Sozialgericht Oldenburg
Beschl. v. 15.12.2017, Az.: S 21 SO 47/17 ER
Beanspruchung der Gewährung (höherer) Leistungen der Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege in Form des Persönlichen Budgets im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes
Bibliographie
- Gericht
- SG Oldenburg
- Datum
- 15.12.2017
- Aktenzeichen
- S 21 SO 47/17 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 32669
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
- § 29 SGB IX
Fundstelle
- SAR 2018, 28-32
In dem Rechtsstreit A. vertreten durch ihren Betreuer B. - Antragstellerin - Prozessbevollmächtigte: C. gegen Stadt D. - Antragsgegnerin - hat die 21. Kammer des Sozialgerichts Oldenburg am 15. Dezember 2017 durch den Direktor des Sozialgerichts X. - Vorsitzender -beschlossen:
Tenor:
Die Antragsgegnerin wird im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes verpflichtet, der Antragstellerin beginnend ab dem 1. August 2017 bis zum 28. Februar 2018 Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII in Form des persönlichen Budgets i. H. v. monatlich insgesamt 3.874,47 EUR zu gewähren. Zugleich wird die Antragsgegnerin verpflichtet, bezogen auf den genannten Zeitraum auch die Kosten für eine Budgetassistenz i. H. v. monatlich 255,- EUR zu übernehmen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung (höherer) Leistungen der Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII in Form des Persönlichen Budgets.
Bei der am E. 1964 geborenen Antragstellerin liegen eine chronisch-inflammatorische, demyelinisierende Polyneuropathie (CIPD), Schluckstörungen durch eine Lähmung der Speiseröhre sowie eine schwere Atemwegsrestriktion mit kontinuierlicher Sauerstoffversorgung, eine Daumensattelgelenksarthrose beidseitig, Hirninfarkt mit Lyse sowie eine progrediente Kraftminderung beider Arme und eine progrediente Koordinationsstörung beider Hände vor. Sie ist permanent auf den Rollstuhl angewiesen und nutzt ein mobiles Sauerstoffgerät. Nach übereinstimmenden Feststellungen in unterschiedlichen medizinischen Berichten etc. ist die Antragstellerin aufgrund ihrer Erkrankungen in ihrer Lebensführung einschließlich ihrer Mobilität und Koordinationsfähigkeit sehr stark eingeschränkt. Verwiesen wird insoweit ergänzend auf die Ausführungen in den MDK-Gutachten vom 6. Juni 2017 und 23. August 2017 sowie die sozialmedizinische Stellungnahme der F. vom 16. November 2017 und auch auf die ärztlichen Bescheinigungen des Arztes für Chirurgie G. vom 15. August 2017 sowie des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 18. August 2017.
Aufgrund ihrer schweren Behinderung ist der Antragstellerin ein GdB von 100 und zudem die Merkzeichen G, aG, H und RF zuerkannt worden. Seit dem 1. Januar 2017 ist sie in den Pflegegrad 4 eingestuft. Von der I. erhält sie derzeit ein Pflegegeld i. H. v. 728,- EUR monatlich.
Zum 14. September 2016 bezog die Antragstellerin eine eigene Wohnung im betreuten Wohnen des Wohnparks J. in K ... Nach einem Aufenthalt der Kurzzeitpflege in einer Einrichtung in L. in der Zeit vom 8. Dezember 2016 bis zum 4. Januar 2017 kehrte die Antragstellerin in diese Wohnung zurück. Die Antragsgegnerin gewährte der Antragstellerin daraufhin für den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 31. August 2017 ein trägerübergreifendes Persönliches Budget. Grundlage hierfür waren Bescheide der Antragsgegnerin über Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Hilfe zur Pflege vom 24. Oktober 2016 sowie vom 10. Januar 2017. Das der Antragstellerin bewilligte trägerübergreifende Persönliche Budget i. H. v. monatlich insgesamt 3.874,47 EUR wurde aufgrund eines vor dem erkennenden Gericht am 12. April 2017 geschlossenen Vergleiches (S 21 SO 216/16 ER) von der Antragsgegnerin bis zum 31. Juli 2017 weitergewährt. Im Rahmen des Persönlichen Budgets Eingliederungshilfe erkannte die Antragsgegnerin als Leistungen der Eingliederungshilfe einen Bedarf von zwei Stunden pro Woche für eine Fachkraft/Eingliederungshilfe für (Beratungs-)Gespräche zu Hause, vier Stunden pro Woche für Schwimmen mit einer Pflegekraft sowie Taxikosten für zwei Abendveranstaltungen und einen Ansparbetrag für Fahrten zur Mutter nach L. an. Hinsichtlich des Anteils der Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII ging die Antragsgegnerin im Rahmen des Persönlichen Budgets von einem Bedarf an Grundpflege von 34 Stunden pro Woche und an hauswirtschaftlicher Hilfe i. H. v. acht Stunden pro Woche aus.
Mit Schreiben vom 26. Juli 2017 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie beabsichtige, für die Zeit ab dem 1. August 2017 Leistungen der Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe nicht mehr weiter als Persönliches Budget sondern nur noch als Sachleistungen zu gewähren. Der Grund hierfür liege in einer zweckwidrigen Verwendung des Persönlichen Budgets durch die Antragstellerin. Die Antragsgegnerin bewilligte daraufhin der Antragstellerin mit Bescheid vom 21. August 2017 für den Zeitraum vom 1. September 2017 bis zum 30. November 2017 Leistungen der Hilfe zur Pflege auf der Grundlage eines wöchentlichen Bedarfes von 42 Stunden. Dies entspreche der Übernahme von ungedeckten Kosten für den Einsatz von privaten Kräften i. H. v. bis zu 885,22 EUR monatlich zzgl. eines anteiligen Pflegegeldes i. H. v. 242,67 EUR monatlich. Hinsichtlich der Eingliederungshilfe bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin ebenfalls mit Bescheid vom 21. August 2017 für den Zeitraum vom 1. September 2017 bis zum 27. Februar 2018 vier Fachleistungsstunden pro Woche für eine pädagogische Fachkraft und drei Stunden pro Tag für eine Hilfe im niederschwelligen Bereich.
Die Antragstellerin hat bei der Antragsgegnerin mehrfach, so beispielsweise unter dem 5. August 2017 und dem 14. August 2017 Anträge auf (Weitergewährung) eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets gestellt. In ihrem Antrag vom 14. August 2017 beziffert sie die monatlichen Gesamtkosten hierfür auf ca. 12.686, 63 EUR.
In der Zeit vom 7. November 2017 bis zum 7. Dezember 2017 hat sich die Antragstellerin in der F. zur neurologischen Rehabilitation aufgehalten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die sozialmedizinische Stellungnahme der F. vom 16. November 2017.
Bereits am 31. Juli 2017 hat sich die Antragstellerin an das erkennende Gericht mit der Bitte um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gewandt. Zur Begründung ihres Begehrens führt sie im Wesentlichen aus, dass sie mit der Umwandlung von Geldleistungen in Sachleistungen nicht einverstanden sei. Sie habe weiterhin einen Anspruch auf Gewährung der Leistungen der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII in Form des Persönlichen Budgets. Sofern es in der Vergangenheit bei der Verwaltung des Persönlichen Budgets zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei, liege dies an ihrer gesundheitlichen Situation. Sie benötige daher eine Assistenz für die Verwaltung des Persönlichen Budgets. Hinsichtlich der Leistungshöhe betont sie, dass sie auf eine 24-Stunden-Pflege zwingend angewiesen sei. Die Notwendigkeit hierfür ergebe sich sowohl aus den von ihr vorgelegten Attesten des Arztes für Chirurgie G. vom 15. August 2017 und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie H. vom 18. August 2017 sowie insbesondere auch aus den beiden MDK-Gutachten vom 6. Juni 2017 und 22. August 2017. Die Notwendigkeit der 24-Stunden-Pflege werde zudem auch durch die jüngste sozialmedizinische Stellungnahme der F. vom 16. November 2017 erneut bestätigt. Sie wolle gerne in ihrem bisherigen Wohnumfeld verbleiben und ihre Hilfen weiterhin eigenverantwortlich organisieren. Mit den ihr von der Antragsgegnerin derzeit mit den beiden Bescheiden vom 21. August 2017 gewährten Leistungen der Hilfe zur Pflege und der Eingliederungshilfe komme sie keinesfalls zurecht. Diese seien der Höhe nach absolut unzureichend.
Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsachverfahrens zu verpflichten, für sie die Kosten für ein persönliches Budget für eine Assistenz als Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe in einem Umfang von 24 Stunden täglich auf der Grundlage des TV-L 2, sowie für eine Budgetassistenz und für die Anmietung einer Wohnung für die Assistenzkraft zu übernehmen und ihr ein anteiliges Pflegegeld i. H. v. monatlich 242,67 EUR zu zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie verweist darauf, dass die Antragstellerin wegen der festgestellten Mängel, insbesondere der zweckfremden Verwendung der bewilligten Gelder, keinen Anspruch auf Weitergewährung von Leistungen in Form des Persönlichen Budgets habe. Auch habe die Antragstellerin ihre Nachweispflichten jeweils nur zeitlich verzögert und unvollständig erfüllt. Der Notwendigkeit einer 24-Stunden-Pflege werde widersprochen. Weder aus dem früheren MDK-Gutachten vom 6. Juni 2017 noch aus dem neuen MDK-Gutachten vom 22. August 2017 ergäbe sich ein entsprechender Bedarf. Durch die von ihr mit den beiden Bescheiden vom 21. August 2017 bewilligten Leistungen werde aktuell der Bedarf der Antragstellerin bzgl. der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege gedeckt. Weitergehende Ansprüche der Antragstellerin bestünden nicht.
Das Gericht hat mit den Beteiligten am 6. November 2017 einen ausführlichen Erörterungstermin in dieser Sache durchgeführt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Gerichtsprotokoll Bezug genommen. Zudem hat das Gericht mit Beschluss vom 12. September 2017 im vorliegenden Eilverfahren die Antragsgegnerin im Wege einer Zwischenregelung verpflichtet, der Antragstellerin für die Monate September und Oktober 2017 vorläufige Leistungen der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII i. H. v. monatlich 3.874,47 EUR zu zahlen. Auf die Gründe dieses Beschlusses wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren und in dem Verfahren S 21 SO 216/16 ER sowie auf die jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig und in dem tenorierten Umfang begründet.
Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin bezogen auf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes einen Anspruch auf (Fort-)Gewährung des ihr früher bereits von der Antragsgegnerin gewährten Persönlichen Budgets i. H. v. monatlich 3.874,47 EUR (vgl. hierzu Schreiben der Antragsgegnerin vom 26. Juli 2017 unter Bezugnahme auf den Leistungsbescheid vom 25. Oktober 2016 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 10. Januar 2017) für den Zeitraum ab dem 1. August 2017 bis zum 28. Februar 2018. Zugleich hat sie für diesen Zeitraum gegen die Antragsgegnerin auch einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Budgetassistenz vgl. Angebot der M. vom 09. November 2017 i. H. v. 255,- EUR pro Monat glaubhaft gemacht.
Nach § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt dabei neben dem Bestehen eines Anordnungsanspruches, d. h. eines materiellen Anspruches auf die begehrte Leistung, auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes voraus. Ein solcher Anordnungsgrund besteht, wenn die Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (vgl. § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG). Die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines Anordnungsanspruches und des Anordnungsgrundes sind dabei gem. § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen.
Der Antragstellerin ist es gelungen, das Vorliegen eines Anordnungsanspruches und des notwendigen Anordnungsgrundes in Bezug auf die tenorierte vorläufige Leistungsverpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung eines Persönlichen Budgets i. H. v. 3.874,47 EUR monatlich zzgl. der streitigen Kosten für eine Budgetassistenz i. H. v. 255,- EUR monatlich glaubhaft zu machen. Die beiden angefochtenen Bescheide der Antragsgegnerin vom 21. August 2017 hinsichtlich der Leistungen von Eingliederungshilfe und der Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII sind voraussichtlich rechtswidrig soweit sie den tenorierten Leistungen entgegenstehen.
Grundlage für den Anspruch der Antragstellerin auf die Erbringung von Leistungen in Form eines Persönlichen Budgets sind die §§ 53 Abs. 1 S. 1, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i. V. m. § 17 Abs. 2 S. 1 SGB IX (ab dem 01. Januar 2018: § 29 SGB IX n.F.).
Ein materieller Leistungsanspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin auf Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII liegt dem Grunde nach unstrittig vor. Die Antragstellerin ist unstrittig schwerstbehindert, rollstuhlpflichtig und auf die Nutzung eines mobilen Sauerstoffgerätes angewiesen.
Der Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zur (vorläufigen) Gewährung von Geldleistungen als Persönliches Budget steht dabei nicht entgegen, dass bislang zwischen den Beteiligten keine sog. Zielvereinbarung geschlossen worden ist. (Die in den Verwaltungsvorgängen enthaltene Zielvereinbarung ist nicht unterschrieben). Zwar hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 29. November 2016 (L 9 SO 522/16 B ER) die Auffassung vertreten, dass einem Anordnungsanspruch auf Gewährung eines persönlichen Budgets das Fehlen einer Zielvereinbarung gem. § 4 i. V. m. § 3 Abs. 4 der Budgetverordnung entgegenstehe (ebenso: LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. vom 06. August 2015, L 8 SO 24/15 B ER zit. nach juris; abweichend hierzu, wonach in bestimmten Fällen die Gewährung eines Persönlichen Budgets auch im Wege der Einstweiligen Anordnung möglich sein muss, Schweigler, RdLH 2016, S. 15f). Diese Rechtsauffassung ist auf den vorliegenden Fall jedoch nicht zur Anwendung zu bringen. Zum einen hat die Antragsgegnerin in der Vergangenheit der Antragstellerin bereits auf der Grundlage der Leistungsbescheide vom 25. Oktober 2016 und 10. Januar 2017 Leistungen des Persönlichen Budgets ohne Abschluss einer Zielvereinbarung gewährt. Zum anderen bedarf es vorliegend zur Abwendung einer Notlage bei der Antragstellerin dringend einer gerichtlichen Eilentscheidung, damit die Antragstellerin die notwendigen Leistungen in ihrer konkreten Situation bekommt, die sie zwingend benötigt. Denn Artikel 19 Abs. 4 S. 1 Grundgesetz gewährleistet nicht nur das formelle Recht, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. September 2016, 1 BvR 1630/16, zit. nach juris).
Das Gericht geht im vorliegenden Fall davon aus, dass die Antragsgegnerin im anhängigen Widerspruchsverfahren nunmehr zeitnah den gesamten aktuellen Hilfebedarf der Antragstellerin bezogen auf Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII konkret - ggf. durch Einholung von Gutachten - umfassend aufklären wird und die Beteiligten sodann bezogen auf das Persönliche Budget eine entsprechende Zielvereinbarung schließen werden. Das Gericht hat nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der beiden Leistungsbescheide vom 21. August 2017. Insbesondere erscheint im Hinblick auf die Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII der mit Bescheid vom 21. August 2017 gewährte Betrag i. H. v. bis zu 885,22 EUR, die für den Einsatz von privaten Kräften als ungedeckte Kosten monatlich übernommen werden, zu gering zu sein. Nach Aktenlage spricht vieles dafür, dass die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin einen weitaus höheren Leistungsanspruch hat. Dies ergibt sich u.a. aus der ärztliche Bescheinigung des Arztes für Chirurgie vom 15. August 2017, der eine 24-Stunden-Pflege für notwendig erachtet. Dies deckt sich mit der Einschätzung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 18. August 2017 der feststellt, dass die Antragstellerin 24 Stunden täglich Zugang zu pflegerischer Hilfe benötigt. Zum anderen spricht auch das aktuelle ärztliche Attest der F. vom 6. Dezember 2017 für diesen hohen Hilfebedarf. In diesem ärztlichen Attest wird aufgrund der Befunde die Fortführung der 24-Stunden-Betreuung, da zur Lagerung der Patientin im Bett, bei den Transfers und für nächtliche Toilettengänge Hilfebedarf bestehe, empfohlen.
Die Antragsgegnerin wird daher - wie bereits erwähnt - nunmehr gründlich und umfassend den aktuellen tatsächlichen Hilfebedarf zu ermitteln haben. Mangels hinreichender konkreter Anhaltspunkte hat das Gericht im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zur Abwendung der derzeitigen Notlage bei der Antragstellerin der Höhe nach die von der Antragstellerin benötigten Leistungen der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII auf den von der Antragsgegnerin bereits in der Vergangenheit gewährten Betrag des Persönlichen Budgets i. H. v. 3.874,47 EUR monatlich (vgl. Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Oktober 2016 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10. Januar 2017) festgelegt. Die Antragstellerin hat insoweit mehrfach, u. a. auch in dem gerichtlichen Erörterungstermin vom 6. November 2017 erklärt, dass sie mit diesem Geldbetrag zurechtkomme und ihre notwendigen Hilfeleistungen finanzieren könne. Das Gericht geht dabei davon aus, dass die Antragstellerin bei der Gestaltung ihrer Hilfe die maßgeblichen Vorschriften, insbesondere arbeitsrechtlicher Art (Mindestlohn etc.), beachtet. Ob letztlich der streitgegenständliche monatliche Betrag von insgesamt 16.079,65 EUR dem tatsächlichen Leistungsanspruch der Antragstellerin entspricht oder nicht, muss von der Antragsgegnerin im Verwaltungsverfahren eingehend überprüft werden. Grundlage dieses von der Antragstellerin begehrten monatlichen Betrages ist eine Aufstellung (nebst Anlage - beispielsweise 944 Stunden persönliche Assistenz pro Monat), die in dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vom 14. November 2017 enthalten ist.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin geht das Gericht bezogen auf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht davon aus, dass ein Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung von Leistungen in Form des Persönlichen Budgets nach § 17 Abs. 2 S. 1 SGB IX wegen zweckwidriger Verwendung von Geldern in der Vergangenheit ausgeschlossen ist. Zwar ist in § 4 Abs. 2 S. 1 der Budgetverordnung geregelt, dass die antragstellende Person und der Beauftragte die Zielvereinbarung aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung schriftlich kündigen können, wenn ihnen die Fortsetzung nicht zumutbar ist. Ein wichtiger Grund für den Beauftragten liegt nach § 4 Abs. 2 S. 3 Budgetverordnung dann vor, wenn die antragstellende Person die Vereinbarung, insbesondere hinsichtlich des Nachweises zur Bedarfsbedeckung und der Qualitätssicherung nicht einhält. Diese Rechtsgrundsätze lassen sich auch auf die Konstellation einer Fortgewährung des Persönlichen Budgets übertragen. Soweit es vorliegend zu verzögerten und unvollständigen Angaben der Antragstellerin über die Verwendung des persönlichen Budgets gekommen ist, ist dies für die Frage eines Anspruches auf Fortgewährung des Persönlichen Budgets durchaus relevant. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Schriftsatz vom 19. September 2017 insoweit eine Reihe von einzelnen Mängeln konkret beschrieben. Unabhängig davon, ob diese Mängel tatsächlich vorliegen (wofür nach Aktenlage allerdings einiges spricht), ist hier durch diese Mängel die Fortgewährung des persönlichen Budgets an die Antragstellerin unter Berücksichtigung der Grundsätze zur Kündigung einer Zielvereinbarung in § 4 Budgetverordnung aber nicht ausgeschlossen. Denn die in Rede stehenden Mängel sind nach Einschätzung des Gerichts der Antragstellerin nicht in der Weise anzulasten, dass sie nunmehr von Leistungen des persönlichen Budgets ausgeschlossen wäre. Entscheidend ist insoweit, dass die Antragstellerin glaubhaft und überzeugend vorgetragen hat, aus gesundheitlichen Gründen mit der Verwaltung des persönlichen Budgets überfordert gewesen zu sein. Es ist somit aufgrund der gesundheitlichen Situation der Antragstellerin geboten, ihr eine Unterstützung bei der Verwaltung des Persönlichen Budgets zu gewähren, damit sie auch zukünftig selbstverantwortlich in Form des Persönlichen Budgets ihren Bedarf an Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII decken kann. In der Literatur und Rechtsprechung wird in solchen Situationen dem Hilfeberechtigten eine Budgetassistenz zugestanden (vgl. ausführlich hierzu Welti, Budgetassistenz und rechtliche Betreuung, BtPrax 2009, S. 64-68 m. w. N.). Dies erscheint auch im vorliegenden Fall sachlich gerechtfertigt und geboten, um für den hier im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes geregelten Zeitraum bis Ende Februar 2018 das Auftreten weiterer Mängel bei der Verwendung des von der Antragsgegnerin vorläufig zu leistenden persönlichen Budgets zu vermeiden. Im Übrigen hat auch die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 23. November 2017 darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass das erkennende Gericht bzgl. der Gewährung der Leistungen die Auffassung vertreten solle, es käme auch ein Persönliches Budget in Betracht, zur Sicherung einer zweckentsprechenden Verwendung angeregt werde, entsprechende Auflagen zu erteilen oder die Einsetzung eines Budgetverwalters zu prüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.