitablaufs - fehlendem Erinnerungsvermögen, sondern auf anderen Umständen beruht.

So fehlt es an einer solchen Ursächlichkeit, wenn sich der Fahrzeughalter - wie hier - weigert, sich zur Sache zu äußern und nicht zugleich geltend macht, wegen der verzögerten Anhörung keine Erinnerung an den Fahrzeugführer oder den Kreis der Fahrzeugnutzer zu haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.6.1987 - 7 B 139.87 -, juris Rn. 2, Urt. v. 13.10.1978 - VII C 77.74 -, juris Rn. 19). Hier weigerte sich der Kläger, sich zur substantiell Sache zu äußern, indem er in seiner Beschuldigtenanhörung lediglich darauf verwies, keine Angaben zum Fahrer machen zu können, weil dieser auf den Bildern nicht erkennbar sei, und auf zwei nachfolgende Zeugenanhörungen überhaupt keine Angaben zur Sache machte. Dabei machte der Kläger nicht geltend, dass er sich aufgrund der späten Anhörung nicht mehr an den Fahrer oder den Fahrerkreis habe erinnern können (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.10.1978, a.a.O., Rn. 19), wobei dieser Einwand bereits im Ordnungswidrigkeitenverfahren zu erheben wäre (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 3.1.2019 - 12 LA 244/17 -, n.v., Abdr. S. 9, Beschl. vom 17.11.2006 - 2 LA 328/06 -, n.v., Abdr. S. 8; Bayerischer VGH, Beschl. v. 12.11.2007 - 11 CS 07.1802 -, juris Rn. 12). Daneben ist eine Ursächlichkeit der unterbliebenen Ermittlung des Fahrzeugführers wegen Überschreitens der Zweiwochenfrist nicht gegeben, wenn der Fahrzeughalter - wie hier - in der Lage war, den Kreis der Nutzer des Fahrzeuges zu nennen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.5.1997 - 3 B 28.97 -, juris Rn. 5).

Ohne Belang ist dabei, ob den Kläger ein Verschulden an der Nichtfeststellbarkeit des Fahrzeugführers trifft. Dies folgt aus dem gefahrenabwehrrechtlichen Charakter der Regelung mit dem Ziel, die Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs bei gegebenem Anlass dadurch zu gewährleisten, dass in Zukunft der Täter einer Verkehrsordnungswidrigkeit über das Fahrtenbuch alsbald ermittelt werden kann (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.1.2019, - 12 ME 170/18 -, juris, Rn. 16 f., Urt. v. 23.1.2014 - 12 LB 19/13 -, juris Rn 16 m.w.N.). Dementsprechend hängt die Beantwortung der Frage, ob die Mitwirkung eines Fahrzeughalters ausreichend war, nicht entscheidend davon ab, ob er im Bußgeldverfahren durchsetzbare Rechtspflichten, wie etwa die dort grundsätzlich bestehende Zeugnispflicht (vgl. § 46 Abs. 2 OWiG i. V. m. § 161a Abs. 1 Satz 1 StPO, § 46 Abs. 5 OWiG) verletzt hat (Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.1.2019, - 12 ME 170/18 - juris, Rn. 17, Beschl. v. 13.11.2017 - 12 LA 98/17 -, Beschl. v. 14.7.2016 - 12 ME 109/16 -, n. v.) oder ihm dies sogar „vorzuwerfen“ ist. Das kann schon daraus gefolgert werden, dass es kein „doppeltes Recht“ des Fahrzeughalters gibt, nach einem mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Verkehrsverstoß zur Täterschaft (unter Berufung auf ein ihm zustehendes Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht) keine Angaben zu machen, aber gleichwohl eine Fahrtenbuchanordnung abzuwehren. Vielmehr darf auch ein vollständig rechtmäßiges Verhalten des Fahrzeughalters im Bußgeldverfahren in dem diesem Verfahren nachfolgenden Verwaltungsverfahren zur Anordnung einer Fahrtenbuchführung - unter rein gefahrenabwehrrechtlichem Blickwinkel - als Obliegenheitsverletzung gewürdigt werden, welche den Umfang der Ermittlungen reduziert, die von der Verfolgungsbehörde im Bußgeldverfahren unternommen worden sein müssen, damit im Rahmen des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO davon ausgegangen werden darf, die Feststellung des Fahrzeugführers sei nicht möglich gewesen. Mithin ist eine Fahrtenbuchanordnung nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Halter des Fahrzeuges, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen worden ist, im Ordnungswidrigkeitenverfahren - ausdrücklich oder konkludent - von seinem Aussage- und/oder Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht (BVerwG, Beschl. v. 22.6.1995 - 11 B 7.95 -, juris Rn. 3f.; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 31.10.2006 - 12 LA 463/05 -, juris Rn. 6). Mit der Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, bleibt das Recht des Betroffenen gewahrt, sich selbst oder Angehörige nicht bezichtigen zu müssen. Aus der für sich gesehen rechtmäßigen Handlungsweise des Betroffenen darf jedoch in zulässiger Weise die Prognose abgeleitet werden, dass er auch bei künftigen Verstößen - seien sie von ihm, seien sie von anderen begangen - von seinem Recht zu schweigen oder zu leugnen Gebrauch machen wird. Das damit verbundene Risiko, dass derartige zukünftige Verkehrsverstöße ungeahndet bleiben, muss die Rechtsordnung nicht hinnehmen, weil sie sich damit für einen nicht unbeträchtlichen Teilbereich von vornherein der Möglichkeit begäbe, durch die Androhung von Sanktionen Verkehrsverstößen und den damit verbundenen Gefahren, namentlich für die anderen Verkehrsteilnehmer, im allgemeinen Interesse vorzubeugen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 8.6.2018 - 12 LA 74/17 -, n.v., Abdr. S. 7).

Der Einwand des Klägers, die Bußgeldstelle des Beklagten habe deshalb nicht alle nach den Umständen des Einzelfalles angemessenen und zumutbaren Maßnahmen zur Ermittlung des Fahrzeugführers ergriffen, weil der Verkehrsverstoß nicht mit einem Frontfoto des Fahrzeugs dokumentiert worden sei, das den Fahrzeugführer hätte erkennen lassen können, greift nicht durch. Aus § 31a StVZO ergibt sich nicht, dass die Verfolgungsbehörde verpflichtet wäre, bestimmte Ermittlungsmittel oder -methoden anzuwenden. Vielmehr hat sie in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen zu treffen, die in gleichliegenden Fällen erfahrungsgemäß zum Erfolg führen. Daher genügt bei der Kontrolle von Geschwindigkeitsverstößen - durch Beobachtung oder durch Radarmessung - im Allgemeinen das Notieren des Kennzeichens als Sofortmaßnahme, solange der Kraftfahrzeughalter anschließend unverzüglich (vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalles regelmäßig innerhalb von zwei Wochen) von der mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Zuwiderhandlung in Kenntnis gesetzt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Weder ist ein sofortiges Anhalten des Fahrzeuges erforderlich noch bedarf es eines Frontfotos. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Verstoß selbst und das Kraftfahrzeugkennzeichen festgehalten werden, um darüber den Kraftfahrzeughalter und über ihn den verantwortlichen Fahrzeugführer zu ermitteln. Daher gilt der Grundsatz, dass die Verfolgungsbehörde nicht verpflichtet ist, bestimmte Ermittlungsmethoden anzuwenden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.12.1993 - 11 B 113.93 -, juris Rn. 4, Urt. v. 17.12.1982 - 7 C 3.80 -, juris Rn. 7, Urt. v. 13.10.1978 - VII C 77.74 -, juris Rn. 16; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 5.6.2019 - 12 LA 83/19 -, n.v., Beschl. vom 8.6.2018 - 12 LA 74/17 -, n.v., Beschl. v. 30.1.2018 - 12 ME 217/17 -, n.v.; Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschl. v. 26.4.2017 - 4 LA 12/17 -, juris Rn. 6).

c. Der Beklagte erließ die angefochtene Verfügung gegen den richtigen Adressaten, weil der Kläger Halter des Fahrzeuges ist, mit dem der zugrunde liegende Verkehrsverstoß begangen worden war. Für den Halterbegriff des § 31a StVZO gelten die zu § 7 StVG entwickelten Grundsätze.

d. Die Fahrtenbuchanordnung lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Ein solcher läge vor, wenn die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).

Der Beklagte beachtete bei seiner Anordnung die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens. Er stellte hinsichtlich der Dauer seiner Anordnung maßgeblich auf die Schwere des festgestellten Verkehrsverstoßes ab. Dies ist nicht zu beanstanden. Die Anordnung verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Bereits eine einmalige Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 30 km/h innerhalb geschlossener Ortschaft stellt eine so erhebliche Verkehrsübertretung dar, dass lediglich eine Androhung einer Fahrtenbuchauflage nicht ausreicht, sondern deren Anordnung geboten ist. Dies gilt selbst dann, wenn durch die Geschwindigkeitsübertretung, die eine der hauptsächlichen Unfallursachen im Straßenverkehr ist, eine konkrete Gefährdung nicht eingetreten ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.8.2015 - 10 S 278/15 -, juris Rn. 14; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 8.7.2014 - 12 LB 76/14 -, juris Rn. 26). Bei der Bemessung der Dauer der Fahrtenbuchauflage ist insbesondere das Gewicht des festgestellten Verkehrsverstoßes zu berücksichtigen. Stellt die Behörde im Regelfall hinsichtlich der Dauer auf das Gewicht des Verkehrsverstoßes ab, so darf sie die Dauer der Fahrtenbuchauflage anhand dieses Kriteriums staffeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.5.2015 - 3 C 13.14 -, juris Rn. 20; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 8.7.2014 - 12 LB 76/14 -, juris Rn. 28, Urt. v. 23.1.2014 - 12 LB 19/13 -, juris Rn. 19). Das Interesse der Allgemeinheit, einer Gefahr entgegenzuwirken, bei weiteren Zuwiderhandlungen vergleichbarer Schwere den Fahrer nicht ermitteln zu können, wächst je schwerer der Verstoß wiegt. Bei einem schweren Verstoß kann es deshalb gerechtfertigt sein, dem Halter eine längere Überwachung der Nutzung seines Fahrzeuges abzuverlangen. Dabei darf sich die Behörde bei der Bemessung des Gewichtes einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften an dem Punktsystem nach der Anlage 13 der Fahrerlaubnisverordnung orientieren (vgl. Niedersächsisches OVG, Urt. v. 8.7.2014 - 12 LB 76/14 -, juris Rn. 28). Ist ein Verstoß - wie hier - als schwerwiegend einzuschätzen, unterliegt die Dauer einer Fahrtenbuchauflage von zwölf Monaten keinen rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit. Hier ist der zugrunde liegende Verstoß als schwerwiegend einzuordnen, weil eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 33 km/h innerhalb geschlossener Ortschaft mit einer Geldbuße in Höhe von 160 EUR, zwei Punkten im Fahreignungsregister und einem Monat Fahrverbot zu ahnden gewesen wäre.

2. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbescheid ist rechtmäßig. Er findet in § 6a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 2 StVG, §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Ziffer 252 der Anlage (zu § 1) der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) seine rechtliche Grundlage. Hiernach beträgt der Gebührenrahmen für die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches einschließlich der Prüfung der Eintragung 21,50 bis 200 EUR. Die Bemessung richtet sich nach § 6 GebOSt in Verbindung mit § 9 VwKostG (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 21.12.2010 - 8 B 1626/10 -, juris Rn. 17; Kammerurteil vom 20.9.2018 - 1 A 324/16 -, n.v.). Die Erhebung einer Gebühr in Höhe von 150 EUR durch den Beklagten lässt unter Berücksichtigung der von ihm im angefochtenen Bescheid angeführten Gründe für die Bemessung der Gebühr Ermessensfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO nicht erkennen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt hat der Kläger ferner als Auslagen die Entgelte für die Zustellung zu tragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.