Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.05.2021, Az.: 11 K 237/19
Gewährung einer anteiligen Tarifbegünstigung für Kalamitätsnutzungen infolge eines Sturmereignisses als höhere Gewalt i.R.d. Festsetzung der Einkommensteuer
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 20.05.2021
- Aktenzeichen
- 11 K 237/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2021, 32979
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2021:0520.11K237.19.00
Rechtsgrundlagen
- § 34b Abs. 1 EStG
- § 34b Abs. 3 EStG
Fundstelle
- DStRE 2022, 1079
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die bei der Einkommensteuer 2017 anzuerkennende Holzmenge aus Holznutzungen infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzungen) im Sinne des § 34b Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt u.a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die er nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt. Das Wirtschaftsjahr ist der Zeitraum vom 01.07. - 30.06. Seine Forstflächen haben eine Gesamtfläche von rund 17,6 ha.
Am xx.11.2017 gab der Kläger beim Beklagten aufgrund eines Sturmschadens vom xx.10.2017 eine Voranmeldung nach amtlichem Vordruck (ESt 34b-Mitteilung (Voranmeldung) Niedersachsen) ab. Darin teilte er für A. eine geschätzte Schadensmenge in Höhe von 50 Erntefestmetern ohne Rinde (Efm o.R.) mit. Am xx.02.2018 gab er eine weitere Voranmeldung aufgrund eines Sturmschadens vom xx.10.2017 für B. mit einer geschätzten Schadensmenge in Höhe von 50 Efm o.R. ab.
Die Forstbetriebsgemeinschaft C. erteilte dem Kläger folgende Gutschriften, die jeweils mit "Kalamität: 100 % Windwurf" bezeichnet waren und am xx.01.2019 beim Beklagten eingingen:
Gutschriftsdatum | Leistungszeit | Menge |
---|---|---|
xx.12.2017 | Dez. 2017 | 2,24 Festmeter (Fm) |
xx.01.2018 | Jan. 2018 | 92,65 Raummeter (Rm) |
xx.01.2018 | Jan. - Okt. 2018 | 141,9 Rm |
xx.02.2018 | Jan. 2018 | 94,404 Fm |
Am xx.04.2018 reichte der Kläger eine Abschlussmeldung nach amtlichen Vordruck (ESt 34b Nachweis/Abschlussmeldung) beim Beklagten ein. Darin erklärte er für A. eine tatsächliche Schadensmenge in Höhe von 260,82 Efm o.R., die restlos aufgearbeitet wurde. Für B. gab er solch eine Meldung nicht ab, weil er dafür keine Tarifvergünstigung beanspruchen wollte.
In der Einkommensteuererklärung 2017 erklärte der Kläger bei den Einkünften aus außerordentlichen Holznutzungen nach § 34b EStG Einnahmen aus der Verwertung sämtlicher Holznutzungen in Höhe von x.xxx,xx Euro und maßgebende Holznutzungen in Höhe des zuvor in der Abschlussmeldung angegebenen Betrages. Der Beklagte erkannte im Einkommensteuerbescheid 2017 nur die in den Voranmeldungen aufgeführte Kalamitätsmenge in Höhe von insgesamt 100 Efm o.R. zzgl. 20 % - d. h. 120 Efm o.R. - an und setzte den jährlichen Nutzungssatz für die Anwendung des § 34b Abs. 3 Nr. 2 EStG entsprechend R 34b.6 Abs. 3 der Einkommensteuerrichtlinie (EStR) unter Berücksichtigung der gesamten Forstflächen des Klägers - 17,6 ha - mit 88 Efm o.R. an. Damit wurden die Einkünfte wie folgt berücksichtigt:
Einkünfte ohne Tarifbegünstigung: | x.xxx,xx Euro (140/260 von x.xxx,xx Euro) |
---|---|
Einkünfte, die dem halben Steuersatz nach § 34b Abs. 3 Nr. 1 EStGunterliegen: | x.xxx,xx Euro (88/260 von x.xxx,xx Euro) |
Einkünfte, die dem Viertelsteuersatz nach § 34b Abs. 3 Nr. 2 EStGunterliegen: | xxx,xx Euro (32/260 von x.xxx,xx Euro) |
Gegen diesen Einkommensteuerbescheid legten die Kläger Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom xx.07.2019 als unbegründet zurückwies. Da er den Klägern im Einspruchsverfahren zudem eine Verböserung angedroht hatte, setzte er die Einkünfte, die einer Tarifbegünstigung unterliegen, jeweils zur Hälfte im Jahr 2017 und 2018 an.
Die Zurückweisung begründete er damit, dass die Höhe der Kalamitätsmenge nicht hinreichend nachgewiesen worden sei. Im Falle einer Tarifbegünstigung für außerordentliche Holznutzungen müsse der Steuerpflichtige die Kalamitätsmenge nachweisen, weil er für diese steuermindernde Tatsache die Beweislast trage. Um den Nachweis für den Steuerpflichtigen zu vereinfachen, sei seitens der Finanzverwaltung ein zweistufiges Verfahren (Voranmeldung und Abschlussmeldung) eingeführt worden. Das Verfahren basiere auf dem Grundsatz, dass dem Finanzamt die Möglichkeit gegeben sein müsse, z.B. durch Begutachtung durch einen amtlichen Forstsachverständigen die Kalamitätsmenge vor Aufarbeitung des Holzes zu überprüfen. Hierzu seien die Schäden infolge höherer Gewalt unverzüglich nach Feststellung des Schadensfalls der zuständigen Finanzbehörde mitzuteilen (Voranmeldung). Bei einer Abweichung bei der Aufarbeitung der Kalamitätsmenge von mehr als 20 % zu der mitgeteilten Schadensmenge, sei eine Berichtigung in Form einer ergänzenden Mitteilung erforderlich, um das Finanzamt weiterhin in die Lage zu versetzen, die Kalamitätsmenge zu überprüfen. Abweichungen von bis zu 20 % würden seitens der Finanzverwaltung toleriert. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sehe die Finanzverwaltung die Beweislast des Steuerpflichtigen als erfüllt an. Im Streitfall sei in der Abschlussmeldung eine abweichende Schadensmenge zu der vorangemeldeten in Höhe von 260 % angegeben worden. Durch die fehlende Berichtigung der Voranmeldung habe der Beklagte keine Überprüfung der Gesamtschadensmenge vornehmen können, weil er erst durch die Abschlussmeldung und somit nach Aufarbeitung des Holzes über die Erhöhung der Schadensmenge informiert worden sei.
Mangels einer berichtigten Voranmeldung und aufgrund einer sehr hohen Abweichung könne das vereinfachte Beweisverfahren im Streitfall nicht angewendet werden. Da die Kläger die streitige Holzmenge nicht vor Aufarbeitung in anderer geeigneter Form nachweisen könnten, hätten sie ihre Nachweispflicht nur hinsichtlich der vorangemeldeten Kalamitätsmenge hinreichend erfüllt.
Gegen diese Entscheidung haben die Kläger am xx.08.2019 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, dass ihnen die endgültige Schadensmenge erst mit der Abrechnung, die zwischen Dezember 2017 und März 2018 stattgefunden habe, in vollem Umfang bekannt geworden sei. Bei den im November 2017 und Februar 2018 eingereichten Voranmeldungen sei den Klägern das Ausmaß des Schadens nicht bekannt gewesen. Umgehend nach Aufmaß und Abrechnung habe der Kläger dem Beklagten die Gutschriften eingereicht und mithilfe einer Abschlussmeldung am xx.04.2018 den Gesamtschaden durch Windbruch mitgeteilt. Die eingereichten Schadensmeldungen dienten grundsätzlich dazu, der Finanzverwaltung Gelegenheit zu geben, den Schaden vorab einzuschätzen und eigene Feststellungen über das Ausmaß des Schadens zu machen. Diese Möglichkeit sei von der Finanzverwaltung nicht in Anspruch genommen worden, obwohl im November 2017 und Februar 2018 Schadensanzeigen erfolgt seien.
Ausweislich der Bundestagsdrucksache (Gesetzentwurf vom 21.03.2011 zum Steuervereinfachungsgesetz 2011) habe der Gesetzgeber beabsichtigt, die Bürokratiekosten durch den Verzicht auf die Vorlage von Gutachten zu senken. Darin stehe u.a., dass "nach Abs. 4 Nr. 2 [...] die Kalamitätsnutzungen im Sinne des Abs. 1 Nr. 2 EStG unverzüglich gemeldet werden [müssen], um eine forstfachliche Begutachtung der Schäden durch einen Forstsachverständigen sicherzustellen". Dem Wortlaut dieser Textpassage unter Berücksichtigung der erwünschten Vereinfachungen folgend hätte der Sachverständige unverzüglich eine Begutachtung des Schadens der Kläger vornehmen müssen. Gleichwohl hätte sich der Forstsachverständige nach Eingang der Abschlussmeldung am xx.04.2018 noch über den Umfang des Schadens ein Bild machen können, weil die aufgrund des Orkanschadens geworbene Holzmenge bis Ende Mai 2018 im Wald gelagert worden sei. Es sei im Übrigen den Klägern nicht bekannt, dass der Forstsachverständige diese Tätigkeit ausgeübt und überhaupt den Gesamtschaden des Orkans begutachtet habe. Ansonsten hätte ihm aufgrund seiner Sachkenntnis die Differenz zwischen der ursprünglich gemeldeten und am xx.04.2018 endgültig gemeldeten Menge auffallen müssen.
Die vom Beklagten vorgetragene Ansicht, dass für die Meldungen ein amtlicher Vordruck und damit eine von der Finanzverwaltung vorgeschriebene Form zu nutzen wäre, finde nirgendwo im Gesetz Niederschlag. Daher genüge die von den Klägern vorgenommene Abschlussmeldung durchaus den Erfordernissen. § 153 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) normiere eine Anzeigepflicht, aber nicht, dass diese formgebunden sei. Die Behauptung des Beklagten, dass spätestens im Januar 2018 eine erneute Meldung hätte erfolgen müssen, entbehre jeder tatsächlichen Grundlage. Tatsache sei, dass der Schaden durch Mitarbeiter des Forstverbandes im Zeitraum von Dezember 2017 bis Januar 2018 aufgearbeitet worden sei. Die Belege vom xx.01.2018 hätten die Kläger allerdings erst Mitte bis Ende Februar 2018 erhalten und die Abrechnung vom xx.02.2018 am xx.03.2018. Bis dahin hätten sie keine Kenntnis vom Umfang des Gesamtschadens gehabt.
Der Kläger sei Nebenerwerbslandwirt mit forstwirtschaftlichen Flächen und habe die zuerst gemeldete Schadholzmenge aufgrund einer Einschätzung des Forstverbandes eingereicht. Der Förster habe die Schadenshöhe auf ca. 50 - 100 Efm. o.R. geschätzt. Der Kläger habe dann aus Vorsichtsgründen 50 Efm. o.R. in der Voranmeldung angegeben. Im Übrigen sei auf den Gutschriften des Forstverbandes auch vermerkt, dass es sich zu 100 % um Sturmholz handele. Der Einwand des Beklagten, dass es sich bei diesem Vermerk um eine parteiische Darstellung handele, erscheine unsachgerecht, weil der Forstverband sehr wohl zwischen der normalen Holzernte als auch der aus Kalamität zu unterscheiden wisse. Zudem habe sich in diesem Zeitraum in der Gemarkung A. ausschließlich dieses Schadholz befunden, weil der Kläger sein Forststück stets aufräume.
Darüber hinaus sei der jährliche reguläre Nutzungssatz - entgegen der Auffassung des Beklagten - auf den Schadwald von 3,5 ha zu begrenzen und nicht auf Grundlage des gesamten Forstbestandes von 17,6 ha zu berechnen. Er betrage vor diesem Hintergrund 18 Efm o.R., für welche die Besteuerung nach § 34b Abs. 3 Nr. 1 EStG mit dem halben Steuersatz anzuwenden sei. Für die Restmenge von 242 Efm o.R. sei die Besteuerung nach § 34b Abs. 3 Nr. 2 EStG mit dem Viertelsteuersatz vorzunehmen.
Auch habe der Kläger die Voranmeldung der Kalamität innerhalb der von dem Beklagten für angemessen gehaltenen Frist eingereicht, nämlich nach dem Sturm am xx.10.2017 im Laufe des November 2017. Damit sei der Vorschrift R 34b.6 EStR genüge getan. In dieser Vorschrift werde weiter ausgeführt, dass die Mitteilung deshalb nicht verzögert werden dürfe, weil der Schaden dem Umfang nach noch nicht feststehe. Damit sei klar, dass eine Änderung der Menge durchaus sachgerecht sein könne.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2017 vom xx.02.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom xx.07.2019 dahingehend zu ändern, dass die festgesetzte Einkommensteuer um xxx,xx Euro auf xx.xxx,xx Euro herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, dass das dem Besteuerungsverfahren vorgelagerte Melde- und Nachweisverfahren für Schäden infolge höherer Gewalt eine sog. unverzügliche Mitteilung des Schadensfalls und nach der Aufarbeitung einen mengenmäßigen Nachweis vorsehe. Der Sinn der unverzüglichen Mitteilung gehe aus der Gesetzesbegründung in der Bundestagsdrucksache 17/5125 S. 43 hervor, die darauf verweise, dass hierdurch eine forstfachliche Begutachtung der Schäden durch einen Forstsachverständigen der Finanzverwaltung sichergestellt werden solle.
Unverzüglich bedeute nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ohne schuldhaftes Zögern. Ohne Verschulden bedeute in diesem Sinne, wenn ein gewissenhaft und sachgemäß handelnder Verfahrensbeteiligter die gebotene und nach den Umständen zumutbare Sorgfalt beachte. Die Finanzverwaltung in Niedersachsen halte einen Zeitraum von drei Monaten für angemessen, um mit der gebotenen Sorgfalt den auf den Flächen möglicherweise eingetretenen Kalamitätsumfang zu ermitteln und der Finanzverwaltung vor Aufarbeitung anzuzeigen, sofern der Steuerpflichtige hierfür eine Tarifbegünstigung beanspruchen wolle.
Um von Steuerpflichtigen den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu Schäden infolge höherer Gewalt abzufragen und eine verwaltungsökonomische Bearbeitung sicherzustellen, habe die Finanzverwaltung für diese sog. Mitteilung einen amtlichen Vordruck herausgegeben. Auf dem Vordruck werde sowohl auf Seite 1 im Erklärungsteil oberhalb des Unterschriftfeldes als auch auf Seite 2 im Erläuterungsteil darauf hingewiesen, dass bei einer Überschreitung der mitgeteilten Schadensmenge bei der Aufarbeitung um mehr als 20 % eine Berichtigung in Form einer ergänzenden Mitteilung erforderlich sei. Die Finanzverwaltung habe im Wege einer bundesweiten Typisierung diese Nichtbeanstandungsgrenze für Mengenüberschreitungen bei Schadensmengen festgesetzt. Der Wert gehe zunächst von einer 10 %-igen Unwesentlichkeitsgrenze nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus und berücksichtige darüber hinaus die Besonderheiten einer gewissen Ungenauigkeit bei der forstsachverständigen Bestandes- und Holzvorratsschätzung. Ferner werde auf Seite 1 des Vordrucks insoweit dargestellt, dass nach § 153 Abs. 2 AO für die Berichtigung der Mitteilung eine Anzeigepflicht bestehe.
Auf zwei Exemplaren des amtlichen Vordrucks ESt 34b-Mitteilung (Voranmeldung) habe der Kläger die Schäden infolge höherer Gewalt gemeldet und seine Angaben mit Unterschrift bestätigt. Aufgrund der geringen vom Kläger geschätzten Schadensmenge pro Schaltfläche der einzelnen Mitteilungen sei keine örtliche Besichtigung durch den Forstsachverständigen erfolgt.
Der Kläger trage die Beweisvorsorge und Beweislast für das Vorhandensein der Schäden infolge höherer Gewalt und deren Höhe, für die er im nachgelagerten Veranlagungsverfahren eine Tarifvergünstigung beantrage. Die eingereichten Gutschriften stellten mangels Bestimmbarkeit keinen mengenmäßigen Nachweis i.S.d. § 34b Abs. 4 Nr. 2 EStG dar. Auch der Vermerk auf den Gutschriften des Forstverbandes, dass es sich um 100 % Schadholz gehandelt habe, stelle keinen Nachweis der, sondern allenfalls eine parteiische Darstellung.
Zudem sei aus den Abrechnungen für den amtlichen Forstsachverständigen erkennbar, dass die mitgeteilte Schadensmenge vom xx.11.2017 in der Gemarkung A. schon im Januar 2018 mit insgesamt rund 166 Erntefestmetern erheblich überschritten gewesen wäre. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte eine ergänzende Mitteilung erfolgen müssen, damit eine Prüfung, ggf. auch durch örtliche Besichtigung, möglich gewesen wäre. Die Abschlussmeldung stelle dabei keine Berichtigung der mitgeteilten Schadensmenge in Form einer ergänzenden Mitteilung dar. Wegen fehlender unverzüglicher Korrektur der bisherigen Schadensmenge sei die vorgenommene Kürzung sachgerecht.
Im Übrigen habe die Finanzverwaltung den Klägern eine Holznutzung von 120 Erntefestmetern ohne Rinde infolge höherer Gewalt durch irrtümliche Zusammenfassung der mitgeteilten Schadholzmenge beider Gemarkungen zzgl. 20 % anerkannt und im Besteuerungsverfahren zugrunde gelegt. Tatsächlich hätten als Bezugsmenge für die typisierende 20 % Grenze nach Mitteilung vom xx.11.2017 für die Gemarkung A. allenfalls 50 Erntefestmeter ohne Rinde angesetzt werden dürfen, womit die zutreffend anzuerkennende Holznutzung infolge höherer Gewalt 60 Erntefestmeter ohne Rinde betragen hätte.
Die Kläger hätten den Nachweis, dass es sich im erklärten Umfang von 260 Efm o.R. tatsächlich um ausschließlich aus dem Sturmereignis "D" stammendes Schadholz handele, nicht geführt und stattdessen der Finanzverwaltung eine Inaugenscheinnahme, durch die vollzogene Aufarbeitung unmöglich gemacht. Die Finanzverwaltung habe in dem vereinfachten Verfahren insoweit lediglich auf eine forstfachliche Begutachtung einer Schadholzmenge für die Gemarkung A. zum Umfang von 50 Efm o.R. (zzgl. 20 %) verzichtet, nicht aber auf eine Schadholzmenge von 260,82 Efm o.R. Eine geeignete Beweisvorsorge hätten die Kläger insoweit nicht getroffen.
Da der Kläger bisher kein amtlich anerkanntes Betriebsgutachten oder Betriebswerk auf den xx.07.2017 vorgelegt habe und die forstwirtschaftlich genutzte Fläche des Klägers unstrittig unter 50 ha Größe betrage, sei die Vereinfachungsregelung des R 34b.6 Abs. 3 Satz 2 EStR angewandt worden. Da der Nutzungssatz gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 EStDV den Holznutzungen entsprechen müsse, die unter Berücksichtigung der vollen Ertragsfähigkeit des Waldes nachhaltig erzielbar seien, könne dies nicht - entgegen der Auffassung der Kläger - nur die Schadensfläche der Kalamität sein.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat zu Unrecht für Kalamitätsnutzungen in Höhe von 60 Efm o.R. infolge eines Sturmereignisses in B. im Wirtschaftsjahr 2017/2018 eine anteilige Tarifbegünstigung i.S.d. § 34b Abs. 3 EStGbei der Einkommensteuer 2017 gewährt. Die Voraussetzungen der Tarifbegünstigung waren jedenfalls nach § 34b Abs. 4 Nr. 2 EStG mangels mengenmäßigen Nachweises nicht erfüllt. Da sich dieser Umstand zugunsten der Kläger auswirkt, werden sie durch den Einkommensteuerbescheid 2017 vom xx.02.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom xx.07.2019 nicht in ihren Rechten verletzt. Eine Verböserung ist im finanzgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen.
1.
Der Beklagte hat die Kalamitätsnutzungen infolge des Sturmereignisses D. für A. zutreffend mit 60 Efm o.R. für das Wirtschaftsjahr 2017/2018 anerkannt und zur Hälfte bei der Einkommensteuer 2017 berücksichtigt. Den Klägern steht für darüber hinausgehende, erklärte Kalamitätsnutzungen in Höhe von 200 Efm o.R. im Wirtschaftsjahr 2017/2018 keine weitere Tarifbegünstigung i.S.d. § 34b Abs. 3 EStG zu.
Gemäß § 34b Abs. 4 Nr. 2 EStG sind Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen i.S.d. § 34b Abs. 1 EStG- die der Tarifbegünstigung des § 34b Abs. 3 EStG unterliegen - nur anzuerkennen, wenn Schäden infolge höherer Gewalt unverzüglich nach Feststellung des Schadensfalls der zuständigen Finanzbehörde mitgeteilt und nach der Aufarbeitung mengenmäßig nachgewiesen werden. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Meldepflicht, eine forstfachliche Begutachtung der Schäden durch einen Forstsachverständigen der Finanzverwaltung sicherzustellen (vgl. BT-Drs 17/5125, 43: Zu Absatz 4). Die Finanzverwaltung sieht die Voraussetzung der unverzüglichen Meldung als gewahrt an, wenn sie innerhalb von 3 Monaten nach Feststellung des Schadens beim zuständigen Finanzamt eingeht (vgl. Leingärtner/Wittwer, Besteuerung der Landwirte, ESt, Kapitel 44 Rn. 101). Der Schaden muss jedoch so rechtzeitig vor Beginn der Aufarbeitung des Schadholzes beim Finanzamt angemeldet werden, dass eine Überprüfung durch die Forstsachverständigen der Finanzverwaltung noch möglich ist (vgl. Leingärtner/Wittwer, Besteuerung der Landwirte, ESt, Kapitel 44 Rn. 101).
Bei der Tarifbegünstigung i.S.d. § 34b Abs. 3 EStG handelt es sich um eine die Kläger begünstigende Regelung. Vor diesem Hintergrund sind die Kläger hinsichtlich der eingetretenen Schadenshöhe beweisbelastet.
Die Kläger haben die Voraussetzungen des § 34b Abs. 4 Nr. 2 EStG nur hinsichtlich der unverzüglich beim Beklagten gemeldeten Kalamitätsnutzungen in Höhe von 50 Efm o.R. zzgl. eines Unsicherheitszuschlages von 20 % erfüllt.
Der Kläger ist der Meldepflicht gemäß § 34b Abs. 4 Nr. 2, 1. HS EStG nur in Höhe von 50 Efm o.R. nachgekommen und hat für darüber hinausgehende, erklärte Kalamitätsnutzungen in Höhe von 200 Efm o.R. nicht nachgewiesen, dass es sich um außerordentliche Holznutzungen infolge des Sturmereignisses D. handelt.
Nach Auffassung des Senats ist gemäß § 34b Abs. 4 Nr. 2, 1. HS EStG unverzüglich nach Feststellung des Schadensfalls - d.h. nach Feststellung des beschädigten Baumbestandes infolge eines Sturmereignisses - die tatsächliche Schadensmenge zu melden, auch wenn § 34b Abs. 4 Nr. 2, 2. HS. EStG einen mengenmäßigen Nachweis erst nach der Aufarbeitung ausdrücklich vorsieht.
Hierfür spricht der Wortlaut der Vorschrift, wonach Schäden infolge höherer Gewalt mitzuteilen sind. Insoweit wird nicht von der Mitteilung voraussichtlicher oder unter Verweis auf § 162 AO im Schätzungswege zu ermittelnder Schäden gesprochen. Auch der Sinn und Zweck dieser Meldepflicht spricht für eine konkret zu bezeichnende tatsächliche Schadensmenge. Durch diese Meldepflicht wollte der Gesetzgeber - wie oben aufgezeigt -, die forstfachliche Begutachtung durch einen Forstsachverständigen der Finanzverwaltung vor der Aufarbeitung des Holzes sicherstellen. Nach der Aufarbeitung ist eine Unterscheidung, ob das Holz aus ordentlichen - nicht tarifbegünstigten - oder außerordentlichen - tarifbegünstigten - Holznutzungen stammt, nicht mehr möglich. Auch die Unverzüglichkeit dient demselben Zweck. Denn je mehr Zeit zum Schadensereignis vergangen ist, desto schwieriger wird es, das durch das Sturmereignis hervorgerufene Schadholz festzustellen und von ordentlichen Holznutzungen, die im Laufe der Zeit hinzugekommen sind, zu unterscheiden.
Vorliegend hat der Kläger dem Beklagten ausweislich der ESt 34b-Mitteilung (Voranmeldung) Niedersachsen vom xx.11.2017 wegen eines Sturmereignisses vom xx.10.2017 für A. nur einen geschätzten unaufgearbeiteten Schaden von 50 Efm o.R. unverzüglich gemeldet, obwohl ihm der hinzugezogene Förster des Forstverbandes bereits eine grob geschätzte Schadensmenge von ca. 50 - 100 Efm. o.R. mitgeteilt hatte. Erst mit seiner Abschlussmeldung teilte der Kläger dem Beklagten am xx.04.2018 für A., um seiner Nachweispflicht i.S.d. § 34b Abs. 4 Nr. 2, 2. HS. EStG nachzukommen, eine tatsächliche, restlos aufgearbeitete Schadensmenge in Höhe von 260,82 Efm o.R. mit, ohne - entgegen seiner Darstellung - die Gutschriften der Forstbetriebsgemeinschaft C. beigefügt zu haben. Diese gingen erst einige Zeit später beim Beklagten ein. Selbst wenn das restlos aufgearbeitete, in Poltern gestapelte Holz nach dieser Abschlussmeldung noch bis Ende Mai 2018 im Wald gelagert wurde, wäre eine Begutachtung durch einen Forstsachverständigen des Beklagten zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zielführend gewesen, weil eine Unterscheidung des aufgearbeiteten Holzes in ordentliche und außerordentliche Holznutzungen nicht mehr möglich gewesen wäre.
Da der Kläger bei der unverzüglichen Schadensmeldung - wie vom Beklagten zur Erleichterung der Mitteilung im entsprechenden ESt 34b-Mitteilung (Voranmeldung) Niedersachsen-Vordruck vorgesehen - nur einen Schätzwert angegeben hat, der Wortlaut der Vorschrift aber die Mitteilung der tatsächlichen Schäden erfordert, hätte er zur Vermeidung von späteren Beweislastschwierigkeiten seine Meldung - die erheblich von der tatsächlich gemeldeten aufgearbeiteten Schadensmenge in Höhe von 260,82 Efm o.R. abweicht - unverzüglich bei der Aufarbeitung des Holzes korrigieren müssen, um dem Beklagten noch vor der restlosen Aufarbeitung - dem Willen des Gesetzgebers entsprechend - eine Überprüfung durch den Forstsachverständigen zu ermöglichen. Der Beklagte wies ihn diesbezüglich im zuvor genannten Vordruck - zum Zwecke der Erleichterung der später anzuerkennenden Schadholzmenge - hin, dass eine Berichtigung in Form einer ergänzenden Mitteilung erfolgen soll, wenn sich bei der Aufarbeitung Abweichungen von mehr als 20?% ergeben. Anderenfalls hätte er selbst vor der Aufarbeitung des Holzes einen Sachverständigen beauftragen müssen, um die Menge der außerordentlichen Holznutzungen feststellen zu lassen und später gegenüber der Finanzbehörde nachweisen zu können.
Der Vermerk auf den Gutschriften der Forstbetriebsgemeinschaft C. "Kalamität: 100 % Windwurf" ist nach Überzeugung des Senats im Streitfall nicht ausreichend, um nachzuweisen, dass es sich bei den in den Gutschriften mengenmäßig aufgeführten Holznutzungen um tarifbegünstigtes Schadholz handelt. Die mit der Aufarbeitung beauftragten Mitarbeiter des Forstverbandes haben lediglich im Zeitraum Dezember 2017 bis Januar 2018 im Wald des Klägers herumliegendes und beschädigtes Holz ohne nähere Begutachtung aufgesammelt und aufgearbeitet.
2.
Der Beklagte hat den Nutzungssatz zutreffend mit 88 Efm o.R. für die gesamten Forstflächen von 17,6 ha angesetzt.
Gemäß § 34b Abs. 3 Nr. 2 EStG bemisst sich die Einkommensteuer für die Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen nach dem halben Steuersatz des § 34b Abs. 3 Nr. 1 EStG, soweit sie den Nutzungssatz (§ 68 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV)) übersteigen. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 EStDV muss der Nutzungssatz den Holznutzungen entsprechen, die unter Berücksichtigung der vollen Ertragsfähigkeit des Waldes in Kubikmetern im Festmaß (Erntefestmeter Derbholz ohne Rinde) nachhaltig erzielbar sind.
Der Wortlaut "volle Ertragsfähigkeit des Waldes" spricht dafür, dass die gesamten Forstflächen und - entgegen der Auffassung der Kläger - nicht nur der Schadwald zu berücksichtigen sind. Es wird insoweit vom Wald und nicht vom Waldstück oder betroffenen Schad- bzw. Kalamitätswald gesprochen. Darüber hinaus ist der Nutzungssatz grundsätzlich unter Zugrundelegung eines vom Steuerpflichtigen vorzulegenden amtlich anerkannten Betriebsgutachtens oder Betriebswerks festzusetzen. Dieses Betriebsgutachten bzw. -werk wird dabei für den gesamten Forstbetrieb aufgestellt. Darin sind Zu- und Abgänge hinsichtlich etwaiger Forstflächen zu berücksichtigen. Für den Fall, dass der Steuerpflichtige - wie im Streitfall - weder ein Betriebsgutachten noch ein Betriebswerk für seinen Forstbetrieb vorlegt, hat die Finanzverwaltung für Forstbetriebe mit Forstflächen bis zu 50 ha zugunsten des Steuerpflichtigen eine Vereinfachungsregelung in R 34b.6 Abs. 3 EStR vorgesehen und hier angewendet. Anderenfalls hätte der Kläger mangels Nutzungssatzes nicht die Tarifbegünstigung des Viertelsteuersatzes nach § 34b Abs. 3 Nr. 2 EStG in Anspruch nehmen können. Da der Nutzungssatz unter Zugrundelegung des für den gesamten Forstbetrieb aufgestellten amtlich anerkannten Betriebsgutachtens oder Betriebswerks bestimmt und die Vereinfachungsregelung in den EStR diese lediglich ersetzt, ist der Nutzungssatz vorliegend unter Berücksichtigung der gesamten Forstflächen des Klägers und nicht nur des Schadwaldes zu bestimmen.
II.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Zu den Anforderungen an die Melde- und Nachweispflicht i.S.d. § 34b Abs. 4 Nr. 2 EStG hat der BFH bislang nicht zu entscheiden gehabt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.