Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 12.07.2006, Az.: 2 A 303/05
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 12.07.2006
- Aktenzeichen
- 2 A 303/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 44222
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2006:0712.2A303.05.0A
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 2. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Hirschmann, den Richter am Verwaltungsgericht Meyer, den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Struß sowie die ehrenamtlichen Richter Seidel und Schmidt
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Bescheide vom 15.02.2005 und vom 13.10.2005 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen sie festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird 5.000,- EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Verpflichtung zur Sicherung aufgegebenen Fluggepäcks bzw. gegen die Verpflichtung, solche Maßnahmen zunächst im Luftsicherheitsplan vorzusehen.
Die Klägerin ist ein Luftfahrtunternehmen. Sie fliegt die Flughäfen Berlin-Tegel, Düsseldorf, Köln/Bonn und München an.
Mit Bescheid vom 15.02.2005 forderte die Beklagte die Klägerin auf, erforderliche Ergänzungen/Änderungen ihres Luftsicherheitsplanes vorzulegen. Zur Begründung wies die Beklagte auf die EG-VO 2320/2002 hin. Danach sei aufgegebenes Fluggepäck ab dem Zeitpunkt der Übergabe an der Gepäckaufgabestelle durch den Passagier an das Luftfahrtunternehmen bis zum Abflug des Luftfahrzeugs vor Manipulationen zu schützen. Dies betreffe auch die Phase des Verladens in Gepäckfahrzeuge oder Luftfahrzeuge auf dem Vorfeld.
Die Klägerin legte mit Schriftsatz vom 15.03.2005 Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass der Flughafenbetreiber nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 Luftsicherheitsgesetz - LuftSiG - verpflichtet sei, die geforderten Maßnahmen durchzuführen. § 9 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG verpflichte Luftfahrtunternehmen lediglich zur Identifizierung von Gepäck, ebenso wie dies früher § 19b Luftverkehrsgesetz vorgesehen habe. Die Verpflichtung des Flughafenbetreibers zu Sicherungsmaßnahmen ergebe sich darüber hinaus auch aus § 45 Luftverkehrszulassungsordnung - LuftVZO -, wonach der Flughafenbetreiber den Flughafen in betriebssicherem Zustand zu erhalten habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass § 9 Abs. 1 LuftSiG Luftfahrtunternehmen grundsätzlich verpflichte, Sicherungsmaßnahmen bei der Behandlung von Gepäck durchzuführen. Daneben bestünde auch nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 LuftSiG eine Verpflichtung des Flugplatzbetreibers, Gepäck sicher zu transportieren und zu lagern. Diese Verpflichtung sei jedoch auf den Transport zur Durchführung der Kontrolle durch die Luftsicherheitsbehörde beschränkt. Der Prozess der Gepäckbeförderung gliedere sich also in die Teile Entgegennahme, Röntgen, Transport auf dem Förderband zur Sammelstelle, Lagerung, Verladung auf Gepäckwagen, Transport zum Flugzeug, Verladung. Wenn aufgrund der baulichen Gegebenheiten häufig die Verantwortlichkeit des Luftfahrtunternehmens entfalle und der Großteil dieser Maßnahmen im Abfertigungsgebäude und damit durch den Flughafenbetreiber erfolge, ändere dies an der rechtlichen Beurteilung nichts. Wesentlicher Punkt des Bescheides vom 15.02.2005 sei die Beförderung des Gepäcks zwischen Abfertigungsgebäude und Flugzeug. Aus der Verordnung über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen (Bodenabfertigungsdienst-Verordnung - BADV -) ergebe sich, dass bei der Gepäckabfertigung und den Vorfelddiensten der Flughafenbetreiber auch Selbstabfertigern und Dienstleistern die Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten zu ermöglichen habe (§ 3 Abs. 1 BADV). Da die Beklagte nicht wissen könne, auf welchem Flughafen die genannten Dienste vom Flughafenbetreiber, vom Luftfahrtunternehmen als Selbstabfertiger bzw. vom Flughafenbetreiber zugelassenen Dienstleistern erbracht würden, sei es die Pflicht des Luftfahrtunternehmens, dies festzustellen und ggf. Eigensicherungsmaßnahmen durchzuführen.
Die Klägerin hat nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 17.10.2005 am 16.11.2005 Klage erhoben.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angeordneten Maßnahmen seien keine Sicherungsmaßnahmen im Sinne des § 9 LuftSiG. Die geforderten Sicherungsmaßnahmen seien sinnvollerweise nur vom Flughafenbetreiber nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LuftSiG durchzuführen und daher diesem auch zugewiesen. Aufbewahrung und Beförderung bereits kontrollierten Gepäcks könne nur vom Flughafenbetreiber sinnvoll durchgeführt werden. § 8 LuftSiG entspreche dem früheren § 19 Abs. 1 Nr. 2 Luftverkehrsgesetz -LuftVG-. Dessen Gesetzeszweck habe mit dem Inkrafttreten des LuftSiG nicht geändert werden sollen. Auch die BADV spreche nicht für, sondern gegen eine Verpflichtung der Klägerin zur Sicherung bereits aufgegebenen Gepäcks. Die Klägerin sei nicht Selbstabfertigerin. Sie könne somit nicht im Bereich zwischen Abfertigungsgebäude und Flugzeug tätig werden. Darüber hinaus könne der Adressat einer Maßnahme nach dem LuftSiG nur durch dieses Gesetz, nicht durch eine nach dem Gesetz ergangene Verordnung festgelegt werden. Die BADV diene der Umsetzung der Richtlinie 96/67/EG und habe die Öffnung des Marktes für Bodenverkehrsdienste zum Ziel. Für die Sicherungspflichten der Flughafenbetreiber sei sie daher ohne Bedeutung. Die BADV hindere den Flughafenbetreiber auch nicht daran, die ihm obliegenden Sicherungspflichten zu erfüllen. Die BADV konkretisierte sogar die Pflicht des Flughafenbetreibers, Selbstabfertiger bzw. Dienstleister bei der Zulassung dazu zu verpflichten, ihren Beitrag dazu zu leisten, dass der Flughafenbetreiber seinen gesetzlichen Pflichten genügen könne.
Die getroffene Anordnung sei auch nicht von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt. § 9 LuftSiG spreche von den Luftfahrtunternehmen zugewiesenen Bereichen. Diese existierten im Fall der Klägerin nicht. Bei der Anordnung handele es sich auch nicht um eine Auflage, da bestimmte Maßnahmen nicht gefordert würden. Es würden lediglich Ergänzungen des Luftsicherheitsplanes gefordert. Die Anordnungen seien auch zu unbestimmt, da nicht klar sei, was gefordert werde. Aus der Begründung zu § 9 LuftSiG ergebe sich, dass der Luftfahrtunternehmer nicht für die Sicherung von Gepäck zuständig sein solle. Während der Gesetzgeber in der Begründung ausdrücklich darauf hinweise, dass Sicherungspflichten von Luftfahrtunternehmen für Fracht, Post oder sonstige Gegenstände zur Durchführung der im Anhang 6-10 der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 genannten Sicherungsmaßnahmen bestünden, sei eine Zuweisung der Verantwortlichkeit für Sicherungsmaßnahmen für Gepäck, die im Anhang 5 der genannten Verordnung genannt würden, gerade nicht erfolgt. Dem entspreche es, dass § 8 Abs. 1 Nr. 2 LuftSiG die umfassende Verantwortung des Flughafenbetreibers gerade nicht einschränke. Nach der Begründung habe mit dem Halbsatz "dies schließt den Transport zu und zwischen einer mehrstufigen Kontrollanlage ein" nur klargestellt werden sollen, dass bei mehrstufigen Gepäckkontrollanlagen die entstehenden Mehrkosten durch den erhöhten Beförderungsaufwand zu Lasten der Flughafenbetreiber gehen sollten.
Schließlich bestätige das Schreiben des Ministeriums für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 1. März 2006, dass bei Flughäfen - wie dem Flughafen Düsseldorf -, die die sog. große Lösung - also eine Kontrolle von Mitarbeitern und Material im gesamten sicherheitsrelevanten Bereich - eingeführt hätten, eine Sicherung des Gepäcks, soweit es aufgegeben und kontrolliert sei, entbehrlich sei. Nach der großen Lösung sei das gesamte Vorfeld zum sensiblen Sicherheitsbereich erklärt worden, was zur Folge habe, dass das gesamte Personal, einschließlich der Flugbesatzungen, nach der Verordnung (EG) Nr. 1138/2004 und die von diesen Personen mitgeführten Gegenstände vor Betreten des Bereiches zu durchsuchen seien. Nach Anhang 5.3.2 der Verordnung (EG) Nr. 622/2003 sei daher eine Überwachung des aufgegebenen Gepäcks entbehrlich. Die Klägerin schließlich fliege nur Flughäfen an, die die große Lösung verwirklicht hätten. Eine Kontrolle von aufgegebenem Gepäck sei daher für die Klägerin insgesamt entbehrlich.
Schließlich habe die Beklagte auch kein Ermessen bei der Anordnung der angefochtenen Maßnahme erkennen lassen. Die Maßnahmen seien darüber hinaus unverhältnismäßig.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15.02.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 13.10.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie erwidert, das LuftSiG weise auch den Luftfahrtunternehmern Sicherungsmaßnahmen für Gepäck zu. § 9 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG enthalte lediglich eine nicht abschließende Aufzählung. Eine umfassende Sicherungspflicht für Gepäck ergebe sich jedenfalls für den Flughafenbetreiber nicht aus § 8 Abs. 1 Nr. 2 LuftSiG. Die BADV sei insoweit von Bedeutung, also auch die Klägerin jederzeit als Selbstabfertigerin tätig werden könne. Dem würde die Beklagte im Rahmen der zu erteilenden luftrechtlichen Genehmigung auch zustimmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Zunächst ist festzuhalten, dass es den angefochtenen Bescheiden entgegen der Ansicht der Klägerin nicht an einer Rechtsgrundlage fehlt. Diese Rechtsgrundlage findet sich in § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LuftSiG. Nach dieser Vorschrift sind Luftfahrtunternehmen, die Luftfahrzeuge mit mehr als 5,7 Tonnen Höchstgewicht betreiben, zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs u.a. verpflichtet, Sicherungsmaßnahmen bei der Abfertigung von Fluggästen und der Behandlung von Post, Gepäck, Fracht und Versorgungsgütern durchzuführen. Damit sind die Luftfahrtunternehmen u.a. auch für die Sicherheit des aufgegebenen Gepäcks zuständig soweit es sich auf dem Vorfeld zur Verladung in das Luftfahrzeug befindet. Die Vorschrift beschränkt die Sicherungspflichten der Luftfahrtunternehmen nicht auf Sicherungsmaßnahmen beim "Check-In", also der Identifizierung von Fluggästen und deren Gepäck. Dies ergibt sich aus der Auslegung der Vorschrift selbst, aber auch aus dem Vergleich mit den Vorschriften des LuftSiG, die Sicherungsmaßnahmen der Flughafenbetreiben und der Luftsicherheitsbehörden festlegen.
Nach § 9 Abs. 1 S. 1 LuftSiG haben die Luftfahrtunternehmen bei der Abfertigung von Fluggästen Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Hätte der Gesetzgeber Sicherungsmaßnahmen der Luftfahrtunternehmen im Hinblick auf Post, Gepäck, Fracht und Versorgungsgüter ebenfalls auf die Abfertigung beschränken wollen, hätte eine Aufzählung "Abfertigung von Fluggästen, Post, Gepäck (...)" ausgereicht. Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass der Gesetzgeber durch das Einfügen der Worte "und der Behandlung" zum Ausdruck bringen wollte, dass die Zuständigkeit der Luftfahrtunternehmen für Post, Gepäck, Fracht und Versorgungsgüter nicht auf die Abfertigung beschränkt ist.
Diese Auslegung wird auch durch §§ 5 und 8 LuftSiG gestützt. § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 LuftSiG erlegt den Flughafenbetreibern die Pflicht auf, Post aufgegebenes Gepäck, Fracht und Versorgungsgüter zur Durchführung der Maßnahmen nach § 5 Abs. 3 sicher zu transportieren und zu lagern. Nach § 5 Abs. 3 LuftSiG wiederum kann die Luftsicherheitsbehörde Fracht, aufgegebenes Gepäck, Postsendungen und sonstige Gegenstände, die in die nicht allgemein zugänglichen Bereiche des Flugplatzes verbracht wurden oder verbracht werden sollen, nach den in § 11 Abs. 1 genannten Gegenständen durchsuchen, durchleuchten oder in sonstiger geeigneter Weise überprüfen. Ist also die Luftsicherheitsbehörde für das Durchleuchten und der Flughafenbetreiber für den Transport zum Durchleuchten zuständig, muss eine Verantwortlichkeit für die Sicherheit des Gepäcks im Übrigen beim Luftfahrtunternehmen liegen, da nicht angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber sicherheitsrelevante Stationen des Gepäcks ohne entsprechende Sicherungsmaßnahmen lassen wollte. Die Kammer verkennt nicht, dass die Handhabung in der Praxis oftmals nicht dieser gesetzlichen Regelung entspricht, da häufig die Flughafenbetreiber die genannten Aufgaben insgesamt übernehmen. An der rechtlichen Konstruktion ändert die tatsächliche Handhabung allerdings nichts. Darüber hinaus ist auch nicht nur die Situation vor dem Abflug sondern auch die nach der Landung eines Luftfahrzeugs in den Blick zu nehmen. Es scheint der Kammer überzeugend, dass zunächst das Luftfahrtunternehmen die Verantwortung für das entladene Gepäck zu übernehmen hat. Es ist - über die oben dargelegte rechtliche Betrachtung hinaus - auch sachgerecht in dieser Situation den "sachnäheren" Luftfahrtunternehmen die Sicherungspflicht aufzuerlegen. Schließlich ist die Kammer der Auffassung, dass der Wortlaut der Regelungen des LuftSiG eindeutig ist, so dass für eine Auslegung anhand der Begründung des LuftSiG kein Raum bleibt.
Die angefochtenen Bescheide sind dennoch rechtswidrig. Sie entsprechen nicht den nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - an einen schriftlichen Bescheid zu stellenden Anforderungen. Nach § 37 Abs. 1 VwVfG muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Die durch Verwaltungsakt getroffene Regelung muss hinreichend klar und verständlich sein. Für den Adressaten muss der Entscheidungsinhalt nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich sein, und ihn in die Lage versetzen, zu erkennen, was genau von ihm gefordert wird (Kopp, VwVfG, 9. Aufl. § 37 Rn 12). Diesen Anforderungen genügen die angefochtenen Bescheide nicht. Der Bescheid vom 15.02.2005 fordert allgemein zu einer Ergänzung des Luftsicherheitsplans auf. Was in den Luftsicherheitsplan aufzunehmen ist, war für die Klägerin - das ist auch in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gekommen - nicht klar. Deshalb versucht auch der Widerspruchsbescheid (Seite 2 letzter Absatz) - letztlich aber nicht überzeugend - klarzustellen, dass es "im Wesentlichen" auch um die Vorfelddienst auf dem Flughafen gehe. Vom Empfängerhorizont aus betrachtet, wird dadurch aber die getroffene Anordnung nicht wesentlich klarer.
Eine Auflage, wie die Beklagte ihre Verfügung verstanden wissen will, ordnet jedenfalls konkrete Maßnahmen an. Der Inhalt des Bescheides vom 15.2.2005 hätte also Gegen-stand eines Auskunftsverlangens - nicht einer Anordnung in Bescheidform - an die Klägerin sein können. Nachdem entsprechende Informationen zusammengetragen sind, wäre eine konkrete Anordnung in Frage gekommen. Im vorliegenden Fall blieb es aber der Klägerin überlassen, den Inhalt der Verfügung zu bestimmen. Eine konkrete Maßnahme ist nicht angeordnet. In Betracht wäre die Anordnung gekommen, aufgegebenes Gepäck vor der Verladung nicht unbeaufsichtigt neben dem Luftfahrzeug oder dem Vorfeld abzustellen (Anhang 5.3 c)) zur VO (EG) 2320/2002. Diese Verordnung wird zwar im angefochtenen Bescheid erwähnt, jedoch fehlt es an einer konkreten Anordnung. Jedenfalls ist für die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung klar geworden, dass schon die Aussage und Aufnahme in den Luftsicherheitsplan, dass sämtliche Sicherheitsmaßnahmen vom Flughafenbetreiber übernommen würden, ausgereicht hätte. Letztlich begegnete die so verstandene Anordnung allerdings ebenfalls rechtlichen Bedenken, da die Aufnahme diese Satzes nicht dem gesetzgeberischen Auftrag nach Klarheit bei der Zuständigkeitsverteilung im Hinblick auf die Sicherungsmaßnahmen gerecht würde, sondern lediglich eine nicht weiterführende, weil die Verantwortlichkeiten nicht aufzeigende Erklärung wäre.
Letztlich ist auch nicht zu übersehen, dass die Klägerin über einen genehmigten Luftsicherheitsplan verfügt. Für diesen Fall sieht § 9 Abs.1 S. 4 LuftSiG gerade nur nachträgliche Auflagen vor. Das Verlangen die "erforderlichen Ergänzungen/Änderungen" des Luftsicherheitsplans vorzulegen, ist davon nicht gedeckt. Bei der erstmaligen Zulassung hat die Luftsicherheitsbehörde zweifelsohne alle Möglichkeiten auf die Gestaltung des Planes Einfluss zu nehmen. Ergeben sich Mängel am Luftsicherheitsplan kann die Zulassung verweigert werden. Ändern sich die rechtlichen Grundlagen derart, dass der zugelassene Luftsicherheitsplan nicht ausreichend erscheint, sind nachträgliche Auflagen möglich. Eine Rechtsgrundlage dafür, ein Luftfahrtunternehmen, das in Besitz eines zugelassenen Luftsicherheitsplanes ist, zur Vorlage eines neuen, geänderten Planes aufzufordern, findet sich nicht. Ist die Luftsicherheitsbehörde nicht in der Lage, konkrete nachträgliche Auflagen zu formulieren oder erscheint ihr dies nicht angezeigt, besteht ggf. die Möglichkeit die Zulassung nach den Regeln des allgemeinen Verfahrensrechtes aufzuheben. Anderenfalls befänden sich die Luftfahrtunternehmen quasi ständig im Aufstellungsverfahren eines Luftsicherheitsplanes. Dieses Verfahren hat indes mit der Zulassung durch die Luftsicherheitsbehörde seinen Abschluss gefunden.
Angesichts der obigen Ausführung kommt es auf die Frage, ob Sicherungsmaßnahmen für Gepäck bzw. eine Ergänzung des Luftsicherheitsplanes um solche Maßnahmen nicht schon wegen Ziff. 5.3.2 des Anhangs zur VO (EG) 622/2003 entbehrlich sind, nicht mehr an. Nach dieser Vorschrift ist die Sicherung aufgegebenen Gepäcks nur dann erforderlich, wenn der angeflogene Flughafen nicht die sog. große Lösung verwirklicht hat, also es sich nicht um einen Flughafen handelt, auf dem das gesamte Personal, das Zutritt zu sicherheitsrelevanten Bereichen hat, und das Gepäck, das in diese Bereiche verbracht wird, kontrolliert wird. Nur dann ist das Gepäck zwischen Gepäcksammel- und Gepäcklagerbereichen und dem Luftfahrzeug bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Frachträume des Luftfahrzeugs unmittelbar vor dem Abflug geschlossen und verriegelt werden, zu überwachen. Da die Klägerin unstreitig nur solche Flughäfen anfliegt, die die sog. große Lösung verwirklicht haben, wäre eine darüber hinaus gehende Anordnung wohl nicht erforderlich und begegnete Bedenken hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit.
Auch eine Vorlage nach Art. 100 Grundgesetz - GG - an das Bundesverfassungsgericht kommt nach den oben erfolgten Ausführungen nicht in Betracht. Die Kammer hält allerdings an ihren verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das LuftSiG fest.
Eine Verletzung des Grundgesetzes könnte sich neben anderen Gesichtspunkten u.a. daraus ergeben, dass der Bundesrat dem zustimmungsbedürftigen Gesetz nicht zugestimmt hat. Die Zustimmungsbedürftigkeit von Gesetzen ist im Grundgesetz enumerativ geregelt. Vorliegend ist Art. § 87 d Abs. 2 GG einschlägig. Nach Art. 87 d Abs. 2 GG können durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung den Ländern als Auftragsverwaltung übertragen werden. Durch die Zuweisung von Aufgaben sowie allgemeinen und besonderen Befugnissen in §§ 2, 3 und 5 LuftSiG werden den Ländern Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung als Auftragsverwaltung übertragen (§ 16 Abs. 2 LuftSiG). Ferner ist vorgesehen, dass die Aufgaben der Luftsicherheitsbehörden nach diesem Gesetz in bundeseigener Verwaltung ausgeführt werden können, wenn dies zur Gewährleistung der bundeseinheitlichen Durchführung der Sicherheitsmaßnahmen erforderlich ist (§ 16 Abs. 3 S. 2 LuftSiG). Diese neue Zuständigkeitsregelung weicht nun von der bisherigen mit Zustimmung des Bundesrates zustande gekommenen und vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschl. v. 28. Januar 1998 - 2 BvF 3/92 -, BVerfGE 97, 198 ff.) für verfassungsgemäß erklärten Regelung des § 31 Abs. 2 Nr.19 S. 2 LuftVG ab. Nach dieser Vorschrift führten die Länder im Auftrag des Bundes die Aufgaben zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs (§§ 29c, 29d) aus. Auf Antrag eines Landes konnte der Bund diese Aufgaben in bundeseigener Verwaltung ausführen. Während also vor Inkrafttreten des LuftSiG die Rückübertragung der Zuständigkeit der Länder des Antrags eines Landes bedurfte, hat es nunmehr der Bund ohne Zutun eines Landes in der Hand, die Zuständigkeit an sich zu ziehen. Die aufgehobene Lösung des § 31 Abs. 2 Nr. 19 S. 2 LuftVG hatte das BVerfG (aaO.) u.a. - wegen des Fehlens eines die Rückübertragung regelnden Gesetzes - deshalb nicht beanstandet, weil das tatsächlich mit Zustimmung des Bundesrates beschlossene Gesetz vorsah, dass die Rückübertragung "auf Antrag eines Landes ausgelöst wird". Daran fehlt es nunmehr. Dass der Bund von dieser Möglichkeit Gebrauch macht bzw. erwägt, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, ergibt sich aus der mit Schriftsatz der Klägerin vom 06.07.2006 eingereichten Anlage K 16, wonach der Bund dies für das Land Berlin vorsieht. Dieser Entzug von Länderzuständigkeiten löst die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes aus (Schenke NJW 2006, 736 ff.; Meyer ZRP 2004, 203, 205; BR-Drs. 509/04). Dass die Rückholung einer einmal übertragenen Aufgabe einer gesetzlichen Grundlage bedarf, ist in der verfassungsrechtlichen Literatur anerkannt. Eine solche gesetzliche Regelung bedarf auch der Zustimmung des Bundesrates (Uerpmann in v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 87 d Rn 16 zu § 31 Abs. 2 Nr. 19 LuftVG, dessen Zustimmungsbedürftigkeit die Bundesregierung ebenfalls bestritten hatte). Ein Kompetenzentzug berührt Länderbelange ähnlich stark wie eine Kompetenzübertragung, auch wenn der Regelzustand des Art. 87 d Abs. 1 GG lediglich wiederhergestellt wird. Ein Gesetz, dass die Aufgabenübertragung wieder aufhebt, ist daher ebenfalls zustimmungsbedürftig (Uerpmann, aaO. Rn 17, Sachs, GG, 3. Aufl., Art. 87 d Rn 42; Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl., Art. 87 d Rn 2).
Der Bundesrat hat in seiner 803. Sitzung am 24.09.2004 beschlossen, dem vom Bundestag am 18.06.2004 verabschiedeten Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben nicht zuzustimmen und nur für den Fall, dass das Gesetz nicht zustimmungsbedürftig sein sollte, Einspruch gemäß Art. 77 Abs. 3 des Grundgesetzes eingelegt (BT-Drs. 15/3759).
Die Berufung wird gem. § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.
Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GkG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 VwGO.