Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 11.08.2021, Az.: 10 W 24/19 (Lw)

Einziehung eines Hoffolgezeugnisses; Feststellung eines Hoferben; Eindeutigkeit einer Einsetzung zum Hoferben; Eintritt der gesetzlichen Hoferbfolge bei Nichtigkeit eines Testaments; Begriff der Wirtschaftsfähigkeit

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
11.08.2021
Aktenzeichen
10 W 24/19 (Lw)
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 61729
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Oldenburg (Oldb.) - 14.06.2019 - AZ: 4L Lw 28/18

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Oldenburg vom 14.06.2019 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 3.000.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 1 begehrt die Einziehung des am 14.10.2015 im Verfahren 4 Lw 19/15 vom Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - erteilten Hoffolgezeugnisses und gemäß § 11 Abs. 1g) HöfeVfO die Feststellung, dass er und nicht die Beteiligte zu 2 Hoferbe geworden ist.

In dem Verfahren 4 Lw 19/15 erteilte das Landwirtschaftsgericht am 14.10.2015 auf den entsprechenden Antrag des gemeinsamen Notars der Beteiligten Dr. DD einen Erbschein zugunsten des Beteiligten zu 1 und ein Hoffolgezeugnis zugunsten der Beteiligten zu 2 (Amtsgericht - Nachlassgericht - Oldenburg 4 Lw 19/15, Blatt 34). Aufgrund des Hoffolgezeugnisses vom 14.10.2015 wurde die Beteiligte zu 2 am 02.05.2016 als Hofeigentümerin des streitgegenständlichen Hofes eingetragen.

Der am TT.MM.2015 verstorbene ursprüngliche Hofeigentümer EE ist der Vater des am TT.MM.2013 geborenen und somit zu seinem Todeszeitpunkt 19 Monate alten Beteiligten zu 1. Er ist ledig gewesen. Unter dem 06.03.2013 hatte er ein handschriftliches Testament betreffend das hofgebundene Vermögen aufgesetzt (Amtsgericht - Nachlassgericht - Oldenburg 30 IV 447/15, Blatt 4). Der Beteiligte zu 1 ist sein einziges Kind und gesetzlicher Erbe des hoffreien Vermögens geworden. Die Beteiligte zu 2 ist die Schwester des verstorbenen Hofeigentümers und als Architektin (vorwiegend im Agrarbereich) berufstätig.

Die Parteien streiten darüber, ob der Beteiligte zu 1 oder die Beteiligte zu 2 gesetzlicher Hoferbe geworden ist und hierbei insbesondere, ob sie wirtschaftsfähig sind.

Der streitgegenständliche FF-Hof, der im Grundbuch mit einem Hofvermerk eingetragen ist, verfügte über eine Gesamtfläche von 619.539 m²/61,9539 ha (Einheitswertbescheid auf den 01.01.2015) und hatte nach dem Beschluss des Landwirtschaftsgerichts vom 28.12. 2015 einen Verkehrswert in Höhe von 1.905.189 € (Amtsgericht - Nachlassgericht - Oldenburg 4 Lw 19/15, Blatt 68).

Zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers wurde auf dem Hof im wesentlichen noch Pferdehaltung betrieben. Es gab nur noch 2 Rinder sowie 6 bis 8 eigene Pferde und 5 bis 7 Einsteller, welche durch selbst erwirtschaftetes Heu und Stroh versorgt wurden; insofern wurde das Grünland extensiv mit 2 Schnitten pro Jahr bewirtschaftet. Die Ackerflächen waren anderweitig verpachtet. Einen im Jahr 2012 gestellten Antrag auf Neubau einer landwirtschaftlichen Bewegungshalle für Pferde zum Zwecke des Betriebs einer Pferdepensionshaltung hatte der Erblasser nicht weiterverfolgt. In Bezug auf die Umsatzerlöse wird auf den steuerlichen Jahresabschluss zum 30.06.2014 (Anlage B 12), den Jahresabschluss für die Zeit vom 01.07.2014 bis zum 30.06.2015 (Anlage B 13) und den steuerlichen Jahresabschluss zum 31.03.2015 (Anlage B 14) verwiesen.

In dem Verfahren 4 Lw 19/15 war von dem Landwirtschaftsgericht die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer vom 15.07.2015 eingeholt (Amtsgericht - Nachlassgericht - Oldenburg 4 Lw 19/15, Blatt 16 f) und der Ausbildungsberater der Landwirtschaftskammer GG in der öffentlichen Sitzung vom 14.10.2015 zur Wirtschaftsfähigkeit der Beteiligten zu 2 angehört (Amtsgericht - Nachlassgericht - Oldenburg 4 Lw 19/15, Blatt 32 f) worden. Jener hat im Rahmen des Termins eine mündliche Prüfung der Wirtschaftsfähigkeit der Beteiligten zu 2 mit einem Umfang von ca. 1 Stunde unter Einbeziehung der Fachgebiete "Tierkunde", "Pflanzenkunde" und "Wirtschaftskunde" durchgeführt und anschließend erklärt, dass die Antworten der Beteiligten zu 2 auf die Fragen, die auch bei der Gesellenprüfung gestellt werden, die Note 4 rechtfertigen würden, womit sie wirtschaftsfähig sei.

Der Beteiligte zu 1 lebte ab einem Alter von 4 Monaten bis Oktober 2017 auf dem Hof, wo er nach dem Tod des Erblassers mit seiner Mutter eine Wohnung im Bereich des alten Bauernhauses bewohnte. Im November 2017 zog der Beteiligte zu 1 mit seiner Mutter zu deren neuen Lebensgefährten, der einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb mit Grünlandbewirtschaftung, Silage- und Heuwerbung (Heubereitung) sowie Pensionspferdehaltung mit 25 Pferden führt. Die Mutter ist dort als Pferdepflegerin und Betriebsleiterin angestellt.

Der Beteiligte zu 1 hat vorgebracht, es sei der Wunsch des Erblassers gewesen, dass er Hoferbe werde; der Erblasser und seine Mutter seien sich darüber einig gewesen, dass er systematisch zum Hoferben erzogen werden solle.

Der Erblasser und seine Mutter, die täglich über 2 Stunden auf dem Hof im Rahmen der Versorgung der Tiere mitgearbeitet habe, hätten heiraten wollen. Der Erblasser habe ihn schon in jungen Jahren regelmäßig, fast täglich auf seinem Hanomagtrecker mitgenommen und ihm eine frühkindliche Begeisterung für die Landwirtschaft vermittelt. Zum Zeitpunkt des Todes sei der Hof noch voll bewirtschaftet worden. Er wachse landwirtschaftsnah auf und zeige ein ausgeprägtes Interesse an der Landwirtschaft; er könne Traktoren nach Marken und unterschiedlichen Erkennungszeichen auseinanderhalten und spiele landwirtschaftliche Szenen nach.

Seine Mutter habe stets mit Tieren oder in der Landwirtschaft gearbeitet. Insoweit wird auf den Vortrag in der Antragsschrift vom 28.09.2018 (Seite 5 f) sowie ergänzend auf die Angaben der Mutter des Beteiligten zu 1 bei ihrer persönlichen Anhörung in der Sitzung am 26.02.2019 vor dem Landwirtschaftsgericht (Bd. I Blatt 113 ff) verwiesen.

Der Beteiligte zu 1 hat gerügt, dass in dem Verfahren 4 Lw 19/15 sein rechtliches Gehör verletzt worden sei. Seine Mutter und gesetzliche Vertreterin sei zu dem anberaumten Sitzungstermin am 14.10.2015 nicht geladen und auch von dem Notar darüber sowie über das ausgefertigte Hoffolgezeugnis nicht informiert worden, sodass keine Möglichkeit bestanden habe, Rechte wahrzunehmen, insbesondere die Beteiligte zu 2 zu ihrer Wirtschaftsfähigkeit zu befragen.

Der Beteiligte zu 1 ist der Auffassung gewesen, dass inzwischen kein Hof im Sinne der HöfeO mehr betrieben werde, sondern die landwirtschaftliche Betriebseinheit von der Beteiligten zu 2 auf Dauer aufgelöst worden sei. Die Beteiligte zu 2 betreibe keine Landwirtschaft; die landwirtschaftlichen Geräte seien fast vollständig veräußert, es seien nur noch 5 Pferde auf dem Hof, die Flächen seien weitgehend verpachtet, die große Scheune werde für Events vermietet.

Der Beteiligte zu 1 hat die Wirtschaftsfähigkeit der Beteiligten zu 2 bestritten. Sie (die Beteiligte zu 2) sei niemals landwirtschaftlich tätig gewesen, habe keine landwirtschaftsnahe Ausbildung genossen und keine nachhaltigen landwirtschaftlichen Erkenntnisse nachgewiesen; sie besitze auch keine landwirtschaftlichen Neigungen.

Die Beteiligte zu 2 hat vorgetragen, der Erblasser habe zum Zeitpunkt seines Todes keine aktive Landwirtschaft mehr betrieben und sei auch einer landwirtschaftlichen Tätigkeit im herkömmlichen Sinne bereits Jahre vor seinem Tod nicht mehr nachgegangen. Die Mutter des Beteiligten zu 1 habe Tätigkeiten im Bereich der Landwirtschaft nie ausgeübt.

Die Beteiligte zu 2 hat den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB erhoben. Gegen das erteilte Hoffolgezeugnis seien erst nach 3 Jahren Einwendungen erhoben worden; einen zwischenzeitlich gestellten Antrag auf Zuschreibung weiterer Grundstücke zum Hof sei von dem Beteiligten zu 1 bzw. seiner gesetzlichen Vertreterin ausdrücklich zugestimmt worden. Zudem habe sie (die Beteiligte zu 2) im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit der Hofübertragung erhebliche Investitionen in den Hof geleistet. Nach ihrem Vortrag bewirtschaftet sie den übernommenen Hof als Nebenerwerbslandwirtin.

Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat nach persönlicher Anhörung der Mutter des Beteiligten zu 1 und der Beteiligten zu 2 in der Sitzung vom 26.02.2019 mit dem in Bezug genommenen Beschluss vom 14.06.2019 die Anträge des Beteiligten zu 1, das Hoffolgezeugnis einzuziehen und festzustellen, dass er Hoferbe geworden ist, zurückgewiesen und auf den Antrag der Beteiligten zu 2 festgestellt, dass sie nach dem Tod des Erblassers Hoferbin geworden ist.

Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Entscheidung und ihrer Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.

Dagegen richten sich die Beschwerden des Beteiligten zu 1 durch seinen Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. (...) vom 25.06.2019 und durch seine Verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwältin (...) vom 18.07.2019, mit denen er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Der Beteiligte zu 1 macht geltend:

Das am 14.10.2015 im Verfahren 4 Lw 19/15 erteilte Hoffolgezeugnis sei formell und materiell rechtswidrig.

Bei der Erteilung des Hoffolgezeugnisses sei rechtliches Gehör gemäß Art. 103 GG, §§ 37 Abs. 2, 30 Abs. 4 FamFG, § 14 Abs. 2 LwVG verletzt worden, da die gesetzliche Vertreterin des Beteiligten zu 1 zu dem Termin im Verfahren 4 Lw 19/15 nicht geladen worden sei und keine Kenntnis davon gehabt habe.

Er (der Beteiligte zu 1) sei kraft Verfügung von Todes wegen von dem Erblasser zum Hoferben bestimmt worden. Zwar sei das Testament des Erblassers vom 06.03.2013 gemäß §§ 4, 16 HöfeO unwirksam. Der Erblasser habe jedoch gewollt und immer wieder bekundet, dass er (der Beteiligte zu 1) als sein Sohn Hoferbe werden solle; dies ergebe sich auch aus dem unwirksamen Testament, in dem der Erblasser den Beteiligten zu 1 als Erben an 1. Stelle benannt habe, sowie dem notariellen Erbscheinantrag. Der Beteiligte zu 1 rügt, dass zu dem Wunsch des Erblassers der benannte Zeuge Dr. HH hätte vernommen werden müssen.

Ferner sei die Wirtschaftsfähigkeit der Beteiligten zu 2 nicht positiv nachgewiesen. Die "Prüfung" der Landwirtschaftskammer im Termin vor dem Landwirtschaftsgericht im Verfahren 4 Lw 19/15 sei keine geeignete Grundlage zur Feststellung der Wirtschaftsfähigkeit der Beteiligten zu 2. Insofern beantragt der Beteiligte zu 1 die mündliche Anhörung der Beteiligten zu 2 und eine Wiederholung der Prüfung ihrer Wirtschaftsfähigkeit, die das Landwirtschaftsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen habe. Die Beteiligte zu 2 betreibe ferner den Hof nicht zu landwirtschaftlichen Zwecken, sondern ausschließlich als Wirtschaftsobjekt/gewerbliches Objekt; sie betreibe inzwischen dort eine Event-Scheune.

Der Beteiligte zu 1 sei wirtschaftsfähig; er sei in die Landwirtschaft hineingewachsen, habe eine landwirtschaftlich ausgebildete Mutter, lebe auch jetzt in landwirtschaftlichen Verhältnissen und zeige große Begeisterung für die Landwirtschaft. Ihn habe das Landwirtschaftsgericht rechtsfehlerhaft nicht angehört.

Der Beteiligte zu 1 beantragt,

unter Aufhebung der Entscheidung des Amtsgerichts Oldenburg vom 14.06.2019, 4L Lw 28/18,

1. das durch das Amtsgericht Oldenburg - Landwirtschaftsgericht - am 14.10.2015 zum Aktenzeichen 4 Lw 19/15 erteilte Hoffolgezeugnis einzuziehen,

2. festzustellen, dass nicht die Beteiligte zu 2, sondern der Beteiligte zu 1, geboren am TT.MM.2013, Hoferbe des Hofes, eingetragen im Grundbuch von Ort2, Blatt (...), geworden ist.

Die Beteiligte zu 2 beantragt,

die Beschwerde(n) zurückzuweisen.

Das Landwirtschaftsgericht hat den Beschwerden mit dem in Bezug genommenen Beschluss vom 05.09.2019 nicht abgeholfen und diese dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beteiligte zu 2 verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens den angefochtenen Beschluss. Soweit beide Prozessbevollmächtigte des Beteiligten zu 1 Beschwerde eingelegt haben, hält die Beteiligte zu 2 überdies die zweite Beschwerde für unzulässig. Außerdem verweist sie insbesondere darauf, dass der Erblasser in den letzten Jahren vor seinem Tod allenfalls noch eine Art "Hobbylandwirtschaft" betrieben und sich zu einem "Freizeit-Agrarier" entwickelt habe.

II.

1. Die zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat in der Sache keinen Erfolg.

a) Soweit beide Prozessbevollmächtigte des Beteiligten zu 1 Beschwerde gegen den Beschluss des Landwirtschaftsgerichts eingelegt haben, ist von einem einzigen Rechtsmittel auszugehen.

Einer Partei steht gegen eine Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges nur ein Rechtsmittel zu. Es ist insofern zu unterscheiden zwischen dem Rechtsmittel als solchem und dem einzelnen Rechtsmittelschriftsatz und dem durch ihn eingeleiteten Verfahren (vgl. BGH, Urteil vom 29.06.1966 - IV ZR 86/65 -, juris = BGHZ 45, 380-384, Rn. 9 - 10 unter Verweis auf RGZ 102, 364, 305).

Wenn die Partei von dem Rechtsmittel - wie hier der Beteiligte zu 1 - mehrmals Gebrauch macht, bevor über dasselbe in anderer Form schon früher eingelegte Rechtsmittel rechtskräftig entschieden ist, hat das Gericht der 2. Instanz über diese Rechtsmittel einheitlich zu entscheiden. Denn es handelt sich um dasselbe Rechtsmittel. Das zweitinstanzliche Gericht hat zu prüfen, ob eines der in verschiedener Form eingelegten Rechtsmittel zu einer sachlichen Überprüfung des Urteils führen kann und bejahendenfalls die Sachentscheidung zu treffen. Soweit das Rechtsmittel in anderer Form nochmals früher oder später eingelegt worden ist, braucht und kann keine Entscheidung des Beschwerde-/Berufungsgerichts ergehen, denn die in dieser Form eingelegten Rechtsmittel haben keine selbstständige Bedeutung für die Sache selbst, sondern allenfalls für die zu treffende Kostenentscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 29.06.1966 - IV ZR 86/65 -, juris = BGHZ 45, 380-384, Rn. 9 - 10 unter Verweis auf RGZ 102, 364, 366). Sie sind gegenstandslos, weil der mit ihnen bezweckte Erfolg bereits mit diesem Rechtsmittel, das in anderer Form schon früher oder später nochmals eingelegt worden war, erreicht worden ist. Weder das Gericht noch die Parteien können den Rechtsmitteln unter diesen Umständen eine selbstständige Bedeutung beimessen (vgl. BGH, Urteil vom 29. 06.1966 - IV ZR 86/65 -, juris = BGHZ 45, 380-384, Rn. 9 - 10).

b) Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist, soweit sie das Feststellungsverfahren nach § 11 Abs. 1g) HöfeVfO betrifft, statthaft und gemäß § 9 LwVG, §§ 58 ff. FamFG zulässig.

aa) Durch das Landwirtschaftsgericht ist gemäß § 18 HöfeO am 14.10.2015 ein Erbschein (Hoffolgezeugnis und allgemeiner Erbschein) erteilt worden.

Der Erbschein ist ab Erteilung nicht mehr anfechtbar. Es ist dann nur noch das Einziehungsverfahren (§ 2361 BGB) zulässig (vgl. Keidel, FamFG, FamFG § 352e Rn. 113 f, beck-online).

Der Antrag des Beteiligten zu 1, das Hoffolgezeugnis einzuziehen, ist als Anregung nach § 2361 BGB, von Amts wegen tätig zu werden, anzusehen.

Ein Beteiligter, der - wie hier der Beteiligte zu 1 - einen Erbschein für unrichtig hält, kann einen Antrag auf Einziehung des Erbscheins (Hoffolgezeugnis) stellen. Dabei handelt es sich nicht um einen förmlichen Verfahrensantrag, sondern um eine Anregung, nach § 2361 BGB von Amts wegen tätig zu werden. Eine solche Anregung kann zeitlich unbegrenzt unterbreitet werden. Wenn das Landwirtschaftsgericht die Einziehung des Erbscheins (Hoffolgezeugnis) - wie hier - ablehnt, sehen zwar grundsätzlich die §§ 9 LwVG, 58 FamG eine befristete Beschwerde vor (vgl. Wöhrmann/Graß, § 18 HöfeO, Rn. 68).

Jedoch findet nach § 72 Abs. 1 NJG in den Verfahren über die Erteilung, die Einziehung oder die Kraftloserklärung eines Erbscheins, für die die in Landwirtschaftssachen zuständigen Gerichte zuständig sind, § 58 FamFG keine Anwendung. Der Landesgesetzgeber hat mit § 72 Abs. 1 NJG von der ihm durch § 20 Abs. 3 LwVG eingeräumten Ermächtigung Gebrauch gemacht. Durch die Bestimmung hat der Bundesgesetzgeber den Ländern die Möglichkeit eröffnet, zu bestimmen, dass gegen die Entscheidung über die Erteilung, die Einziehung oder die Kraftloserklärung eines Erbscheins die Vorschrift des § 58 FamFG keine Anwendung findet (vgl. Senat, Beschluss vom 20.05.2019 - 10 W 7/19 -, juris).

Durch ein anhängiges Erbscheinverfahren wird allerdings die Einleitung eines in den Wirkungen weitergehenden Feststellungsverfahrens nicht ausgeschlossen (vgl. Brinkmann in Lüdtke-Handjery/v. Jeinsen, 11. Aufl. 2015, HöfeO § 18 Rn. 8).

Im Einziehungsverfahren kann - wie hier - gleichzeitig ein Hoferbenfeststellungverfahren nach § 11 Abs. 1g) HöfeVfO anhängig gemacht werden (vgl. Wöhrmann/Graß, § 18 HöfeO, Rn. 76).

Wird gleichzeitig ein Erbschein (Hoffolgezeugnis) und ein Feststellungsverfahren beantragt, so geht das Feststellungsverfahren dem Erbscheinverfahren vor, weil es das mit größeren Rechtswirkungen ausgestattete Verfahren ist (vgl. Brinkmann in Lüdtke-Handjery/v. Jeinsen, 11. Aufl. 2015, HöfeO § 18 Rn. 44).

bb) Die Beschwerde im Feststellungsverfahren nach § 11 Abs. 1g) HöfeVfO ist fristgerecht binnen Monatsfrist eingelegt worden.

cc) Der Beteiligte zu 1 ist gemäß § 60 S. 3 FamFG auch beschwerdeberechtigt. Er hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, da er für sich in Anspruch nimmt, Hoferbe geworden zu sein. Die auf seinen Antrag zu treffende Entscheidung über seine Hoferbenstellung ist geeignet, durch ihre Rechtskraftwirkung die bestehende Unsicherheit, ob er vorrangig vor der Beteiligten zu 2 Hoferbe geworden ist, zu beenden.

c) Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist indes nicht begründet. Das Landwirtschaftsgericht hat zu Recht den Antrag des Beteiligten zu 1 festzustellen, dass nicht die Beteiligte zu 2, sondern er Hoferbe geworden ist, zurückgewiesen.

Nach § 11 Abs. 1 g) HöfeVfO ist auf Antrag eines Beteiligten im Wege eines besonderen Feststellungsverfahrens zu entscheiden, wer nach dem Tode des Eigentümers eines Hofes Hoferbe geworden ist.

aa) Vorliegend handelte es sich bei der zu vererbenden landwirtschaftlichen Besitzung im Zeitpunkt des Erbfalls um einen Hof im Sinne der HöfeO.

Für die Hofeigenschaft spricht der im Grundbuch eingetragene Hofvermerk, der gemäß § 5 HöfeVfO die Vermutung der Hofeigenschaft des streitgegenständlichen Grundbesitzes begründet. Die Hofeigenschaft war auch nicht außerhalb des Grundbuchs entfallen (§ 1 Abs. 1, 3 S. 1 HöfeO). Es war - jedenfalls im Zeitpunkt des Erbfalls - eine zur Bewirtschaftung geeignete Hofstelle vorhanden.

Der Erblasser betrieb auf dem Hof Pferdehaltung. Es gab eigene Pferde und Einsteller; Heu und Stroh für diese wurde komplett selbst erwirtschaftet. Der Hof verfügte über einen Fuhrpark mit landwirtschaftlichen Maschinen, u.a. 4 Arbeitstraktoren, Mäh- und allen erforderlichen Heumaschinen, Radlager, Miststreuer, Viehanhänger zum Transport der Tiere, Güllefass.

Mithin war eine über den Bestand einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke hinausgehende wirtschaftliche Betriebseinheit vorhanden, deren Wirtschaftswert über 5.000,- € lag. Bei einem - wie hier - aktiv bewirtschafteten Hof ist unerheblich, ob der Betrieb leistungsfähig und die Bewirtschaftung rentabel ist (vgl. Senat, Beschluss vom 22.12.2011 - 10 W 27/11 -, juris).

bb) Der Beteiligte zu 1 ist jedoch nicht Hoferbe des streitgegenständlichen Hofes geworden.

(a) Der Beteiligte zu 1 ist nicht aufgrund einer Verfügung von Todes wegen Hoferbe geworden.

Nach § 7 Abs. 1 S. 1 HöfeO kann der Eigentümer den Hoferben durch Verfügung von Todes wegen frei bestimmen, wobei aber nicht bestimmt werden kann, wer wegen Wirtschaftsunfähigkeit nach § 6 Abs. 6 S. 1 und S. 2 HöfeO als Hoferbe ausscheidet.

Die Einsetzung zum Hoferben muss des Weiteren eindeutig sein (vgl. Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 7 Rn. 9). Ist dies nicht der Fall, ist sie auszulegen. Lässt der Inhalt einer letztwilligen Verfügung verschiedene Auslegungen zu, so ist gemäß § 2084 BGB im Zweifel diejenige Auslegung vorzuziehen, bei welcher die Verfügung Erfolg haben kann.

Vorliegend ist die letztwillige Verfügung, nämlich das handschriftliche Testament des Erblassers vom 06.03.2013, eindeutig und muss somit nicht ausgelegt werden. Der Erblasser hat darin den Willen geäußert, dass nach seinem Versterben sein leibliches Kind bzw. seine leiblichen Kinder, seine Schwester CC (die Beteiligte zu 2) sowie seine beiden Neffen JJ und KK oder deren Erben zu gleichen Teilen über den gesamten Hof entscheiden und verfügen sollen.

Nach § 4 HöfeO kann ein Hof jedoch nur einer Person als Erbe zufallen. Die Berufung mehrerer Personen zu Hoferben stellt daher einen gemäß § 16 Abs. 1 HöfeO unzulässigen Ausschluss von der Hoferbfolge dar (Roemer in Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, 11. Aufl. 2015, HöfeO § 16 Rn. 8).

Eine Umdeutung nach § 140 BGB kommt nicht in Betracht. Zwar wird im Schrifttum teilweise eine Umdeutung in den Fällen, in denen der Hofeigentümer - wie hier der Erblasser - mehrere Personen als Hoferben einsetzt, woran er nach § 16 Abs. 1 S. 1, § 4 HöfeO gehindert ist, dahingehend für möglich gehalten, dass von den vom Erblasser bestimmten Miterben derjenige Hoferbe wird, der nach §§ 5, 6 HöfeO dazu berufen ist. Ein solches Testament ist jedoch nicht umdeutbar und bleibt nichtig, denn der Erblasser hat die mit der Anwendung des Höferechts eingetretene Ungleichbehandlung der testamentarisch zu Hoferben bestimmten Erben gerade nicht gewollt (vgl. insgesamt Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 7 Rn. 70 m.w.N.).

Die Nichtigkeit des Testaments bewirkt den Eintritt der gesetzlichen Hoferbfolge nach §§ 5, 6 HöfeO (vgl. Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 7 Rn. 70 m.w.N.).

Soweit der Beteiligte zu 1 geltend macht, der Erblasser habe gewollt und stets bekundet, dass er (der Beteiligte zu 1) Hoferbe werden soll, und der Erblasser jedenfalls am 02.12.2013 die Absicht gehabt hat, den Beteiligten zu 1 zum Hoferben und Alleinerben einzusetzen, ergibt sich daraus nichts Anderes. Denn ein solches Testament ist von dem Erblasser in den folgenden ca. 1 ¼ Jahren bis zu seinem Tod nicht aufgesetzt worden. Infolgedessen musste und muss der von dem Beteiligten zu 1 benannte Zeuge Dr. HH auch nicht zu dem behaupteten Wunsch des Erblassers vernommen werden.

(b) Der Beteiligte zu 1 ist gemäß § 5 Nr. 1, § 6 Abs. 1 HöfeO als gesetzlicher Hoferbe in 1. Hoferbenordnung, die Beteiligte zu 2 gemäß § 5 Nr. 4, § 6 Abs. 5, Abs. 1 HöfeO als gesetzliche Hoferbin in 4. Hoferbenordnung berufen. Nach § 6 Abs. 6 S. 1 HöfeO scheidet aber als Hoferbe aus, wer nicht wirtschaftsfähig ist.

So verhält es sich bei dem Beteiligten zu 1.

An die Wirtschaftsfähigkeit ist unter Berücksichtigung des Zwecks des Landwirtschaftserbrechts der HöfeO ein strenger, objektiver Maßstab anzulegen, von dem im Einzelfall auch nicht in extensiver Beurteilung abgewichen werden darf. Die Begünstigung, die die HöfeO für den Hoferben im Vergleich zu den allgemeinen Regeln des Erbrechts vorsieht, ist - auch aus verfassungsrechtlicher Sicht - nur zu rechtfertigen, wenn der Zweck der HöfeO, der in der Erhaltung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe liegt, erreicht werden kann und dazu der Hoferbe die subjektiven Voraussetzungen für eine eigene, selbstständige und verantwortliche Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebes mit der erforderlichen Sicherheit erfüllt (vgl. Senat, Beschluss vom 21.12.2010 - 10 W 37/09 -, Rn. 31, juris).

Nach § 6 Abs. 7 HöfeO ist wirtschaftsfähig, wer nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbstständig ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Ein Erbanwärter scheidet gemäß § 6 Abs. 6 S. 2 HöfeO wegen Wirtschaftsunfähigkeit dabei jedoch nicht aus, wenn allein mangelnde Altersreife der Grund der Wirtschaftsunfähigkeit ist. Die HöfeO sieht zwar bei einem Kind von der Wirtschaftsfähigkeit insofern ab, wenn diese ihren alleinigen Grund in der mangelnden Altersreife hat (vgl. Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 6 HöfeO Rn. 107; v. Jeinsen in Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, HöfeO, 11. Aufl. 2015, § 6 Rn. 114, 125). Grundsätzlich aber kommt es auch bei Kindern auf die Wirtschaftsfähigkeit an (vgl. Senat, Beschluss vom 22.09.2009 - 10 W 4/08 -, juris). Nach § 6 Abs. 6 S. 2 HöfeO ist lediglich die mangelnde Altersreife kein Hindernis für die Erbschaft eines Hofes, wenn zum Zeitpunkt des Erbfalls die Wirtschaftsfähigkeit allein aus Altersgründen (noch) nicht vorhanden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 22.09.2009 - 10 W 4/08 -, juris). Entscheidend ist, ob das betreffende Kind die Erwartung rechtfertigt, dass es nach Neigung und Einfluss durch die Umwelt in die landwirtschaftliche Berufstätigkeit hineinwachsen wird (vgl. Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 6 HöfeO Rn. 125). Ein Kind scheidet danach wegen Wirtschaftsunfähigkeit aus, wenn es nach Lage der Verhältnisse in einer Umwelt aufwachsen wird, die es den Weg zur Landwirtschaft und zur Ausbildung darin nicht wird finden lassen (vgl. v. Jeinsen in Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, HöfeO, 11. Aufl. 2015, § 6 Rn. 115 m.w.N.). Die Wirtschaftsfähigkeit soll eine ordnungsgemäße künftige Bewirtschaftung sicherstellen und damit letztlich die erbrechtliche Bevorzugung des Erben eines Hofes rechtfertigen. Zweck von § 6 Abs. 6 S. 2 HöfeO ist daher eine Gleichstellung der minderjährigen mit den volljährigen Erbprätendenten, allerdings nur unter Voraussetzung der positiven Prognose einer Entwicklung des minderjährigen/kindlichen Erbprätendenten zur Wirtschaftsfähigkeit (vgl. Senat, Beschluss vom 22.09.2009 - 10 W 4/08 -, juris m.w.N.).

Hierbei kommt es grundsätzlich auf die Veranlagung und die Verhältnisse an, wie sie beim Hoferbfall vorliegen und sich ohne Rücksicht auf den Erbfall entwickelt haben würden; die voraussichtliche Wirtschaftsfähigkeit muss im Zeitpunkt des Hoferbfalls vorliegen (vgl. Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 6 HöfeO Rn. 107; v. Jeinsen in Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, HöfeO, 11. Aufl. 2015, § 6 Rn. 115, 104).

Bei der Prüfung der Wirtschaftsfähigkeit des Hoferben sind dabei - wie bereits ausgeführt worden ist - angesichts des ausdrücklichen gesetzgeberischen Willens strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 6 HöfeO Rn. 108; v. Jeinsen in Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, HöfeO, 11. Aufl. 2015, § 6 Rn. 103). Angesichts des gesetzgeberischen Ziels der Höfeordnung, den ungeteilten Fortbestand landwirtschaftlicher Betriebe im Erbgang sicherzustellen, sowie der damit verbundenen Einschränkung des Erbrechts der weichenden Erben sind an den Begriff der Wirtschaftsfähigkeit hohe Anforderungen zu stellen (vgl. v. Jeinsen in Lüdtke/Handjery, HöfeO, 11. Aufl. 2015, § 6 Rn. 89 ff. m.w.N.). Gleiches muss für die bei Kindern insoweit anzustellende Prognose gelten.

Welche Ermittlung das Gericht zur Prüfung der Wirtschaftsfähigkeit anzustellen hat, hängt von der Lage des einzelnen Falles ab. Schriftliche Auskünfte von Zeugen und Auskunftspersonen können verwertet werden (vgl. Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 6 HöfeO Rn. 130). Die Stellungnahme der Landwirtschaftsbehörde kann insofern eine ausreichende Grundlage für die gerichtliche Entscheidung sein, vor allem dann, wenn sie tatsächliche Angaben enthält und nicht nur nach Aktenlage verfasst worden ist (vgl. Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 6 HöfeO Rn. 131).

Nach Maßgabe der vorangegangenen Grundsätze kann vorliegend eine Wirtschaftsfähigkeit des Beteiligten zu 1 nicht positiv festgestellt werden. Dieser war im Zeitpunkt des Erbfalls ein Jahr und 7 Monate alt. Es liegt auf der Hand, dass ein Kind in diesem Alter nicht über die notwendigen geistigen und körperlichen Fähigkeiten verfügt, um einen zu übernehmenden Hof selbständig und eigenverantwortlich zu führen.

Zwar erfährt - wie bereits ausgeführt worden ist - das Erfordernis der Wirtschaftsfähigkeit eine Einschränkung durch § 6 Abs. 6 S. 2 HöfeO, wonach allein mangelnde Altersreife kein Grund für eine mangelnde Wirtschaftsfähigkeit ist. Die noch nicht existente Wirtschaftsfähigkeit wird bei Minderjährigen ersetzt durch die künftige Erwartung, dass das Kind nach Neigung und Einfluss der Umwelt in die landwirtschaftliche Berufstätigkeit hineinwachsen wird, die - bezogen auf den Zeitpunkt des Erbfalls - positiv festzustellen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 17.09.2020 - 10 W 6/20 -, juris; Senat, Beschluss vom 18.5.2017, 10 W 20/14; Beschluss vom 22.9.2009 - 10 W 4/08 -, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 11.10.2013 - 10 W 26/13 -, juris, vgl. auch Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 6 Rn 107; v. Jeinsen in Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, HöfeO, 11. Aufl. 2015, § 6 Rn 114 ff). Nicht ausreichend ist indes, dass das Kind "landwirtschaftsnah" aufwächst. Vielmehr muss aufgrund der im Zeitpunkt des Erbfalls vorliegenden Umstände positiv zu erwarten sein, dass das Kind später wirtschaftsfähig werden wird, also in der Lage sein wird, einen Hof entsprechend den Erfordernissen ordnungsgemäßer Land- und Forstwirtschaft nach den Regeln guter fachlicher Praxis selbstständig zu bewirtschaften (vgl. Senat, Beschluss vom 17.09.2020 - 10 W 6/20 -, juris).

Eine solche positive Prognose einer entsprechenden Entwicklung kann bei einem Kleinkind im Alter des Beteiligten zu 1 nach den im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Neigungen nicht getroffen werden (vgl. Senat, Beschluss vom 17.09.2020 - 10 W 6/20 -, juris).

Langfristige Neigungen lassen sich in einem Alter von 1 Jahr 7 Monaten naturgemäß noch nicht feststellen. Der spätere Lebensweg eines Kleinkindes lässt sich in heutiger Zeit, in der jungen Menschen eine Vielzahl persönlicher und beruflicher Entfaltungsmöglichkeiten offensteht, kaum prognostizieren.

Vor diesem Hintergrund können allein die Einflüsse der Umwelt, in der das Kind aufwächst, im Einzelfall Grund zu der Annahme bieten, das Kind werde künftig in eine landwirtschaftliche Berufstätigkeit hineinwachsen. Als maßgebliche Kriterien kommen insbesondere die Größe und Ausstattung des Hofes (vgl. Senat, Beschluss vom 22.9.2009 - 10 W 4/08 -, juris) sowie der Lebensweg der Eltern in Betracht (vgl. Senat, Beschluss vom 17.09.2020 - 10 W 6/20 -, juris). Bei dem Merkmal der Größe und Ausstattung des Hofes ist allerdings zu berücksichtigen, dass es heute auch bei großen und leistungsfähigen Höfen häufig an einem Nachfolger fehlt. Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für eine landwirtschaftliche Ausbildung und den Erwerb entsprechender Fähigkeiten, weil ihnen die damit verbundenen Einkunftsmöglichkeiten im Vergleich zu dem erforderlichen zeitlichen und häufig auch körperlichen Einsatz zu gering erscheinen. Ist der Hof von seiner Größe und Ausstattung lediglich als Nebenerwerbsbetrieb geeignet, steht aufgrund der geringeren Einkunftsmöglichkeiten eher nicht zu erwarten, dass ein Kind später eine landwirtschaftliche Ausbildung anstrengen oder auf andere Weise wirtschaftsfähig werden wird (vgl. Senat, Beschluss vom 17.09.2020 - 10 W 6/20 -, juris).

Vorliegend bietet die Größe und die Ausstattung des Hofes zum Zeitpunkt des Erbfalls jedenfalls keinen hinreichenden Grund zu der Annahme, der Beteiligte zu 1 werde eine landwirtschaftliche Ausbildung absolvieren oder auf andere Weise wirtschaftsfähig werden. Die zum Hof gehörenden Ackerflächen waren alle anderweitig verpachtet. Die zuvor betriebene Rinderhaltung hatte der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes so gut wie eingestellt. Er hatte den Viehbestand reduziert und bis auf 2 Rinder alle Tiere veräußert. Der Erblasser betrieb lediglich in geringerem Umfang eine Pferdehaltung; neben 6 bis 8 eigenen Pferden waren 5 bis 7 fremde Pferde eingestellt. Einen im Jahr 2012 gestellten Antrag auf Neubau einer landwirtschaftlichen Bewegungshalle für Pferde zum Zwecke des Betriebs einer Pferdepensionshaltung hatte der Erblasser nicht weiterverfolgt. Ausweislich der steuerlichen Jahresabschlüsse und Gewinn- und Verlustrechnungen zum 30.06.2014, zum 30.06.2015 und zum 31.03.2015 resultierten die betrieblichen Erträge nicht aus der landwirtschaftlichen Pflanzen- oder Tierproduktion, sondern vorwiegend aus Betriebsprämien, Pachten, Mieten und Entschädigungen. Insgesamt lassen die dargelegten Umstände darauf schließen, dass der Erblasser in den letzten Jahren vor seinem Tod selbst kaum noch haupterwerblich landwirtschaftlich tätig gewesen ist, vielmehr nur noch hobbymäßig Landwirtschaft betrieben hat.

Ebenfalls ergibt sich aus dem persönlichen Umfeld, in dem der Beteiligte zu 1 im Zeitpunkt des Erbfalls aufwuchs, keine positive Prognose.

Da in die anzustellende Prognoseentscheidung allein die Umstände im Zeitpunkt des Erbfalls, nicht dagegen nach dem Erbfall eingetretene Entwicklungen einzubeziehen sind (vgl. Senat, Beschluss vom 17.09.2020 - 10 W 6/20 -, juris), ist schon deshalb eine Beweisaufnahme zum weiteren Lebensweg der Mutter des Beteiligten zu 1 nach dem Erbfall und der von ihr behaupteten Vertiefung ihrer landwirtschaftlichen Kenntnisse und Erfahrungen nicht veranlasst (gewesen). Daher kommt es auch nicht darauf an, ob der neue Lebensgefährte der Mutter des Beteiligten zu 1 einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb mit Grünlandbewirtschaftung, Silage- und Heuwerbung (Heubereitung) sowie Pensionspferdehaltung mit 25 Pferden führt, auf dem die Mutter als Pferdepflegerin und Betriebsleiterin angestellt ist.

Selbst wenn die Mutter des Beteiligten zu 1 bereits im Zeitpunkt des Erbfalls über die zur Annahme der Wirtschaftsfähigkeit erforderlichen Kenntnisse verfügt hätte, begründet auch dieser Umstand unter den konkreten Rahmenbedingungen keine hinreichende Erwartung, der Beteiligte zu 1 werde sich aufgrund des Einflusses über eine bloße Nähe zur Landwirtschaft hinausgehend vertieft und langfristig der Landwirtschaft zuwenden (vgl. Senat, Beschluss vom 17.09.2020 - 10 W 6/20 -, juris).

Das - wie hier - bis zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers zeitlich kurze Aufwachsen des Beteiligten zu 1 in einem ländlichen Umfeld bietet keine hinreichend zuverlässige Erwartung, das Kind werde später wirtschaftsfähig werden. Wie bereits dargelegt worden ist, hatte der Erblasser seine landwirtschaftliche Tätigkeit bis zu seinem Tod schon stark reduziert. Vor diesem Hintergrund erscheint fraglich, ob die damalige Lebensweise der Eltern ein späteres Interesse des Beteiligten zu 1 an der Landwirtschaft überhaupt begünstigt hat. Jedenfalls vermag der Senat bei zusammenfassender Würdigung der maßgebenden Umstände nicht positiv festzustellen, dass die Rahmenbedingungen im Zeitpunkt des Erbfalls trotz der heutigen vielfältigen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten junger Menschen eine dauerhafte berufliche Hinwendung des Beteiligten zu 1 zur Landwirtschaft hinreichend absehbar machen.

(c) Die Beteiligte zu 2 ist demgegenüber nach § 6 Abs. 6 S. 1, Abs. 7 HöfeO wirtschaftsfähig und damit Hoferbin geworden.

Voraussetzung für das Vorliegen der Wirtschaftsfähigkeit nach § 6 Abs. 7 HöfeO ist die Befähigung zur Bewirtschaftung des Hofes, d. h. den Hof jedenfalls in Eigenbewirtschaftung nehmen zu können. Die Absicht, den Hof auch tatsächlich selbst zu bewirtschaften, wird von der wohl überwiegenden Ansicht, der der Senat folgt, nicht gefordert (vgl. v. Jeinsen in Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, HöfeO, 11. Aufl. 2015, § 6 Rn. 96, 106; a.A. Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 6 Rn. 97, 115). Der Hofprätendent muss nach seinen Fähigkeiten und Kenntnissen sowie nach seiner Persönlichkeit "lediglich" in der Lage sein, den Betrieb zu lenken und Personal zu führen, gegebenenfalls körperlich im Betrieb mitzuarbeiten (vgl. v. Jeinsen in Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, HöfeO, 11. Aufl. 2015, § 6 Rn. 108). Ein Hofanwärter muss den Hof jederzeit in Eigenbewirtschaftung übernehmen können, auch wenn die konkrete Absicht, den Hof selbst zu bewirtschaften, nicht zu fordern ist. Allerdings reicht allein die Fähigkeit, für eine gehörige Verpachtung zu sorgen und die Rechte und Pflichten eines Verpächters wahrzunehmen, nicht aus (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 15.11.2013 - 10 W 48/13 -, Rn. 41, juris). Wenn eine Verpachtung des Hofes oder erheblicher Teile des Hofes in Betracht zu ziehen ist, muss für die Wirtschaftsfähigkeit des Erben abverlangt werden, dass dieser die notwendigen landwirtschaftlichen Kenntnisse hatte, um die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Pächters beurteilen zu können und die Bewirtschaftung der Flächen, falls erforderlich, (wieder) selbst in die Hand nehmen zu können (vgl. Senat, Beschluss vom 21.12.2010 - 10 W 37/09 -, Rn. 35, juris). Der Hoferbe muss insofern landwirtschaftlich-technische Fähigkeiten sowie organisatorisch-kalkulatorische Fähigkeiten haben (vgl. Senat, Beschluss vom 21.12.2010 - 10 W 37/09 -, Rn. 34, juris; Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 6 Rn. 93 ff).

Die Anforderungen, die an die Wirtschaftsfähigkeit zu stellen sind, richten sich dabei nach dem zu vererbenden Hof und beziehen sich auf dessen Bewirtschaftung vor dem Erbfall, die fortzusetzen der Hoferbe fähig sein muss. Zur Bejahung der Wirtschaftsfähigkeit sind besondere Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet gerade des Betriebs des Hofes erforderlich (vgl. v. Jeinsen in Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, HöfeO, 11. Aufl. 2015, § 6 Rn. 97; Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 6 Rn. 100 ff). Kenntnisse muss der Hofanwärter vor allem auch in der Praxis anwenden können. Theoretische Kenntnisse allein müssen nicht besagen, dass er wirtschaftsfähig ist (vgl. Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 6 Rn. 116). Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei derjenige des Hoferbfalls (vgl. Senat, Beschluss vom 21.12.2010 - 10 W 37/09 -, Rn. 36, juris; v. Jeinsen in Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, HöfeO, 11. Aufl. 2015, § 6 Rn. 104; Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 6 Rn. 107).

Ausbildungen zu landwirtschaftsnahen Berufen oder auf landwirtschaftsnahen Schulen können die Wirtschaftsfähigkeit begründen; so begründet insbesondere eine Ausbildung zum Landwirt die Vermutung der Wirtschaftsfähigkeit (vgl. v. Jeinsen in Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, HöfeO, 11. Aufl. 2015, § 6 Rn. 105). Ein Erbe, der eine Berufstätigkeit außerhalb der Landwirtschaft erlernt hat und ausübt, kann dagegen regelmäßig nicht als wirtschaftsfähig angesehen werden, es sei denn, er hat sich die erforderlichen landwirtschaftlichen Kenntnisse und Fähigkeiten anderweitig verschafft, was das Landwirtschaftsgericht anhand des erwähnten strengen, objektiven Maßstabs zu prüfen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 21.12.2010 - 10 W 37/09 -, Rn. 37, juris).

Als geeignetes Erkenntnismittel zur Frage des Vorliegens der Wirtschaftsfähigkeit kommt hierbei eine eingehende mündliche Prüfung durch die sachkundigen ehrenamtlichen Richter und ebenso durch einen Sachverständigen der Landwirtschaftskammer in einer mündlichen Verhandlung in Betracht (vgl. Wöhrmann/Graß, Landwirtschaftserbrecht, 11. Aufl. 2019, § 6 Rn. 129, 131).

Vorliegend hält der Senat die Beteiligte zu 2 in Anbetracht ihres persönlichen Werdegangs und ihres dargelegten Wissens bei der Anhörung und Befragung durch den Ausbildungsberater der Landwirtschaftskammer im Verfahren 4 Lw 19/15 für wirtschaftsfähig. Sie verfügt nach Auffassung des Senats danach sowohl über die erforderlichen praktischen als auch theoretischen landwirtschaftlichen Kenntnisse und Fähigkeiten.

Die Beteiligte zu 2 ist zwar im Hauptberuf seit 30 Jahren als Architektin tätig, besitzt also keine landwirtschaftliche Ausbildung. Allerdings arbeitet sie als Architektin überwiegend im Agrarbereich bzw. im landwirtschaftlichen Sektor und hat über viele Jahre helfend und regelnd auf dem streitgegenständlichen Hof eingegriffen und mitbestimmt. Sie wirkte - wie die Mutter des Beteiligten zu 1 sowie die Beteiligte zu 2 im Rahmen des notariell beurkundeten Antrags auf Erteilung eines Erbscheins und eines Hoffolgezeugnisses an Eides statt versichert haben (Amtsgericht - Nachlassgericht - Oldenburg 4 Lw 19/15, Blatt 2 ff, 5 f) und die Beteiligte zu 2 bei ihrer erstinstanzlichen persönlichen Anhörung durch das Landwirtschaftsgericht angegeben hat - maßgeblich betriebswirtschaftlich aktiv auf dem Hof mit und tätigte in ausschließlich alleiniger Verantwortung sämtliche An- und Verkäufe von Vieh, Heu und Maschinen, führte die Verhandlungen mit Speditionen und übernahm die landwirtschaftlich-betriebliche Organisation.

Außerdem hat die Landwirtschaftskammer in dem Verfahren 4 Lw 19/15 die Wirtschaftsfähigkeit der Beteiligten zu 2 festgestellt. In dem Verfahren wurde seitens des Landwirtschaftsgerichts die schriftliche Stellungnahme der Landwirtschaftskammer vom 15.07.2015 eingeholt (Amtsgericht - Nachlassgericht - Oldenburg 4 Lw 19/15, Blatt 16) und ergänzend der Ausbildungsberater der Landwirtschaftskammer GG zur Wirtschaftsfähigkeit der Beteiligten zu 2 am 14.10.2015 angehört (Amtsgericht - Nachlassgericht - Oldenburg 4 Lw 19/15, Blatt 32). Jener hat im Rahmen des - unter Hinzuziehung der Landwirtschaftsrichter und nur wenige Monate nach dem Hoferbfall durchgeführten - Termins eine mündliche Prüfung der Wirtschaftsfähigkeit der Beteiligten zu 2 mit einem Umfang von ca. 1 Stunde unter Einbeziehung der Fachgebiete "Tierkunde", "Pflanzenkunde" und "Wirtschaftskunde" durchgeführt und anschließend erklärt, dass die Antworten der Beteiligten zu 2 auf die Fragen, die auch bei der Gesellenprüfung gestellt werden, die Note 4 rechtfertigen würden, womit er sie zum damaligen Zeitpunkt als wirtschaftsfähig eingestuft hat.

Eine (weitere/erneute) Anhörung der Beteiligten zu 2 und Wiederholung der Prüfung ihrer Wirtschaftsfähigkeit im vorliegenden Verfahren ist nicht veranlasst (gewesen). Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Wirtschaftsfähigkeit des Erbprätendenten ist der Hoferbfall. Es kommt daher darauf an, ob die Beteiligte zu 2 im Jahr 2015 wirtschaftsfähig gewesen ist; ihre jetzigen und damit 6 Jahre nach dem Hoferbfall vorhandenen landwirtschaftlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, die durch eine nunmehrige Prüfung der Wirtschaftsfähigkeit und Anhörung der Beteiligten zu 2 ermittelt werden könnten, sind unerheblich. Eine erneute Prüfung und Anhörung würde deshalb keine weiteren entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu der Frage der Wirtschaftsfähigkeit der Beteiligten zu 2 zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers bringen.

Insgesamt ist der Senat auf Grundlage der oben aufgeführten Gesichtspunkte zu der Überzeugung gelangt, dass die Beteiligte zu 2 die für eine Bewirtschaftung bzw. selbstständige Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes notwendigen und erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zum Zeitpunkt des Hoferbfalls aufgewiesen hat, mithin zum maßgeblichen Zeitpunkt wirtschaftsfähig nach § 6 Abs. 7 HöfeO gewesen ist.

Der Verwertung der Ergebnisse aus dem Verfahren zum Az. 4 Lw 19/15 steht nicht entgegen, dass der Beteiligte zu 1 einwendet, seine Mutter sei vom Landwirtschaftsgericht zur Anhörung der Beteiligten zu 2 betreffend ihre Wirtschaftsfähigkeit nicht geladen worden und habe keine Kenntnis davon gehabt. Denn rechtliches Gehör gemäß Art. 103 GG, §§ 37 Abs. 2, 30 Abs. 4 FamFG, § 14 Abs. 2 LwVG ist - entgegen der von dem Beteiligten zu 1 vertretenen Auffassung - bei der Erteilung des Hoffolgezeugnisses nicht verletzt worden.

Zwar hat nach § 14 Abs. 2 S. 1 LwVG das Gericht vor seiner Entscheidung den Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zur Sache zu äußern, bzw. ist nach § 9 LwVG, § 30 Abs. 4 FamFG den Beteiligten Gelegenheit zu geben, zum Ergebnis einer förmlichen Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, soweit dies zur Klärung des Sachverhalts oder zur Gewährung rechtlichen Gehörs erforderlich ist, und darf nach § 37 Abs. 2 FamFG das Gericht eine Entscheidung, die die Rechte eines Beteiligten beeinträchtigt, nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützen, zu denen dieser Beteiligte sich äußern konnte. Ebenso sind nach § 15 Abs. 2 LwVG, wenn - wie hier - eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, die Beteiligten zu laden.

Beteiligte sind gemäß §§ 14, 9 LwVG, §§ 7 Abs. 1, 345 Abs. 1 FamFG die Antragsteller im Erbscheinsverfahren bzw. Verfahren auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses, mithin vorliegend die Mutter des Beteiligten zu 1 und die Beteiligte zu 2 als diejenigen, die unter dem 28.05.2015 notariell beurkundet beantragt haben, ein Hoffolgezeugnis dahin zu erteilen, dass der Beteiligte zu 1, hilfsweise die Beteiligte zu 2 Erbe des streitgegenständlichen Hofes ist.

Sofern ein Beteiligter bzw. eine Beteiligte für das Verfahren einen Bevollmächtigten bestellt haben, wobei nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 FamFG die Beteiligten sich auch durch Notare vertreten lassen können, ist allerdings dieser zu laden bzw. ihm Gelegenheit zur Äußerung zu geben und dessen Ladung bzw. Äußerung auch ausreichend. Denn es ist gerade Sinn der Bestellung des Bevollmächtigten, dass dieser für den bzw. die betreffenden Beteiligten die im Verfahren erforderlichen Erklärungen abgibt (vgl. Ernst, LwVG, 8. Aufl. 2012, § 15 Rn. 17). Wenn die durchgeführte förmliche Beweisaufnahme in Anwesenheit der Beteiligten bzw. des bevollmächtigten Vertreters der Beteiligten stattfindet, genügt insoweit eine Gelegenheit zur Stellungnahme im Anschluss an diese Beweisaufnahme (vgl. Feskorn in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 30 FamFG Rn. 22).

Vorliegend haben die Mutter des Beteiligten zu 1 und die Beteiligte zu 2 den beurkundenden Notar zur Vertretung in dem Verfahren auf Erteilung des Hoffolgezeugnisses bevollmächtigt. Sie haben in der notariellen Urkunde den Notar unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB ermächtigt, diesen Antrag zu ergänzen, zu berichtigen oder zurückzunehmen und Rechtsmittel einzulegen sowie die erforderliche Grundbuchberichtigung zu beantragen. Folglich haben sie den Notar nicht nur mit der Einreichung ihrer Anträge, sondern ebenfalls mit der weiteren Abgabe von Erklärungen, d.h. mit ihrer weiteren Vertretung in dem Verfahren vor dem Landwirtschaftsgericht zu dem Az. 4 Lw 19/15 bevollmächtigt.

Der Notar ist unstreitig geladen und in der Sitzung am 14.10.2015 anwesend gewesen. Mit ihm hat das Landwirtschaftsgericht nach der Prüfung der Wirtschaftsfähigkeit der Beteiligten zu 2 durch den Sachverständigen der Landwirtschaftskammer die Sach- und Rechtslage erörtert, woraufhin der Notar entsprechend seiner "Ermächtigung", d. h. Bevollmächtigung, den ursprünglichen Antrag der Beteiligten umgestellt und lediglich noch beantragt hat, das Hoffolgezeugnis für die Beteiligte zu 2 auszustellen.

Infolgedessen ist eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht gegeben. Vielmehr hat das Landwirtschaftsgericht in genügender Art und Weise rechtliches Gehör gewährt.

Darüber hinaus ist fraglich, ob eine Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß § 9 LwVG, § 44 Abs. 2 S. 2 FamFG von dem Beteiligten zu 1 im vorliegenden Verfahren überhaupt mit Erfolg geltend gemacht werden könnte.

Denn nach § 44 Abs. 2 S. 2 FamFG kann die Rüge nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung - hier des vom Landwirtschaftsgericht erteilten Hoffolgezeugnisses - an den rügeberechtigten Beteiligten nicht mehr erhoben werden.

Da die Ausfertigung des Hoffolgezeugnisses antragsgemäß zu Händen des beurkundenden Notars am 19.10.2015 übersandt worden ist und die Bekanntgabe gemäß § 15 Abs. 2 FamFG damit 3 Tage nach Aufgabe zur Post als den Beteiligten bekannt gegeben gilt, ist zweifelhaft, ob der Beteiligte zu 1 sich im vorliegenden Verfahren noch auf eine Verletzung rechtlichen Gehörs in dem Verfahren 4 Lw 19/15 berufen könnte.

Im Übrigen wäre eine Verletzung rechtlichen Gehörs dadurch geheilt worden, dass der Beteiligte zu 1 im vorliegenden Verfahren nachträglich Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat. Der Beteiligte zu 1 hat vor einer Entscheidung des erkennenden Senats Gelegenheit gehabt, (unterlassenes) Vorbringen in Bezug auf die Prüfung der Wirtschaftsfähigkeit der Beteiligten zu 2 nachzuholen, und sich umfassend dazu zu äußern sowie Stellung dazu zu nehmen.

Etwaige Verfahrensfehler bzw. Verstöße gegen Verfahrensregeln im Erbschein-Erteilungsverfahren würden bei - wie hier - inhaltlich richtigem Erbschein/Hoffolgezeugnis nicht zwangsläufig zu dessen Einziehung führen, so z.B. bei der Verletzung (nachholbaren) rechtlichen Gehörs (vgl. Weidlich in Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 2361 Rn. 3 m.w.N.). Soweit ein Verstoß gegen den Grundsatz, dass das entscheidende Gericht gemäß Art. 103 Abs. 1 GG seine Entscheidung nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützen darf, zu denen ein in seinen Rechten Beeinträchtigter oder Beteiligter sich vorher äußern konnte, einen Verfahrensfehler im Verfahren auf Erteilung des Erbscheins und Hoffolgezeugnisses begründen würde, würde dieser Verstoß durch die Nachholung rechtlichen Gehörs im Beschwerdeverfahren geheilt werden und somit nicht zu einer Erbscheineinziehung zwingen (vgl. Weidlich in Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 2353 Rn. 36 m.w.N.).

Nach all dem hat der Beteiligte zu 1 mit seiner Beschwerde und seinem weiter verfolgten Feststellungsantrag nach § 11 Abs. 1g) HöfeVfO in der Sache keinen Erfolg.

2. Die Kostenentscheidung folgt für die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens aus § 44 LwVG und für die außergerichtlichen Kosten aus § 45 Abs. 1 S. 2 LwVG.

3. Der Geschäftswert ist gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Nr. 9, 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, S. 3 GNotKG mit dem Wert des Hofes zu bemessen, der auf über 2 Mio. € zu schätzen ist. Für eine Anwendung des Kostenprivilegs des § 48 GNotKG ist kein Raum.

4. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil Gründe für deren Zulassung nach §§ 1 Nr. 5, 9 LwVG, 70 Abs. 2 FamFG nicht bestehen.

Die Rechtssache besitzt weder grundsätzliche Bedeutung (§ 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG).

Der Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bedarf es, wenn das Beschwerdegericht objektiv von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht und die Gefahr einer Wiederholung besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 04.09.2002 - VIII ZB 23/02 -, juris).

Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dabei insbesondere dann, wenn sie vom BGH bisher nicht entschieden worden ist und von einigen Gerichten unterschiedlich beantwortet wird oder wenn dazu in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.2018 - XII ZA 10/18 -, juris), was vorliegend nicht der Fall ist, sodass schon deshalb eine Entscheidung des BGH auch zur Fortbildung des Rechts nicht erforderlich ist. Zudem handelt es sich vorliegend um einen besonders gelagerten Einzelfall, der keine Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzuzeigen.