Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 17.08.2009, Az.: 1 A 1549/08
Befugnis einer Gütestelle in Niedersachsen zur Führung des Niedersächsischen Landeswappens als Amtsschild
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 17.08.2009
- Aktenzeichen
- 1 A 1549/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 20464
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2009:0817.1A1549.08.0A
Rechtsgrundlagen
- § 791 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
- § 2 Abs. 1 S. 1 NWappG,NI
- § 2 Abs. 3 NWappG,NI
- § 3 NWappG,NI
Verfahrensgegenstand
Sonstiges
Amtlicher Leitsatz
Eine Gütestelle ist in Niedersachsen nicht befugt, das Niedersächsische Landeswappen als Amtsschild zu führen.
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Stade - 1. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 17. August 2009
durch
den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Schmidt,
den Richter am Verwaltungsgericht Steffen,
die Richterin Obelode sowie
die ehrenamtlichen Richter B. und C.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, soweit nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine Verfügung der Beklagten vom 8. August 2008, mit der ihr die Verwendung des Landeswappens untersagt wurde und begehrt zugleich, ihr diese Verwendung zu gestatten.
Die Klägerin ist niedergelassene Rechtsanwältin und ausgebildete Mediatorin. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2005 wurde sie durch Bescheid der Niedersächsischen Justizministerin als Gütestelle im Sinne des § 791 Abs. 1 Nr. 1 ZPO anerkannt. Zugleich wurde sie als Vorsteherin im Sinne des § 797a Abs. 4 Satz 1 ZPO ermächtigt, Vollstreckungsklauseln für Vergleiche zu erteilen, die vor ihrer Gütestelle geschlossen worden sind. Durch ein E-Mail vom 26. Oktober 2007 des Niedersächsischen Justizministeriums erhielt die Beklagte Kenntnis davon, dass die Klägerin ein Amtsschild mit dem Landeswappen für ihre Gütestelle verwendet. Mit Schreiben vom 2. November 2007 forderte die Beklagte die Klägerin unter Hinweis auf das Niedersächsische Gesetz über Wappen, Flaggen und Siegel (NWappG) unter Fristsetzung bis zum 25. November 2007 auf, das vor dem Büro aufgestellte Schild mit dem Landeswappen zu entfernen und die Verwendung des Landeswappens zu unterlassen. Mit Schreiben vom 21. November 2007 machte die Klägerin daraufhin gegenüber der Beklagten geltend, sie halte sich für berechtigt, das Landeswappen gemäß Ziffer 3d der Ausführungsbestimmungen zum NWappG zu führen. Eine anerkannte Gütestelle entspreche dem Schiedsamt, bei dem es sich ebenfalls um eine Gütestelle handele. Das Wappengesetz sehe vor, dass Schiedsämter das Landeswappen führen dürfen. In entsprechender Anwendung seien auch Gütestellen berechtigt, das Wappen zu führen. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Wappengesetzes habe es noch keine Gütestellen gegeben, weshalb die entsprechende Anwendung gerechtfertigt sei. Der seinerzeitige Mitarbeiter im Justizministerium, D., habe zudem keine Einwände geäußert, vielmehr habe er ihr das entsprechende Ministerialblatt vom 12. Juli 2000 zur Verfügung gestellt mit den Adressen der Firmen, die entsprechende Schilder herstellen. Bei einer Gütestelle handele es sich zudem um eine staatlich anerkannte Stelle, die berechtigt sei, vollstreckbare Urkunden zu erstellen. Die Kompetenz gehe über die der Schiedsmänner und Schiedsfrauen, die meist Nichtjuristen sind, hinaus. Mit Schreiben vom 30. November 2007 erklärte die Beklagte, dass sie im Einvernehmen mit dem Niedersächsischen Justizministerium die Auffassung der Klägerin nicht teile. Die Leiterin oder der Leiter einer staatlich anerkannten Gütestelle sei nicht Träger eines öffentlichen Amtes, während eine Schiedsperson ehrenamtlich Tätiger in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis sei. Der Zugang zu dem Amt sei im Gegensatz zu der Anerkennung von staatlichen Gütestellen gesetzlich geregelt. Zudem bestehe bei Rechtsanwälten, die als Gütestelle anerkannt worden sind, die Gefahr, dass ihr Kanzleischild von den Recht suchenden Bürgerinnen und Bürgern mit dem eines Anwaltsnotars verwechselt werden könnte. Der Klägerin wurde eine Frist bis zum 10. Dezember 2007 gesetzt, binnen derer sie das Entfernen des Schildes bestätigen sollte. Nachdem die Klägerin zunächst um Fristverlängerung gebeten hatte, ließ die Beklagte nochmals die Beschilderung des Büros der Klägerin überprüfen und stellte dabei fest, dass das Büroschild mit dem Landeswappen und dem Zusatz Gütestelle noch vor der Kanzlei der Klägerin angebracht war.
Mit Untersagungsverfügung vom 8. August 2008, die zuvor mit dem Justizministerium abgestimmt worden war, untersagte die Beklagte der Klägerin die Verwendung des niedersächsischen Landeswappens auf dem Büroschild sowie im Zusammenhang mit der Tätigkeit als anerkannte Gütestelle im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die Klägerin wurde aufgefordert, das Landeswappen innerhalb einer Woche zu entfernen. Gleichzeitig wurde ihr im Falle der Nichtbefolgung die Ersatzvornahme angedroht. Zur Begründung bezog sich die Beklagte im Wesentlichen auf die bereits zuvor genannten Gründe.
Am 9. September 2008 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen darauf, dass ihr im Zusammenhang mit der Anerkennung als Gütestelle von dem zuständigen Sachbearbeiter im Niedersächsischen Justizministerium, D., Auskunft gegeben worden sei, dass die Gütestelle den Schiedsämtern gleichstehe. Zugleich sei sie auf das Niedersächsische Landesarchiv hinsichtlich der Ausgestaltung der Dienstsiegel und des Landeswappens verwiesen worden. Dieses habe ihr am 10. Januar 2006 das entsprechende Niedersächsische Ministerialblatt zugefaxt, in dem ein Verzeichnis der Firmen enthalten ist, denen die Staatskanzlei die Erlaubnis der Anfertigung von Dienstsiegeln und Amtsschildern erteilt hat. Seit 2006 habe die Klägerin daraufhin das Amtsschild mit dem niedersächsischen Landeswappen geführt. Dazu habe sie sich durch die mündliche Gestattung berechtigt gefühlt. Darüber hinaus beruft sie sich im Wesentlichen auf die bereits vorgetragenen Gründe, auch Gütestellen würden Aufgaben der öffentlichen Rechtspflege wahrnehmen und seien mit öffentlicher Gewalt ausgestattete Privatpersonen. Diese Aufgaben würden von der Niedersächsischen Justizministerin übertragen und unterlägen der staatlichen Aufsicht. Die Gütestellen nähmen öffentliche Aufgaben wahr und seien Träger öffentlicher Aufgaben im Sinne des Niedersächsischen Wappengesetzes. Sie seien daher den Schiedsämtern gleichzustellen. Die Tatsache, dass die Anerkennung als Gütestelle lediglich nach verwaltungsgewohnheitsrechtlichen Grundsätzen ohne gesetzliche Grundlage erfolge, spreche nicht gegen die Ausübung eines öffentlichen Amtes. Vielmehr verstoße es gegen den Gleichheitsgrundsatz, diese anders zu behandeln als die Schiedsämter. Es bestehe auch keine Gefahr mit Anwaltsnotaren verwechselt zu werden. Jeder Anwalt habe die Möglichkeit, sich als Gütestelle zulassen zu lassen. Auch in anderen Bundesländern hätten die Gütestellen die Möglichkeit, das Landeswappen oder das jeweilige Ortswappen zu führen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, die Untersagungsverfügung vom 8. August 2008 aufzuheben und der Klägerin die Erlaubnis zur Führung des niedersächsischen Landeswappens zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bekräftigt ihre bisherige Auffassung und verweist darauf, dass die Klägerin bislang gar keinen Antrag an die Beklagte auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach dem NWappG gestellt habe. Eine entsprechende Gestattung sei auch nicht erteilt worden. Der frühere Mitarbeiter des Justizministeriums D. habe die Führung des Landeswappens nicht genehmigt und sei im Übrigen für eine Erteilung auch nicht zuständig gewesen. Ein derartiger Anspruch bestehe auch nicht. Insbesondere habe die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen dem Zweck der Vorschrift entsprechend ausgeübt. Es seien zum Schutze des Hoheitszeichens des Landes nur wenige Ausnahmen zum Führen des Wappens eingeräumt worden. Gütestellen gehörten nach der abschließenden Aufzählung nicht dazu. Diese seien mit den Schiedsämtern auch nicht vergleichbar. Im Übrigen entspreche die niedersächsische Regelung in dieser Frage derjenigen sämtlicher anderer Bundesländer.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Die Untersagungsverfügung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung vom 8. August 2008 ist § 3 des Niedersächsischen Wappengesetzes (NWappG) vom 8. März 2007, Nds. GVBl. S. 117. Nach dieser Vorschrift trifft die Staatskanzlei nach pflichtgemäßem Ermessen die Anordnungen, die erforderlich sind, um die Einhaltung des Gesetzes sicherzustellen. Dabei sind die Vorschriften des Niedersächsischen Gesetzes über die Sicherheit und Ordnung ergänzend anzuwenden.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NWappG dürfen Landeswappen und das Wappentier nur die Dienststellen des Landes führen oder in sonstiger Weise verwenden. Anderen ist die Verwendung des Landeswappens nach Satz 2 untersagt. Nach § 2 Abs. 3 NWappG kann die Staatskanzlei Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie sonstigen Trägern öffentlicher Aufgaben gestatten, das Landeswappen im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben zu führen. Die Niedersächsische Staatskanzlei hat das ihr insoweit eingeräumte Ermessen in dem Runderlass der Staatskanzlei vom 25. Mai 2007 (Nds. MBl. S. 410 ff.) dahingehend ausgeübt, dass sie die Verwendung des Amtsschildes folgenden im Einzelnen Benannten erlaubt (Ziff. 3.2):
a)
die Dienststellen des Landes einschließlich der Landesbetriebe nach § 26 LHO,b)
die Notarinnen und Notare,c)
die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher,d)
die Schiedsämter,e)
die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure.
Danach steht zunächst fest, dass die Gütestellen im Sinne des § 794 ZPO nicht zu dem Kreis derjenigen Stellen gehört, die ein Amtsschild führen dürfen. Die Klägerin macht daher auch geltend, dass ihre Tätigkeit und Stellung mit dem der Schiedsämter vergleichbar sei, so dass die Regelung auf sie entsprechend anwendbar sei. Eine derartige erweiternde Auslegung kommt hier jedoch nicht in Betracht. Zum einen muss festgestellt werden, dass die Gütestellen an anderer Stelle dieser Ausführungsbestimmungen, nämlich unter Ziffer 2.4 Buchst. l) genannt werden. Dort wird ihnen nämlich das Führen des kleinen Landessiegels bei der Erteilung der Vollstreckungsklausel für Vergleiche, die vor der Gütestelle geschlossen sind, gestattet. Insoweit ist der Gesamtregelung zu ersehen, dass in der Ziffer 3 bezüglich des Amtsschildes nicht etwa eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke vorhanden ist, die im Wege der Analogie geschlossen werden kann, sondern dass die Staatskanzlei insoweit bewusst eine Regelung durch Weglassen der Gütestellen getroffen hat. Dies wird auch aus dem Inhalt der Beiakte der Beklagten bestätigt, denn aus dieser ist ersichtlich, dass bereits seit dem Jahre 2000 mit negativem Ergebnis für die Gütestellen erwogen wurde, diese in den Bereich derjenigen einzubeziehen, die das Landeswappen auch auf einem Namensschild führen dürfen. In Abstimmung mit den anderen Bundesländern ist man auch in Niedersachsen zu dem Ergebnis gekommen, dass eine derartige Befugnis nicht eingeräumt werden soll.
Diese Entscheidung ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Zum einen ergibt sich aus § 2 des NWappG zweifelsfrei, dass der Gesetzgeber die Verwendung des Landeswappens zu dessen Schutz begrenzen wollte. Ausnahmen sollten auf einen kleinen Kreis begrenzt werden. Die Tatsache, dass den Schiedsämtern das Führen eines Amtsschildes gestattet wurde, zwingt nicht aus Gleichheitsgesichtspunkten dazu, dieses auch den Gütestellen zu gestatten. Die Beklagte hat zutreffend dargelegt, dass die Schiedsämter sich von den Gütestellen wesentlich unterscheiden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Rechtsverhältnis bezüglich der Schiedsämter umfassend im niedersächsischen Gesetz über gemeindliche Schiedsämter geregelt wurde. Die Schiedsperson ist als ehrenamtlich Tätige in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis. Die Schiedspersonen sind Beamte im haftungsrechtlichen Sinne. Die Anerkennung der Gütestelle ist dagegen nicht gesetzlich geregelt. Ihre Tätigkeit ist derjenigen eines freiberuflichen Rechtsanwalts vergleichbar. Soweit ihnen das Recht eingeräumt wurde, Vollstreckungsklauseln zu erteilen, hat die Beklagte dies in ihrer Ausführungsbestimmung hinreichend berücksichtigt, indem ihnen das Führen des kleinen Dienstsiegels erlaubt wurde.
Die Beklagte hat darüber hinaus zu Recht darauf hingewiesen, dass bei ihrer Entscheidung berücksichtigt wurde, dass die Führung des Landeswappens bzw. des Amtsschildes die Gefahr begünstige, eine Verwechslung mit den Notariaten herbeizuführen, was Anwälten, die als Gütestelle anerkannt sind, einen unberechtigten Vorteil gegenüber anderen Anwälten einräumen würde. Dies würde daher eher einen Verstoß gegen Art. 3 GG darstellen, wohingegen die Nichtberücksichtigung der Gütestellen bei der Erlaubnis zum Führen eines Amtsschildes schon mangels Vergleichbarkeit der Sachverhalte nicht zu einem Verstoß gegen Art. 3 GG führt.
Die Verbotsverfügung ist im Übrigen auch gerechtfertigt, weil das von der Klägerin angebrachte, zwischenzeitlich entfernte Schild nicht den Vorgaben entsprach, die im Amtsblatt im Einzelnen festgelegt sind. Danach wäre die Bezeichnung "Gütestelle" unter dem Wappen anzubringen, wohingegen das Schild der Klägerin ein längliches Schild war, auf dem die Bezeichnung neben dem Wappen angebracht war.
Der Klägerin steht somit ein Anspruch auf die Befugnis zum Führen des Amtsschildes nicht zu. Die Untersagungsverfügung war daher zu Recht ergangen. Weitere Bedenken an der Rechtmäßigkeit der ergangenen Verfügung sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, deren vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf
5.000,00 Euro
festgesetzt.
Steffen
Obelode