Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 20.11.2014, Az.: 3 B 10/14

Auswahlentscheidung; Auswahlverfahren; Beurteilungszeitraum; Dienstliche Beurteilung; Dienstposten; Dienstpostenkonkurrenz; Funktionsfähigkeit der Verwaltung; Stellenausschreibung; Verfassungsrang

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
20.11.2014
Aktenzeichen
3 B 10/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 42650
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Sind mit einer Dienstpostenzuweisung Vorwirkungen auf die spätere Vergabe des Amtes im statusrechtlichen Sinne verbunden und wird die hierauf bezogene Auswahlentscheidung damit vorweggenommen oder vorbestimmt, so sind auch die Vorgaben des Anforderungsprofils den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen (Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 VR 1.13 -, BVerwGE 147, 20, juris).

Anforderungen, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, sondern sich auf die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens beziehen, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur berücksichtigt werden, wenn sie durch andere Rechtsgüter von Verfassungsrang gerechtfertigt sind. Ein solcher Rang kommt der Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu.

Dienstliche Beurteilungen leiden an einem Rechtsfehler, wenn sie sich auf einen kürzeren Beurteilungszeitraum erstrecken als es die einschlägigen, rechtmäßigen Beurteilungsrichtlinien vorsehen.

Gründe

I.

Der zu 100 % schwerbehinderte Antragsteller begehrt der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, einen Beförderungsdienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Im Jahr 2013 wurde bei der P. ein mit der Besoldungsgruppe A 12 (t) bewerteter Dienstposten einer / eines „Sachbearbeiterin / Sachbearbeiter im Geschäftsfeld Q. R.“ (DP-ID K.) ausgeschrieben (Ausschreibungsnummer O., Veröffentlichung: Grünes Blatt Nr. N., Ausschreibungsschluss: 13.11.2013). Die Ausschreibung lautete wie folgt:

Aufgabengebiet:

Ingenieurmäßige Messungen von Geräuschen und Erschütterungen nach dem BlmSchG, Erstellen von Schallimmissionsplänen.

Qualifikationserfordernisse:

- Erwerb der Befähigung für die Laufbahn des gehobenen technischen Verwaltungsdienstes durch

1. den Abschluss des fachspezifischen Vorbereitungsdienstes für den gehobenen technischen Dienst in der Bundeswehrverwaltung - Fachrichtung Wehrtechnik - Laufbahnfachgebiet Informationstechnik und Elektronik bzw. langjährige Verwendung in einer diesem Laufbahnfachgebiet zuzuordnenden Tätigkeit oder

2. den Abschluss eines entsprechenden Aufstiegsverfahrens oder

3. die Anerkennung nach § 7 Nr. 2 Buchstabe a der Bundeslaufbahnverordnung mit Kenntnissen im Bereich des genannten Laufbahnfachgebietes

- Mindestens dreijährige Tätigkeit im Bereich Geräusch- und Schwingungsmessungen und Nachweis durch entsprechende Messberichte [gemäß Richtlinie des Länderausschuss Immissionsschutz (LAI-Richtlinie) und Einrichtungserlass für die R.]

- Umfassende fundierte Kenntnisse in der Akustik und auf dem Gebiet der akustischen Messtechnik sowie praktische Erfahrungen mit deren Einsatz

- Umfassende fundierte Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Schwingungsmessungen

- Kenntnisse in den Gesetzen, Normen und Vorschriften aus dem Bereich des akustischen Umweltschutzes, Planung und Durchführung der darin vorgeschriebenen Untersuchungen

- Erfahrungen in der Führung von Messtrupps sowie eigenständigen Planung von Messkampagnen gemäß Forderungen der Amtsseite zur Ermittlung gerichtsfähiger Messwerte

- Gleichstellungskompetenz

- Fähigkeit, einen Mitarbeiterstab effizient, bedarfs- und kostenorientiert einzusetzen

- Englischkenntnisse (SLP 1111 oder vergleichbar) erwünscht

Bemerkungen: […].“

Die detaillierte Aufgabenbeschreibung des ausgeschriebenen Dienstpostens beinhaltet als Aufgaben u.a. die Vertretung des Leiters der R. und die Koordinierung der Aktivitäten der R. und der Messtrupps (Bl. 66 der Gerichtsakte - GA).

Die R. wurde eingerichtet durch Erlass vom 27.10.2010 (Neufassung; Bl. 69 der GA), auf den Bezug genommen wird. Eine dort vorgesehene Bekanntgabe als Stelle i.S. des § 26 BImSchG erfolgte nicht.

Für den ausgeschriebenen Dienstposten bewarben sich u.a. der Antragsteller und der Beigeladene. Beide sind langjährig bei der P. im Geschäftsfeld Q. und im Statusamt A 11 als Technischer Regierungsamtmann (TRAmtm) beschäftigt. Die Aufgabenbeschreibungen ihrer bisherigen Dienstposten stimmen mit dem im Ausschreibungstext genannten Aufgabengebiet wörtlich überein (Bl. 251 der Personalakte des Antragstellers; Bl. 202 der Personalakte des Beigeladenen).

Der Antragsteller verfügt über die Laufbahnbefähigung für den gehobenen technischen Verwaltungsdienst, Fachrichtung Wehrtechnik. Er war nahezu 20 Jahre im Laufbahnfachgebiet Informationstechnik und Elektronik bei der R. tätig, hat eine Ausbildung zum Elektromeister absolviert und besitzt einen Meisterbrief im Elektrohandwerk. Seit Oktober 1989 steht er im Dienst der Antragsgegnerin: bis zum 14.10.1990 zunächst als Sachbearbeiter beim Bundesamt für Y., anschließend bis zum 03.10.1993 bei der S. als Sachbearbeiter mit der Aufgabe von Schwingungsuntersuchungen durch Messung und Rechnung sowie in der Folgezeit als Sachbearbeiter bei der P.. Nachdem er dort zunächst den Lärmmesstrupp I leitete, ist er seit 2003 v.a. mit der Auswertung von Geräuschen und Erschütterungen nach dem BImSchG betraut.

Mit Schreiben vom 04.04.2014 sprach sich die P. für eine Übertragung des ausgeschriebenen Dienstpostens auf den Beigeladenen aus und bei Vorliegen der haushalts- und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine Beförderung zum Technischen Regierungsamtsrat. Die im Anforderungsprofil genannte „mindestens dreijährige Tätigkeit im Bereich Geräusch- und Schwingungsmessungen und Nachweis durch entsprechende Messberichte“ sowie „umfassende fundierte Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Schwingungsmessungen“ ergäben sich aus den Einrichtungserlassen einer R., der 41. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (41. BImSchV), der Richtlinie des Länderausschusses Immissionsschutz über die Bekanntgabe von sachverständigen Stellen im Bereich des Immissionsschutzes und der DIN 45688. Insoweit verfüge der Beigeladene über die zwingend geforderte mindestens dreijährige Tätigkeit im Bereich der Geräusch- und Schwingungsmessungen; er könne über die Erschütterungs- und Schwingungsmessungen nach dem BImSchG auch entsprechende Berichte vorweisen. Der Antragsteller verfüge demgegenüber zwar über eine mindestens dreijährige mit Berichten nachweisbare Tätigkeit im Bereich der Geräuschmessungen, habe aber in dem Bereich Erschütterungs- und Schwingungsmessungen nach dem BImSchG nur sehr eingeschränkte Kenntnisse und praktische Erfahrungen. Seine Tätigkeit im Bereich Schwingungsmessungen bei der S. habe keinen Bezug zum BImSchG gehabt und liege über 20 Jahre zurück. Im Geschäftsfeld Q. der P. habe er Erschütterungs- und Schwingungsmessungen nach dem BImSchG praktisch nicht vorgenommen. Berichte hierzu könne er nicht vorweisen.

Die Gleichstellungsbeauftragte stimmte der Dienstpostenbesetzung mit dem Beigeladenen und ggf. seiner anschließenden Beförderung zu. Der Personalrat nahm die Übertragung der Dienstgeschäfte auf den Beigeladenen und seine mögliche Beförderung zur Kenntnis und verwies auf frühere Stellungnahmen (Bl. 15 b-g des Verwaltungsvorgangs), wobei der Bewerber, den er in den dortigen Stellungnahmen für gleich geeignet hielt, TRAmtm Z., sich im streitgegenständlichen Auswahlverfahren nicht beworben hatte, so dass die P. die Zustimmung des Personalrats als gegeben ansah (Bl. 15 a des Verwaltungsvorgangs). Die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen war mit der Übertragung des Dienstpostens an den Beigeladenen nicht einverstanden, sondern hielt den Antragsteller für besser geeignet.

Mit Auswahlvermerk vom 07./08.05.2014 beschloss das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr, den Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Neben einer teilweisen Wiederholung der Ausführungen der P. hieß es, der schwerbehinderte Antragsteller sei dem Beigeladenen auch aus Gründen der Beurteilung nachzuordnen; der Beigeladene sei „2011 mit » B+ « beurteilt“ worden, der Antragsteller „2011 mit » C+ «“.

Die letzten Regelbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen, für die Beurteilungsbestimmungen des Bundesministeriums der Verteidigung (Bl. 103 ff. der GA) gelten, betrafen den Beurteilungszeitraum vom 01.02.2009 bis 30.11.2011 und wurden im Oktober bzw. November 2012 eröffnet (Bl. 138-143 der Personalteilakte Beurteilungen des Antragstellers; Bl. 47-52 der Personalteilakte Beurteilungen des Beigeladenen). Im Gesamturteil wurde der Antragsteller mit „übertrifft die Anforderungen“ beurteilt, der Beigeladene mit „übertrifft die Anforderungen deutlich“. Die früheren Regelbeurteilungen erfassten einen Beurteilungszeitraum von drei Jahren. Als nächsten Beurteilungsstichtag für den gehobenen technischen Verwaltungsdienst gibt das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den 31.01.2015 an.

Mit Schreiben vom 07.07.2014 teilte das Bundesamt dem Antragsteller mit, dass der Beigeladene für den Dienstposten ausgewählt worden sei. Dagegen erhob der Antragsteller durch seine Prozessbevollmächtigte am 16.07.2014 Widerspruch.

Mit Schreiben vom 21.07.2014 erläuterte das Bundesamt die Gründe, die zur Auswahl des Beigeladenen geführt hätten. Wie im Auswahlvermerk führte es aus, dass die Kenntnisse des Antragstellers im Bereich Schwingungsmessungen geringer ausgeprägt seien als die des Beigeladenen.

Den umstrittenen Dienstposten hatte die Antragsgegnerin bereits im Jahre 2009 ausgeschrieben (Ausschreibungsnummer T.). Auch damals hatten sich der Antragsteller und der Beigeladene beworben. Nachdem die Antragsgegnerin im Jahre 2011 festgestellt hatte, dass die Ausschreibung nicht mehr aktuell sei, weil das Qualifikationserfordernis „abgeschlossenes Fachhochschulstudium“ nicht mehr verlangt werde - weshalb die Aufgabenbeschreibung des Dienstpostens geändert worden sei - und mit der Personalvertretung sowie der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen kein Einvernehmen über die Besetzung des Dienstpostens erzielt worden war, hob sie die Stellenausschreibung auf und schrieb sie mit einem aktualisierten Anforderungsprofil am 16.06.2011 erneut aus. Die dortige Ausschreibung (Ausschreibungsnummer X., Ausschreibungsschluss 22.07.2011) war bezüglich Dienstposten, Aufgabengebiet und Qualifikationserfordernissen mit der im Jahre 2013 veröffentlichten Ausschreibung wortgleich (Grünes Blatt Nr. U.). Neben dem Beigeladenen hatte sich u.a. wiederum der Antragsteller beworben. Unter dem 25.09.2012 teilte ihm das Bundesamt mit, dass der Beigeladene ausgewählt worden sei. Nach Durchlaufen des Widerspruchsverfahrens erhob der Antragsteller dagegen vor dem erkennenden Gericht Klage (Verfahren 3 A 67/13) und ersuchte um die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gegen die Stellenbesetzung (Verfahren 3 B 26/13). Auf einen gerichtlichen Hinweis hob das Bundesamt die getroffene Auswahlentscheidung, die Ausschreibung und die Übertragung des Dienstpostens auf den Beigeladenen auf. Die Aufhebung der Ausschreibung wurde auf Verfügung vom 07.10.2013 im „Grünen Blatt“ Nr. V. (Aushang bis zum W.) veröffentlicht. Das Verfahren 3 B 26/13 wurde auf Grund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten eingestellt. Die Klage im Hauptsacheverfahren, die auf eine Feststellung der Rechtswidrigkeit des Abbruchs des Auswahlverfahrens, Verpflichtung der Beklagten zur Fortführung desselben und Neubescheidung über das Bewerbungsgesuch des Klägers gerichtet war, wies das Gericht durch Urteil vom 05.03.2014 ab. Dagegen beantragte der Antragsteller die Zulassung der Berufung bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (Az. 5 LA 56/14). Über den Antrag ist noch nicht entschieden.

Der Antragsteller hat am 17.07.2014 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Er trägt vor, dass er alle erforderlichen und erwünschten beruflichen Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten besitze und auf Grund seiner Qualifikation und Schwerbehinderung habe ausgewählt werden müssen. Im Auswahlverfahren zu der Stellenausschreibungsnummer T. sei er als Schwerbehinderter ausgewählt worden, die P. habe den Dienstposten aber mit dem Beigeladenen besetzen wollen. Weiter habe die Antragsgegnerin die genauen Gründe für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens 2009 nie ausreichend dargelegt. Sie wolle offensichtlich die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht abwarten und den Dienstposten mit dem von ihr seit 2009 gewünschten Beigeladenen besetzen. Die umgehende neue Stellenausschreibung zeige, dass die Aufhebung der Ausschreibung Nr. X. nicht aus sachlichen Gründen erfolgt sei. Zudem sei die Auswahl im dritten Stellenausschreibungsverfahren zeitnah nach Kenntnis der Antragsgegnerin von seiner Erkrankung an einem Lungenkarzinom erfolgt, wohl in der Annahme, dass er sich deshalb gegen die Auswahlentscheidung nicht zur Wehr setze. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei nötig, weil auf Grund eines früheren Verhaltens der Antragsgegnerin die Besorgnis bestehe, dass sie während des laufenden Widerspruchsverfahrens den ausgewählten Bewerber auf den streitgegenständlichen Dienstposten befördern werde und eine Bewährungszeit auf einem höheren Dienstposten nicht festgelegt sei.

Der Antragsteller beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, dem Beigeladenen bis zum Abschluss eines neuen Auswahlverfahrens den mit der Besoldungsgruppe A 12 (t) BBesG bewerteten, im Grünen Blatt Nr. N. unter der Ausschreibungsnummer O. ausgeschriebenen, Dienstposten (DP-ID K.) im Geschäftsfeld Q. der P. zu übertragen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie wiederholt die Ausführungen aus der fachlichen Stellungnahme der P. sowie aus dem Auswahlvermerk und ist der Ansicht, das Auswahlverfahren weise weder Verfahrensfehler noch materiell-rechtliche Fehler auf. Mit Schriftsatz vom 26.09.2014 trug das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr vor, dass es zur Beantwortung der Frage, ob die R. als Stelle i.S. des § 26 BImSchG nach § 29b BImSchG bekanntgegeben worden sei bzw. welches Stadium das Bekanntgabeverfahren erreicht habe, zunächst bei dem Referat AA. im Bundesministerium der Verteidigung anfragen müsse.

Das Gericht hat neben dem Verwaltungsvorgang des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr zum streitgegenständlichen Auswahlverfahren die Akten des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zu dem Verfahren 5 LA 56/14 einschließlich der dortigen Beiakten (Verfahren 3 B 26/13, 3 B 1/11, Verwaltungsvorgänge und Personalakten) beigezogen.

II.

Der Antrag hat Erfolg, da die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorliegen. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass die Übertragung des Dienstpostens an den Beigeladenen seine subjektiven Rechte vereiteln könnte und eine Regelung nötig erscheint.

1. Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag und bereits vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Derjenige, der vorläufigen Rechtsschutz begehrt, muss gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft machen, dass ihm der geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch zusteht (Anordnungsanspruch) und dass ein Grund für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht (Anordnungsgrund). Maßgebend sind hierbei die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

2. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, da der streitgegenständliche Dienstposten für den Antragsteller und den Beigeladenen höherwertig ist. Eine Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe vermag die Rechtsstellung des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG zu beeinträchtigen, weil sie eine Vorauswahl für die Vergabe eines höheren Statusamts trifft. Diese Vorwirkung begründet in Fällen der Übertragung eines Beförderungsdienstpostens an einen Mitbewerber für den Unterlegenen einen Anordnungsgrund (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 – 2 VR 1.13 –, BVerwGE 147, 20, juris, Rn. 11-16 m.w.N.).

3. Dem Antragsteller steht auch ein Anordnungsanspruch zu.

a) Beamtinnen und Beamte haben grundsätzlich weder einen Rechtsanspruch auf Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens noch auf Beförderung, sondern nur ein aus Art. 33 Abs. 2 GG folgendes subjektiv-öffentliches Recht auf sachgerechte Auswahl, d.h. einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Entscheidung über die Bewerbung (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Allerdings ist die der Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens vorangehende Auswahlentscheidung ein Akt wertender Erkenntnis, der nur in eingeschränktem Maße einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich dabei darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 16.08.2001 - 2 A 3.00 -, BVerwGE 115, 58; Nds. OVG, Beschluss vom 26.08.2003 - 5 ME 162/03 -, NVwZ-RR 2004, 197). Erweist sich anhand dieses Maßstabes die Auswahlentscheidung als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin ausgewählt werden wird (dazu: BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200 f., juris; Nds. OVG, Beschluss vom 15.09.2010 - 5 ME 181/10 - und vom 04.11.2011 - 5 ME 319/11 -, jeweils juris), hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg.

Bei der Entscheidung, welchem von mehreren in Betracht kommenden Bewerbern ein Beförderungsdienstposten übertragen wird, ist das Prinzip der Bestenauslese zu beachten. Der Dienstherr hat Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG). Um dem Grundsatz der Bestenauslese zu entsprechen, ist zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Hierbei kommt der letzten dienstlichen Beurteilung regelmäßig besondere Bedeutung zu, da für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich Leistung, Befähigung und Eignung auf den aktuellen Stand abzustellen ist (Nds. OVG, Beschluss vom 15.09.2010 – 5 ME 181/10 –, juris; auch: BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013, a.a.O., Rn. 21). Ergibt dies, dass einer der Bewerber um eine oder mehrere Notenstufen besser beurteilt ist, kann von einer im wesentlichen gleichen Beurteilung nicht ausgegangen werden und ist grundsätzlich der mit der besseren Notenstufe beurteilte Bewerber der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung geeignetste. Enthalten diese Beurteilungen für beide Bewerber das gleiche Gesamturteil und ist deshalb von einer im wesentlichen gleichen Beurteilung auszugehen, ist für die Auswahlentscheidung auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen, wobei der zuständigen Behörde bei der Auswahl der unmittelbar leistungsbezogenen Kriterien ein weiter Ermessensspielraum zusteht (BVerwG, Urteil vom 21.08.2003 – 2 C 14.02 –, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 12.03.2004 – 5 ME 390/03 –, juris).

b) Hieran gemessen erweist sich die von der Antragsgegnerin zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung aller Voraussicht nach als rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinem subjektiv-öffentlichen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG. Zum einen sind die herangezogenen Beurteilungen der Beamten rechtswidrig (aa), zum anderen ist das Anforderungsprofil fehlerhaft (bb). Beide Rechtsverstöße erfordern jeweils begründungsalternativ und selbständig tragend den Erlass der einstweiligen Anordnung.

aa) Die der Auswahlentscheidung zu Grunde gelegten dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen sind rechtsfehlerhaft und führen zur Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung.

(1) Fehler in einem Beurteilungsverfahren können auf den Bewerbungsverfahrensanspruch eines im Auswahlverfahren über ein Beförderungsamt oder einen Beförderungsdienstposten unberücksichtigt gebliebenen Bewerbers nur dann zu dessen Gunsten durchschlagen, wenn sie ihrer Art nach die Annahme stützen, dass der Auswahlentscheidung – und zwar gerade den in Rede stehenden Bewerber betreffend – eine hinreichende Orientierung an den materiellen Kriterien der Bestenauslese fehlt (Nordrhein-Westfälisches OVG, Beschluss vom 12.07.2010, - 1 B 58/10 -, juris, Rn. 6).

Dienstliche Beurteilungen sind persönlichkeitsbedingte Werturteile der für den Dienstherrn handelnden Vorgesetzten darüber, ob und inwieweit der Beamte den ebenfalls vom Dienstherrn zu bestimmenden fachlichen und persönlichen Anforderungen seines konkreten Amtes und seiner Laufbahn entspricht (BVerwG, Beschluss vom 17.03.1993 - 2 B 25.93 - Buchholz 237.7 § 104 NWLBG Nr 6). Eine dienstliche Beurteilung ist wegen der Beurteilungsermächtigung des Dienstherrn nur einer eingeschränkten gerichtlichen Prüfung zugänglich. Infolge dieser Einschränkung können die Verwaltungsgerichte nur prüfen, ob der Beurteiler einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, ob er den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob allgemeine Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind und ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten ist (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urteil vom 19.12.2002 - 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 2; BVerwG, Urteil vom 21.03.2007 - 2 C 2.06 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27).

Hat der Dienstherr Richtlinien für die Abfassung der dienstlichen Beurteilung erlassen, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die den Dienstherrn gegenüber dem Beamten rechtlich bindenden Richtlinien (Art. 3 Abs. 1 GG) eingehalten worden sind und ob die Richtlinien mit den gesetzlichen Regelungen, speziell denen der Laufbahnverordnung, und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (Nds. OVG, Urteil vom 09.02.2010 - 5 LB 497/07 -, juris, Rn. 24).

(2) Die dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen leiden an einem der Überprüfung durch die Kammer zugänglichen Rechtsfehler, weil sie sich auf einen um zwei Monate zu kurzen Beurteilungszeitraum erstrecken. Sie umfassen statt drei Jahren lediglich zwei Jahre und 10 Monate. Die einschlägigen und nicht erkennbar rechtswidrigen Beurteilungsbestimmungen sehen vor, dass Beamte bis einschließlich der Besoldungsgruppe A 15 grundsätzlich alle drei Jahre zu beurteilen sind (Ziff. 4 Abs. 1), wobei der Beurteilungszeitraum grundsätzlich im unmittelbaren Anschluss an den Beurteilungszeitraum der vorausgegangenen dienstlichen Regelbeurteilung beginnt und mit dem maßgeblichen Regelbeurteilungsstichtag endet (Ziff. 2a). Eine Ausnahmeregelung oder sonst ein sachlicher Grund für einen kürzeren Beurteilungszeitraum ist weder für den Antragsteller noch für den Beigeladenen einschlägig. Insbesondere umfassten ihre früheren Regelbeurteilungen den vollen Zeitraum von drei Jahren (beispielsweise vom 01.02.2003 bis zum 31.01.2006 und vom 01.02.2006 bis zum 31.01.2009). Auch will das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr für die nächste Regelbeurteilung zu dem Stichtag 31. Januar / 1. Februar zurückkehren.

(3) Da der vorgesehene Zeitraum zur Ermittlung der Leistungen des Antragstellers nicht voll ausgeschöpft wurde und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Beurteilung des Antragstellers bei Einbeziehung des Zeitraumes bis zum 31.01.2012 besser ausgefallen wäre, fehlt es der Auswahlentscheidung zu seinem Nachteil an einer tragfähigen Grundlage und damit an einer hinreichenden Orientierung am Grundsatz der Bestenauslese.

bb) Daneben ergibt sich - die Kammerentscheidung selbstständig tragend - eine Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung aus der Fehlerhaftigkeit des Anforderungsprofils.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nicht nur die Auswahlentscheidung, sondern sind auch die Vorgaben des Anforderungsprofils den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen, wenn mit der Dienstpostenzuweisung - wie hier - Vorwirkungen auf die spätere Vergabe des Amtes im statusrechtlichen Sinne verbunden sind und die hierauf bezogene Auswahlentscheidung damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird. Dabei führen Fehler im Anforderungsprofil grundsätzlich zur Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, weil die Auswahlerwägungen dann auf sachfremden, nicht am Grundsatz der Bestenauslese orientierten Gesichtspunkten beruhen. Die Bindung des Anforderungsprofils an die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG folgt aus dem Bestenauslesegrundsatz und dem Laufbahnprinzip. Damit hat sich nicht nur die Auswahlentscheidung, sondern auch das Anforderungsprofil auf das angestrebte Statusamt zu beziehen und nicht auf die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens. Denn es kann erwartet werden, dass der Beamte im Stande ist, sich in die Aufgaben eines neuen Dienstpostens einzuarbeiten. Zudem muss die Betrauung mit einem bestimmten Dienstposten nicht von Dauer sein. Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Dienstpostenbezogene Ausnahmeanforderungen müssen im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung gerechtfertigt sein. Es kann sich insoweit nur um Anforderungen handeln, ohne deren Vorhandensein die einem Dienstposten zugeordneten Funktionen schlechterdings nicht wahrgenommen werden können. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen; sie unterliegen der vollen gerichtlichen Kontrolle. Dabei kann es dem Bundesverwaltungsgericht zufolge umso eher erforderlich werden, im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung besondere Qualifikationsanforderungen an den künftigen Stelleninhaber zu stellen, je stärker die fachliche Ausdifferenzierung der Organisationseinheiten und je höher die Anforderungen an die Spezialisierung der dort eingesetzten Beamten sind (BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013, a.a.O., Rn. 17-37; Beschluss vom 08.07.2014 – 2 B 7.14 –, juris, Rn. 10 „zwingende Gründe“; Urteil vom 13.12.2012 – 2 C 11.11 –, BVerwGE 145, 237, juris, Rn. 25 m.w.N.: wenn „schwerwiegende Defizite" bei der Erfüllung der staatlichen Aufgaben zu erwarten sind; Thüringer OVG, Beschluss vom 19.03.2014 – 2 EO 252/13 –, juris, Rn. 4 ff.; s.a. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.02.2012 – 10 B 11334/11 –, DÖD 2012, 133, juris, Rn. 3-12).

(2) Dieser Rechtsprechung schließt sich die Kammer an, soweit dienstpostenbezogene Ausnahmeanforderungen tatsächlich wegen einer unmittelbar drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung gerechtfertigt sind. Ob der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch insoweit zu folgen ist, als dienstpostenbezogene Ausnahmeanforderungen mit einer steigenden Ausdifferenzierung der Organisationseinheiten umso eher zulässig werden, lässt die Kammer offen.

(3) Da dienstpostenbezogene Ausnahmeanforderungen nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können sie bei der Besetzung öffentlicher Ämter (nur) berücksichtigt werden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang zukommt.

Soweit das Bundesverfassungsgericht eine verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung billigt, der zufolge die öffentliche Verwaltung im Rahmen der ihr zustehenden Personal- und Organisationshoheit nicht gehindert sei, den Kreis der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt auf Grund sachlicher Erwägungen einzuengen, müssen sich diese Erwägungen auf Verfassungsrecht oder spezifische Belange des Landes zurückführen lassen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28.02.2007 – 2 BvR 2494/06 –, NVwZ 2007, 693, juris, Rn. 11: Unabhängigkeit der Rechtsprechung; BVerfG, Kammerbeschluss vom 11.11.1999 – 2 BvR 1992/99 –, ZBR 2000, 377 [BVerfG 25.08.1999 - 1 BvR 1246/95], juris, Rn. 6: personalpolitische Erwägungen des Landes; s.a. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 08.10.2007 – 2 BvR 1846/07, 2 BvR 1853/07, 2 BvQ 32/07, 2 BvQ 33/07 –, NVwZ 2008, 69 f., juris, Rn. 17: „die Organisationsgewalt ist dem Dienstherrn nicht schrankenlos zugesprochen; dieser hat vielmehr die gesetzlichen Vorgaben - und damit insbesondere den Grundsatz der Bestenauslese […] - zu berücksichtigen“).

Der Leistungsgrundsatz wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können als immanente Grundrechtsschranken bei der Besetzung öffentlicher Ämter lediglich dann Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 02.10.2007 – 2 BvR 2457/04 –, juris, Rn. 10; BVerfG, Kammerbeschluss vom 02.04.1996 – 2 BvR 169/93 –,  NVwZ 1997, 54, juris, Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 31.03.2011 – 2 A 2/09 –, NVwZ 2011, 1528, juris, Rn. 17 und vom 25.02.2010 – 2 C 22/09 –, BVerwGE 136, 140, juris, Rn. 14; Thüringer OVG, Beschluss vom 19.03.2014 – 2 EO 252/13 –, juris, Rn. 4 f.). Dabei ist es grundsätzlich Aufgabe des Gesetzgebers, die Abwägung und den Ausgleich zwischen dem Leistungsgrundsatz und den anderen verfassungsrechtlich geschützten Belangen vorzunehmen. Ausnahmen vom Leistungsgrundsatz sowie Einschränkungen und Modifikationen bedürfen deshalb einer gesetzlichen Grundlage (BVerfG, Kammerbeschluss vom 02.04.1996 – 2 BvR 169/93 –, NVwZ 1997, 54, juris, Rn. 15; OVG Bremen, Beschluss vom 12.10.2009 – 2 B 77/09 –, ZBR 2010, 49, juris, Rn. 18-20, 24 m.w.N.; VG Bremen, Beschluss vom 08.05.2014 – 6 V 89/14 –, juris, Rn. 43).

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geht dabei davon aus, dass die Einschränkung des Leistungsgrundsatzes nur dann einer gesetzlichen Grundlage bedarf, soweit es nicht um die Abwendung einer unmittelbar drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung, sondern nur um Fragen des optimierenden Ausgleichs mit anderen verfassungsgeschützten Interessen geht.

Soweit eine gesetzliche Grundlage erforderlich ist, muss sie ihrerseits dem Zweck des Grundsatzes der Bestenauslese Rechnung tragen, d.h. ernsthaften Gefährdungen der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes vorbeugen (BVerwG, Beschluss vom 17.12.2013 – 1 WB 51.12 –, juris, Rn. 29; Urteil vom 17.08.2005 – 2 C 37.04 –, BVerwGE 124, 99, juris, Rn. 18 und vom 28.10.2004 – 2 C 23.03 –, BVerwGE 122, 147, juris, Rn. 12; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.09.2013 – 2 B 10781/13 –, juris, Rn. 5; OVG Bremen, a.a.O, Rn. 19; VG Bremen, a.a.O; VG München, Urteil vom 14.05.2014 – M 21 K 13.467 –, juris, Rn. 23 ff.).

(4) Der Funktionsfähigkeit der Verwaltung kommt zwar in einer Gesamtschau der Regelungen des Grundgesetzes, die eine funktionstüchtige Staatsverwaltung voraussetzen – namentlich Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3, Art. 83 ff. GG –, Verfassungsrang zu.

(5) Die Antragsgegnerin hat vorliegend jedoch nicht plausibel dargetan, dass der Aufgabenbereich des ausgeschriebenen Dienstpostens die im Anforderungsprofil als verbindlich vorausgesetzten Qualifikationen, die der Antragsteller im Unterschied zu dem Beigeladenen laut Auswahlvermerk nicht erfüllt (mindestens dreijährige Tätigkeit im Bereich Erschütterungs-/ Schwingungsmessungen und Nachweis durch entsprechende Messberichte; Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Erschütterungs-/ Schwingungsmessungen), zwingend erfordert. Sie hat nicht dargelegt, dass diese Qualifikationsanforderungen im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung gerechtfertigt sind, weil ansonsten die Funktionsfähigkeit der R. erheblich beeinträchtigt wäre.

Der Auswahlvorschlag der P. versucht zwar, die Anforderungen einer „mindestens dreijährigen Tätigkeit im Bereich Geräusch- und Schwingungsmessungen und Nachweis durch entsprechende Messberichte“ sowie „umfassende fundierte Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Schwingungsmessungen“ als „zwangsläufig[e]“ Konsequenz aus den Einrichtungserlassen einer R. sowie der 41. BImSchV, der LAI-Richtlinie und der DIN 45688 herzuleiten. Dies genügt jedoch nicht.

Zum einen hat die Kammer bereits Zweifel, ob es ausreichen kann, die Gründe für dienstpostenbezogene Ausnahmeanforderungen nur in einem ersten Auswahlvorschlag, nicht aber in dem Auswahlvermerk selbst zu erläutern.

Zum anderen ist die Darstellung der P. unzutreffend. Die Kammer ist nicht der Auffassung, dass die R. die ihr übertragenen Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllen könnte, wenn der Inhaber des ausgeschriebenen Dienstpostens die genannten Qualifikationen (noch) nicht besäße.

Ausweislich des Erlasses zur „Einrichtung einer R.“ vom 27.10.2010, VMBl. AB (Bl. 68 der GA) nimmt die R. Geräusch- und Erschütterungsmessungen vor, die zur Erfüllung der Betreiberpflichten bei genehmigungsbedürftigen Anlagen (§ 5 BImSchG) und nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen (§ 22 BImSchG), in Verbindung mit der Durchführung der Verordnung über Anlagen der Landesverteidigung (14. BImSchV) erforderlich sind, damit die Bundeswehr insoweit keine Fremdleistungen in Anspruch nehmen muss. Sie führt die Messungen im Rahmen der dem Bundesministerium für Verteidigung übertragenen Vollzugsaufgaben nach dem BImSchG durch (Ziff. 1).

Nach Ziff. 2.1 Abs. 2 des Einrichtungserlasses muss die R. den Anforderungen der durch den Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) beschlossenen „Richtlinie für die Bekanntgabe von sachverständigen Stellen im Bereich des Immissionsschutzes“ in der jeweils geltenden Fassung genügen.

Gemäß Ziff. 2.2 Abs. 1 wird die Bekanntgabe der R. als qualifizierte Messstelle nach § 26 BImSchG vom Referat AA. im Bundesministerium der Verteidigung vollzogen.

§ 26 Satz 1 BImSchG ermöglicht der zuständigen Behörde anzuordnen, dass der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage oder, soweit § 22 Anwendung findet, einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage Art und Ausmaß der von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine der von der zuständigen Behörde eines Landes bekannt gegebenen Stellen ermitteln lässt, wenn zu befürchten ist, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden.

Die Bekanntgabe von Stellen im Sinne von § 26 durch die zuständige Behörde eines Landes berechtigt die bekannt gegebenen Stellen, die in der Bekanntgabe festgelegten Ermittlungen oder Prüfungen auf Antrag eines Anlagenbetreibers durchzuführen (§ 29b  Abs. 1 BImSchG).

Die Bekanntgabe als sachverständige Stelle setzt insbesondere voraus, dass diese über die erforderliche Fachkunde verfügt (§ 29b Abs. 2 Satz 2 BImSchG). Die Anforderungen an die Fachkunde können durch Rechtsverordnung konkretisiert werden (§ 29b Abs. 3 BImSchG: 41. BimSchV - Bekanntgabeverordnung). Insoweit bestimmt § 4 der 41. BImSchV, dass der DIN 45688 (Ausgabe April 2005) zu genügen ist. Dabei müssen die fachlich verantwortlichen Personen und ihre Stellvertreter - zusätzlich zu der Fachkunde entsprechend der DIN 45688 - über umfassende Kenntnisse in immissionsschutzrechtlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften für den jeweiligen Prüfbereich, in technischen Normen sowie in dem Bekanntgabe- und Kompetenzfeststellungsverfahren nach der 41. BImSchV verfügen.

Nach Ziff. 3 der LAI-Richtlinie (Bl. 70 ff. der GA) muss eine Stelle vor ihrer Bekanntgabe als sachverständige Stelle ihre Kompetenz nachgewiesen haben. Die Kompetenzanforderungen werden für Stellen zur Ermittlung der Geräusch- und Erschütterungsemissionen und -immissionen u.a. durch die DIN V 45688 in der jeweils geltenden Fassung bestimmt.

In der DIN 45688 (Bl. 87 ff. der GA), die die DIN V 45688 in früheren Fassungen ersetzt, heißt es unter Ziff. 4.2.2, dass der technische Leiter einer Prüfstelle, sein Stellvertreter und weitere Aufsicht führende Personen u.a. eine mindestens dreijährige hauptberufliche Tätigkeit, die messtechnische Kenntnisse und praktische Erfahrungen in den Bereichen Geräusche und Erschütterungen in seinen Tätigkeitsfeldern vermittelt hat, und Kenntnisse der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie der technischen Normen nachweisen muss. Im Rahmen der Feststellung der Kompetenz sind bestimmte Prüfberichte vorzulegen (Ziff. 4.3).

Die Einhaltung der sich aus dem BImSchG, der 41. BImSchV, der LAI-Richtlinie und der DIN 45688 ergebenden Qualifikationen durfte im Anforderungsprofil nicht verlangt werden. Diese Qualifikationserfordernisse wären nur plausibel, wenn die R. als sachverständige Stelle nach § 26 BImSchG bekanntgegeben worden wäre oder dies in naher Zukunft beabsichtigt wäre und die für die Auswahlentscheidung Verantwortlichen sich dessen bewusst gewesen wären.

Dies ist nicht der Fall, da das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr, das die Auswahlentscheidung traf, ausweislich des Schriftsatzes vom 26.09.2014 nicht wusste, ob das Bekanntgabeverfahren betrieben oder abgeschlossen wurde. Dies zeigt bereits, dass die Träger der Auswahlentscheidung die Ausführungen der P. zu der „Zwangsläufigkeit“ der betroffenen Qualifikationserfordernisse nicht kritisch überprüft haben. Eine alsbaldige Bekanntgabe ist darüber hinaus nach Einschätzung der Kammer unwahrscheinlich, da der Einrichtungserlass in seiner Neufassung aus dem Jahr 2010 datiert.

Das Erfordernis nach Ziff 2.1 Abs. 2 des Einrichtungserlasses, wonach die R. den Anforderungen der LAI-Richtlinie genügen muss, rechtfertigt für sich genommen nicht die im Anforderungsprofil genannten Qualifikationen. Denn dass diese Anforderungen einzuhalten sind, ist nur plausibel, wenn die R. als sachverständige Stelle nach § 26 BImSchG bekanntgegeben wird. Dafür spricht der mit ihrer Einrichtung verfolgte Zweck, immissionsschutzrechtliche Betreiberpflichten bundeswehrintern zu erfüllen (Ziff. 1 Abs. 1 des Einrichtungserlasses).

(6) Ob den Anforderungen des Gesetzesvorbehaltes genügt wäre, wenn die Bekanntgabe als sachverständige Stelle nach § 26 BImSchG erfolgt wäre oder alsbald erfolgen würde und die für die Auswahlentscheidung Verantwortlichen dies zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht hätten, lässt die Kammer offen.

cc) Nicht für die Entscheidungsfindung von Bedeutung ist der Vortrag des Antragstellers zu dem – hier nicht streitgegenständlichen und einen selbstständigen Bewerbungsverfahrensanspruch gerierenden – Stellenbesetzungsverfahren im Jahre 2009 und zu einem etwaigen zeitlichen Zusammenhang zwischen der streitgegenständlichen Auswahlentscheidung und seiner Erkrankung. […]

dd) Die Auswahl des Antragstellers bei fehlerfreier Durchführung des Auswahlverfahrens, d.h. die Platzierung des Antragstellers vor dem Beigeladenen in einem ordnungsgemäßen Auswahlverfahren, erscheint möglich. Zwar fiel die letzte Regelbeurteilung des Beigeladenen um eine Notenstufe besser aus als die des Antragstellers, jedoch sind diese Beurteilungen – wie unter Buchstabe b), aa) ausgeführt – rechtsfehlerhaft. Im Hinblick auf den dem Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum ist es nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (st. Rspr., vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 24.09.2002 – 2 BvR 857/02 –, NVwZ 2003, 200, juris, Rn. 16).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen auf § 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und hat daher gemäß § 154 Abs. 3 VwGO keine Kosten zu tragen, kann aber auch gemäß § 162 Abs. 3 VwGO seinerseits keine Kostenerstattung beanspruchen.

5. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG in der zum Zeitpunkt der Antragstellung (17.07.2014) geltenden Gesetzesfassung in Höhe der Hälfte des jährlichen Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 12 BBesO zum Zeitpunkt der Antragstellung (4.381,23 € x 12 x 0,5 = 26.287,38 €). Ruhegehaltfähige Zulagen existieren nicht. Im Rahmen des § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG ist der 12-fache Betrag des Endgrundgehaltes zuzüglich etwaiger ruhegehaltfähiger Zulagen zu Grunde zu legen, nicht aber der 13-fache Betrag des Endgrundgehaltes(vgl. VG Osnabrück, Beschluss vom 10.07.2014 – 3 A 121/13 –, juris). Auf Grund der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache hat die Kammer von einer Halbierung des Streitwertes nach Ziff. 1.5 des Streitwertkataloges 2013 (NVwZ-Beilage 2/2013 zu NVwZ-Heft 23/2013) abgesehen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16.05.2013 - 5 ME 92/13 -, juris, Rn. 27 ff.).