Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 27.03.2008, Az.: 6 A 1215/06

Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zuweisung von betriebsindividuellen Beträgen wegen Investitionen in Produktionskapazitäten in der Landwirtschaft; Einordnung eines Umbaus eines Jungviehstalles im Jahr 2001 als berücksichtigungsfähige Investition; Wirksamkeit der Einordnung der Erwerbs eines Futtersilos als Investition i.S.d. Verordnung Nr. 795/2004/EG; Anforderungen an den fristgemäßen Nachweis einer berücksichtigungsfähigen Investition; Anforderung an die wirksame Einreichung von Investitionsbelegen bei Inanspruchnahme einer landwirtschaftlichen Förderung

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
27.03.2008
Aktenzeichen
6 A 1215/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 14643
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2008:0327.6A1215.06.0A

Verfahrensgegenstand

Zahlungsansprüche

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Stade - 6. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 2008
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Gärtner,
den Richter am Verwaltungsgericht Fahs,
die Richterin Struhs sowie
die ehrenamtlichen Richter B. und C.
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Kostenbetrages abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Zuweisung betriebsindividueller Beträge aus der nationalen Reserve aufgrund von Investitionen in Produktionskapazitäten der Bullenmast.

2

Der Kläger führt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rindermast in D.. Am 07. April 2005 stellte er den Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen bei der Landwirtschaftskammer E.. Er beantragte die Zuweisung von betriebsindividuellen Beträgen wegen Investitionen in Produktionskapazitäten. In Vordruck J gab er an, er habe gemäß folgendem Plan investiert und die entsprechenden Nachweise beigefügt: Genehmigter/Angezeigter Bauplan bzw. Umnutzungsgenehmigung; sonstige nachvollziehbare Baupläne, sofern keine baurechtliche Anzeige- oder Genehmigungspflicht bestehe. Er habe durch den Kauf von Tieren und sonstige Investitionen in die Rindersonderprämie investiert. In Höhe von 33.429,00 EUR habe er in die Tieraufstockung und in Höhe von 3.277,00 EUR in Gebäude bzw. bauliche Anlagen investiert. Beginn der Investition sei der 09. Januar 2001, Zeitpunkt der Fertigstellung der 11. September 2001. Vor der Investition habe er über 85 Stallplätze für Bullen mit einer Haltedauer von 18 Monaten, nach der Investition über 192 Stallplätze für Bullen mit einer Haltedauer von 8 Monaten (Rosémast) verfügt. Mit dem Antrag legte er Belege über den Kauf von insgesamt 106 männlichen Rindern im Zeitraum vom 06. April 2001 bis zum 11. September 2001 und eine Rechnung über die Lieferung eines Lagersilos vom 31. Januar 2001 i.H.v. 6.293,10 DM vor. Baupläne, Bauzeichnungen oder weitere Rechnungen fügte er dem Antrag nicht bei.

3

Im weiteren Verfahren legte der Kläger einen bei der Stadt F. ausweislich der Eingangsbestätigung vom 11. Juli 2005 am 29. Juni 2005 eingereichten Antrag auf Negativbescheinigung für eine Nutzungsänderung als Bullenstall vom 27. Juni 2005 vor. Er habe im Jahr 1981 und 1989 einen Milchviehstall errichtet, der für 132 Tiere genehmigt worden sei. Bauliche Veränderungen seien nicht vorgenommen worden. Inzwischen werde dieser Stall als Bullenmaststall für 192 Mastbullen genutzt. Aus einer beigefügten Bauzeichnung ergibt sich die Einteilung dieses Stalls für 192 Mastbullen. Im Oktober 2005 legte der Kläger weiterhin ein Schreiben des Landkreises F. vom 21. September 2005 über die "Anzeige von Nutzungsänderungen zur Bullenhaltung" vor, in dem ausgeführt wird, für die vorgesehene Maßnahme (Nutzungsänderung zur Bullenhaltung) sei eine Genehmigung der Nutzungsänderung oder eine Anzeige nach § 15 BImschG nicht erforderlich.

4

Die Landwirtschaftskammer E. stellte im Rahmen einer Verwaltungskontrolle fest, eine Investition könne nicht anerkannt werden, weil unmittelbar kapazitätserhöhende Investitionen weder im Antrag aufgeführt noch in den Belegen vorhanden seien. Der Zukauf eines (Futter)-Lagersilos und von Aufzuchtbullen begründe im Regelfall keine Erhöhung von Stallkapazitäten. Mit BIB-Informationsschreiben vom 15. Dezember 2005 teilte sie dem Kläger mit, sein Antrag auf Zuteilung betriebsinidividueller Beträge aus der nationalen Reserve könne nicht berücksichtigt werden.

5

Der Kläger wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 16. Januar 2006 an die Beklagte, die mit Wirkung vom 01. Januar 2006 an die Stelle der Landwirtschaftskammer E. getreten ist, und führte aus, er habe zur Umstellung seines Betriebes von der Milchviehhaltung mit Jungrinderaufzucht zur Rindermast nicht unerhebliche Umbaumaßnahmen durchgeführt und die Kapazität der Stallplätze erheblich ausgeweitet. Im Bereich der Stallgebäude seien Maurer- und Betonarbeiten sowie Zimmereiarbeiten durchgeführt worden. Hierzu legte er eine Rechnung vom 06. August 2001 über "Reparaturarbeiten am Boxenlaufstall" (Erwerb von Betonschalungssteinen, Beton, Betonstahlmatten etc.) i.H.v. 6.254,00 DM und eine weitere Rechnung vom 11. Oktober 2001 über eine "Reparatur am Wirtschaftsgebäude" (Lieferung von Balken, Schwellen auf Betonsockel, Bolzen, imprägnierten Latten etc.) i.H.v. 22.984,00 DM vor. Daneben legte er eine Rechnung über die Ersatzbeschaffung von Absperrgittern der Rindviehaufstallung vom 28. April 2004 i.H.v. 4.900,00 EUR vor. Die Voraussetzungen für kapazitätserhöhende Investitionen seien gegeben. Er könne nicht nachvollziehen, warum seinerzeit die benötigten Anlagen und Rechnungen von der Landwirtschaftskammer nicht angefordert worden seien.

6

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 16. Februar 2006 eine Änderung ab. Der Kläger habe in seinem Antrag den Punkt "Kauf, Pacht oder (Um-)Bau eines Stalles" nicht angekreuzt. Es stelle sich die Frage, warum nunmehr Maurer- und Zimmereiarbeiten aufgeführt würden, die bei der Antragstellung in keiner Weise angesprochen worden seien. Zudem gehe auch aus den nunmehr vorgelegten Rechnungen eine Erweiterung der Produktionskapazitäten nicht hervor, da sich diese auf Reparaturarbeiten bezögen.

7

Mit Bescheid vom 07. April 2006 setzte die Beklagte die Zahlungsansprüche fest. In der Übersicht zum betriebsindividuellen Betrag legte sie 61 Einheiten Sonderprämie männliche Rinder für das Jahr 2000, 79 Einheiten für das Jahr 2001 und 155,8 Einheiten für das Jahr 2002 fest. Einheiten aus der nationalen Reserve erhielt der Kläger nicht.

8

Gegen den Bescheid hat der Kläger am 08. Mai 2006 mit folgender Begründung Klage erhoben:

9

Er habe zur Umstellung seines Betriebs von der Milchkuhhaltung auf die Rosébullen-Mast notwendige Umbaumaßnahmen im ehemaligen Boxenlaufstall für Milchkühe durchgeführt. Dadurch habe sich der in dem Gebäude zulässigerweise zu haltende Tierbestand von 132 auf 192 Plätze erhöht. Es sei die vorhandene Aufstallung entfernt bzw. umgeändert worden, um eine für die Bullenmast in Gruppenhaltung geeignete Aufstallungsform zu erreichen. Lauf- und Warteflächen für Milchkühe im ehemaligen Boxenlaufstall seien umgebaut worden zu ständig belegbaren und anzurechnenden Mastplätzen für die Rindermast. Ebenso sei der Melkstand abgebrochen, die Melkgrube verfüllt und in die heute vorhandenen Stallkapazitäten eingezogen worden. Die eigentlichen Umbauarbeiten habe er weitgehend in Eigenarbeit durchgeführt. Die Kostenrechnungen aus dem Jahr 2001 seien diesen Umbaumaßnahmen zuzuordnen.

10

Als der Kläger den Antrag bei der damaligen Bewilligungsstelle F. eingereicht habe, seien die Nachweise über die Tieraufstockung und den Erwerb des Futtersilos als ausreichend für eine Investition akzeptiert worden. Ihm sei ausdrücklich mitgeteilt worden, dass bereits genügend Belege vorgelegt worden seien. Aus diesem Grund seien Nachweise der Baumaßnahmen seinerzeit nicht vorgelegt worden.

11

Der Zuweisung betriebsindividueller Beträge aus der nationalen Reserve sei die für das Jahr 2002 festgestellte Rindersonderprämie (155,8 Einheiten) zugrunde zu legen, so dass sich der betriebsindividuelle Betrag um ca. 12.000,00 EUR erhöhe.

12

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 7. April 2006 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die Zahlungsansprüche unter Berücksichtigung eines zusätzlichen betriebsindividuellen Betrages aus der nationalen Reserve in Höhe von 11.891,88 EUR (57,2 Einheiten im Bereich Rindersonderprämie (155,8 Einheiten abzüglich im Bezugszeitraum durchschnittlich bewilligter 98,6 Einheiten) x 210,00 EUR abzüglich 1% für die nationale Reserve) festzusetzen.

13

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Der Kläger habe ein ausreichendes Investitionskonzept oder sonstige objektive Nachweise, aus denen sich eine unmittelbare Kapazitätserhöhung im Bereich Rindermast ergebe, nicht vorgelegt. Hierzu genüge weder der Erwerb eines Lagersilos noch der Zukauf von Tieren. Die Investition lasse sich dem Sektor Rindfleisch nicht eindeutig zuordnen. Der Antragsteller dürfe nicht die Möglichkeit haben, ursprünglich für andere Sektoren geplante oder unspezifisch getätigte Investitionen nach Bekanntwerden der Antragsvoraussetzungen so umzudeuten, dass sie zu einer nicht gerechtfertigten Erhöhung des betriebsindividuellen Betrages führten. Derartiges komme bei dem Kläger in Betracht, denn er habe erst nach Bekanntwerden der Antragsablehnung im Januar 2006 weitere Rechnungen vorgelegt, nach denen auch Baumaßnahmen in Betracht kämen. Die nachgereichten Rechnungen könnten keine Berücksichtigung finden, da bei der Antragstellung keinerlei Angaben zu Umbaumaßnahmen gemacht worden seien. Zudem enthielten die Belege keine eindeutigen Hinweise zu einer Kapazitätserweiterung für die Rindermast.

15

Daneben sei die geltend gemachte Kapazitätserweiterung von 85 auf 192 Stallplätze in Zweifel zu ziehen, da ausweislich der HI-Tier-Datenbank ersichtlich sei, dass der Kläger bereits im Jahr vor der Investition (2000) einen Höchstbestand von 184 männlichen Tieren gehalten habe, für die entsprechende Stallkapazitäten vorhanden gewesen sein müssten. Die angeführte Umstellung auf das Rosé-Mastverfahren sei ein zusätzliches Indiz dafür, dass keine kapazitätserweiternden Maßnahmen durchgeführt worden seien. Diese Umstellung führe aufgrund des geringeren Platzbedarfs pro Tier bzw. der geringeren Haltungsdauer auch ohne Investition automatisch zu einer Kapazitätserweiterung.

16

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Bauakten der Stadt F. und den Verwaltungsvorgang des Landkreises F., Abteilung Immissionsschutz, Az. 66.55.06.-66/05 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage ist unbegründet.

18

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Festsetzung eines zusätzlichen betriebsindividuellen Betrags aus der nationalen Reserve aufgrund von Investitionen nicht zu.

19

Als Rechtsgrundlage für die begehrte Berücksichtigung von Beträgen aus der nationalen Reserve bei Berechnung des betriebsindividuellen Betrages kommt § 15 der Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsverordnung -BetrPrämDurchfV-) vom 03. Dezember 2004 (BGBl. I, Seite 3204), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 04. April 2007 (BGBl. I S. 489), i.V.m. Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 vom 21. April 2004 - mit späteren Änderungen, Art. 42 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und Art. 37 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 vom 29. September 2003 - mit späteren Änderungen - in Betracht.

20

Die Höhe des betriebsindividuellen Betrages errechnet sich grundsätzlich aus den Direktzahlungen, die ein Betrieb in dem von Art. 33, 37 Abs. 1, 38 VO (EG) Nr. 1782/2003 zugrunde gelegten Bezugszeitraum der Jahre 2000 bis 2002 durchschnittlich erhalten hat. Nach Art. 42 VO (EG) Nr. 1782/2003 bilden die Mitgliedstaaten eine nationale Reserve, die unter anderem dazu verwendet wird, Referenzbeträge für Betriebsinhaber festzulegen, die sich in einer "besonderen Lage" befinden. Dies sind gemäß Art. 18 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004 solche Betriebsinhaber, die die Voraussetzungen der Art. 19 bis 23 dieser Verordnung erfüllen. Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 regelt den Fall der besonderen Lage bei Investitionen. Nach dieser Vorschrift wird der betriebsindividuelle Betrag abweichend vom Regelfall nicht nur anhand des durchschnittlichen Prämienaufkommens in den Jahren 2000 bis 2002 berechnet, sondern aus der nationalen Reserve um Beträge zugunsten der bis zum 15. Mai 2005 nachgewiesenen zusätzlichen Produktionskapazitäten aufgrund von Investitionen erhöht. Die Einzelheiten regelt § 15 BetrPrämDurchfV.

21

Nach Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 i.V.m. § 15 BetrPrämDurchfV wird für eine nachgewiesene Erhöhung der Produktionskapazität durch Investitionen, die sich im Bezugszeitraum nicht mehr auswirkt, ein betriebsindividueller Betrag aus der nationalen Reserve bewilligt. Die Steigerung der Produktionskapazität darf nach Art. 21 Abs. 3 VO (EG) Nr. 795/2004 nur solche Sektoren betreffen, für die im Bezugszeitraum eine Direktzahlung gemäß Anhang VI der VO (EG) Nr. 1782/2003 gewährt worden wäre. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift müssen die Investitionen in einem Plan oder Programm vorgesehen sein, dessen Durchführung spätestens am 15. Mai 2004 begonnen hat und das der Betriebsinhaber der zuständigen Behörde übermittelt. Liegen weder ein Plan noch ein Programm in Schriftform vor, können die Mitgliedstaaten andere objektive Nachweise für das Vorliegen einer Investition berücksichtigen.

22

Investitionen in die Haltung männlicher Rinder können grundsätzlich zu einer Erhöhung des betriebsindividuellen Betrages führen, da diese zu einem Sektor gehört, für den im Bezugszeitraum eine Direktzahlung nach Anhang VI VO (EG) Nr. 1782/2003 hätte gewährt werden können, vgl. Art. 21 Abs. 3 VO (EG) Nr. 795/2004. Der von dem Kläger geltend gemachte Umbau eines Jungviehstalles im Jahr 2001 erfüllt jedoch schon deshalb nicht die Voraussetzungen für die Zuweisung zusätzlich betriebsindividueller Beträge aus der nationalen Reserve, weil der Kläger die Durchführung einer berücksichtigungsfähigen Investition nicht rechtzeitig nachgewiesen hat.

23

Gem. § 15 Abs. 1 BetrPrämDurchfV wird in Fällen zu berücksichtigender Investitionen i.S.d. Art. 21 der VO (EG) Nr. 795/2004 bei der Ermittlung des Referenzbetrages der betriebsindividuelle Betrag auf der Grundlage der durch die Investition bis zum Ablauf der Antragsfrist nach § 11 Abs. 1 InVeKoSV nachgewiesenen zusätzlichen Produktionskapazität berechnet. Eine abweichende Frist gilt nach § 15 Abs. 1 S. 2 BetrPrämDurchfV nur dann, wenn die Produktionskapazität bis zum Ablauf der Antragsfrist noch nicht fertiggestellt worden ist. Nach Art. 34 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. § 11 Abs. 1 InVeKoSV (Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen nach der VO (EG) Nr. 1782/2003 im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems - InVeKoSV - vom 03. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3194), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 04. April 2007) ist die Festsetzung der Zahlungsansprüche bis zum 15. Mai 2005 schriftlich bei der Landesstelle zu beantragen. Die in diesen Vorschriften festgelegte Antragsfrist lief aufgrund eines Feiertages tatsächlich am 17. Mai 2005 ab. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Kläger das Vorliegen einer berücksichtigungsfähigen Investition i.S.v. Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 nicht nachgewiesen. § 15 Abs. 1 BetrPrämDurchfV regelt ausdrücklich, dass ein Nachweis der Investition bis zum Ablauf der Antragsfrist zu erfolgen hat.

24

Der Kläger hat in dem am 12. Mai 2005 bei der Landwirtschaftskammer E. eingegangenen Vordruck J angegeben, er habe durch den Kauf von Tieren und sonstige Investitionen in die Rindersonderprämie investiert. Die in dem Antragsformular vorgegebene Angabe, er habe durch den (Um)Bau eines Stalls investiert, kreuzte er nicht an. Er hat erklärt, er habe entsprechende Nachweise beigefügt, und zwar einen genehmigten bzw. angezeigten Bauplan oder eine Umnutzungsgenehmigung. Derartige Nachweise waren seinem Antrag jedoch nicht beigefügt und lagen zum Zeitpunkt des Ablaufs der Antragsfrist auch offensichtlich noch nicht vor, denn der Kläger hat die Negativbescheinigung für die Umnutzung des Stallgebäudes erst am 29. Juni 2005 beantragt. Dem Antrag sind lediglich Rechnungen aus dem Jahr 2001 über Tierzukäufe und den Erwerb eines Futtersilos beigefügt. Anhaltspunkte über die Durchführung von Baumaßnahmen lassen sich zwar dem Vordruck J entnehmen, denn der Kläger hat dort ausgeführt, er habe eine "Baurechnung" in Höhe von 3.277,00 EUR beigefügt. Eine derartige Rechnung hat der Kläger jedoch mit den Antragsunterlagen nicht eingereicht. Vielmehr entspricht die vorgelegte Rechnung über den Erwerb des Futtersilos etwa dem angegebenen Betrag.

25

Den bis zum 17. Mai 2005 vorgelegten Nachweisen lässt sich damit nicht entnehmen, dass der Kläger bauliche Maßnahmen in Stallgebäuden auf seinem Betriebsgelände durchgeführt und dadurch die Produktionskapazitäten im Bereich männliche Rinder erhöht hätte. Vielmehr lassen diese Nachweise allenfalls den Schluss zu, der Kläger habe durch Tierzukäufe und die Umnutzung vorhandener Stallkapazitäten die Produktion von Bullen ausgeweitet. Dies genügt den Anforderungen an eine Investition i.S.v. Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 jedoch nicht. Diese Vorschrift setzt eindeutig eine Steigerung der Produktionskapazität voraus (vgl. Abs. 1, Abs. 3). Hinweise auf eine Erweiterung von Produktionskapazitäten ergeben sich aus dem Antrag des Klägers jedoch gerade nicht. Allein der Zukauf männlicher Rinder begründet keine anerkennenswerte Investition, da hierdurch zwar die Produktion selbst, nicht aber eine (möglicherweise bereits vorhandene) Produktionskapazität erhöht wird. Auch die bloße Umnutzung eines Stallgebäudes genügt den Anforderungen an eine Investition grundsätzlich nicht. Eine Investition setzt bereits begrifflich einen Aufwand des Betriebsinhabers voraus, der bei einer bloßen Umnutzung i.d.R. nicht gegeben ist. Die Erweiterung von Stallkapazitäten in einem bestimmten Produktionssektor kann als Investition i.S.v. § 15 BetrPrämDurchfV nur dann anerkannt werden, wenn eine ernsthafte Entscheidung des Betriebsinhabers erkennbar ist, die Produktion in diesem Betriebszweig nicht nur vorübergehend auszuweiten. Die Regelungen der Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 und des § 15 BetrPrämDurchfV dienen dem Schutz der Landwirte, die im Vertrauen auf den Fortbestand der früheren, produktionsorientierten Förderung Investitionen in die Tierkapazität ihres Betriebes getätigt haben, die nach dem früheren System zu einer höheren Förderung geführt hätten (vgl. VG Augsburg, Urt. v. 25.09.2007 - Au 3 K 06.1100 - ). Sie sollen demjenigen Betriebsinhaber zugute kommen, der in eine bestimmte Produktionsart investiert und den Umfang der bestehenden Agrarförderung in seine betriebliche Entscheidung einbezogen hat. Der Nachweis, dass eine ernsthafte und auf eine gewisse Dauer angelegte Produktionsumstellung erfolgen soll, kann durch eine bloßen Umnutzung von Stallkapazitäten, die jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann, im Regelfall nicht erbracht werden.

26

Auch der Erwerb eines Futtersilos genügt den Anforderungen an eine Investition nicht. Gem. § 15 Abs. 3 BetrPrämDurchfV führen Investitionen, die ausschließlich in der Anschaffung von Maschinen, Geräten und technischen Einrichtungen bestehen, nicht zu einer Erhöhung des Referenzbetrages. Diese Vorschrift dient dem Zweck, Investitionen, die sich einem bestimmten Produktionszweig nicht eindeutig zuordnen lassen, aus der zusätzlichen Förderung auszunehmen.

27

Der Kläger hat Unterlagen, die das auf seinem Betriebsgelände befindliche Stallgebäude betreffen, frühestens im Juli 2005 und damit nach Ablauf der Antragsfrist vorgelegt. Der von ihm bei der Stadt F. am 29. Juni 2005 eingereichte Antrag auf Negativbescheinigung für eine Nutzungsänderung als Bullenstall datiert ebenso wie die beiliegende Bauzeichnung, in der die Schaffung von 192 Stallplätzen in dem Boxenlaufstall vorgesehen ist, vom 27. Juni 2005. Auch aus diesen Unterlagen ergibt sich jedoch die Durchführung einer Investition nicht. Bauliche Veränderungen in den Stallgebäuden sind hieraus nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Kläger ausdrücklich lediglich eine Negativbescheinigung für eine Umnutzung des Stallgebäudes beantragt und angegeben, dass bauliche Veränderungen nicht vorgenommen worden seien.

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Die Durchführung von Umbaumaßnahmen macht der Kläger erstmals mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 16. Januar 2006 geltend. Er habe im Jahr 2001 Umbaumaßnahmen im Umfang von rund 30.000,-- EUR durchgeführt. Hierzu legt er zwei Rechnungen aus dem Zeitraum August und Oktober 2001 vor. Diese Nachweise können nach Ablauf der Antragsfrist nicht mehr berücksichtigt werden.

29

Die Regelung des § 15 Abs. 1 BetrPrämDurchfV, die eine Frist mit ausschließender Wirkung für den Nachweis von Investitionen vorsieht, ist jedenfalls in solchen Fällen, in denen es an einem schriftlichen Investitionsprogramm fehlt, in dem die Durchführung der Investition im Einzelnen vorgesehen ist, rechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß Art. 21 Abs. 2 VO (EG) Nr. 795/2004 müssen Investitionen grundsätzlich in einem Plan oder Programm vorgesehen sein. Liegen weder ein Plan noch Programme in Schriftform vor, können die Mitgliedstaaten andere objektive Nachweise für das Vorliegen der Investitionen berücksichtigen. Diese Vorschrift räumt den Mitgliedstaaten für den Fall, dass ein - vorab erstelltes - Investitionsprogramm, aus dem sich Zeitablauf und Umfang der Investition im Einzelnen ersehen lässt, nicht vorliegt, Ermessen dahingehend ein, unter welchen Umständen andere objektive Nachweise für das Vorliegen einer Investition anerkannt werden sollen. Die Festlegung einer Frist für die Einreichung der sonstigen objektiven Nachweise ist im Hinblick darauf nicht zu beanstanden. Sie dient der Gleichbehandlung der Antragsteller und der Verhinderung des Missbrauchs durch eine nachträgliche Umgehung bzw. Fingierung der Antragsvoraussetzungen. Gerade im Bereich der Erweiterung von Produktionskapazitäten, für die auf der Grundlage von Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 eine Mindestinvestitionssumme nicht vorausgesetzt wird, ist eine Umgehung der Vorschriften leicht möglich, weil bereits geringfügige Umbaumaßnahmen die Voraussetzungen einer Investition erfüllen können. Dies bietet die Gefahr, dass anderweitig durchgeführte Bau- bzw. Reparaturmaßnahmen im Nachhinein in eine Investition umgedeutet werden können, die sich tatsächlich nicht oder nicht in vollem Umfang auf die Erweiterung von Kapazitäten für einen bestimmten Produktionssektor bezog. Dies gilt insbesondere, weil im Rahmen der Landwirtschaft Umbau- oder Reparaturarbeiten häufig durch den Betriebsinhaber selbst durchgeführt werden und daher anhand von Rechnungen, die lediglich den Erwerb bestimmter Materialien belegen, eine konkrete Zuordnung zu bestimmten Umbaumaßnahmen nicht im Einzelnen möglich ist. Die Festlegung einer bestimmten Frist für die Einreichung der Unterlagen stellt daher sicher, dass nur solche Umbau- und Erweiterungsarbeiten als Investition Berücksichtigung finden, die der Betriebsinhaber selbst als so wichtig angesehen hat, dass er diese als Investition mit der Antragstellung bereits von sich aus geltend macht. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck einer Investition, die nur dann vorliegen soll, wenn es sich um eine nicht unerhebliche betriebliche Entscheidung des Betriebsinhabers handelt, mit der er eine Umstellung bzw. Erweiterung der Produktion auf einem bestimmten Sektor beabsichtigt. Nur insoweit verdienen Investitionsmaßnahmen eines Betriebsinhabers den Vertrauensschutz, dem § 15 BetrPrämDurchfV bzw. Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 dienen soll.

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Dies gilt auch im Fall des Klägers. Wenn der Kläger tatsächlich, wie mit Schreiben vom 16. Januar 2006 im Nachhinein vorgetragen, Ausgaben in Höhe von fast 30.000 DM für Umbaumaßnahmen im Bereich seiner Stallgebäude und eine Umstellung auf die Bullenmast getätigt hat, ist nicht nachvollziehbar, weshalb er diese Angaben nicht bereits im Antrag gemacht und die betreffenden Rechnungen beigefügt hat. Dass derartige erhebliche Ausgaben als Investition Berücksichtigung finden können, hätte dem Kläger auch ohne eine entsprechende Beratung durch die Landwirtschaftskammer ohne weiteres einleuchten müssen.

31

Unabhängig von der Versäumung der Frist zur Erbringung der erforderlichen Nachweise genügen die nunmehr vorgelegten Rechnungen den Anforderungen, die an einen Nachweis zur Durchführung der Umbaumaßnahmen gestellt werden müssen, nicht. Die vorgelegten Rechnungen beziehen sich ausdrücklich auf eine "Reparatur Wirtschaftsgebäude" und "Reparaturarbeiten am Boxenlaufstall und am Gülle-Entnahmeschacht". Insoweit ist nicht eindeutig erkennbar, dass die Rechnungen auf Umbaumaßnahmen in den Gebäuden zur Erweiterung der Produktionskapazitäten der Bullenmast betreffen. Vielmehr beziehen sich die Rechnungen auf Reparaturarbeiten. Auch die einzelnen Rechnungspositionen geben insoweit keinen unmittelbaren Aufschluss. Gerade bei erst nachträglich eingereichten Belegen müssen aber aufgrund der aufgezeigten Gefahren einer Umgehung der Antragsvoraussetzungen strenge Anforderungen gestellt werden, die hier nicht erfüllt sind.

32

Zudem ist - unabhängig von der Anerkennung der Investition als solche - zweifelhaft, in welchem Umfang der Kläger auf dem Betriebsgelände bzw. in dem Jungviehstall zusätzliche Stallkapazitäten für männliche Rinder geschaffen hat. Er selbst gibt an, er habe vor Durchführung der Umbauarbeiten über 85 Stallplätze für männliche Rinder verfügt, danach seien in dem Jungviehstall, der in den Jahren 1981 und 1989 genehmigt worden sei, 192 Stallplätze für männliche Rinder vorhanden gewesen. Ausweislich der Anlage - Stallplätze detailliert - zur Verwaltungskontrolle ist jedoch erkennbar, dass der Kläger vor Durchführung der geltend gemachten Umbauarbeiten, die nach den vorgelegten Rechnungen im August und Oktober 2001 stattgefunden haben sollen, bereits über eine erheblich größere Anzahl täglich im Betrieb gehaltener männlicher Rinder verfügte. Der Kläger hat schon vor dem behaupteten Umbau im Jahr 2000 155 bis 184 und im Zeitraum 01. Januar 2001 bis 31. Juli 2001 141 bis 189 männliche Rinder ständig in seinem Betrieb gehalten. Dies deckt sich, selbst wenn auch Bullenkälber im Betrieb waren, nicht mit der Angabe, der Kläger habe lediglich über 85 Bullenstallplätze verfügt. Investitionen können aber nur insoweit Berücksichtigung finden, als vor ihrer Durchführung Stallplätze für männliche Rinder im Betrieb noch nicht vorhanden waren.

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Des Weiteren ergibt sich aus der Anlage auch keine Erhöhung des Bestandes männlicher Rinder nach Durchführung der Umbauarbeiten. Vielmehr liegen die Bestände männlicher Rinder im Jahr 2002 zwischen 91 und 177 männlichen Tieren und sind damit gegenüber dem Stand 2001 eher rückläufig. Eine Erhöhung des Tierbestandes lässt sich dieser Übersicht nicht entnehmen. Eine Erhöhung der Stallkapazitäten ist insgesamt nicht ordnungsgemäß nachgewiesen worden.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.

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Beschluss

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Der Streitwert wird auf

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8.918,91 Euro

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festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

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Gründe

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Der Streitwert wird in Anlehnung an die Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, S. 1327) Nr. 24.2 auf einen Wert von 75% der hier streitigen Zahlungsansprüche festgesetzt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. November 2006 - 10 OA 223/06 -). Der Kläger begehrt die Festsetzung von Zahlungsansprüchen auf der Grundlage eines betriebsindividuellen Betrages aus der nationalen Reserve für eine zusätzliche Kapazität von 57,2 Einheiten im Prämienbereich Rindersonderprämie. Bei einem Satz von 210,00 Euro pro Einheit und einem Abzug von 1% zugunsten der nationalen Reserve ergibt sich ein beantragter zusätzlicher Betrag von 11.891,88 Euro und damit ein Streitwert von 8.918,91 Euro (75%).

Gärtner
Fahs
Struhs