Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 12.09.2008, Az.: 3 B 143/08
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 12.09.2008
- Aktenzeichen
- 3 B 143/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 45045
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2008:0912.3B143.08.0A
Verfahrensgang
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 3. Kammer - am 12. September 2008 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Streitgegenstands wird auf 5 000,- € festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Untersagung der weiteren Beschäftigung ihres Heimleiters A..
Der nach § 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist zulässig aber nicht begründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell nicht zu beanstanden und bei der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes anzustellenden und an den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu orientierenden Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug von Ziff. 2 der Verfügung des Antragsgegners vom 24. Juli 2008 die privaten Interessen der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen gegen die Rechtmäßigkeit der Untersagung der Weiterbeschäftigung von A. keine Bedenken.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung entspricht dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO. Der Antragsgegner hat das an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung bestehende besondere öffentliche Interesse hinreichend dargelegt. Es besteht ein besonderes öffentliches Interesse der Allgemeinheit und der Heimbewohner daran, dass sie während ihres Aufenthalts im Heim vor Gefährdungen durch unsachgemäße Unterbringung und Pflege geschützt werden. Dies erfordert schon der Zweck des Heimgesetzes (HeimG), wonach die Interessen und Bedürfnisse der Heimbewohner vor Übervorteilung zu schützen sind (vgl. insbesondere § 2 HeimG). Auf der Grundlage des § 3 Abs. 2 HeimG werden die Vorschriften des HeimG durch mehrere Rechtsverordnungen näher ausgestaltet, u.a. durch die Heimpersonalverordnung (HeimPersV), in der zur Erreichung des Gesetzeszwecks personelle Mindeststandards festgesetzt sind (vgl. Kunz/Butz/Wiedemann, Heimgesetz, Kommentar, 9. Aufl. 2003, § 3 Rn. 2). Nach § 2 Abs. 1 HeimPersV muss derjenige, der ein Heim leitet, hierzu persönlich und fachlich geeignet sein. In der Person des Heimleiters dürfen gemäß § 3 Abs. 1 HeimPersV keine Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er für die Leitung eines Heims ungeeignet ist. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 HeimPersV ist insbesondere derjenige ungeeignet, gegen den wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 17 HeimG mehr als zweimal eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist, soweit nicht fünf Jahre seit Rechtskraft des letzten Bußgeldbescheids vergangen sind. Dies ist bei A. der Fall. Wegen des besonderen Charakters des HeimG als Schutzgesetz überwiegt hier deshalb das öffentliche Interesse der Heimbewohner, möglichst kurzfristig wieder eine nach den Maßstäben der HeimPersV geeignete Heimleitung zu haben. Die den Erlass der Verfügung tragenden Gründe ergeben insofern zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung.
Rechtsgrundlage für das Beschäftigungsverbot ist § 18 Abs. 1 HeimG. Danach kann dem Träger eines Heims die weitere Beschäftigung eines Leiters untersagt werden, wenn - wie hier - Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Heimleiter die für seine Tätigkeit erforderliche Eignung nicht besitzt. Die Prognose des Antragsgegners, dass A. die erforderliche Eignung nicht besitzt, ist im Rahmen der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung nicht zu beanstanden. Denn A. erfüllt den persönlichen Ausschlussgrund des § 3 Abs. 1 Nr. 2 HeimPersV. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kommt es nicht darauf an, ob die Bußgeldbescheide möglicherweise zu Unrecht ergangen sind. Denn die Bußgeldbescheide sind - nach erfolglosem Beschreiten des ordentlichen Rechtswegs - rechtskräftig geworden. Ihre Feststellungen sind deshalb im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ohne weitere Rechtmäßigkeitsprüfung zu Grunde zu legen.A. ist somit als ungeeignet i.S.d. § 3 HeimG anzusehen.
Entgegen der von der Antragstellerin geäußerten Auffassung fehlt es auch nicht an der gemäß § 18 HeimG erforderlichen weiteren Ermessensausübung seitens des Antragsgegners. Zwar genügte es nach Ansicht der erkennenden Kammer insoweit nicht, wenn der Antragsgegner lediglich darauf verwiesen hätte, dass eine vollständige Betriebsuntersagung des Heims gemäß § 19 HeimG die Antragstellerin härter träfe als das Beschäftigungsverbot ihres Heimleiters. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn der Antragsgegner stützt sich zur Begründung seiner Anordnung auch auf den Einfluss und die besondere Verantwortung, die ein Heimleiter auf das gesamte Heimgeschehen bzw. gegenüber den Heimbewohnern hat. Deshalb müsse, so der Antragsgegner, ein Heimleiter fachlich und persönlich für die Ausübung seiner Tätigkeit geeignet sein, woran es bei A. fehle. Der Antragsgegner hebt außerdem in zutreffender Weise darauf ab, dass die Belegungsstruktur des "Haus B." einen hohen Anteil an schwer pflegebedürftigen Bewohnern aufweist, die in besonderem Maße in einem Abhängigkeitsverhältnis zu der sie betreuenden Einrichtung stehen und damit auf eine verantwortungsvolle Heimleitung angewiesen sind. Dies rechtfertigt es auch nach Ansicht der erkennenden Kammer, an die persönliche und fachliche Eignung des Leitungspersonals besondere Anforderungen zu stellen.
Gemessen an diesen Grundsätzen durfte der Antragsgegner im Rahmen seiner Prognoseentscheidung davon ausgehen, dass A. durch sein - anhand von rechtskräftigen Ordnungswidrigkeiten dokumentiertes - Verhalten gezeigt hat, dass er für die verantwortungsvolle Tätigkeit als Heimleiter nicht geeignet ist. Daneben hat der Antragsgegner auch mögliche wirtschaftliche Nachteile für die Antragstellerin in seine Entscheidung einbezogen, jedoch nach Ansicht der erkennenden Kammer zu Recht dem öffentlichen Interesse am Schutz der Heimbewohner gegenüber den persönlichen Interessen der Antragstellerin den Vorrang gegeben. Denn es mag zwar zutreffen, dass ein Abtreten von A. als Heimleiter zu wirtschaftlichen Einbußen bei der Antragstellerin führen kann. Die in der Anordnung angegebene Übergangsfrist von drei Monaten gibt der Antragstellerin jedoch die Möglichkeit, eine neue geeignete Heimleitung einzustellen und so ihren Betrieb weiter aufrecht zu erhalten. Dies gilt umso mehr, als die Ehefrau von A. selbst die erforderliche fachliche Eignung besitzt, um eine Tätigkeit als Heimleiterin auszuüben, wie sie dies auch in der Vergangenheit schon bei der Antragstellerin im "Haus B." getan hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes setzt das erkennende Gericht die Hälfte des Streitwertes an, der für das Hauptsacheverfahren maßgeblich wäre. Auf Grund der Bedeutung der Angelegenheit wird dabei in Ausübung richterlichen Ermessens für das Hauptsacheverfahren von einem Streitwert von 10 000,- € ausgegangen, so dass sich für dieses Verfahren der Streitwert von 5 000,- € ergibt.