Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 26.10.2017, Az.: 2 W 250/17

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
26.10.2017
Aktenzeichen
2 W 250/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 53526
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 03.05.2017 - AZ: 14 O 239/16

In der Beschwerdesache
... GmbH & Co. KG, ...,
Klägerin und Beschwerdeführerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
gegen
U. B., ...,
Beklagte und Beschwerdegegnerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter am 26. Oktober 2017 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 3. Mai 2017, durch den die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben worden sind, geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 1.000,- € festgesetzt.

Gründe

Die gem. § 91 a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1 und 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin ist begründet. Unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes sind die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen.

Der erkennende Einzelrichter hat den Inhalt der Beschwerdebegründung unter Verletzung des Anspruches auf Gewährung rechtlichen Gehörs ersichtlich unvollständig zur Kenntnis genommen und überdies die Beantwortung einer wesentlichen sich aufdrängenden Frage unterlassen. Denn der Einzelrichter hätte - seine eigene rechtsirrige Auffassung zugrunde gelegt - zwingend die Frage beantworten müssen, ob nicht ein Fall der Gesamtrechtsnachfolge infolge einer Umwandlung vorliegt oder nicht (dazu nachfolgend sub. 2).

1. Die Klägerin hat mit ihrer Beschwerdebegründung einen Grundbuchauszug vorgelegt, ausweislich dessen die Klägerin (GmbH & Co. KG) seit dem 4. April 2007 Eigentümerin der zu räumenden Grundstücksfläche ist (Bl. 121 d. A.: laufende Nummer 4 der Eintragung) und wo sich der ergänzende Hinweis findet, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nunmehr als Kommanditgesellschaft im Handelsregister eingetragen sei. Es wird sodann insoweit ausdrücklich auf die Eintragung im Handelsregister des Amtsgerichts H. HRA 20... berichtigt am 4. April 2007 Bezug genommen.

Es ist daher schlicht unverständlich, wie der erkennende Einzelrichter in seinem Nichtabhilfebeschluss ausführen kann, es würden lediglich Indizien für eine Eigentümerstellung der Klägerin vorliegen, zumal er in dem angefochtenen Beschluss selbst auf das Erfordernis der Beibringung eines Grundbuchauszuges hingewiesen hat.

Der Inhalt des Grundbuchauszuges war auch zu berücksichtigen. Auch in der Beschwerdeinstanz kann neues Beweismaterial wie z.B. vorgelegte Urkunden berücksichtigt werden, wenn es für eine angemessene Kostenentscheidung von Bedeutung ist (siehe Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Auflage, § 91a Rn. 26).

Die Entscheidung des Einzelrichters ist daher evident falsch. Aufgrund des Grundbuchauszuges steht fest, dass die Klägerin Eigentümerin ist und dass § 566 BGB eingreift. Denn § 566 BGB erfasst jeden freiwilligen, rechtsgeschäftlichen Eigentumsübergang, durch den ein Wechsel des Rechtsträgers erfolgt (siehe Landwehr, in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Auflage, Kap. II Rn. 2645).

2. Von einem solchen rechtsgeschäftlichen Eigentumsübergang i. S. von § 566 BGB ist auszugehen. Ein Fall der (gesetzlichen) Gesamtrechtsnachfolge ist zu verneinen.

Der erkennende Einzelrichter hat insoweit ebenfalls rechtsirrig verkannt, dass sich nicht allein die Frage stellt, ob eine Fall des § 566 BGB gegeben sind. Er hätte vielmehr zusätzlich prüfen müssen, ob ein Fall der Gesamtrechtsnachfolge auf Seiten der Klägerin zu bejahen ist. Denn eine Änderung der Vertragsparteien kommt auch außerhalb des Anwendungsbereiches des § 566 BGB in einer Vielzahl anderer Fälle in Betracht (siehe dazu umfassend Landwehr, in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Auflage, Kap. II Rn. 2593 ff.). Hierzu zählen insbesondere die sog. Umwandlungsfälle bei Personenvereinigungen bei denen ein zustimmungsbedürftiger Wechsel der Vertragsparteien zu verneinen ist (Landwehr, a.a.O. Rn. 2595 ff.). Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch im Ergebnis zu verneinen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist ein zustimmungsbedürftiger Wechsel der Vertragsparteien zu verneinen, wenn eine BGB-Gesellschaft in eine OHG umgewandelt wird (BGH NJW 1967, 821 [BGH 21.12.1966 - VIII ZR 195/64]). Diese Entscheidung ist aber nicht in der Weise verallgemeinerungsfähig, dass jegliche Umwandlung einer BGB-Gesellschaft in eine Personenhandelsgesellschaft zu einem Wechsel der Vertragsparteien führt. Der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall zeichnete sich durch die Besonderheit aus, zwei natürliche Personen sich vertraglich verbunden hatten, um gemeinsam ein Gaststättenunternehmen zu betreiben und zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses nur vom Vorliegen eines Gesellschaftsvertrages gemäß § 705 BGB auszugehen war. Für diese Fallkonstellation hat der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten, dass durch die Aufnahme eines vollkaufmännischen Handelsgewerbes unter einer gemeinsamen Firma der OHG die Gesellschaft bürgerlichen Rechts lediglich ihren rechtlichen Charakter geändert habe und keine Neugründung vorliege (BGH, a.a.O.). Der Bundesgerichtshof begründet diese Auffassung auch damit, dass eine andere Betrachtungsweise zu einem wirtschaftlich unerträglichen Ergebnis führen würde, weil nämlich Minderkaufleute, die ihren Betrieb in der Form einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft führten würden, nicht berechtigt seien, bei Aufnahme eines vollkaufmännischen Gewerbes die Geschäftsräume nunmehr für den Betrieb der ohne ihr Zutun entstandenen OHG zu nutzen (BGH, a.a.O.).

Ein vergleichbarer Fall ist vorliegend bei der Umwandlung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine GmbH & Co. KG zu verneinen. Es liegt gerade kein Fall vor, in dem dieselben natürlichen Personen das Unternehmen weiterführen und auf der Grundlage der §§ 128 ff. HGB voll für die Verbindlichkeiten der OHG haften. Vielmehr hat sich die rechtliche Struktur des Unternehmens grundlegend dadurch verändert, dass als vollhaftender Gesellschafter nur noch eine GmbH vorhanden ist. Es fehlt ersichtlich an der Personen- und Strukturgleichheit (vgl. zu diesem Aspekt auch BGH, Urteil vom 29. Januar 2001, Az.: II ZR 331/00 = NJW 2001, 1056, 1057).

Zwar kann auch in Fällen der grundlegenden Veränderung der Rechts- und Haftungsstruktur ein Übergang des Mietvertragsverhältnisses auf eine andere Person kraft Gesetzes erfolgen. Hierfür bedarf es allerdings einer Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz. Das Umwandlungsgesetz erfasst als übertragende Rechtsträger gemäß § 3 jedoch nur Personenhandelsgesellschaften, Kapitalgesellschaften, eingetragenen Genossenschaften, eingetragene Vereine usw., nicht aber Gesellschaften bürgerlichen Rechts. Diese Aufzählung ist abschließend. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann als übertragender Rechtsträger nicht an einer Verschmelzung teilnehmen (siehe Drygala in: Lutter, Umwandlungsgesetz, 5. Aufl. 2014, § 3 UmwG, Rn. 7). Insoweit kann nur eine "faktische Verschmelzung" nach dem Anwachsungsprinzip (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB) erfolgen (Drygala in: Lutter, Umwandlungsgesetz, 5. Aufl. 2014, § 3 UmwG, Rn. 7) oder aber den Beitritt einer GmbH zur bisherigen GbR als neuer Gesellschafterin und Änderung des Gesellschaftsvertrages sowie Anmeldung zum Handelsregister und konstitutiv wirkender Eintragung (siehe SG Detmold, Beschluss vom 17. Januar 2017, Az.: S 24 KR 1088/16 ER, zitiert nach juris Rn. 43). Da eine Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz im vorliegenden Fall ausscheidet, fehlt es auch an einer gesetzlichen (Gesamt-)Rechtsnachfolge.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.