Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 08.06.2006, Az.: 10 B 3505/06
Maßnahmen zur Abwehr von Fußball-Hooligans nach dem "nationalen Sicherheitskonzept"; Begründetheit einstweiligen Rechtsschutzes bezüglich einer für die Dauer der Fußballweltmeisterschaft 2006 aufgegebenen Meldeverpflichtung; Interessenabwägung zwischen der Freizügigkeit des Meldeverpflichteten und dem Schutz der öffentlichen Sicherheit; Anforderungen an das öffentliche Interesse als Voraussetzung für die Rechtfertigung einer Anordnung der sofortigen Vollziehung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 08.06.2006
- Aktenzeichen
- 10 B 3505/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 20229
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2006:0608.10B3505.06.0A
Rechtsgrundlagen
- Art. 11 GG
- Art. 19 Abs. 4 GG
- § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO
- § 80 Abs. 5 VwGO
- § 2 Nr. 1 lit.a Nds. SOG
- § 11 Nds. SOG
Redaktioneller Leitsatz
Verabredungen zu gewalttätigen Auseinandersetzungen von Hooligans rechtfertigen die Annahme, dass von den Angehörigen der jeweiligen Gruppe eine Gefahr ausgeht, die polizeiliche Maßnahmen erforderlich macht.
Eine Meldeauflage gegenüber einem Hooligan, die diesen zur zweimaligen täglichen Vorstellung bei der Polizei verpflichtet, ist dann verhältnismäßig, wenn durch gewälttätige Auseinandersetzungen von Hooligans große Gefahren für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland bestehen.
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Hannover -10. Kammer -
am 8. Juni 2006
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Hinblick auf eine ihm von der Antragsgegnerin für die Dauer der Fußballweltmeisterschaft 2006 aufgegebene Meldeverpflichtung.
In der Zeit vom 09. Juni bis 09. Juli 2006 findet in der Bundesrepublik Deutschland die Fußballweltmeisterschaft mit Beteiligung der deutschen Fußballnationalmannschaft statt. U.a. vor dem Hintergrund der internationalen Problematik Hooliganismus/Gewalttäter Sport hat die Bundesrepublik gegenüber dem Weltfußballverband FIFA Sicherheitsgarantien abgegeben. Unter Federführung des Bundesministeriums des Innern wurde im Bund-Länder-Ausschuss das "Nationale Sicherheitskonzept" erstellt, das u.a. Maßnahmen zur Abwehr von Fußball-Hooligans beinhaltet.
In Niedersachsen wurde der Polizeidirektion Hannover die landesweite Koordinierung von gefahrenabwehrenden Maßnahmen gegenüber potenziellen "Gewalttätern Sport" sowie das Initiieren von Meldeauflagen und weiteren Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den örtlich zuständigen Dienststellen übertragen.
Über den 1986 geborenen Antragsteller sind in der Verbunddatei des Bundes und der Länder "Gewalttäter Sport" folgende im Zusammenhang mit Fußballspielen gewonnene Erkenntnisse gespeichert:
13.05.2001 | St. Pauli - Hannover 96 | Ingewahrsamnahme |
---|---|---|
30.03.2002 | Hannover 96 - Schweinfurth 05 | Schwere Gefährdung durch Rauchpulver |
05.02.2002 | 1.FC Saarbrücken - Hannover 96 | Schwere Gefährdung durch Rauchpulver |
22.04.2002 | Arminia Bielefeld - Hannover 96 | SachbeschädigungA/Verstoß SprengstoffVO |
02.11.2002 | Borussia Dortmund - Harmburger Sportverein | Ingewahrsamnahme aufgrund bevorstehender Auseinandersetzungen mit Dortmunder Hooligans |
01.12.2002 | Hannover 96 - Schalke 04 | Ingewahrsamnahme aufgrund bevorstehender Auseinandersetzungen mit Schalker Hooligans |
11.05.2003 | Schalke 04 - Hannover 96 | Hausfriedensbruch/Stadionverbot |
08.11.2003 | Hannover 96 - Werder Bremen | Ingewahrsamnahme aufgrund bevorstehender Auseinandersetzungen mit Bremer Hooligans |
06.03.2004 | Borussia Mönchengladbach - Hannover 96 | Landfriedensbruchbach |
28.03.2004 | VfB Oldenburg - Hannover96 | (A) Sachbeschädigung |
22.05.2004 | Hannover Hauptbahnhof | Körperverletzung |
10.09.2005 | Hannover 96 - Eintracht Frankfurt | Körperverletzung |
Im Hinblick auf diese Eintragungen und ihre sonstigen Erkenntnisse regte die Polizeidirektion Hannover mit Schreiben vom 21.04.2006 bei der Antragsgegnerin an, den Antragsteller für die Dauer der Fußballweltmeisterschaft mit einer Meldeauflage zu belegen: Auf Grund polizeilicher Maßnahmen habe die Sicherheit bei Fußballspielen heute einen hohen Standard. Unverändert bestehe jedoch in der Fußballszene ein hohes Gewaltpotenzial, das in besondererweise für die Fußballweltmeisterschaft relevant sei. Mit der Weltmeisterschaft 2006 stehe nach dem Verständnis der Szene das Großereignis schlechthin an. Neben der Bedeutung einer Weltmeisterschaft im Allgemeinen gehe es um die Bedeutung einer Weltmeisterschaft "im eigenen Land", bei der es aus dem Blickwinkel des Hooliganismus aus der deutschen Gewalttäterszene eine Art "Heimrecht" gegenüber gewaltbereiten Szenen anderer Länder zu verteidigen gelte. Es müsse davon ausgegangen werden, dass bekannte Personen des gewalttätigen und gewaltbereiten Spektrums der Fanszene von Hannover 96 auch bei weitestgehendem Rückzug aus der aktiven Fanszene/Gewaltszene und weitestgehender Unauffälligkeit in den vergangenen Jahren zu diesem Großereignis selbst hohe Risiken der Entdeckung und Strafverfolgung für eine Beteiligung an einer vorbereiteten Hooliganschlacht in Kauf nehmen würden. Vor diesem Hintergrund sei angesichts der vorliegenden Erkenntnisse die Beschränkung der Reisemöglichkeiten des Antragstellers durch die Erteilung einer Meldeauflage neben anderen gegen ihn gerichteten Maßnahmen der Gefahrenabwehr erforderlich. Gegnerische Fanpotenziale zu deutschen Gewalttätern würden während der gesamten Dauer der Weltmeisterschaft an verschiedenen Orten im Bundesgebiet aufhältig sein. Die Gefahr des Aufwachsens szenetypischer Auseinandersetzungen gewalttätiger Gruppen bestehe damit auch unabhängig von angesetzten Spielbegegnungen für die gesamte Dauer der Weltmeisterschaft, so dass eine tägliche Meldeauflage bei der für den Wohnort des Betroffenen zuständigen Polizeidienststelle erforderlich sei.
Nach Anhörung des Antragstellers verpflichtete die Antragsgegnerin ihn mit Bescheid vom 26.05.2006 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, in der Zeit vom
- 09.06.2006 bis 27.06.2006 und vom
- 30.06.2006 bis 01.07.2006
täglich zwei Mal (17.00 und 21.00 Uhr) sowie in der Zeit vom
- 02.07.2006 bis 09.07.2006 und vom
- 28.06.2006 bis 29.06.2006
täglich einmal (21.00 Uhr) beim Polizeikommissariat Neustadt persönlich vorzusprechen. Sollte er sich in diesem Zeitraum nicht in Neustadt aufhalten, sei er verpflichtet, dem Polizeikommissariat Neustadt seinen Aufenthaltsort mitzuteilen. Für jede unterbliebene Meldung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 Euro angedroht: Angesichts der vorliegenden Erkenntnisse sei es notwendig, auf der Grundlage von § 11 Nds. SOG die Reisemöglichkeiten des Antragstellers in der vorgenommenen Weise zu beschränken. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.
Der Antragsteller hat am 01.06.2006 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und am 02.06.2006 Klage erhoben (Az.: 10 A 3505/06), über die noch nicht entschieden ist. Zur Begründung macht er geltend, zwar habe er früher einer Szene-Gemeinschaft von Fußballfans aus Hannover angehört und sei im Zusammenhang mit Pöbeleien etc. auffällig geworden. Seit Mitte 2004 gehöre er dieser Szene-Gemeinschaft jedoch nicht mehr an. Zu dem Vorfall 2005 sei es völlig unabhängig von der einschlägigen Szene gekommen, als er allein mit einem Freund ein Spiel von Hannover 96 besucht habe. Auf dem Heimweg sei er erheblich betrunken gewesen und dabei auf pöbelnde Frankfurt-Fans gestoßen, mit denen er in eine Rangelei geraten sei. Zudem habe die Fanszene von Hannover 96 nichts mit der Weltmeisterschaft zu tun, so dass es insgesamt fehlerhaft sei, ihn als latente Gefahrenquelle anzusehen. Er wolle sich ohnehin von den Brennpunkten der Weltmeisterschaft fernhalten und wende sich deshalb auch nicht gegen ein Aufenthaltsverbot, das er von der Polizeidirektion Hannover für einen Teil des hannoverschen Stadtgebietes erhalten habe. Die ihm erteilte Meldeauflage mache es ihm unmöglich, einen gemütlichen Fernsehabend zu verbringen und sei insgesamt völlig unverhältnismäßig.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26.05.2006 wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung beruft sie sich unter Vertiefung im Einzelnen auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen. Sämtliche Akten waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Der nach § 80 Abs. 5 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
Die für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegebene Begründung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung wird bereits genügt, wenn überhaupt eine schriftliche - einzelfallbezogene und nicht lediglich formelhafte - Begründung vorhanden ist, die die von der Behörde getroffene Interessenabwägung erkennen lässt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung damit begründet, dass im Hinblick auf den Beginn der Fußballweltmeisterschaft die Gefahren, die durch die angeordnete Meldeverpflichtung abzuwehren seien, unmittelbar bevorstünden und daher ein sofortiges sicherheitsbehördliches Handeln im öffentlichen Interesse sei.
Auch nach Auffassung des Gerichts überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der angefochtenen Verfügungen das private Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung vorläufig verschont zu bleiben.
Die vom Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffende Ermessensentscheidung setzt eine Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen voraus, in die auch die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs mit einzubeziehen sind. Bei nach summarischer Prüfung offensichtlich Erfolg versprechendem Rechtsbehelf überwiegt im Hinblick auf die Art. 19 Abs. 4 GG zu entnehmende Garantie effektiven Rechtsschutzes das Suspensivinteresse des Betroffenen das öffentliche Vollzugsinteresse, so dass die aufschiebende Wirkung grundsätzlich wiederherzustellen bzw. anzuordnen ist. Ergibt eine summarische Einschätzung des Gerichts, dass der eingelegte Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos bleiben wird, reicht dies zwar allein noch nicht aus, die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu rechtfertigen. Erforderlich ist vielmehr ein über den Erlass des Grundverwaltungsaktes hinausgehendes öffentliches Interesse. Hierfür ist allerdings nicht ein besonders gewichtiges oder qualifiziertes öffentliches Interesse zu fordern; notwendig und ausreichend ist vielmehr, dass überhaupt ein öffentliches Vollzugsinteresse vorliegt. Bei einem offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakt reichen daher auch Vollzugsinteressen minderen Gewichts für die Anordnung der sofortigen Vollziehung aus. In offenkundigen Eilfällen, in denen Gefahren von der Allgemeinheit abgewehrt werden sollen, können sich ausnahmsweise die Gründe, die den Sofortvollzug tragen, mit den Gründen decken, die den Grundverwaltungsakt rechtfertigen.
Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung erweist sich die vom Antragsteller angefochtene Verfügung als offensichtlich rechtmäßig.
Die dem Antragsteller auferlegten Meldeverpflichtungen sind materiell rechtmäßig, weil sie von der polizeilichen Generalklausel des § 11 Nds. SOG gedeckt sind. Danach können die Verwaltungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren, worunter nach § 2 Nr. 1 lit. a Nds. SOG eine Sachlage zu verstehen ist, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit eintreten wird. Die Kammer hat bereits mit Beschluss vom 15. Juni 2000 (Az. 10 B 2760/00) und seitdem in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass § 11 Nds. SOG grundsätzlich den Erlass von Meldeauflagen rechtfertigen kann. Dies entspricht auch der Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte (vgl. VGH Mannheim, Beschl. vom 14. Juni 2000-1 S 1271/00). Bedenken hieran bestehen auch nicht deshalb, weil der Antragsteller sich auf seine verfassungsrechtlich garantierte Freizügigkeit nach Art. 11 Abs. 1 GG berufen kann und diese durch die ihm erteilten Meldeauflagen eingeschränkt wird. Das Recht des Antragstellers steht unter dem Gesetzesvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 GG. Die Freizügigkeit darf danach aufgrund eines Gesetzes und u.a. nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen es, um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist. Den Anforderungen an ein Gesetz wird die polizeiliche Generalklausel nach § 11 Nds. SOG grundsätzlich gerecht. Art. 73 Nr. 3 GG, wonach der Bund die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit unter anderem für die Freizügigkeit hat, verbietet es den Ländern nicht, die Freizügigkeit beschränkende Gesetze im Sinne von Art. 11 Abs. 2 GGzu erlassen, soweit sie sich auf Regelungsgegenstände beziehen, die der Landesgesetzgebung unterliegen. Zu diesen zählt die Abwehr bestimmter qualifizierter polizeilicher Gefahren (vgl. im Einzelnen OVG Bremen, Urteil vom 24. März 1998-1 BA 27/97 -, NVwZ 1999, 314-318).
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Eingreifen auf der Grundlage der polizeilichen Generalklausel liegen vor. Die Gefahr eines Schadens für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zum Eintritt eines Schadens führt. Der damit erforderlichen Gefahrenprognose ist das Tatsachenwissen zu Grunde zu legen, das die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt ihres Einschreitens hat. Anhand dieses Tatsachenwissens muss aus Sicht eines objektiven, besonnenen Amtswalters das Vorliegen einer Gefahr bejaht werden können. Die Antragsgegnerin musste bei Erlass ihrer Verfügung und muss auch gegenwärtig von einer hinreichenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch den Antragsteller während der Fußballweltmeisterschaft 2006 ausgehen.
Auf Grundlage der Erkenntnisse der Polizei ist davon auszugehen, dass in den verschiedenen nationalen Fußballszenen ein unverändert ein hohes Gewaltpotenzial besteht, das insbesondere für die Fußballweltmeisterschaft 2006 relevant ist. Ohne vorbeugende Maßnahmen unterschiedlicher Art besteht daher eine große Wahrscheinlichkeit für gewalttätige Auseinandersetzungen, bei denen es u.a. zu Landfriedensbruch und Delikten gegen Leben, Gesundheit und Eigentum kommen kann. Der Antragsteller selbst stellt diese Einschätzung auch nicht in Frage.
Entgegen seiner Auffassung ist der Antragsteller aber auch dem Personenkreis zuzurechnen, durch dessen Verhalten während der Fußballweltmeisterschaft 2006 die nach den Darlegungen der Polizeidirektion Hannover zu Recht befürchteten Gefahren für die öffentliche Sicherheit zu erwarten sind. Aus den oben dargestellten Erkenntnissen der Polizeidirektion Hannover, deren Richtigkeit vom Antragsteller ebenfalls nicht in Zweifel gezogen wird, geht hervor, dass er seit mehreren Jahren der Szene der hannoverschen Hooligans angehört. So ist er in den im Einzelnen aufgeführten Fällen im Zusammenhang mit Fußballspielen in Gruppen angetroffen worden, die nach den Erkenntnissen der Polizei gewaltsame Auseinandersetzungen mit verfeindeten Hooligangruppen verabredet hatten. Derartige Verabredungen sind Kennzeichen und Wesen des Hooliganismus (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 14.06.2000 -1 S 1271/00 -, DVBI 2000,1630). Sie allein sind daher ausreichender Anlass für die Annahme, dass von den Angehörigen der jeweiligen Gruppe eine Gefahr ausgeht, die polizeiliche Maßnahmen erforderlich macht.
Eine andere Prognose ist auch nicht auf Grund der Einlassungen des Antragstellers gerechtfertigt. Dass seiner Erklärung, er selbst habe keine WM-Karten gekauft und beabsichtige nicht, sich in die Nähe größerer WM-Ereignisse zu begeben, kein erhebliches Gewicht beizumessen ist, liegt auf der Hand. Aber auch seiner Angabe, er habe sich von der hannoverschen Hooliganszene abgewandt, kommt keine maßgebliche Bedeutung zu. Zum einen weist die Polizeidirektion Hannover in ihrer Gefahrenbeurteilung zutreffend darauf hin, dass angesichts der herausragenden Bedeutung der Weltmeisterschaft für die Gewalttäterszene auch bei einem Rückzug aus der aktiven Fanszene/Gewalttäterszene und Unauffälligkeit in den vergangenen Jahren als gewalttätig und gewaltbereit in Erscheinung getretene Angehörige der Fanszene von Hannover 96 selbst hohe Risiken der Entdeckung und Strafverfolgung für eine Beteiligung an einer vorbereiteten Hooliganschlacht in Kauf nehmen. Zum anderen ist der Antragsteller, wie er selbst einräumt, auch noch nach seinem angeblichen Rückzug aus der Szene im September 2005 durch eine Körperverletzung anlässlich einer Auseinandersetzung mit Fans von Eintracht Frankfurt in Erscheinung getreten. Dass dies geschehen sein soll, als er erheblich alkoholisiert mit einem Freund auf pöbelnde gegnerische Fans stieß, stellt die Gefahrenprognose keinesfalls in Zweifel, sondern bestätigt vielmehr ihre Richtigkeit.
Die Meldeauflage ist - insbesondere im Hinblick auf das dem Antragsteller für jede unterbliebene Meldung angedrohte Zwangsgeld - auch geeignet, um zu verhindern, dass sich der Antragsteller an gewalttätigen Auseinandersetzungen während der Weltmeisterschaft beteiligt. Die Eignung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass er, sollte er sich zu den Meldeterminen nicht in Neustadt aufhalten, verpflichtet ist, dem Polizeikommissariat Neustadt seinen Aufenthaltsort anzuzeigen. Denn wie die Antragsgegnerin mit ihrem Schriftsatz vom 06.06.2006 klargestellt hat, wird durch diesen Passus in der angefochtenen Verfügung lediglich in Aussicht gestellt, die Meldeverpflichtung in begründeten Einzelfällen zu modifizieren.
Die Meldeverpflichtung ist auch erforderlich, um die vom Antragsteller ausgehenden Gefahren abzuwehren. Dabei ist in Übereinstimmung mit der Einschätzung der Polizeidirektion Hannover davon auszugehen, dass zwar insbesondere im Zusammenhang mit Spielen, aber auch unabhängig von einzelnen Spielen während der gesamten Dauer der Fußballweltmeisterschaft die Gefahr szenetypischer Auseinandersetzungen gewalttätiger Gruppen besteht. Das dem Antragsteller für den "Cityring" in Hannover auferlegte Aufenthaltsverbot verhindert nur seine Teilnahme an Gewalttätigkeiten in diesem Bereich. Seiner Anreise zu anderen möglichen Schauplätzen gewalttätiger Auseinandersetzungen kann nur durch Meldeauflagen begegnet werden. Die vom Antragsteller als milderes Mittel vorgeschlagene Androhung einer extrem hohen "Geldbuße" für den Fall seines Aufgreifens im Zusammenhang mit Fußballkriminalität während der Weltmeisterschaft ist nicht hinreichend geeignet, schon - wie erforderlich - seine Anreise zu Orten möglicher Auseinandersetzungen zu verhindern. Angesichts der Spielansetzungen zwischen 15.00 Uhr und 21.00 Uhr ist auch die Verpflichtung, sich an den betreffenden Tagen zwei Mal zu melden, als erforderlich anzusehen.
Die von der Antragsgegnerin verfügten Maßnahmen erweisen sich schließlich auch als verhältnismäßig. Dabei wird nicht verkannt, dass sie für den Antragsteller eine erhebliche Beschränkung seiner Privatsphäre, insbesondere seiner Bewegungsmöglichkeiten zur Folge haben. Angesichts der großen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter bei gewalttätigen Auseinandersetzungen, der Nähe des Antragstellers zur gewaltbereiten Szene und dem schweren Schaden für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland, wenn während der in Deutschland stattfindenden Fußballweltmeisterschaft trotz der gegebenen Sicherheitsgarantien schwere Straftaten von deutschen Staatsangehörigen begangen werden, sind diese Einschränkungen jedoch hinzunehmen. Darüber hinaus hat der Antragsteller die Möglichkeit, durch entsprechende Antragstellung in geeigneten Fällen die Modifizierung der Meldeverpflichtung zu erreichen und auf diese Weise seinen persönlichen Handlungsspielraum zu erweitern.
Auch die Zwangsgeldandrohung erweist sich als offensichtlich rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 65, 67, 70 Nds. SOG und ist auch in Bezug auf die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes -100,00 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung - nicht zu beanstanden.
Das sich aus der offensichtlichen Erfolglosigkeit der vom Antragsteller erhobenen Klage ergebende öffentlich Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Maßnahmen wird durch deren Eilbedürftigkeit verstärkt. Es ist offenkundig, dass der für die Dauer der Fußballweltmeisterschaft notwendige Schutz hochrangiger Rechtsgüter nicht erreicht werden könnte, käme der Klage des Antragstellers aufschiebende Wirkung zu.
Als Unterlegener hat der Antragsteller gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. [...].
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG.
Makus,
Dr. Hombert