Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 24.10.2019, Az.: 13 Verg 9/19
Wirksamkeit des Zuschlags; Zulässigkeit des Vergabenachprüfungsverfahrens
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 24.10.2019
- Aktenzeichen
- 13 Verg 9/19
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2019, 44827
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- GWB § 132 Abs. 1
- GWB § 135 Abs. 2 S. 1
- GWB § 168 Abs. 2 S. 1
- BGB § 138
Fundstellen
- IBR 2020, 191
- NZBau 2020, 535-541
- VS 2019, 96
- VergabeR 2020, 230-240
Amtlicher Leitsatz
Der Gesetzeszweck von § 168 Abs. 2 S. 1 GWB spricht dagegen, § 132 Abs. 1 GWB analog auf Fälle anzuwenden, in denen der Auftraggeber vor Zuschlagserteilung von bekannt gemachten Bedingungen für das Vergabeverfahren abgewichen ist und dies Bietern nicht transparent mitgeteilt hatte.
Zur Unwirksamkeit einer Zuschlagserteilung in diesen Fällen nach § 138 BGB.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung vom 7. August 2019 zum Geschäftszeichen VgK-19/2019 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Auslagen des Antragsgegners und des Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 1.500.518 € festgesetzt.
Gründe
A.
Der Antragsgegner schrieb mit EU-Vergabebekanntmachung vom 24. August 2018 die Durchführung von Leistungen des Rettungsdienstes europaweit im offenen Verfahren in drei Regionallosen ab dem 1. Juli 2019 für die Dauer von 8 Jahren mit zwei einjährigen Verlängerungsoptionen aus. Streitgegenständlich ist vorliegend das Regionallos 3 für die Durchführung von Rettungsdienstleistungen im Bereich S. und E..
Unter Nr. 12.7 der Aufforderung zur Angebotsabgabe bestimmte der Antragsgegner, dass der Bieter die Leistungen des Regelrettungsdienstes - jedenfalls zunächst - von einem eigenen geeigneten Standort aus erbringen müsse, der sich für das Los 3 innerhalb u.a. des in der Anlage 11 c (H.) dargestellten Gebietes befinden müsse. Nach der als Anlage 1 beigefügten Leistungsbeschreibung hatte sich der Beauftragte zu verpflichten, den jeweiligen Standort, der sich in dem genannten Gebiet befinden müsse, vorzuhalten und über den gesamten Beauftragungszeitraum zur Verfügung zu halten. Eine Festlegung auf einen Standort innerhalb der genannten räumlichen Vorgaben sei aus einsatztaktischen Gründen zwingend erforderlich. Nur hierdurch sei eine ordnungsgemäße Sicherstellung nach dem Rettungsdienstbedarfsplan möglich. Auch in der Vergabebekanntmachung war bestimmt, dass sich der Standort in dem Gebiet befinden müsse, das - soweit vorliegend maßgeblich - in der Anlage 11 c der Vergabeunterlagen dargestellt ist.
Der Beigeladene wies den Antragsgegner mit Schreiben vom 1. Oktober 2018 (Blatt 410 der Vergabeakte) darauf hin, dass es ihm nicht möglich sei, innerhalb des "vorgegebenen Radius" - gemeint war ersichtlich: innerhalb des in der Anlage 11 c markierten Gebietes - eine Immobilie zu finden, welche als Standort geeignet wäre. Trotz Internetrecherchen, Begehungen vor Ort, Gesprächen mit Eigentümern möglicher Standorte, Einbindung des Netzwerkes (Kooperationspartnern, haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter), Nachfragen bei Maklern etc. habe dort keine geeignete Immobilie gefunden werden können. Dies sei auch darauf zurückzuführen, dass der Radius extrem eng gefasst sei und lediglich an einer innerörtlichen Straße entlang führe. Der Beigeladene sei nach der bezeichneten Standortvorgabe deshalb an der Abgabe eines Angebotes für dieses Los gehindert. Er wies in diesem Schreiben auf den Beschluss des Senats vom 24. Februar 2015 (13 Verg 1/15, Rn. 47-86) hin, wonach Standortvorgaben nur zulässig seien, soweit sie aus sachlichen (einsatztaktischen) Gründen gerechtfertigt seien und nicht zu einer willkürlichen, diskriminierenden Beeinträchtigung des Wettbewerbs führten; maßgeblich sei hiernach, ob es in dem vorgesehenen Bereich eine genügende Anzahl von Objekten gebe, die als Standort in Betracht kämen, und ob von einem außerhalb der Vorgaben liegenden Standort die Rettungsfrist ebenso eingehalten werden könne. Der Beigeladene bat deshalb um Bestätigung, dass ein von ihm gefundener alternativer Standort, der etwa 150 m außerhalb des bestimmten Gebietes lag, den Anforderungen der Ausschreibung entspreche.
Auf Anfrage des Antragsgegners, ob ein Ausweichen auf den Alternativstandort vertretbar sei, teilte Herr A. vom Sachverständigenbüro F. GmbH als "erste gutachterliche Einschätzung" mit, dass der vorgeschlagene alternative Standort grundsätzlich als potentieller Standort in Betracht zu ziehen sei; durch die verkehrsgünstige Lage direkt an der C. Straße sei nur eine geringe Verzögerung gegenüber dem empfohlenen Standortbereich zu erwarten. Eine detaillierte Überprüfung und kartographische Darstellung könne frühestens ab dem 15. November 2018 durchgeführt werden. Gemäß einem Vermerk vom 4. Oktober 2018 wurde auf dieser Grundlage der infrage stehende potentielle Standort "zugelassen". Mit Schreiben vom selben Tag teilte der Antragsgegner dem Beigeladenen folgendes mit:
"(...) Der Standort in der C. Straße 47 liegt ca. 150 m außerhalb des vorgegebenen Bereichs, und erfüllt damit grundsätzlich nicht die Vorgaben der Vergabeunterlagen.
Da der von Ihrem Mandanten vorgesehene Standort unmittelbar an der C. Straße liegt, der Abstand zum Suchraum von 150 m in einem in Bezug auf die Hilfsfristen noch tolerablen Bereich liegt und vom Standort aus die C. Straße unmittelbar und damit ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung angefahren werden kann, wird ihrer Rüge abgeholfen und der Suchraum entsprechend erweitert."
Diese Entscheidung teilte der Antragsgegner den weiteren Interessenten nicht mit.
Unter anderem die Antragstellerin und der Beigeladene gaben Angebote ab, wobei die Antragstellerin - soweit hier infrage stehend - ein Objekt innerhalb des vorgegebenen Suchraums und der Beigeladene das Objekt C. Straße 47 als Standort angaben. Der Antragsgegner schloss nach Vorabinformation am 18. Februar 2019 einen Beauftragungsvertrag über Los 3 mit dem erstplatzierten Beigeladenen.
Anfang April 2019 wurde die Antragstellerin auf Gerüchte aufmerksam, nach denen der Beigeladene in H. einen Standort außerhalb des vorgegebenen Suchraums plane. Auf Nachfrage der Antragstellerin vom 9. April 2019 bestätigte der Antragsgegner dies mit Schreiben vom 12. April 2019; der Beigeladene habe im Rahmen des Vergabeverfahrens bilateral angefragt, ob dieser Standort ausnahmsweise als geeignet angesehen werden könne. Der Antragsgegner habe den Suchraum um diesen Standort individuell gegenüber dem Beigeladenen erweitert. Für andere Bieter gelte diese Ausnahme nicht. Der eingeschaltete Gutachter habe eine grundsätzliche Erweiterung des Suchraums nicht für angezeigt gehalten. Die Antragstellerin rügte dies mit Schreiben vom 15. April 2019. Der Antragsgegner half dieser Rüge mit Schreiben vom 25. April 2019 nicht ab. Daraufhin stellte die Antragstellerin am 2. Mai 2019 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass der geschlossene Vertrag unwirksam sei, weil der Antragsgegner die Vergabebedingungen in wesentlicher Weise und intransparent geändert habe. Hätte er den übrigen Interessenten in der gebotenen nicht diskriminierenden Weise mitgeteilt, dass der Suchraum entsprechend erweitert worden sei, hätte sie ebenfalls einen alternativen Standort anbieten können, der sogar noch näher an dem ursprünglich vorgegebenen Suchraum gelegen hätte, als der von dem Beigeladenen angebotene Standort. Der D-Ortsverein H. hätte ihr den für den erweiterten Rettungsdienst genannten Standort "A. K. 1" auch für den Regelrettungsdienst zur Verfügung gestellt. Die Berücksichtigung dieses alternativen Standortes hätte ihr die Abgabe eines wirtschaftlicheren Angebotes ermöglicht, so dass es hinreichend wahrscheinlich sei, dass sie in diesem Fall den Zuschlag hätte erhalten müssen.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag als unzulässig zurückgewiesen, weil der Zuschlag wirksam erteilt worden sei und ein auf Aufhebung eines wirksamen Zuschlags gerichteter Nachprüfungsantrag unzulässig ist. Der Vertrag sei nicht aufgrund einer wesentlichen Änderung der Vergabeunterlagen nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB i.V.m. § 132 Abs. 1 GWB unwirksam, weil die infrage stehende Änderung jedenfalls nicht während der Laufzeit des Vertrages erfolgte. Eine analoge Anwendung dieser Regelungen auf Änderungen der Vergabeunterlagen vor dem Abschluss des Vertrages komme nicht in Betracht. Der Vertrag sei auch insbesondere nicht nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig, weil kein massiver, zur Nichtigkeit führender, sittenwidriger Vergaberechtsverstoß durch wettbewerbswidriges, kollusives Zusammenwirken zwischen dem Antragsgegner und dem Beigeladenen vorliege.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens insbesondere beantragt,
1. den Beschluss der Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung vom 7. August 2019 zum Geschäftszeichen ... aufzuheben,
2. festzustellen, dass der am 18. Februar 2019 zwischen dem Antragsgegner und dem Beigeladenen geschlossene Vertrag zur Erbringung von Aufgaben des Rettungsdienstes auf dem Gebiet des Landkreises ... - Los 3: ... unwirksam ist,
3. dem Antragsgegner aufzugeben, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht ein neuerliches rechtskonformes Vergabeverfahren unter Beteiligung der Antragstellerin einzuleiten,
4. hilfsweise festzustellen, dass die Antragstellerin durch Vergabeverstöße des Antragsgegners in ihren Rechten aus § 97 Abs. 6 GWB verletzt ist, und den Antragsgegner zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Vergabesenats geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Rechtsverletzung zu beseitigen und eine weitere Schädigung der betroffenen Interessen des Antragstellers zu verhindern.
Der Antragsgegner und der Beigeladene beantragen,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag mit weitgehend zutreffenden Erwägungen zumindest im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
I.
Entgegen der Auffassung der Vergabekammer ist der Nachprüfungsantrag allerdings zulässig.
1. Wie der Senat mit Beschluss vom 25. Juni 2019 (13 Verg 4/19, juris) entschieden hat, ist das Nachprüfungsverfahren nach §§ 155 ff. GWB statthaft. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den dortigen Beschluss verwiesen.
2. Grundsätzlich ist ein Nachprüfungsantrag nach § 168 Abs. 2 GWB zwar nur so lange statthaft, wie das Vergabeverfahren noch nicht durch einen wirksamen Zuschlag abgeschlossen ist. Für die Frage der Statthaftigkeit eines auf die Unwirksamkeit des Zuschlags u.a. nach §§ 132, 135 GWB gestützten Nachprüfungsantrags kommt es aber nicht darauf an, ob ein solcher zur Unwirksamkeit führender Verstoß im Ergebnis zu bejahen ist. Ein solcher Verstoß betrifft als sogenannte doppelrelevante Tatsache sowohl die Statthaftigkeit als auch die Begründetheit des Nachprüfungsantrags. In solchen Fällen ist eine rechtliche Argumentation, nach der ein solcher Verstoß zu bejahen wäre, nicht schon im Rahmen der Statthaftigkeit des Rechtsbehelfs, sondern erst im Rahmen der Begründetheit zu prüfen (vgl. näher OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. April 2017 - Verg 38/16, juris Rn. 24).
3. Der Nachprüfungsantrag ist auch im Übrigen zulässig. Der maßgebliche Schwellenwert nach § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB i.V.m. Art. 4 RL 2014/24/EU ist überschritten. Die Antragstellerin ist nach § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Sie hat ein Interesse an dem infrage stehenden Auftrag und macht eine Verletzung in ihren Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend.
Die nach § 135 Abs. 2 S. 1 GWB maßgebliche 30-tägige Frist für die Geltendmachung der Unwirksamkeit seit Information über den Abschluss des Vertrages ist eingehalten. Eine darüber hinausgehende Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB besteht nicht, weil die Rügeobliegenheit, die der Vergabestelle die Abstellung von Vergaberechtsverstößen im laufenden Vergabeverfahren ermöglichen soll, nach Erteilung des Zuschlags keinen Sinn mehr macht, vgl. § 160 Abs. 3 S. 2 GWB (OLG Düsseldorf a.a.O. Rn. 29 [zu § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB a.F.]; Wiese in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB, 4. Aufl., § 160 Rn. 179; Maimann in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß § 135 Rn. 33).
II.
Der Nachprüfungsantrag ist aber unbegründet. Der erteilte Zuschlag ist wirksam und kann nach § 168 Abs. 2 S. 1 GWB nicht aufgehoben werden.
1. Der Zuschlag ist nicht nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB unwirksam. Der Auftrag ist nach vorheriger Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vergeben worden. Es war auch keine neue Ausschreibung erforderlich, weil wesentliche Änderungen nach § 132 Abs. 1 S. 1 GWB ein neues Vergabeverfahren erfordert hätten.
a) Die letztgenannte Vorschrift ist nach ihrem eindeutigen Wortlaut unmittelbar nur auf Änderungen eines öffentlichen Auftrags "während der Vertragslaufzeit" anwendbar, was zumindest erfordert, dass die formale Zuschlagserteilung bereits erfolgt und damit das ursprüngliche Vergabeverfahren abgeschlossen ist (Mertens/Götze in: BeckOK Vergaberecht, 12. Ed. § 132 Rn. 11). Vorliegend wurde der am 18. Februar 2019 mit dem Beigeladenen geschlossene Vertrag aber nicht nachträglich geändert. Vielmehr wurden nach der Auffassung der Antragstellerin Bedingungen des Vergabeverfahrens nach Veröffentlichung der Vergabebekanntmachung und Aufforderung zur Angebotsabgabe aber vor Ablauf der Angebotsfrist und vor Zuschlagserteilung verändert.
Dass bereits vor Zuschlagserteilung ein vorvertragliches Schuldverhältnis zwischen der Vergabestelle und den potentiellen Auftragnehmern besteht, führt nicht zu einer unmittelbaren Anwendbarkeit von § 132 GWB in den Fällen solcher Veränderungen von Vergabebedingungen vor Zuschlagserteilung
b) Der vorliegend erteilte Zuschlag ist auch nicht aufgrund einer analogen Anwendung von § 132 Abs. 1 GWB unwirksam.
aa) Ohne dass dies vorliegend abschließend entschieden werden müsste, spricht bereits viel für die Auffassung der Vergabekammer, dass diese die Änderung eines bereits geschlossenen Vertrages betreffende Regelung nicht analog auf Änderungen von Vergabebedingungen vor Zuschlagserteilung anzuwenden ist, auch wenn diese Änderungen nicht allen Bietern transparent mitgeteilt und einzelnen Bietern deshalb erst nach Zuschlagserteilung bekannt werden.
Eine - wohl analoge - Anwendung dieser Vorschrift auch in solchen Fällen wird zwar teilweise ohne nähere Problematisierung in Betracht gezogen (so: VK Südbayern, Beschluss vom 18. November 2014 - Z3-3-3194-1-40-09/14, juris Rn. 104; OLG Rostock, Beschluss vom 25. September 2013 - 17 Verg 3/13, juris Rn. 124 ff., 141, 143 ff. [nicht tragend]; hieran anknüpfend: Mentzinis in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Aufl., § 135 Rn. 15; Weyand, ibr-online-Kommentar Vergaberecht (Stand: 14. September 2015) § 101b GWB, Rn. 27/1,1 f.; Dreher/Hoffmann in: Burgi/Dreher, Beck'scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., § 135 Rn. 30). Sie begegnet jedoch Bedenken (kritisch auch: Hüttinger in: Burgi/Dreher § 132 Rn. 17 Fn. 22).
(1) Es dürfte bereits keine vergleichbare Interessenlage bestehen, die die analoge Anwendung dieser Vorschrift rechtfertigen könnte.
Aus Sicht des betroffenen Bieters, dem eine intransparent erfolgte Änderung von Bedingungen des Vergabeverfahrens oder auch nur ein Abweichen von diesen Bedingungen vor Zuschlagserteilung nicht mitgeteilt wurde, stellt sich die Interessenlage zwar vergleichbar zu einer Vertragsänderung nach Zuschlagserteilung dar. Ausgehend von sonstigen gesetzgeberischen Erwägungen und unter Berücksichtigung der Interessen des Rechtsverkehrs im Übrigen ist die Interessenlage aber wesentlich verschieden.
(a) Zwar liegt es (auch) im allgemeinen Interesse, dass die Vorschriften betreffend das Vergabeverfahren eingehalten werden. Schon nach der sog. Rechtsmittelrichtlinie (RL 2007/66/EG) sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, eine wirksame und rasche Überprüfung der Entscheidung öffentlicher Auftraggeber sicherzustellen. Dies erfordert aber nicht notwendig die Gewährung von Primärrechtsschutz in Fällen, in denen Verträge unter Verstoß gegen vergaberechtliche Bestimmungen bereits zustande gekommen sind (so schon: EuGH, Urteil vom 9. September 2004 - C-125/03, WuW 2004, 1229 Tz. 15; vgl. auch Reidt in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 4. Aufl., § 168 Rn. 35). Auch das Unionsrecht differenziert insoweit im Grundsatz danach, ob ein Nachprüfungsverfahren vor oder nach Zuschlagserteilung eingeleitet wird.
Der nationale Gesetzgeber hat mit § 168 Abs. 2 S. 1 GWB dementsprechend das Interesse der Vertragsparteien an Investitionssicherheit und das Vertrauen in den Bestand abgeschlossener Verträge für den Regelfall höher bewertet als das Interesse unterlegener Bieter an der Rückabwicklung oder Beendigung eines unter Verstoß gegen Vergaberecht abgeschlossenen Vertrages (Antweiler in: Burgi/Dreher § 168 Rn. 52). Der Gesetzgeber hat dies als "ein Prinzip des deutschen Vergaberechts" angesehen (Entwurfsbegründung der Bundesregierung, BT-Drs. 13/9340, S. 19). Ausgehend hiervon stehen Verfahrensverstöße einem wirksamen Vertragsschluss grundsätzlich nicht entgegen (Thiele in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß § 168 Rn. 49; Antweiler a.a.O.; Prell in: BeckOK Vergaberecht § 168 Rn. 43), selbst wenn es sich um grobe Verstöße handelt (Wiedemann in: Byok/Jaeger, Vergaberecht, 4. Aufl., § 168 Rn. 21; Summa a.a.O. § 168 Rn. 98).
(b) Die hiernach durch § 168 Abs. 2 S. 1 GWB mit der Anknüpfung an den Vertragsschluss bestimmte Zäsur lässt dabei eine klar handhabbare und damit Rechtssicherheit bietende Differenzierung zwischen dem Stadium des laufenden Vergabeverfahrens, in dem betroffene Bieter Primärrechtsschutz erlangen können, und dem Stadium der Vertragsdurchführung zu, in dem sie regelmäßig auf die Geltendmachung von Sekundäransprüchen beschränkt sind und Primärrechtsschutz grundsätzlich nur im Falle einer Änderung des geschlossenen Vertrages beanspruchen können.
Eine Ausdehnung des Primärrechtsschutzes auch auf Fälle der (intransparenten) Abweichung von Vergabebedingungen vor Vertragsschluss begründete demgegenüber erhebliche Rechtsunsicherheiten. Da die Unwirksamkeit nach § 135 GWB unabhängig von der Motivation bzw. einem möglichen Verschulden des Auftraggebers eintritt (Braun in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 3. Aufl., § 135 Rn. 62 f.), könnte im Falle einer analogen Anwendung bereits das unvorsätzliche Abweichen von Vergabebedingungen zur Unwirksamkeit des später geschlossenen Vertrages führen.
Bezogen auf den vorliegenden Fall käme - ausgehend auch von der weiteren Rechtsauffassung der Antragstellerin - eine Unwirksamkeit des Vertragsschlusses hiernach beispielsweise bereits dann in Betracht, wenn ein Bieter einen Standort anbietet, der etwa um eine Hausnummer außerhalb des bekannt gemachten Suchraums liegt, der Antragsgegner diese Abweichung von den Vergabeunterlagen nicht bemerkt und den Zuschlag auf dieses Angebot erteilt hätte.
Diese Rechtsunsicherheit - und sei es nur bis zum Ablauf der Sechs-Monats-Frist nach § 135 Abs. 2 S. 1 GWB - stünde im Widerspruch zu dem mit § 168 Abs. 2 S. 1 GWB bezweckten Erfolg.
(c) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin gebietet auch der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung entgegen dieser unterschiedlich zu bewertenden Interessenlage keine analoge Anwendung von § 132 GWB auf die infrage stehenden Fälle des intransparenten Abweichens von Vergabebedingungen vor Vertragsschluss.
So zeigt zwar das - auch unionsrechtlich begründete - Erfordernis der Vorabinformation nach § 134 GWB, das durch die Unwirksamkeitsfolge des § 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB sanktioniert ist, dass eine Bestandskraft von Verträgen grundsätzlich nur dann eintreten soll, wenn eine vorherige Überprüfung möglich ist. Gleichzeitig kann auch durch Erteilung einer ordnungsgemäß begründeten Vorabinformation aber nicht verhindert werden, dass unterlegenen Bietern einzelne Vergaberechtverstöße unbekannt bleiben. Auch das Unionsrecht gebietet nicht, einen bereits geschlossenen Vertrag grundsätzlich aufgrund solcher zunächst unerkannt gebliebener Vergaberechtsverstöße aufzuheben.
Weiter trifft es zwar zu, dass Änderungen an den Auftragsunterlagen bestimmten Grenzen unterworfen sind. So dürfen sie etwa nach Erwägungsgrund 81 der Richtlinie 2014/24/EU nicht so wesentlich sein, dass andere als die ursprünglich ausgewählten Bewerber zugelassen worden wären oder das Interesse zusätzlicher Teilnehmer am Vergabeverfahren geweckt worden wäre. Diese Formulierung knüpft zwar an die § 132 GWB zugrunde liegende Bestimmung des Art. 72 der Richtlinie an, erfordert und rechtfertigt es allerdings nicht, diese Bestimmung entgegen des auch dort eindeutigen Wortlauts in Art. 72 Abs. 4 über Änderungen während der Laufzeit eines Auftrags hinaus anzuwenden. Der bezeichnete Erwägungsgrund bestimmt vielmehr die Rechtsfolge einer nach diesen Erwägungen nicht mehr zulässigen Änderung an den Auftragsunterlagen nicht; dies muss nicht zwingend die Unwirksamkeit eines bereits geschlossenen Vertrages sein.
Das Urteil des europäischen Gerichtshofs vom 19. Juni 2008, auf das die Bestimmung des Art. 72 RL 2014/24/EU zurückgeht, enthält ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, diese Grundsätze auf Abweichungen von Vergabeunterlagen vor Vertragsschluss entsprechend anzuwenden; auch die dortigen Erwägungen bezogen sich allein auf Änderungen der Bestimmungen eines öffentlichen Auftrags "während seiner Geltungsdauer" (Urteil vom 19. Juli 2008 - C-454/06, juris Tz. 34).
Entgegen der Auffassung der Vergabekammer Südbayern (a.a.O. Rn. 113) folgt aus der dort in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 6. Februar 2002 - X ZR 185/99, juris) auch nicht, dass von dem Grundsatz der Bestandskraft des geschlossenen Vertrages generell Fälle auszunehmen wären, in denen dem Vertragsschluss unzulässige Nachverhandlungen vorangegangen sind; die Ausführung des Bundesgerichtshofs beziehen sich allein auf die Beurteilung eines Schadensersatzanspruchs, nicht jedoch auf die Möglichkeit, Primärrechtsschutz zu erlangen.
(d) Zwar ist auch in der Gesamtschau der unionsrechtlichen Bestimmungen nicht das Bedürfnis zu verkennen, dass gröbste Verstöße gegen das Vergaberecht, die - wie Direktvergaben - bei Aufrechterhaltung des unter diesem Verstoß zustande gekommenen Vertrages nicht angemessen sanktioniert werden könnten, zur Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit des Vertrages führen müssen. Diesem Bedürfnis kann jedoch durch eine einzelfallbezogene Anwendung insbesondere von § 138 BGB sachgerechter und unter Beschränkung der damit unvermeidbar verbundenen Rechtsunsicherheit auf das unvermeidbare Maß Rechnung getragen werden, wie die Vergabekammer zutreffend erkannt hat.
(2) Anknüpfend an die vorstehenden Erwägungen besteht auch keine planwidrige Regelungslücke, die einen Analogieschluss zu § 132 GWB rechtfertigte. Soweit im Einzelfall ein Bedürfnis besteht, einen geschlossenen Vertrag wegen Verstößen gegen das Vergaberecht als unwirksam zu behandeln, die zeitlich vor Vertragsschluss erfolgten, Teilen der betroffenen Bietern jedoch aufgrund eines intransparenten Vorgehens der Vergabestelle unbekannt geblieben sind, bietet die Regelung des § 138 BGB eine sachgerechte Möglichkeit der Sanktionierung.
bb) Jedenfalls lägen selbst bei einer unterstellten analogen Anwendbarkeit von § 132 Abs. 1 GWB die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vor, die ein neues Vergabeverfahren und damit eine erneute Vergabebekanntmachung erforderten.
(1) Es liegt entgegen der Auffassung der Antragstellerin kein Fall der in § 132 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 lit. a) - c) GWB benannten Regelbeispiele vor.
(a) Nach § 132 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 lit. a) GWB ist eine Änderung insbesondere wesentlich, wenn mit ihr Bedingungen eingeführt werden, die, wenn sie für das ursprüngliche Vergabeverfahren gegolten hätten, die Zulassung anderer Bewerber oder Bieter ermöglicht hätten. Diese Bestimmung erfasst Änderungen von Eignungskriterien und Ausführungsbedingungen i.S.v. § 128 Abs. 2 GWB (Ziekow, VergabeR 2016, 278, 280; Ganske in: Reidt/Stickler/Glahs § 132 Rn. 18; Jaeger in: MüKoVergabeR, 2. Aufl., § 132 Rn. 7) und damit - unabhängig von der genauen Einordnung der Standortvorgabe - die vorliegend infrage stehende Vergabebedingung.
Wesentlich ist die Änderung solcher Bedingungen hiernach aber nur dann, wenn es im ursprünglichen Vergabeverfahren tatsächlich Bewerber oder Bieter gegeben hat, die an seinerzeit nicht erfüllten Eignungskriterien oder Ausführungsbedingungen gescheitert sind, die aber aufgrund der neuen oder geänderten Bedingungen, wenn sie seinerzeit gegolten hätten, am Vergabeverfahren bis zur Angebotswertung hätten teilnehmen können (Ziekow a.a.O.; Ganske a.a.O.; Jaeger a.a.O.; Scharen in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 4. Aufl., § 132 Rn. 12). Eine solche Relevanz kommt der vorliegenden Änderung jedenfalls nicht zu. Die Antragstellerin erfüllte die Standortvorgaben. Ein weiterer Bieter wurde zwar ausweislich Nr. 3.1.3.3 des Vergabevermerks vom 30. November 2018 (Blatt 509 ff. der Vergabeakte) von der Wertung ausgeschlossen, weil er keinen geeigneten Standort angeboten hatte. Der Antragsgegner hatte im Fall dieses Bieters aber zuvor geprüft, ob der von diesem weiteren Bieter angebotene Standort geeignet war, die Einhaltung der Hilfsfristen in dem erforderlichen Umfang sicherzustellen, was - anders als bei dem von der Beigeladenen vorgeschlagenen Standort - nach der Beurteilung des mit der Bedarfsplanung beauftragten Gutachters nicht der Fall war. Dieser weitere Bieter wurde mithin nicht deshalb ausgeschlossen, weil der von ihm angebotene Standort nicht innerhalb des in der Vergabebekanntmachung in Bezug genommenen Suchraums lag, sondern weil er nach individueller Prüfung ungeeignet war. Der Antragsgegner hat hier mithin dieselben Maßstäbe angelegt, anhand derer er auch den von dem Beigeladenen angebotenen Standort beurteilt hat. Auch ausgehend von diesen - gegenüber der Vergabebekanntmachung geänderten - Maßstäben war der weitere Bieter auszuschließen.
(b) Nach § 132 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 lit. b) GWB liegt eine wesentliche Änderung weiter insbesondere dann vor, wenn die geänderten Bedingungen die Annahme eines anderen Angebots ermöglicht hätten, wenn sie für das ursprüngliche Vergabeverfahren gegolten hätten.
Diese Fallgruppe bezieht sich nach teilweise vertretener Auffassung auf Zuschlagskriterien (Ziekow a.a.O., 281; Ganske a.a.O. Rn. 19; Contag in: jurisPK-VergR § 132 Rn. 33 f.), nach einer weitergehenden Auffassung darüber hinaus auch auf sonstige Bedingungen, aufgrund deren Änderung sich die Zuschlagschance eines im ursprünglichen Vergabeverfahren nicht zum Zuge gekommenen Angebots verändert hätte (Scharen a.a.O. Rn. 13; Mertens/Götze, BeckOK Vergaberecht, § 132 Rn. 27 f.; im Ausgangspunkt auch: Jaeger a.a.O. Rn. 8).
Auch ausgehend von einem umfassenden Anwendungsbereich dieses Regelbeispiels wäre die infrage stehende Änderung der Vergabebedingungen aber nicht wesentlich. Die Wesentlichkeit würde nach Auffassung der Antragstellerin daraus folgen, dass sie bei transparenter Bekanntmachung der Änderung in der Lage gewesen wäre, einen (knapp) außerhalb des festgelegten Suchraums liegenden Standort anzubieten, bei dessen Inanspruchnahme sie ein wirtschaftlicheres Angebot hätte abgeben können. Unabhängig davon, ob bereits eine derartige Verbesserung der Zuschlagschance erheblich wäre, oder ob Voraussetzung hierfür wäre, dass Angebote seinerzeit an nicht erfüllten Bedingungen gescheitert sind, auf der Grundlage der geänderten Bedingungen aber an der abschließenden Angebotsprüfung und -wertung hätten teilnehmen können (so: Jaeger a.a.O.), wäre die vorliegend infrage stehende Zulassung des alternativen Standortes jedenfalls keine wesentliche Änderung.
(aa) Entgegen dem Verständnis der Antragstellerin hat der Antragsgegner mit der Entscheidung, den letztlich von dem Beigeladenen angebotenen Standort zuzulassen, nicht den vorab festgelegten Suchraum gegenüber allen Bietern pauschal erweitert, so dass sämtliche Standorte geeignet wären, die beispielsweise gleich weit außerhalb der Grenzen des ursprünglich bestimmten Suchraums lägen, wie der von dem Beigeladenen angebotene Standort. Er hat damit also nicht die Bedingungen der Vergabe entsprechend geändert.
Für ein solches Verständnis spricht zwar auf erste Sicht die Formulierung in dem der Rüge des Beigeladenen abhelfenden Schreiben des Antragsgegners vom 4. Oktober 2018, der von dem Beigeladenen anzubietende Standort liege zwar ca. 150 m außerhalb des vorgegebenen Bereichs, aber in einem Bereich, der in Bezug auf die Hilfsfristen noch tolerabel sei; der Suchraum werde "entsprechend erweitert". Erkennbar war eine derart pauschale Erweiterung des Suchraums von dem Antragsgegner aber nicht gewollt. Sie böte keine hinreichenden Anhaltspunkte für dessen Abgrenzung. Eine Beurteilung der Geeignetheit im Hinblick auf die Hilfsfristen wäre auf der Grundlage eines solchen pauschal erweiterten Suchraums nicht ohne weiteres möglich. Die Rügeantwort war weiteren Bietern auch nicht zur Kenntnis gegeben worden, sodass - abgesehen von dem missverständlichen Wortlaut - nichts dafür spricht, dass über die Zulassung des anzubietenden Standortes des Beigeladenen hinaus eine pauschale Regelung getroffen werden sollte. Dies entspricht auch der Formulierung des ebenfalls vom 4. Oktober 2018 datierenden Vermerks, der allein zum Ergebnis hat, dass der angefragte potentielle Standort zugelassen werde.
(bb) Zwar wäre der Antragsgegner aus Gründen des Gebots der Gleichbehandlung der Bieter nach § 97 Abs. 2 GWB verpflichtet, Abweichungen von den ursprünglich bekannt gemachten Standortvorgaben durch andere Bieter nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen, auf der Grundlage derer er den von dem Beigeladenen angebotenen Standort zugelassen hat. Auch dies führte aber nicht dazu, dass infolge der zugunsten des Beigeladenen gewährten Ausnahme im Sinne des § 132 Abs. 1 GWB geänderte Bedingungen des Vergabeverfahrens gegolten hätten, aufgrund derer auch die Antragstellerin den alternativen Standort hätte anbieten dürfen. Dabei kann offen bleiben, ob eine aufgrund des Abweichens von bekanntgemachten Vergabebedingungen möglicherweise eintretende Selbstbindung der Vergabestelle überhaupt als Änderung i.S.d. § 132 Abs. 1 GWB zu qualifizieren wäre.
Vorliegend hatte sich der Beigeladene in dem Rügeschreiben vom 1. Oktober 2018 auf die Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 24. Februar 2015 - 13 Verg 1/15, juris Rn. 46 ff.) bezogen, nach der eine zu enge Standortvorgabe unzulässig sein könne, wenn unter anderem in dem vorgesehenen Bereich keine genügende Anzahl von Objekten vorhanden ist, und sein Begehren darauf gestützt, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, einen geeigneten Standort innerhalb des vorgegebenen Bereichs zu finden. Auf diesen Einwand hin hat der Antragsgegner die Geeignetheit des benannten, außerhalb des Suchraums gelegenen Standortes geprüft. Aufgrund dieses Ablaufs kann nicht angenommen werden, dass der Antragsgegner allgemein außerhalb des bekannt gemachten Suchraums liegende Standorte auf ihre Geeignetheit hätte prüfen wollen, auch wenn der entsprechende Bieter in der Lage gewesen wäre, einen geeigneten Standort innerhalb des bekannt gemachten Suchraums anzubieten. Auch bei Verallgemeinerung der gegenüber dem Beigeladenen vorgenommenen Ausnahme hätte dies nicht dazu geführt, dass auch die Geeignetheit des alternativen Standorts der Antragstellerin hätte geprüft werden müssen. Diese war vielmehr in der Lage, einen Standort auch innerhalb des bekannt gemachten Suchraums anzubieten.
Ob es möglicherweise gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen hätte, aus diesem Grund den alternativen Standort der Antragstellerin abzulehnen, obwohl dieser - nach dem Vortrag der Antragstellerin - gleich oder möglicherweise sogar besser geeignet gewesen wäre, als der Standort des Beigeladenen, kann offenbleiben. Ein derartiger Vergabeverstoß wäre jedenfalls für die Beurteilung einer möglichen Änderung von Vergabebedingungen i.S.d. § 132 GWB unerheblich.
(c) Eine wesentliche Änderung lag schließlich auch nicht nach § 132 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 lit. c) GWB vor. Hiernach sind Änderungen wesentlich, wenn mit ihr Bedingungen eingeführt werden, die das Interesse weiterer Teilnehmer am Vergabeverfahren geweckt hätten, wenn sie für das ursprüngliche Vergabeverfahren gegolten hätten. Maßgeblich ist insoweit, ob aufgrund u.a. von Marktkenntnissen konkrete Anhaltspunkte dafür ermittelt werden können, die die Annahme realistisch erscheinen lassen, dass durch die geänderten Bedingungen typischerweise auch andere potentielle Anbieter angesprochen werden, als durch die ursprünglichen Vergabebedingungen (Ziekow a.a.O.; Jaeger a.a.O. Rn. 9; Scharen a.a.O. Rn. 15; Ganske a.a.O. Rn. 20). Hierfür spricht vorliegend nichts.
(2) Ein Fall der Regelbeispiele nach § 132 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 - 4 GWB liegt nicht vor. Die infrage stehende Abweichung von den Vergabeunterlagen stellte jedenfalls auch keine unbenannte wesentliche Änderung nach § 132 Abs. 1 S. 2 GWB dar.
Wesentlich sind nach der Legaldefinition in § 132 Abs. 1 S. 2 GWB Änderungen, die dazu führen, dass sich der öffentliche Auftrag erheblich von dem ursprünglich vergebenen öffentlichen Auftrag unterscheidet. Übertragen auf die vorliegende Konstellation bedeutete dies, dass sich der letztlich geschlossene Auftrag erheblich von den bekannt gemachten Bedingungen unterscheidet. Dies ist in einer wertenden Betrachtung anhand des Maßstabs zu beurteilen, ob die Änderung hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Wirkung dem Abschluss eines neuen Vertrags gleichsteht (Eschenbruch in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß § 132 Rn. 36). Ausschreibungspflichtig sind nur Vertragsänderungen oberhalb eines gewissen Marktabschottungseffekts (Wiedemann a.a.O. Rn. 1).
Hiernach ist die vorliegende infrage stehende Abweichung von den Vergabeunterlagen jedenfalls nicht wesentlich. Wesen und Umfang des ausgeschriebenen Vertrages blieben hierdurch unberührt. Der Antragsgegner hat lediglich auf Rüge eines Bieters hin die Grundsätze berücksichtigt, die der Senat in der in Bezug genommenen Entscheidung vom 24. Februar 2015 herausgestellt hat. Diese Grundsätze dürften einschlägigen Bietern bekannt sein. Auch abgesehen hiervon hätte es nahegelegen, die Zulassung eines alternativen Standortes anzufragen, wenn der bekannt gemachte Suchraum nach Auffassung der Bieter eine zu eng begrenzte Bedingung und damit eine unverhältnismäßige Einschränkung des Wettbewerbsgrundsatzes darstellte. Auch wenn mit der Intransparenz der Zulassung des abweichenden Standorts für den Beigeladenen ein gewisser Marktabschottungseffekt verbunden sein mag, ist dieser deshalb nicht im Ansatz mit dem Marktabschottungseffekt der fehlenden Bekanntmachung betreffend einen neuen Vertragsschluss vergleichbar.
2. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist der geschlossene Vertrag auch nicht nach § 134 i.V.m. § 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB unwirksam, weil der Antragsgegner in der Vorabinformation vom 18. Dezember 2019 nicht mitgeteilt hatte, dass der Beigeladene einen außerhalb des bekannt gemachten Suchraums liegenden Standort angeboten hatte und den Zuschlag auf dieses Angebot erhalten solle. Eine derartige Information gehörte nicht zur nach § 134 Abs. 1 GWB notwendigen Begründung der Vorabinformation. Es lag - wie dargestellt - auch keine wesentliche Auftragsänderung vor, in deren Folge sich diese Vorabinformation nicht mehr auf den tatsächlich zu erteilenden Auftrag bezogen hätte.
3. Der zwischen dem Antragsgegner und dem Beigeladenen geschlossene Vertrag ist auch nicht nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig.
a) Grundsätzlich ergibt sich eine Vertragsnichtigkeit nicht aus dem Verstoß gegen Vorschriften, die allein für das Vergabeverfahren relevant sind (Steck in: Ziekow/Völlink § 168 Rn. 28). Abweichend von diesem Grundsatz kann ein Vertrag aber sittenwidrig und damit nichtig sein, wenn er ohne Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens vergeben wird und der öffentliche Auftraggeber in bewusster Missachtung des Vergaberechts handelt, also entweder weiß, dass der betreffende Auftrag dem Vergaberecht unterfällt, oder sich einer solchen Kenntnis mutwillig verschließt, auch kollusiv mit dem Auftragnehmer zusammenarbeitet (Senat, Beschluss vom 25. August 2005 - 13 Verg 8/05, juris Rn. 21; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. Januar 2005 - Verg 93/04, juris Rn. 24; KG, Beschluss vom 19. April 2012 - Verg 7/11, juris Rn. 89; OLG Saarbrücken, Urteil vom 17. August 2016 - 1 U 159/14, juris Rn. 93; Prell in: BeckOK Vergaberecht § 168 Rn. 45; Gause in: Willenbruch/Wieddekind § 168 Rn. 9; Schmidt-Räntsch in: Erman, BGB, 15. Aufl., § 138 Rn. 133). Auch darüber hinaus kann eine Nichtigkeit bei groben Vergaberechtverstößen - insbesondere gegen Transparenzvorschriften - in Betracht kommen, was allerdings voraussetzt, dass gezielt bestimmte Unternehmen benachteiligt werden, der Auftraggeber und Auftragnehmer kollusiv zusammenwirken (Steck a.a.O.; Reidt in: Reidt/Stickler/Glahs § 168 Rn. 37; vgl. auch BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2000 - X ZB 14/00, juris Rn. 41) oder sich die Vergabestelle jedenfalls der Vergaberechtswidrigkeit bewusst ist oder sich zumindest einer entsprechenden Kenntnis verschließt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Juni 2008 - Verg 23/08, juris Rn. 58; Beschluss vom 12. Januar 2000 - Verg 4/99, juris Rn. 54 f.). Weitergehend hat das Oberlandesgericht Brandenburg in einem von der Antragstellerin in Bezug genommenen Urteil die Nichtigkeit eines Vertrages aus dem Vorliegen gravierender Verstöße gegen Grundwertungen des Vergaberechts gefolgert, ohne ein solches Bewusstsein der Vergaberechtswidrigkeit vorauszusetzen (OLG Brandenburg, Urteil vom 16. Dezember 2015 - 4 U 77/14, juris Rn. 52).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt sich eine Sittenwidrigkeit des geschlossenen Vertrages im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände nicht feststellen:
aa) Es lässt sich zunächst insbesondere nicht feststellen, dass der Antragsgegner und der Beigeladene kollusiv zusammengewirkt hätten. Ein derartiges kollusives Verhalten wirft die Antragstellerin beiden Beteiligten - anders als noch zunächst gegenüber der Vergabekammer - nicht mehr vor. Es lässt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Ablaufs des Vergabeverfahrens feststellen.
Der Beigeladene hat den Antragsgegner aus rechtlich nachvollziehbaren Gründen gebeten, den ihm zur Verfügung stehenden Standort zuzulassen, weil er einen Standort innerhalb des vorgegebenen Suchraums nicht habe finden können und die Einhaltung der Hilfsfristen auch von dem ihm zur Verfügung stehenden Standort aus gesichert seien. Er hat sich dabei in nachvollziehbarer Weise auf die in Bezug genommene Rechtsprechung des Senats gestützt. Es spricht nichts dafür, dass er mit dieser Anfrage bzw. Rüge ein vergaberechtswidriges Vorgehen des Antragsgegners initiieren wollte. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass er positiv erkannt hätte oder sich dieser Kenntnis verschlossen hätte, dass der Antragsgegner in der Folge die Zulassung des ihm zur Verfügung stehenden Standortes den übrigen Interessenten nicht transparent mitgeteilt hätte, auch wenn es mangels einer ihm zur Kenntnis gelangten Mitteilung des Antragsgegners an die übrigen Interessenten durchaus objektive Anhaltspunkte hierfür gab.
Auch der Antragsgegner hat auf die Anfrage des Beigeladenen hin zunächst in der gebotenen und zu erwartenden Weise geprüft, ob der dem Beigeladenen zur Verfügung stehende Standort geeignet war, die Einhaltung der Hilfsfristen sicherzustellen. Dass er sich insoweit mit einer vorläufigen Einschätzung des Gutachters begnügt hat, rechtfertigt nicht den Schluss darauf, dass er gezielt den Beigeladenen habe bevorzugen wollen. Vielmehr lag es nach Einschätzung des Senats auf der Hand, dass der unmittelbar an den bekannt gemachten Suchraum angrenzende Standort des Beigeladenen nicht nur aufgrund dieser räumlichen Nähe, sondern insbesondere aufgrund seiner Lage unmittelbar an der L ... entsprechend geeignet war. Weiter hat der Antragsgegner - in ausreichender Weise dokumentiert - auch die Eignung eines durch einen dritten Bieter angebotenen Standortes, der außerhalb des bekannt gemachten Suchraums lag, geprüft und diese Frage ohne Beanstandung des weiteren Bieters verneint. Auch insoweit bestehen zumindest keine Anhaltspunkte für einen Willen, den Beigeladenen einseitig zu bevorzugen.
Auf eine derartige Intention ist - entgegen der möglicherweise von der Antragstellerin vertretenen Auffassung - auch nicht deshalb zu schließen, weil der Antragsgegner in der Antwort auf die Bieterfrage 95 ausgeführt hatte, eine Abweichung von den Vorgaben sei auch in dicht bebauten Suchräumen nicht zulässig. Die zugrundeliegende Bieterfrage bezog sich darauf, ob in dicht bebauten Suchräumen von der Vorhaltung von Garagen unter Umständen abgewichen werden könne, und nicht darauf, ob auch Standorte außerhalb des Suchraums angeboten werden könnten. Es spricht deshalb nichts dafür, dass der Antragsgegner durch diese Antwort andere Bieter davon hätte abhalten wollen, die Zulässigkeit von Standorten außerhalb des bekannt gemachten Suchraums zu erfragen.
Dass der Antragsgegner den vorgegebenen Suchraum in der Leistungsbeschreibung noch als zwingend bezeichnet und die gegenüber dem Beigeladenen vorgenommene Ausnahme nicht gegenüber allen Interessenten transparent mitgeteilt hatte, rechtfertigt den Schluss auf eine solche Intention des Antragsgegners nach Auffassung des Senats ebenfalls nicht.
Letztlich lässt sich auf eine solche Intention auch nicht deshalb schließen, weil die Antragstellerin den alternativen Standort als Standort für den erweiterten Rettungsdienst angegeben hatte. Aufgrund dieses Umstandes musste es sich dem Antragsgegner nicht aufdrängen, dass sie diesen Standort - zu wirtschaftlich günstigeren Konditionen - auch für die Erbringung des Regelrettungsdienstes hätte anbieten wollen, wenn er vom Suchraum erfasst gewesen wäre. Hinreichende Anhaltspunkte für eine bewusste gezielte Behinderung der Antragstellerin bestehen nicht.
bb) Zwar hätte der Antragsgegner die Anfrage des Beigeladenen nach den von dem Senat in der in Bezug genommenen Entscheidung vom 24. Februar 2015 dargestellten Grundsätzen zum Anlass nehmen müssen, nicht nur eine Ausnahme von dem bekannt gemachten Suchraum für den Beigeladenen, sondern vielmehr allgemein zu prüfen, ob dieser Suchraum den Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatz in unverhältnismäßiger Weise einschränkte und deshalb gegenüber allen Interessenten in transparenter Weise zu erweitern gewesen wäre. Auch hat es der Antragsgegner unterlassen, die allein gegenüber dem Beigeladenen vorgenommene Ausnahme anderen Interessenten in transparenter Weise mitzuteilen, wodurch diese hätten veranlasst werden können, eine zu enge Begrenzung des Suchraums ihrerseits zu rügen und auf dessen Erweiterung gegenüber allen Interessenten hinzuwirken. Diese Vergaberechtsverstöße führen aber nach den dargestellten Grundsätzen nicht zur Nichtigkeit des Vertrages.
(1) Schon grundlegend setzt eine Nichtigkeit nach § 138 BGB voraus, dass alle Beteiligten, hier der Antragsgegner und der Beigeladene, sittenwidrig handeln, d.h. die Tatsachen kennen oder sich ihrer Kenntnis grob fahrlässig verschließen, die die Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts begründen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 1989, VIII ZR 310/88, m.w.N; BKartA, Beschluss vom 5. Februar 2009 - VK 1 - 186/08, juris Rn. 41). Betreffend den Beigeladenen lässt sich dies bereits nicht feststellen.
(2) Darüber hinaus wird die einseitige und intransparente Begünstigung eines Teilnehmers am Vergabeverfahren zwar regelmäßig einen groben Verfahrensfehler darstellen. Im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Einzelfalls rechtfertigen auch diese Verstöße aber nicht die Annahme, der - für sich genommen nicht zu beanstandende - geschlossene Vertrag verstoße in einer nicht mehr hinnehmbaren Weise gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden.
Dass der Antragsgegner den Standort des Beigeladenen zugelassen hat, ist als solches nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin mag zwar durch das intransparente Vorgehen des Antragsgegners davon abgehalten worden sein, ihrerseits die Standortvorgabe zu rügen. Auch ohne Kenntnis dieser einseitig vorgenommenen Ausnahme hätte sie jedoch unter Berücksichtigung der dargestellten Erwägungen des Senats in dem Beschluss vom 24. Februar 2015 Anlass zu einer solchen Rüge gehabt, wenn sie der Auffassung gewesen wäre, dass der bekannt gemachte Suchraum im Hinblick auf die einzuhaltenden Hilfsfristen unnötig eng begrenzt gewesen wäre. Zwar hatte sie selbst Zugriff auf ein innerhalb des Suchraums liegendes Objekt, sodass sie in der Lage war, einen entsprechenden Standort anzubieten. Dies hätte für sich genommen aber der Annahme nicht entgegengestanden, dass der Wettbewerbsgrundsatz mangels weiterer in Betracht kommender Grundstücke unverhältnismäßig eingeschränkt gewesen wäre und dies dazu führte, dass die Antragstellerin nur ein unwirtschaftliches Angebot abgeben konnte. Im Übrigen hat sich auch der bereits in Bezug genommene dritte Bieter durch die bekannt gemachten Standortvorgaben nicht davon abhalten lassen, einen außerhalb des Suchraums liegenden Standort anzubieten.
4. Eine Nichtigkeit des Vertrages folgt auch nicht aus § 134 BGB. Ein vergaberechtswidriger Vertrag verstößt nicht gegen ein gesetzliches Verbot. Die Vergaberechtsvorschriften stellen nach gefestigter Meinung keine Verbotsgesetze im Sinne von § 134 BGB dar, die zur Nichtigkeit des Vertrages führten (KG, Beschluss vom 19. April 2012 - Verg 7/11, juris Rn. 89 m.w.N.)
III.
1. Die von der Vergabekammer festgestellte Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten für den Antragsgegner und den Beigeladenen greift die Beschwerde nicht an. Sie begegnet auch kein Bedenken.
2. Die Antragstellerin trägt nach § 175 Abs. 2 i.V.m. § 78 S. 2 GWB die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Antragsgegners. Sie trägt nach § 78 S. 1 GWB entsprechend billigem Ermessen auch die notwendigen Auslagen des Beigeladenen, der sich aktiv am Beschwerdeverfahren beteiligt hat.
Dass der Antragsgegner im laufenden Vergabeverfahren einen Vergabefehler begangen haben mag, rechtfertigt keine abweichende Kostenentscheidung zu seinen Lasten. Betreffend die Gerichtskosten und die notwendigen Auslagen des Beschwerdegegners folgt dies schon daraus, dass im vorliegenden Fall der erfolglosen sofortigen Beschwerde insoweit § 78 S. 2 GWB und nicht § 78 S. 1 GWB Grundlage der Kostenentscheidung ist (vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 22. Dezember 2011 - 2 Verg 10/11, juris Rn. 92; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31. Mai 2017 - Verg 36/16, juris Rn. 60; OLG München Beschl. v. 16. Juli 2012 - Verg 6/12, juris Rn. 44; KG Beschl. v. 19. April 2012 - Verg 7/11, juris Rn. 101; vgl. näher Wiese in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB, 4. Aufl., § 182 Rn. 64 m.w.N.; Schulz in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 4. Aufl., § 182 GWB Rn. 82; Summa in: jurisPK-VergR § 175 Rn. 62; Noch in: Byok/Jaeger, Vergaberecht, 4. Aufl., § 182 GWB Rn. 124; a.A.: Krohn in: Beck'scher Vergaberechtskomm., 3. Aufl., § 182 GWB Rn. 63).
Aber auch soweit die Verpflichtung zur Tragung der Auslagen des Beigeladenen gemäß § 78 S. 1 GWB nach billigem Ermessen zu beurteilen ist, rechtfertigt es der mögliche Vergaberechtsverstoß nicht, davon abzusehen, der Antragstellerin die Auslagen des Beigeladenen aufzuerlegen. Grundsätzlich stellt der Prozessausgang das wesentliche Kriterium für die Kostenverteilung dar (Wiese a.a.O. Rn. 66). Innerprozessuale Umstände, die eine abweichende Kostenverteilung rechtfertigen könnten, wie insbesondere die Verletzung prozessualer Sorgfalts- und Förderungspflichten durch den Beigeladenen oder den Antragsgegner, liegen nicht vor. Zwar können im Einzelfall auch vorprozessuale Umstände für die Billigkeitsentscheidung maßgeblich sein, beispielsweise, dass ein Nachprüfungsantrag durch falsche oder unvollständige Informationen des Auftraggebers provoziert wurde (so: Summa, a.a.O. Rn. 47). Vorliegend hat die Antragstellerin den erfolglosen Nachprüfungsantrag aber in Kenntnis der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls gestellt. Der mögliche Vergaberechtsfehler wirkte sich insoweit nicht aus. Auch unter Berücksichtigung der Wertung des § 254 Abs. 1 BGB entlastet er die Antragstellerin daher im Hinblick auf die Tragung der Prozesskosten nicht.
3. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren war nicht gesondert für notwendig zu erklären, weil es sich bei dem Beschwerdeverfahren ohnehin um einen Anwaltsprozess handelt, § 175 Abs. 1 S. 1 GWB. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners ist für die Beschwerdeinstanz nicht im Erkenntnisverfahren zu prüfen.
4. Entgegen der von der Antragstellerin insbesondere mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2019 vertretenen Auffassung ist die Sache nicht nach § 179 Abs. 2 GWB dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Die Entscheidung weicht auch bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit nicht von tragenden Grundsätzen der Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte oder des Bundesgerichtshofs ab.
5. Der Streitwert beläuft sich nach § 50 Abs. 2 GKG auf 1.500.518 €. Der Auftragswert beträgt nach dem Angebot der Antragstellerin für das streitgegenständliche Los 3 für einen Zeitraum von 10 Jahren 33.344.847,93 €. Dieser Zeitraum gliedert sich auf in eine feste Vertragslaufzeit von 8 Jahren zuzüglich einer Verlängerungsoption von 2 Jahren. Bei Dienstleistungen mit einer vorgesehenen festen Vertragslaufzeit ist grundsätzlich der gesamte Vertragszeitraum zu berücksichtigen; Verlängerungsoptionen fließen regelmäßig zu 50 % in die Wertberechnung ein (BGH, Beschluss vom 18. März 2014 - X ZB 12/13, juris). Hiernach beläuft sich der maßgebliche Auftragswert auf 30.010.363,14 €.