Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 11.03.1998, Az.: 9 U 159/97
Formbedürftigkeit einer Vereinbarung über die Übertragung von Gesellschaftsanteilen; Bewusste Nichtbeachtung der Formbedürftigkeit durch die Parteien; Berücksichtigung des mutmaßlichen Parteiwillens; Voraussetzungen der so genannten punktuellen Satzungsdurchbrechung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 11.03.1998
- Aktenzeichen
- 9 U 159/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 19499
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1998:0311.9U159.97.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Stade - 08.07.1997 - AZ: 3 O 12/97
Rechtsgrundlagen
- § 15 Abs. 4 GmbHG
- § 125 S. 1 BGB
- § 242 BGB
- § 139 BGB
Fundstelle
- OLGReport Gerichtsort 1998, 281-283
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Eine Treuwidrigkeit die einen Verstoß gegen § 15 Absatz 4 GmbHG (Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung) heilt, ist nur dann anzunehmen, wenn ein hinreichend bestimmtes, abgesehen vom Formmangel gültiges Rechtsgeschäft vorliegt, ein schutzwürdiges Vertrauen zu bejahen ist und die Berücksichtigung des Formmangels zu einem untragbaren Ergebnis führt.
- 2.
Wenn, in Kenntnis der Formunwirksamkeit der Anteilsübertragung gleichwohl im Vertrauen darauf, dass Vertragspartner ihre rechtlich nicht wirksam begründete Verbindlichkeit erfüllen würden, Leistungen erbracht werden, dann ist das Vertrauen insoweit nicht schutzwürdig, weil die Wirksamkeit des Geschäftes - und damit letztlich auch die rechtliche Erzwingbarkeit der Erfüllung - bewusst nicht unter die Rechtsordnung gestellt wurde.
- 3.
Bei der Prüfung des § 139 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ist auf den mutmaßlichen Parteiwillen abzustellen.
In dem Rechtsstreit
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. S. sowie
die Richter am Oberlandesgericht Dr. S. und S.
auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 1998
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 8. Juli 1997 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stade wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Sicherheit durch eine selbstschuldnerische, unbedingte, unbefristete und unwiderrufliche Bürgschaft einer europäischen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten.
Wert der Beschwer: 200.000 DM.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von den Beklagten, ihren Neffen, die Übertragung von Gesellschaftsanteilen, und zwar sowohl von Kommanditanteilen wie von GmbH-Geschäftsanteilen.
Die Klägerin und die Beklagten sind seit 1986 als Gesellschafter in den Gesellschaften
1.
B. B. GmbH & Co KG (im folgenden: D. -KG)
3.
B. Z. V. B. GmbH & Co KG (im folgenden: V. -KG)
4.
B. V. - V. -Gesellschaft mbH (im folgenden: V. -GmbH)
miteinander verbunden, wobei die Klägerin jeweils die Hälfte und jeder der Beklagten ein Viertel der Anteile hält.
Seit der Gesellschafterversammlung dieser Unternehmer am 30. August 1993 wurden die Geschäfte der D. -GmbH durch die Klägerin im wesentlichen allein und die der V. -GmbH durch den Beklagten zu 1 allein geführt, ohne daß allerdings diese Änderungen im Handelsregister eingetragen worden sind. In der Folgezeit fanden zwischen den Parteien Verhandlungen darüber statt, wie zum einen eine unterschiedliche Beteiligung der jeweiligen Familienstämme an den Betriebszweigen Druck und Verlag und zum anderen eine Sanierung der in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen D. -KG erreicht werden könne. Hierzu wurden auf den Gesellschafterversammlungen vom 30. August 1993, vom 3. Dezember 1994 und vom 8. Februar 1995 jeweils divergierende Beschlüsse gefaßt. Ihren Übertragungsanspruch leitet die Beklagte vorrangig aus dem Beschluß II. Nr. 5 der Gesellschafterversammlung der D.- und der V. -KG vom 3. Dezember 1994 ab; auf das Protokoll der Gesellschafterversammlung (Bl. 21-24 d. A.) wird verwiesen. Beschlossen war - über den Inhalt des Protokolls hinaus - zugleich auch die (von den Klage- und Berufungsanträgen der Klägerin umfaßte) Übertragung von Teilgeschäftsanteilen an der D. -GmbH.
Mit Urteil vom 8. Juli 1997 hat das Landgericht Stade die Klage abgewiesen und hierzu ausgeführt, daß die Übertragung der GmbH-Anteile formnichtig sei und diese Nichtigkeit auch die Übertragung der KG-Anteile erfasse, weil die Parteien ersichtlich nur eine gemeinsame Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile gewollt hätten. Den Einwand der Formnichtigkeit durch die Beklagten hat das Landgericht dabei als nicht rechtsmißbräuchlich erachtet.
Die Klägerin meint weiterhin, daß ihr ein Anspruch auf Übertragung der begehrten Geschäftsanteile an der D. -GmbH zustehe. Zwar sei die Formvorschrift des § 15 Abs. 4 GmbHG nicht beachtet worden, doch sei den Beklagten die Berufung hierauf nach Treu und Glauben abgeschnitten. Denn nur aufgrund des von den Beklagten abgegebenen Versprechens, der Klägerin 50 % ihrer, der Beklagten, Gesellschafts- und Geschäftsanteile zu übertragen, habe diese sich unter weit überobligatorischem Einsatz - zu dem sie ausführlich vorträgt - um den Erhalt der Druckerei bemüht und dabei nicht nur den drohenden Konkurs abgewendet, sondern die GmbH auf Dauer saniert.
Ferner vertritt sie die Auffassung, daß ihr auch der Anspruch auf Übertragung von Kommanditanteilen der D. -KG in Höhe von jeweils 31.250 DM gegen die Beklagten zustehe. Soweit § 14 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der KG regele, daß eine Übertragung der KG-Anteile nur zusammen mit den GmbH-Anteilen erfolgen könne, handele es sich um die Vereinbarung eines rechtsgeschäftlichen Veräußerungsverbotes mit dinglicher Wirkung, die unwirksam sei. Gleiches gelte für § 4 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der D. -GmbH, der eine Verfügung über die GmbH-Anteile nur zugleich mit einer Verfügung über die KG-Anteile zulasse. Entgegen der Ansicht des Landgerichts könne aus der - ohnehin nicht vorliegenden - Nichtigkeit der Übertragung der GmbH-Anteile nicht auf die Nichtigkeit der Übertragung der KG-Anteile geschlossen werden. Denn jedenfalls hätten die Parteien auch bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Übertragung der GmbH-Anteile die Verpflichtung zur Übertragung der KG-Anteile wirksam begründen wollen. Dies sei aus den Umständen zu entnehmen, die die Verpflichtung begleitet hätten.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 8. Juli 1997 verkündeten Urteils des Landgerichts Stade
- 1.
den Beklagten zu 1 zu verurteilen, einen Teil in Höhe von 31.250 DM seines Kommanditanteiles von 62.500 DM an der B. B. KG (GmbH & Co), eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Bremervörde, HRA Nr. 725, mit Wirkung auf den 1. Januar 1995 auf die Klägerin zu übertragen,
- 2.
den Beklagten zu 2 zu verurteilen, einen Teil in Höhe von 31.250 DM seines Kommanditanteiles in Höhe von 62.500 DM an der B. B. KG (GmbH & Co), eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Bremervörde, HRA Nr. 725, auf die Klägerin mit Wirkung auf den 1. Januar 1995 zu übertragen,
- 3.
die Beklagten zu 1 und 2 zu verurteilen, ihren gemeinsam gehaltenen Geschäftsanteile an der B. D. -V. -Gesellschaft mbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Bremervörde unter HRB 688, in Höhe von 25.000 DM in jeweils zwei Geschäftsanteile von 12.500 DM zu teilen, sowie einen Teilgeschäftsanteil im Nennbetrage von 12.500 DM an die Klägerin abzutreten,
im Falle der Bestimmung einer Sicherheitsleistung der Klägerin zu gestatten, Sicherheit in Form der Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu leisten.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen,
im Falle der Revisibilität eines Berufungsurteils außerdem anzuordnen, daß eine zur Ermöglichung oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheit auch durch Stellung einer selbstschuldnerischen, unbedingten, unbefristeten und unwiderruflichen Bürgschaft einer europäischen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse geleistet werden darf.
Sie halten die Klage für unschlüssig und vertreten hierzu die Auffassung, daß der Anspruch der Klägerin allein aus einer Vereinbarung der Parteien resultieren könnte, eine derartige Vereinbarung aber nie getroffen worden sei.
Das Protokoll vom 30. August 1993 gebe lediglich Absichtserklärungen wieder und enthalte im übrigen Beschlüsse, aber keine Vereinbarungen. Hinzu komme, daß das Protokoll von der Klägerin nicht unterschrieben worden ist, die Beschlüsse daher unwirksam seien. Überdies könne die Klägerin nicht einzelne ihr genehme Rechte aus dem Protokoll herausgreifen; ersichtlich sei eine Gesamtregelung gewollt gewesen, gerade eine solche lehne die Klägerin aber ab.
Die Beklagten meinen weiter, daß auch in der Gesellschafterversammlung vom 3. Dezember 1994 keine Vereinbarung zur Übertragung der Gesellschaftsanteile getroffen worden sei. Die Beschlüsse seien in Kenntnis des Unterschiedes zwischen Beschlüssen und Vereinbarungen gefaßt worden, eine Umdeutung scheide daher aus. Überdies seien alle Beteiligten davon ausgegangen, daß nur ein Konzept beraten werden sollte, ein Vertragswerk aber erst nach Klärung sämtlicher Einzel fragen habe ausgearbeitet werden sollen. Insbesondere die regelungsbedürftige Frage des Minderheitenschutzes für die Beklagten sei noch offen gewesen. Die Unverbindlichkeit der Beschlüsse werde auch daran ersichtlich, daß am 8. Februar 1995 Beschlüsse des Inhalts gefaßt worden seien, nach denen die beiden Familienstämme in Druckerei einerseits und Verlag andererseits vollständig getrennt werden sollten. Diese Beschlüsse seien durch notarielle Vereinbarung vom 21. Januar 1997 auch umgesetzt worden. Im übrigen wiederholen und vertiefen die Beklagten ihre bereits in erster Instanz geäußerten Rechtsansichten.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet. Dem Begehren der Klägerin steht entgegen, daß es an einer wirksam begründeten Verpflichtung der Beklagten zur Übertragung der Geschäftsanteile sowohl hinsichtlich der GmbH- als auch der KG-Anteile fehlt.
1.
GmbH-Anteile
a)
Angesichts der Umstände und des Wortlautes der "Beschlußfassungen" vom 30. August 1993 und vom 3. Dezember 1994 (vgl. zu letzterem insbesondere den Schriftwechsel Bl. 107, 108 d. A. sowie die gegenläufigen Beschlüsse vom 8. Februar 1995) dürfte schon zweifelhaft sein, ob überhaupt eine bedingungslose und mit Rechtsbindungswillen abgegebene Verpflichtungserklärung der Beklagten vorliegt. Letztlich aber kann diese Frage offen bleiben, weil es hierauf für die Entscheidung nicht ankommt.
b)
Die Klägerin räumt ein, daß eine von ihr behauptete Vereinbarung über die Übertragung der Gesellschaftsanteile formunwirksam, § 15 Abs. 4 GmbHG, gewesen ist. Der Mangel ist nicht gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG geheilt worden, so daß grundsätzlich von einer Nichtigkeit, § 125 Satz 1 BGB, auszugehen ist.
c)
Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht daraus, daß den Beklagten die Berufung auf den Formmangel nach Treu und Glauben, § 242 BGB, verwehrt wäre. Für die Voraussetzungen, die einen Rückgriff auf § 242 BGB ausnahmsweise rechtfertigen, ist die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig, weil sie aus dem formnichtigen Rechtsgeschäft Rechte herleiten will. Trotz des sehr umfangreichen Vortrages zu den tatsächlichen Hintergründen (vor allem aber zu den rechtlich eher unbeachtlichen Motiven der Klägerin) ist bereits die Darlegung unzureichend.
Denn zu berücksichtigen ist, daß eine Treuwidrigkeit ausnahmsweise nur dann anzunehmen ist, wenn
- ein hinreichend bestimmtes, abgesehen vom Formmangel gültiges Rechtsgeschäft vorliegt,
- bei der Klägerin ein schutzwürdiges Vertrauen zu bejahen ist
- und die Berücksichtigung des Formmangels zu einem untragbaren Ergebnis führt.
Das Gewicht dieser einzelnen Kriterien ist dabei unterschiedlich; es richtet sich insbesondere danach, ob der Formmangel auf
- einer Täuschung über die Formbedürftigkeit,
- einer bewußten Nichtbeachtung der Form,
- oder einer versehentlichen Nichtbeachtung der Form beruht.
aa)
Eine Täuschung seitens der Beklagten über die Formbedürftigkeit der Anteilsübertragung zum Nachteil der Klägerin wird von dieser selbst nicht behauptet. Soweit sie darauf verweist, daß die Beklagten ihre - der Klägerin - angeblich überobligatorischen Anstrengungen dadurch erlangt hätten, daß sie ihr Erfüllungsbereitschaft hinsichtlich der Anteilsübertragung "vorgespiegelt" hätten, mag dies - Richtigkeit des Vortrages unterstellt - zwar als Täuschung, nicht aber als Täuschung gerade im Zusammenhang mit der Formbedürftigkeit des Rechtsgeschäftes angesehen werden.
bb)
Die Fallgruppe der bewußten Nichtbeachtung der Form ist dadurch gekennzeichnet, daß der durch die Vertragsnichtigkeit Geschädigte das Formerfordernis gekannt hat, aber dessen Beachtung nicht hat durchsetzen können (grundlegend RGZ 117, 121 ff). Das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsbegründung spricht dafür, daß die Klägerin - die nicht nur nach ihrem eigenen Vortrag, sondern auch nach dem persönlichen Eindruck, den der. Senat von ihr im Termin vom 11. Februar 1998 gewonnen hat, als überaus geschäftserfahren anzusehen ist - die Formbedürftigkeit der Anteilsübertragung gekannt hat, gleichwohl - wie sie behauptet - von der Einhaltung dar Form abgesehen und auf die Erfüllung der (formunwirksam) begründeten Verbindlichkeit vertraut hat. Für die bewußte Nichtbeachtung der Form durch die Parteien spricht weiter der in der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 1998 von der Klägerin persönlich gehaltene Vortrag, nach der "man um die Formbedürftigkeit der Übertragung der GmbH-Anteile gewußt habe, jedoch die Gesellschafterversammlung vom 3. Dezember 1994 bis in die Nacht gedauert habe und zu dieser Zeit ein Notar nicht mehr heranzubekommen war". Weiter hat die Klägerin mitgeteilt, daß in der unmittelbaren Folgezeit der Steuerberater Müller "mehrfach darauf hingewiesen habe, daß die Übertragung der GmbH-Anteile der notariellen Beurkundung bedürfe und sie deshalb mehrfach ihre Neffen um eine solche Beurkundung ersucht habe". Schließlich hat die Klägerin auch mitgeteilt, daß sie trotz unterbliebener Beurkundung mit ihrer Sanierungstätigkeit begonnen habe, "weil sie davon ausgegangen sei, daß ihre Neffen zu dem gegebenen Wort stehen würden".
Wenn die Klägerin aber in Kenntnis der Formunwirksamkeit der Anteilsübertragung gleichwohl im Vertrauen darauf, daß die Beklagten ihre rechtlich nicht wirksam begründete Verbindlichkeit erfüllen würden, ihre Leistungen erbracht hat, dann ist ihr Vertrauen insoweit nicht schutzwürdig, weil sie die
Wirksamkeit des Geschäftes - und damit letztlich auch die rechtliche Erzwingbarkeit der Erfüllung - bewußt nicht der Rechtsordnung unterstellt hat (RGZ 117, 121 ff; BGHZ 45, 376 ff).
Aus dem Vortrag der Klägerin selbst erschließt sich auch, daß die Berufung der Beklagten auf den Formmangel nicht etwa deshalb rechtsmißbräuchlich ist, weil diese hinsichtlich der Formbedürftigkeit gegenüber der Klägerin einen Informationsvorsprung besessen hätten.
cc)
Aber selbst wenn man zugunsten der Klägerin annimmt, daß die Nichtbeachtung der Form auf ein Versehen oder auf - dann allerdings vermeidbare - Unkenntnis der Formbedürftigkeit zurückzuführen ist, ist ein Abweichen von der. Formvorschrift des § 125 Satz 1 BGB nicht erforderlich, die Berufung der Beklagten auf § 242 BGB daher nicht rechtsmißbräuchlich. Denn gesetzliche Formvorschriften dürfen nicht aus bloßen Billigkeitserwägungen außer Acht gelassen werden (BGHZ 92, 172 [BGH 20.09.1984 - III ZR 47/83]). Vielmehr ist ein Abweichen von § 125 Satz 1 BGB nur statthaft, wenn es "nach den Beziehungen der Beteiligten und nach den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, vertragliche Vereinbarungen wegen Formmangels unausgeführt zu lassen" (BGH NJW 1975, 43 f; NJW 1984, 607; NJW 1987, 1070). Danach muß das Ergebnis - Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts - für die Klägerin nicht bloß hart, sondern schlechthin untragbar sein. Dies ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Allein der Umstand, daß die Klägerin erhebliche Mittel und großen persönlichen Arbeitseinsatz investiert haben will, rechtfertigt die Annahme einer "Untragbarkeit" nicht. Denn immerhin hat die Klägerin nicht nur von dem von ihr behaupteten erheblichen Wertzuwachs der Geschäftsanteile selbst unmittelbare Vorteile, weil sie sowohl in der D. -KG als auch in der D. -GmbH jeweils die Hälfte der Anteile hält, sondern sie war als Geschäftsführerin auch ohnehin aufgrund ihrer Stellung verpflichtet, die Gesellschaft nach besten Kräften zu fördern.
2.
KG-Anteile:
a)
Ob die Satzungsbestimmung, nach der die KG-Anteile nur gemeinsam mit den GmbH-Anteilen übertragen werden können, gegen § 137 BGB verstößt (für die korrespondierende Bestimmung der GmbH-Satzung dürfte ein Verstoß gegen § 137 BGB schon wegen § 15 Abs. 5 GmbHG nicht in Betracht kommen), kann offen bleiben, weil eine Verpflichtung der Beklagten zur Übertragung der KG-Anteile bereits aus anderem Grunde zu verneinen ist.
b)
Zutreffend hat das Landgericht auf § 139 BGB abgestellt und - der in dieser Vorschrift enthaltenen Regel folgend - aus der Nichtigkeit der Übertragung der GmbH-Anteile auf die Nichtigkeit der Übertragung der KG-Anteile geschlossen.
Die Übertragung der GmbH-Anteile einerseits und die Übertragung der KG-Anteile andererseits sind gleichzeitig beschlossen worden. Sie sind aber nicht nur deshalb als einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne des § 139 BGB anzusehen. Denn unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten und der gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen der KG, deren Kommanditisten die Prozeßparteien sind, und der GmbH, die Komplementärin der KG ist und deren Gesellschafter ebenfalls die Prozeßparteien sind (noch dazu im selben Anteilsverhältnis wie als Kommanditisten der KG), ergibt sich ein Einheitlichkeitswille der Parteien. Dieser hat auch in den Willensäußerungen der Parteien seien Ausdruck gefunden, weil die Anteile im Rahmen eines "Gesamtpaketes" - noch dazu wiederum in gleicher Anteilshöhe, wobei ersichtlich den Satzungsregelungen zur gemeinsamen Übertragung Rechnung getragen werden sollte - übertragen werden sollten.
Der vorhandene "Gleichlauf" zwischen dem Verhältnis der Beteiligungen an der KG und der Geschäftsanteile an ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin (GmbH) sollte nach den - von den Satzungsbestimmungen maßgeblich geprägten - Vorstellungen der Parteien erhalten bleiben; Anhaltspunkte dafür, daß entgegen den Satzungsbestimmungen eine isolierte Übertragung der KG-Anteile auch für den Fall gewollt gewesen wäre, daß die Übertragung der GmbH-Anteile nichtig wäre, sind auch unter Berücksichtigung des diesbezüglichen Berufungsvortrages nicht ersichtlich. Denn es ist nicht zu erkennen, daß sich die Parteien unter Verstoß gegen die Satzungsbestimmungen, an deren Gültigkeit zu zweifeln sie keine Veranlassung hatten, zur satzungswidrigen Übertragung der Gesellschaftsanteile verpflichten wollten.
Auch die Argumentation der Klägerin, allein die KG-Anteile seien werthaltig gewesen, so daß es den Parteien vorrangig auf die Übertragung der KG-Anteile angekommen sei und die Übertragung der GmbH-Anteile hierfür letztlich bedeutungslos war, vermag die Berufung nicht zu tragen. Insoweit ist schon nicht verständlich, warum dann überhaupt die - nach Ansicht der Klägerin wertlosen - GmbH-Anteile übertragen werden sollten.
Bei der Prüfung des § 139 BGB ist auf den mutmaßlichen Parteiwillen abzustellen. Zu Recht hat das Landgericht insoweit darauf verwiesen, daß es dem mutmaßlichen Parteiwillen bei der Beschlußfassung entsprochen hat, sich an die Regelungen der KG-Satzung zu halten; hätte man hiervon abweichen wollen, so hätte nichts näher gelegen als eine Änderung dieser Satzung. Eine solche Satzungsänderung ist auch nicht in den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung selbst zu sehen. Zwar besteht für die Gesellschafter grundsätzlich die Möglichkeit, in Form der sog. punktuellen Satzungsdurchbrechung der Satzung zuwiderlaufende Beschlüsse zu fassen und damit konkludent) die Satzung punktuell zu ändern. Erforderlich ist hierfür jedoch stets ein auf die Satzungsänderung gerichteter Wille der Parteien. Wegen des von den Parteien aber nicht nur im Rahmen dieser Beschlüsse, sondern auch in der Folgezeit (Gesellschafterversammlung vom 8. Februar 1995; Vereinbarung vom 21. Januar 1997) geäußerten Willens, den "Gleichlauf" der Anteilsverhältnisse in der KG und der Komplementär-GmbH zu erhalten, ist ein derartiger Wille der Parteien zu verneinen.
3.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 2; 708 Nr. 10, 711; 516. Abs. 2 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Wert der Beschwer: 200.000 DM.