Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 31.03.2009, Az.: 3 WF 31/09
Anforderungen an die Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe; Voraussetzungen für die Erklärung der Änderung der Verhältnisse auf Verlangen des Gerichts
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 31.03.2009
- Aktenzeichen
- 3 WF 31/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 29115
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2009:0331.3WF31.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Northeim - 06.01.2009 - AZ: 2 F 620/04
Rechtsgrundlagen
- § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO
- § 124 Nr. 2 ZPO
Fundstelle
- FamRZ 2009, 1507-1508
In der Familiensache
...
hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig
durch
den Richter am Oberlandesgericht H als Einzelrichter
am 31.03.2009
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Northeim vom 06.01.2009 aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 17.12.2004 hat des Amtsgericht - Familiengericht - Northeim der Antragstellerin ratenfreie Prozesskostenhilfe für ein Ehescheidungsverfahren gewährt.
Mit Schreiben der Rechtspflegerin des Amtsgerichts vom 15.09.2008 ist die Antragstellerin unter Hinweis auf die Bestimmung des § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO aufgefordert worden, den dem Schreiben beigefügten Vordruck zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse binnen 3 Wochen auszufüllen und mit den erforderlichen Belegen zurück zu senden. Hierauf hat die Antragstellerin nicht reagiert, ebenso wenig auf eine Erinnerung vom 16.10.2008 und eine weitere Aufforderung zur Einreichung des Vordrucks binnen 2 Wochen mit Schreiben der Rechtspflegerin vom 17.11.2008. Daraufhin hat das Amtsgericht mit Beschluss der Rechtspflegerin vom 06.01.2009 die mit Beschluss vom 17.12.2004 bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben.
Nach Zustellung des Beschlusses an die Antragstellerin am 08.01.2009 hat diese den ausgefüllten Vordruck am 16.01.2009 (doch noch) bei dem Amtsgericht eingereicht. Die Rechtspflegerin hat die Antragstellerin nunmehr aufgefordert, binnen 10 Tagen noch einen Nachweis der Zahlungen auf Miet- und Nebenkosten sowie einen Nachweis der Zahlungen nach dem UVG vorzulegen. Nachdem die Antragstellerin hierauf wiederum nicht reagiert hat, hat das Amtsgericht durch die Rechtspflegerin am 12.03.2009 beschlossen, der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss vom 06.01.2009 nicht abzuhelfen und die Sache dem Oberlandesgericht Braunschweig zur Entscheidung vorzulegen.
II.
Die von dem Amtsgericht zutreffend als sofortige Beschwerde ausgelegte Vorlage des von der Antragstellerin ausgefüllten Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozesskostenhilfe ist gemäߧ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig und in der Sache selbst auch begründet.
1.)
Nach dem von ihm eingeschlagenen Verfahren hätte das Amtsgericht die bewilligte Prozesskostenhilfe nicht aufheben dürfen. Es fehlt an einer wirksamen Aufforderung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann gemäß § 124 Nr. 2 ZPO aufgehoben werden, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben hat. Die letztgenannte Bestimmung sieht vor, dass sich die Partei auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären hat, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Nach nahezu einhelliger Meinung berechtigt diese Bestimmung ihrem Wortlaut nach das Gericht nicht dazu, zur Überprüfung möglicherweise eingetretener Änderungen der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse zu verlangen, dass erneut eine vollständige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt wird (OLG Hamm, Beschluss vom 02.08.2004 - 7 WF 142/04 - MDR 2005, 341; OLG Koblenz, Beschluss vom 09.12.1998 - 1 W 815/98 - FamRZ 2000, 104; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.10.2003 - 16 WF 175/03 - FamRZ 2005, 48; OLG Köln, Beschluss vom 09.06.2006 - 4 WF 93/06 - OLGR 2006, 875; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 120 Rz. 34; Musielak-Fischer, ZPO, 6. Aufl., § 124 Rz. 6; Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 120 Rz. 28 a). Dennoch hat das Amtsgericht mit der Verfügung vom 15.09.2008 die Vorlage einer solchen Erklärung verlangt und sein Verlangen mit Verfügung vom 17.11.2008 wiederholt.
Reagiert die Partei auf eine Aufforderung des Gerichts, eine solche mit der Aufforderung übersandte Formularerklärung abzugeben, nicht, liegt in der fehlenden Erklärung der Partei kein Pflichtenverstoß, der die Entziehung der Prozesskostenhilfe rechtfertigen könnte. Dies gilt auch, wenn die Partei - wie hier - seitens des Gerichts darauf hingewiesen worden ist, dass für den Fall der Nichtabgabe einer solchen Erklärung die bewilligte Prozesskostenhilfe widerrufen werden kann (OLG Köln, a.a.O.; Musielak-Fischer, a.a.O.).
Danach alledem keine wirksame Aufforderung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO vorliegt, fehlt es auch an den Voraussetzungen für die Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe gemäߧ 124 Nr. 2 ZPO.
2.)
Es steht dem Amtsgericht frei, von der Antragstellerin Angaben über die Änderung der für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen Verhältnisse nebst der Vorlage erforderlicher Belege zu verlangen und, falls die Antragstellerin wiederum nicht reagieren sollte, die bewilligte Prozesskostenhilfe dann aufzuheben. Soll nach Möglichkeit das Formular JV 205 Verwendung finden, wäre es auch unbedenklich, die Partei zur Erklärung darüber aufzufordern, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, und ihr bei der Beantwortung die nicht verpflichtende Möglichkeit einzuräumen, das Formular zu verwenden (ebenso OLG Karlsruhe, a.a.O.). Auch in dieser Weise ist das Amtsgericht hier aber nicht verfahren.
3.)
Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der Gerichtskosten aus den §§ 1, 3 GKG und in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten aus § 127 Abs. 4 ZPO.