Sozialgericht Braunschweig
Urt. v. 07.09.2010, Az.: S 40 KR 504/07
Einwendungsausschluss der Krankenkassen nach § 275 Abs. 1c S. 2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) bzgl. der Sechswochenfrist bei medizinischen Einwendungen
Bibliographie
- Gericht
- SG Braunschweig
- Datum
- 07.09.2010
- Aktenzeichen
- S 40 KR 504/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 32264
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGBRAUN:2010:0907.S40KR504.07.0A
Rechtsgrundlagen
- § 39 Abs. 1 SGB V
- § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V
- § 112 Abs. 2 Ziff. 1, 2, 4, 5 SGB V
- § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
- 3.
Der Streitwert wird auf 834,08 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligen streiten um Krankenhausbehandlungskosten, konkret darum, ob ein vollstationärer Schlaflaboraufenthalt zur Durchführung einer kardiorespiratorischen Polysomnograhie auch durch ambulante Maßnahmen hätte ersetzt werden können.
Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne des § 108 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch -gesetzliche Krankenversicherung- (SGB V). Der 1941 geborene Versicherte der Beklagten, F., befand sich dort in der Zeit vom 27. bis 29. Juni 2007 zur Durchführung einer kardiorespiratorischen Polysomnographie im Schlaflabor der Klägerin. Die Krankenhauseinweisung erfolgte durch den behandelnden Hals-Nasen-Ohren-Arzt am 5. Juni 2007 zur Diagnose eines Schlafapnoesydroms (ICD-G 47.3-V). Der Verdacht auf das Vorliegen eines Schlafapnoesyndroms hatte sich aus halsnasenärztlichen Voruntersuchungen und einer ambulant durchgeführten Polygraphie ergeben. Er hat sich sodann bei der in zwei Diagnostiknächten im Schlaflabor der Klägerin durchgeführten Untersuchung bestätigt.
Am 4. Juli 2007 erstellte die Klägerin eine Rechnung. Auf der Basis des DRG E63Z ergab sich ein Rechnungsbetrag von 834,08 EUR. Anhand der gemäß § 301 SGB V gemeldeten Daten ging die Beklagte davon aus, dass stationäre Krankenhausbehandlung nicht notwendig gewesen sei, weil die Schlaflaboruntersuchung auch ambulant hätte durchgeführt werden können. Sie verweigerte deshalb die Zahlung. Eine Kostenzusage hatte sie zuvor nicht erteilt. Den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) schaltete sie nicht ein.
Am 12. Dezember 2007 hat die Klägerin beim Sozialgericht Braunschweig Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, die stationär im Krankenhaus durchgeführte Schlaflaboruntersuchung sei von ihr zu Recht der Beklagten in Rechnung gestellt worden. Es sei medizinisch unstrittig, dass die im Schlaflabor durchgeführte Polysomnographie zur Diagnose eines Schlafapnoesyndroms bei dem Versicherten der Beklagten notwendig gewesen sei. Auch die Beklagte habe dies nicht bestritten.
Die Untersuchung sei auch zu Recht als vollstationäre Krankenhausbehandlung im Schlaflabor der Klägerin durchgeführt worden. Sie hätte nicht ambulant durchgeführt werden können. Im Jahr 2007 habe es in der Region keine ambulanten Schlaflabore gegeben, welche die Mindestanforderungen an die ständige Anwesenheit von ärztlichem Personal erfüllten. Im Übrigen sei bereits wegen des Krankheitsbildes des Versicherten die Schlaflaboruntersuchung nur unter stationären Krankenhausbedingungen medizinisch vertretbar gewesen. Bei dem Versicherten habe ein massives Übergewicht und ein massiver Hypertonus mit Werten von zeitweise über 200 mmHg vorgelegen.
Die Klägerin ist im Übrigen der Auffassung, die Beklagte sei mit allen von ihr vorgebrachten Einwendungen ausgeschlossen, da sie nicht innerhalb der Sechswochenfrist des § 275 SGB V den MDK mit einer Fallprüfung beauftragt habe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen der Klägerin 834,08 EUR nebst zwei Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20. Juli 2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, stationäre Krankenhausbehandlung sei nicht medizinisch notwendig gewesen. Die Schlaflaboruntersuchung hätte ambulant durchgeführt werden können. Die Klägerin sei deshalb nicht berechtigt gewesen, die Leistung als stationäre Krankenhausbehandlung abzurechnen. Von der Möglichkeit, ihr Schlaflabor als ambulante Einrichtung zuzulassen, habe sie keinen Gebrauch gemacht. Zwar habe es 2007 in der Region noch keinen niedergelassenen Arzt mit Schlaflabor und der Möglichkeit einer ambulanten Polysomnographie gegeben, jedoch hätten die Krankenhäuser Salzgitter, Peine und St. Vincent in Braunschweig bereits 2007 eine Ermächtigung zum Betrieb ihrer Schlaflabore als ambulante Einrichtungen gehabt. Sie seien zur ambulanten Abrechnung durch die kassenärztliche Vereinigung zugelassen gewesen. Darüber hinaus habe es im weiteren Umkreis, zum Beispiel Hannover und Magdeburg, zahlreiche ambulante Schlaflabore bereits 2007 gegeben. Die Beklagte ist darüber hinaus der Auffassung, bei ihrem Versicherten sei die Polysomnographie unter stationären Krankenhausbedingungen nicht medizinisch notwendig gewesen. Es handele sich dabei nur um eine diagnostische Untersuchung, nicht um einen körperlichen Eingriff wie eine Operation. Das Gefährdungspotential sei gering, da die Patienten eigentlich nur schlafen müssten. Diagnosen wie Übergewicht und Bluthochdruck seien deshalb keinesfalls Indikationen für den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der näheren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten nebst Beiakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Bezahlung der Rechnung vom 4. Juli 2007 nicht zu.
Rechtsgrundlage für einen Vergütungsanspruch des Krankenhauses ( und damit der Klägerin) ist in Niedersachsen grundsätzlich der Vertrag zu den Bereichen des § 112 Abs. 2 Ziffern 1, 2, 4 und 5 SGB V zwischen der niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und den Verbänden der Krankenkassen (niedersächsischer Sicherstellungsvertrag) in Verbindung mit § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V und den Regelungen der Bundespflegesatzverordnung.
Abgerechnet werden können prinzipiell alle erbrachten Krankenhausleistungen, soweit sie notwenig und wirtschaftlich waren. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse gegenüber dem Krankenhaus entsteht dabei unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Eine Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse ist nicht erforderlich.
Allerdings besteht der Anspruch des Versicherten auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (und damit zugleich der Anspruch des Krankenhauses gegen die Krankenkasse auf Bezahlung der Behandlung) gemäß § 39 Abs. 1 SGB V nur dann, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung erreicht werden kann.
Unzweifelhaft war der Versicherte krankenbehandlungsbedürftig. Es war erforderlich, bei ihm eine Polysomnographie im Schlaflabor zur Diagnose eines Schlafapnoesyndroms durchzuführen. Ebenso unzweifelhaft hat die Klägerin auch eine stationäre Behandlungsleistung erbracht.
Zu entscheiden ist deshalb letztlich nur darüber, ob diese Leistung vollstationär erforderlich war oder ob das Behandlungsziel durch ambulante Behandlung hätte erreicht werden können.
Zwar hat der behandelnde HNO-Arzt des Versicherten diesem am 12. April 2007 eine Verordnung von Krankenhausbehandlung (welche nur bei medizinischer Notwendigkeit zulässig ist, worauf der Verordnungswortlaut ausdrücklich hinweist) ausgestellt. Dies entbindet jedoch nach der mittlerweile eindeutigen sozialgerichtlichen Rechtsprechung die Krankenhausärzte nicht von einer eigenständigen Prüfung der medizinischen Notwendigkeit vollstationärer Behandlung. Diese muss vielmehr objektiv gegeben sein.
Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen (vergleiche BSG, Großer Senat, Beschluss vom 25. September 2007 - GS 1/06 -, BSGE 99, 111, Randnummer 15). Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist. Dabei haben sie von dem im Behandlungszeitraum verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand auszugehen (a.a.O., Randnummer 27).
Das Erfordernis der uneingeschränkten Überprüfbarkeit durch die Sozialgerichte ergibt sich aus dem Amtsermittlungsgrundsatz des sozialgerichtlichen Verfahrens (§ 106 SGG).
Der Amtsermittlungsgrundsatz wird auch nicht durch § 275 SGB V eingeschränkt. Aus § 275 SGB V ergibt sich nicht, dass die Beklagte wegen Nichteinhaltens der dortigen Sechswochenfrist mit allen (insbesondere medizinischen) Einwendungen ausgeschlossen ist.
Gemäß § 275 Abs. 1 SGB V sind die Krankenkassen "in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, 1. bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Vorraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung, 2. ( ), 3. ( ), eine gutachterliche Stellungnahme des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (medizinischer Dienst) einzuholen".
Der mit Wirkung zum 1. April 2007 eingefügte Absatz 1 c dieser Vorschrift lautet: "Bei Krankenhausbehandlungen nach § 39 ist eine Prüfung nach Abs. 1 Nr. 1 zeitnah durchzuführen. Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den medizinischen Dienst dem Krankenhaus anzuzeigen. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100,00 EUR zu entrichten." Um die Häufigkeit der MDK-Prüfungen einzuschränken, hat der Gesetzgeber zum 25. März 2009 den Betrag von 100,00 EUR auf 300,00 EUR erhöht.
Die Beklagte hat nicht innerhalb der Sechswochenfrist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V (nämlich gar nicht) eine MDK-Prüfung eingeleitet.
Die sich aus § 275 Abs. 1 Satz 1 SGB V ergebende Verpflichtung zur Prüfung korrespondiert mit dem Recht, vom Krankenhaus die dortigen Unterlagen zur Prüfung durch den MDK verlangen zu können. Daraus ergibt sich, dass bei Verletzung der Pflicht, die Prüfung binnen 6 Wochen einzuleiten auch das entsprechende Recht erlischt. Damit hat die Krankenkasse jedoch lediglich ihr Recht auf medizinische Prüfung des Falls durch den MDK unter Mithilfe des Krankenhauses verloren. Dies bedeutet für sie den erheblichen Nachteil, im Streitfall vorgerichtlich ihre Erfolgsaussichten nicht mehr medizinisch anhand der Krankenakte überprüfen zu könne.
Weitergehende Sanktionen sieht das Gesetz nicht vor. Insbesondere ist nirgendwo bestimmt, dass es sich bei der Sechswochenfrist des§ 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V um eine (auch vom Gericht zu beachtende) Einwendungsausschlussfrist handelt. Die erkennende Kammer folgt deshalb nicht der diesbezüglichen Rechtsansicht der Klägerin und einiger Sozialgerichte (zum Beispiel SG Darmstadt, S 18 KR 344/08, SG Hannover S 10 KR 885/09 und S 19 KR 141/09 - www.sozialgerichtsbarkeit.de -).
Eine solche, weit über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehende Interpretation widerspricht insbesondere dem vom Großen Senat des BSG (a.a.O.) aufgestellten Grundsatz, dass das Gericht im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen hat, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist (a.a.O., Leitsatz 2, Satz 1).
Auch würde eine solche Interpretation dem gesetzgeberischen Willen zuwider laufen, die Krankenhäuser von übermäßig vielen MDK-Prüfungen freizuhalten. Die Krankenhäuser könnten Nachfragen der Krankenkassen wegen (vermeintlicher oder tatsächlicher) unschlüssiger Datenmeldungen nach § 301 SGB V unbeantwortet lassen und sich nach 6 Wochen auch bei eklatant unrichtiger Abrechnung auf den Einwendungsausschluss berufen. Die Krankenkassen müssten dann, um keine prozessualen Rechtsverluste zu erleiden, auch in allen Fällen, wo ihrer Ansicht nach einvernehmlich zu klärende Missverständnisse oder Eingabefehler vorliegen oder die Sachlage auch ohne MDK-Beratung eindeutig ist, diesen umgehend mit einer Prüfung beauftragen
Im sozialgerichtlichen Klageverfahren ist nicht mehr die Krankenkasse zur medizinischen Sachverhaltsaufklärung berufen, sondern diese obliegt dem Gericht (s.o.). Das Krankenhaus ist zur Herausgabe der Krankenakten an das Gericht verpflichtet. Die Klägerin ist dieser Pflicht nachgekommen.
Wie sich aus dem Inhalt der Krankenhausakte ergibt, war die Durchführung der Polysomnographie im Schlaflabor medizinisch notwendig. Es war jedoch nicht medizinisch notwendig, diese im Schlaflabor der Klägerin im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung durchzuführen. Sie hätte auch ambulant durchgeführt werden können.
Die Qualitätsanforderungen und die Voraussetzungen für die Durchführung der kardiorespiratorischen Polysomnographie in der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen der Differentialdiagnostik und Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Nr.3 der Anlage I (anerkannte Untersuchungs-und Behandlungsmethoden) der "Richtlinie Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung" (Richtlinie Methoden der vertragsärztlichen Versorgung) -im Folgenden: Anlage I Nr. 3- und der im dortigen § 2 erwähnten Qualitätssicherungsvereinbarung geregelt. Die dort aufgestellten Qualitätsanforderungen und Voraussetzungen sind (soweit dies hier relevant ist) auch im Rahmen der Krankenhausbehandlung anerkannter Standard.
Schlafbezogene Atmungsstörungen im Sinne der Richtlinie sind nach § 1 Abs. 2 Anlage I Nr. 3 die obstruktiven und zentralen Schlafapnoe- und Hypopnoe-Syndrome sowie obstruktive Rhonchopathien, die während des Schlafes zu bedrohlichen Apnoe- und Hypopnoe-Phasen, Sauerstoffentsättigungen des Blutes, Herzrhythmusstörungen und erheblichen, behandlungsbedürftigen Beeinträchtigungen der Schlafqualität führen können. Bei dem Versicherten ging es um die Diagnostik eines solchen Schlafapnoesyndroms.
Die Diagnose erfolgt in 4 Stufen (§ 3 Anlage I Nr. 3). Erst wenn Anamnese (Stufe 1), klinische Untersuchung (Stufe 2) und kardiorespiratorische Polygraphie (Stufe 3) keine Klärung gebracht haben kann die kardiorespiratorische Polysomnographie (Stufe 4) als ergänzende Diagnostik durchgeführt werden. Diese Voraussetzungen waren hier gegeben. Die Diagnosestufen 1 bis 3 sind ohne klares Ergebnis durchgeführt worden.
Ergänzende Diagnostik der Stufe 4 war deshalb medizinisch erforderlich. Sie hätte jedoch auch ambulant durchgeführt werden können.
Seit der Änderung/Ergänzung der GBA-Richtlinie zum 11.11.2004 kann auch die Polysomnographie in zugelassenen Schlaflaboren (§ 2 Anlage I Nr. 3) ambulant durchgeführt werden und nicht mehr wie davor nur vollstationär in Krankenhäusern.
Die streitgegenständliche, 2007 durchgeführte Untersuchung hätte ambulant erfolgen müssen (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
Zwar litt der Versicherte neben der Schlafstörung noch an massivem Übergewicht und erheblichem Hypertonus. Dies sind jedoch keine Diagnosen, die bei einer diagnostischen Untersuchung wie hier die besonderen Mittel eines Krankenhauses erfordern. Es sind dies Diagnosen, die bei einer Vielzahl von schlafgestörten Patienten begleitend vorliegen. Auch ambulante Schlaflabore verfügen über entsprechendes Fachpersonal. Der Anwendungsfall der ambulant durchzuführenden Schlaflaboruntersuchung wäre auf ein Minimum reduziert, wenn bei solchen Begleitdiagnosen die ambulante Durchführung medizinisch nicht vertretbar wäre.
Das Gericht orientiert sich bei seiner Entscheidung an der "Arbeitshilfe schlafbezogene Atmungsstörungen" der sozialmedizinischen Expertengruppe "Versorgungsstrukturen" des MDK vom September 2006. Gründe für eine vollstätionäre Durchführung sind danach im Regelfall nur das Vorliegen einer schweren psychischen Erkrankung, eine bekannte, medikamentös unzureichend eingestellte Epilepsie und ein bekannter erhöhter Pflegebedarf, der in einem ambulanten Schlaflabor nicht abgedeckt werden kann. Für das Vorliegen einer solchen Erschwernis gibt es hier keine Anhaltspunkte.
Herzinsuffizienz (ab NYHA III), höhergradige Herzrhythmusstörungen, chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit schwerer respiratorischer Globalinsuffizienz, Angina pectoris und eingestellte Epilepsie können allenfalls Gründe für die vollstationäre Durchführung einer Kontrolluntersuchung bei nächtlicher Beatmungstherapie sein.
Die Möglichkeit der ambulanten Polysomnographie wäre auch nicht wegen unzureichender Versorgungsstrukturen im Jahr 2007 ausgeschlossen gewesen. Allein in der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM; www.dgsm.de), einer der beiden großen deutschen schlafmedizinischen Gesellschaften, der auch die Klägerin angehört, sind seit 2005 über 200 nach § 2 Anlage I Nr. 3 zur ambulanten Abrechnung zugelassene Schlaflabore akkreditiert, davon etliche im Umkreis von 100 km um Braunschweig. Dem unsubstantiierten Einwand der Klägerin, diese erfüllten nicht die Mindestanforderungen brauchte das Gericht nicht nachgehen, weil mit der Zulassung durch die Kassenärztliche Vereinigung wegen § 2 Abs. 2 Anlage I Nr. 3 die Einhaltung der Qualitätsanforderungen unterstellt werden kann.
Zwar gab es bei einigen dieser Schlaflabore längere Wartezeiten, dies traf aber z.B. nicht auf die großen Labore in Hannover und Magdeburg zu. Der Versicherte hätte deshalb entweder warten können (ein Eilfall lag nicht vor) oder eines der etwas weiter entfernt liegenden Schlaflabore aufsuchen können. Es sind keine Gründe für den Ausschluss der Reisefähigkeit des Versicherten ersichtlich.
Weil vollstationäre Krankenhausbehandlung nicht notwendig war gibt es keine Rechtsgrundlage für die von der Klägerin ausgestellte Rechnung. Eine Abrechnung als ambulante Leistung (ohnehin nur gegenüber der Kassenärztliche Vereinigung möglich) scheitert an der fehlenden Zulassung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Streitwert ergibt sich aus der geltend gemachten Klagforderung.