Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 14.09.2023, Az.: 11 U 39/23
Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit dem sog. "Diesel-Abgasskandal"; Programmierung eines sog. Thermofensters
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 14.09.2023
- Aktenzeichen
- 11 U 39/23
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2023, 46591
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - AZ: 2 O 121/22
Rechtsgrundlagen
- § 128a Abs. 1 ZPO
- § 826 BGB
In dem Rechtsstreit
A. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer U. M. und St. G., ...,
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
K. S., ...,
Geschäftszeichen: ...
gegen
St. M., ...,
- Kläger und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte:
K., ...,
Geschäftszeichen: ...
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 14. September 2023 beschlossen:
Tenor:
- I.
Der Senat weist darauf hin, dass die Berufung der Beklagten nicht im Verfahren gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen werden kann, weil sie jedenfalls nicht vollen Umfangs ohne Aussicht auf Erfolg ist.
- II.
Termin zur mündlichen Verhandlung wird bestimmt auf
Donnerstag, den 23. November 2023, 12.15 Uhr, Saal 150.
- III.
Den Parteien wird von Amts wegen gemäß § 128a Abs. 1 ZPO gestattet, sich während der mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen.
Ein solches Vorgehen erscheint im Streitfall insbesondere deshalb sinnvoll, weil nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand weitere Tatsachenfeststellungen in der mündlichen Verhandlung nicht zu treffen sein werden.
Diejenigen Prozessbevollmächtigten, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen möchten, werden gebeten, zum Zweck der Durchführung der Videoverhandlung die E-Mail-Adressen mitzuteilen, an die der Link geschickt werden soll, der die Teilnahme an der Videoverhandlung ermöglicht.
Die Prozessbevollmächtigten werden vorsorglich und zur Vermeidung von Missverständnissen darauf hingewiesen, dass eine Weiterleitung des o.g. Links an die Parteien und sonstige Dritte sowie eine Aufzeichnung der Verhandlung nicht gestattet sind.
Wegen trotz aller Vorbereitung nicht auszuschließender technischer Probleme bei der Tonübertragung hat es sich in der Vergangenheit als vorteilhaft herausgestellt, dass ein Telefon in Griffweite bereitliegt, um sich damit in die Videoverhandlung einwählen zu können. Die hierfür notwendige Konferenzkennung wird mit dem Einladungslink übersandt.
Sollten die Prozessbevollmächtigten eine Probeschaltung wünschen, wird um rechtzeitige Mitteilung gebeten.
Gründe
Die Berufung der Beklagten hat teilweise Aussicht auf Erfolg.
I.
Im Zeitpunkt der Einlegung der Berufung hat diese vollen Umfangs Aussicht auf Erfolg gehabt. Die Klage ist unschlüssig gewesen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung gegen den Fahrzeughersteller nicht aussichtsreich war.
1. Vertragliche Gewährleistungsansprüche des Klägers gegen den Hersteller scheiden von vornherein aus, weil der Kläger sein Fahrzeug nicht direkt bei dem Hersteller kaufte, sondern als Gebrauchtwagen ("Vorführwagen") bei einem rechtlich selbstständigen Autohaus.
2. Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB wegen der vom Kläger behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtung in der Gestalt einer Software zur Prüfstanderkennung - wie sie, verbaut in Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns, Auslöser des sog. Dieselskandals war - hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Das gilt insoweit auch weiterhin.
a) Zur Darlegung einer Prüfstanderkennung hat der Kläger zunächst (auf Seite 12, 21 der Klageschrift) behauptet, dass in die Motorsteuerung von Fahrzeugen mit dem gleichen Motor, der in seinem Wohnmobil (vom Typ Fiat Ducato Vantourer 630) verbaut ist, nämlich einem 2,3 l-Diesel mit 110 kW Leistung, eine sog. Timerfunktion eingebaut worden sei, welche die Abgasreinigung nach Verstreichen eines Zeitraums von 22 Fahrminuten entweder ganz abschalte oder doch so deutlich vermindere, dass sich der Stickoxid-Ausstoß erheblich erhöhe. Wegen der Einzelheiten hat der Kläger auf einen (als Unteranlage 2 zum Anlagenkonvolut K 1 vorgelegten) Prüfbericht der D. U. e.V. vom 21. April 2021 verwiesen sowie auf ein Schreiben des Kraftfahrtbundesamtes vom 17. März 2022 (Anlage K 8).
Diese Behauptung hat die Beklagte nicht in erheblicher Weise bestritten. Sie verweist zwar (auf Seite 9 ihrer Klageerwiderung, Bl. I/36 d. A.) zutreffend darauf, dass der Bericht zwar ein Fahrzeug desselben Typs, nicht jedoch mit demselben Motor betrifft. Das im Auftrag der D. U. e.V. überprüfte Fahrzeug hatte einen Motor mit einer Leistung von 96 kW, der Wagen des Klägers hat einen Motor mit einer Leistung von 110 kW (vgl. auch LGU Seite 3). Indes ergibt sich aus dem vom Kläger in Bezug genommenen Schreiben des Kraftfahrtbundesamtes, dass auch der leistungsstärkere Motor eine vergleichbare "Timerfunktion" aufweist. Soweit die Beklagte außerdem behauptet, dass das getestete Fahrzeug "nur" der Abgasnorm "Euro 6" habe genügen müssen, während der Wagen des Klägers schon der Abgasnorm "Euro 6b" genügen müsse, verkennt sie, dass es eine isoliert gültige Norm "Euro 6" nicht gab, sondern die erste mit der Ziffer 6 gekennzeichnete Euro-Norm als "Euro 6b" (am 1. September 2014) in Kraft trat. Auch die Verteidigung, wonach es sich bei dem Fahrzeug des Klägers um ein "neueres" Fahrzeug (als das von der DUH getestete) handele, ist untauglich. Der Wagen des Klägers wurde am 24. Mai 2018 erstmals zugelassen, der getestete erst (knapp) ein Jahr später (vgl. Seite 6 der Unteranlage 2 zum Anlagenkonvolut K 1). Im Übrigen bestreitet die Beklagte den Einbau der "Timerfunktion" als solchen auch gar nicht, sondern nur deren Abhängigkeit von einer Messstandüberprüfung (vgl. Seite 5 der Klageerwiderung, Bl. I/34 d. A.) sowie deren rechtliche Qualifizierung als "verbotene Abschalteinrichtung" im Sinne des Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 715/2007.
b) Ob letztgenannte Rechtsauffassung zutrifft, kann im vorliegenden rechtlichen Rahmen dahinstehen. Auch dann, wenn die Behauptung der Beklagten zutrifft, dass das Abgasreinigungssystem ausnahmslos - das heißt unabhängig von der Erkennung eines Prüfstandes - immer nach Verstreichen des vorgegebenen Zeitfensters abgeschaltet oder jedenfalls in seiner Wirkung deutlich vermindert werde, könnte es sich um eine - letztlich stark simplifizierte - Form einer Prüfstandumgehung handeln, die mit den vom Volkswagen-Konzern verwendeten - deutlich komplexeren - Systemen rechtlich gleich zu behandeln sein könnte. Die Vergleichbarkeit des Systems läge vor, wenn ein anderer plausibler Grund für die Umschaltung nach gerade dem vorgegebenen Zeitraum nicht erkennbar wäre als derjenige, dass der Hersteller sichergehen wollte, dass seine Fahrzeuge zwar stets eine Überprüfung auf dem Prüfstand zuverlässig bestehen sollten, nach deren Beendigung aber wieder in einen Standardmodus mit unzureichender Abgasreinigung zurückverfallen dürfen.
Selbst wenn sich - im Prozess gegen den Hersteller - dahingehende Feststellungen treffen lassen sollten, folgte daraus aber jedenfalls keine Haftung des Herstellers gemäß § 826 BGB. Diese setzt nämlich unter anderem ein sowohl objektiv wie subjektiv sittenwidriges Verhalten des Herstellers voraus.
aa) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (vgl. unter anderem BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, juris Rn. 29 m.w.N.).
Da für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als (nicht) sittenwidrig in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln ist, ist ihr das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. Dies wird insbesondere dann bedeutsam, wenn die erste potenziell schadensursächliche Handlung und der Eintritt des Schadens zeitlich auseinanderfallen und der Schädiger sein Verhalten zwischenzeitlich nach außen erkennbar geändert hat (BGH a.a.O., Rn. 30 m.w.N.).
Der Bundesgerichtshof hat das ursprüngliche Verhalten des Volkswagen-Konzerns im Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen der mit Manipulationssoftware versehenen Motoren auch gegenüber Gebrauchtwagenkäufern als mittelbar Geschädigten als objektiv sittenwidrig beurteilt. Dabei hat der Bundesgerichtshof darauf abgestellt, dass der betreffende Hersteller aufgrund einer für seinen Konzern getroffenen grundlegenden strategischen Entscheidung bei der Motorenentwicklung im eigenen Kosten- und Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des Kraftfahrtbundesamtes systematisch, langjährig und in großem Umfang Fahrzeuge mit Motoren mit unzulässiger Abschalteinrichtung in den Verkehr brachte, womit eine erhöhte Belastung der Umwelt sowie die Gefahr einhergegangen seien, dass bei einer Aufdeckung des Sachverhalts eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung hinsichtlich der betroffenen Fahrzeuge erfolgen könnte. Jener Hersteller habe sich sowohl im Hinblick auf die für den einzelnen Käufer möglicherweise eintretenden Folgen und Schäden als auch im Hinblick auf die insoweit geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Umwelt, gleichgültig gezeigt. Arglose Käufer der bemakelten Fahrzeuge hätten auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben vertrauen und sich darauf auch verlassen dürfen. Sie hätten die Einhaltung der entsprechenden Vorgaben arglos als selbstverständlich vorausgesetzt. Die Arglosigkeit und das Vertrauen der Fahrzeugkäufer - auch der Gebrauchtwagenkäufer - habe sich jener Hersteller gezielt zunutze gemacht, was einer bewussten arglistigen Täuschung derjenigen, die ein solches Fahrzeug erwerben, gleichstehe. Jenen Hersteller treffe das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch im Hinblick auf die Schädigung aller unwissenden Käufer der bemakelten Fahrzeuge. Diese Schädigung stelle die zwangsläufige Folge des Inverkehrbringens der betroffenen Fahrzeuge dar und liege unmittelbar in der Zielrichtung des sittenwidrigen Verhaltens (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, juris Rn. 16 ff.).
Diese Beurteilung lasse sich jedoch nicht mehr aufrecht erhalten für Fahrzeugkäufe, die vereinbart wurden, nachdem der Hersteller in einer Pressemitteilung einräumte, dass es "Unregelmäßigkeiten" in Bezug auf die verwendete Software bei Dieselmotoren eines bestimmten (Typ EA189) gab, nämlich "auffällige Abweichung" zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb, und dass er an der Beseitigung dieser Abweichungen mit technischen Maßnahmen arbeite und hierzu im Kontakt mit den zuständigen Behörden und dem Kraftfahrtbundesamt stehe. Außerdem schaltete jener Hersteller auf seiner Internetseite einen Link zu einer Suchmaschine frei, mit deren Hilfe durch Eingabe der Fahrzeugidentifizierungsnummer (FIN) festgestellt werden konnte, ob ein konkretes Fahrzeug mit der beanstandeten Motorsteuerungssoftware ausgestattet war. Er informierte seine Servicepartner und Vertragshändler über die Verwendung der Umschaltlogik und stellte ein Software-Update bereit, um den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Die Halter der betroffenen Fahrzeuge wurden aufgefordert, diese zum Aufspielen des Software-Updates in die Werkstätten zu bringen. Aufgrund der Verlautbarung und ihrer als sicher vorherzusehenden medialen Verbreitung war typischerweise nicht mehr damit zu rechnen, dass Käufer von gebrauchten VW-Fahrzeugen mit Dieselmotoren die Erfüllung der hier maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben noch als selbstverständlich voraussetzen würden. Für die Ausnutzung einer diesbezüglichen Arglosigkeit war damit kein Raum mehr; hierauf konnte das geänderte Verhalten der Beklagten nicht mehr gerichtet sein (BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 a.a.O., Rn. 37).
Wenn ein Fahrzeughersteller eine potentiell unzulässige Abschalteinrichtung gegenüber der Zulassungsbehörde offenlegt, scheidet von da an die Einordnung seines Verhaltens als sittenwidrig selbst dann ebenfalls aus, wenn er nicht die genaue Wirkungsweise der betreffenden Einrichtung von sich aus offenlegt (BGH, Urteil vom 16. September 2021 - VII ZR 286/20, juris Rn. 26; Beschluss vom 29. September 2021 - VII ZR 223/20, juris Rn. 9, 14).
bb) Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung (Seite 4 f., 18 ff., Bl. I/33 R f., 40 R ff. d. A.) behauptet, dass den zuständigen Aufsichtsbehörden in Italien und Deutschland schon "seit Anfang 2016" der Einbau eines Zeitschalters in Fiat-Fahrzeugen bekannt gewesen sei. Die Funktion sei gegenüber der italienischen Behörde bis zum 2. Mai 2016 vollständig offengelegt worden. Die italienische Typengenehmigungsbehörde habe das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausdrücklich verneint, obwohl das Kraftfahrtbundesamt seine Bedenken angemeldet gehabt habe.
cc) Mit diesem Umstand hat sich der Kläger im ersten Rechtszug kaum auseinandergesetzt (vgl. dort insbesondere Seite 21 ff. der Replik, Bl. I/62 ff. d. A.). Er trägt zwar umfangreich zu den Gründen vor, aus denen sich der Schluss ableiten lassen könnte, dass der Hersteller im Zeitpunkt der Motorentwicklung sittenwidrige Absichten verfolgt haben könnte. Mit der - nach der Behauptung der Beklagten - jedenfalls im Jahr 2016 eingetretenen Kenntnis der italienischen Typengenehmigungsbehörde und der von dieser offenbar vertretenen rechtlichen Beurteilung setzt er sich aber kaum auseinander. Es bleibt danach offen, wie sich eine Sittenwidrigkeit des Verhaltens des Herstellers nach dem Jahr 2016 begründen lassen wollte, wenn ihm doch die zuständige Typengenehmigungsbehörde offenbar nach Prüfung ausdrücklich in der Auffassung zustimmte, dass die in Rede stehende "Timer-Funktion" rechtlich zulässig sei. Der Kläger erwarb sein Fahrzeug erst zwei Jahre später.
Auf Seite 2 f. der Berufungsantwort (Bl. II/83 f. d. A.) befasst sich Kläger zwar noch einmal mit dem Problem, beschränkt sich aber im Kern darauf, lediglich die Rechtsauffassung vorzutragen, dass die Annahme sittenwidrigen Handelns jedenfalls vertretbar sei, weil - nach Maßgabe der Rechtsprechung einiger von ihm zitierter Landgerichte - angeblich noch nicht geklärt sei, wie die vorstehenden Umstände rechtlich zu beurteilen seien. Das ersetzt zum einen schon keinen - prozessual aber gebotenen - Tatsachenvortrag, woraus sich die Sittenwidrigkeit des Handelns trotz jener Umstände begründen lassen könnte. Zum anderen - und vor allem - sind die von den zitierten Landgerichten geäußerten Auffassungen aber auch nicht zutreffend. Wie vom Senat im Vorstehenden ausführlich zitiert, hat der Bundesgerichtshof die entscheidende rechtliche Fragestellung im September 2021 beantwortet. Die vom Kläger (und offenbar den beiden zitierten Landgerichten) gehegte Vorstellung, dass eine abschließende höchstrichterliche Klärung erst dann vorliege, wenn der Bundesgerichtshof auch gerade über den vorliegenden Sachverhalt entschieden habe, verkennt das Revisionsrecht.
Richtig ist sicherlich das von dem Kläger (auf Seite 36 der Replik, Bl. I/69 R f. d. A.) im Anschluss an eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München referierte Argument, dass dieser Umstand wegen der latenten Gefahr, dass die Typgenehmigung doch noch zurückgenommen werden könnte, einen etwaigen Schaden des Autokäufers nicht ausschließt. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Hersteller den - mit ihm nicht direkt vertraglich verbundenen - Autokäufer vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat, ist der Umstand indes sehr wohl von wesentlicher Bedeutung. Soweit der Kläger (a.a.O.) eine gegenteilige Auffassung vertreten zu wollen scheint, setzt er sich in Widerspruch zu der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Danach kommt es eben nicht nur darauf an, ob der Hersteller gegenüber dem Käufer womöglich unzutreffende Erklärungen abgegeben oder einen (objektiv womöglich) unzutreffenden Eindruck erzeugt oder aufrechterhalten hat, sondern auch darauf, wie er sich gegenüber der zuständigen Typgenehmigungsbehörde verhalten hat.
c) Der Kläger scheint (auf Seite 24 ff. der Klageschrift) auch behaupten zu wollen, dass in sein Fahrzeug nicht nur die "Timer-Funktion" verbaut sei, sondern darüber hinaus - ähnlich wie in dem unrühmlich bekannt gewordenen E-189-Motoren des Volkswagen-Konzerns - auch eine vergleichsweise komplexere Software, die erkennt, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet. Er trägt vor, im Steuergerät seien "Strategien und Kennfelder hinterlegt, die das NEFZ-Verfahren auf dem Rollprüfstand erkennen." Der Kläger erläutert allerdings (a.a.O.) nicht, auf welcher Tatsachengrundlage er zu dieser Behauptung gelangt. Die Beklagte hat den Einbau einer sog. Umschalt-Logik sogleich in der Klageerwiderung (Seite 5, Bl. I/34 d. A.) bestritten und die Substanzlosigkeit des diesbezüglichen Vortrags gerügt. Der Kläger hat daraufhin in seiner Replik vom 6. Dezember 2022 (Seite 8 ff., Bl. I/55 R ff. d. A.) nähere Ausführungen zu der Funktionsweise der behaupteten Umschalt-Logik gemacht. Eine nähere Erläuterung, auf welchen Erkenntnisquellen diese Behauptungen beruhen, fehlt indes weiterhin. Der Kläger bietet als "Beweis" die Beiziehung verschiedener landgerichtlicher Akten an. Er trägt indes nicht vor, welche weiteren Erkenntnisse sich aus deren Inhalt ergeben sollen (also insbesondere, ob etwa die jeweiligen Landgerichte Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben haben und dadurch etwa die Behauptungen des Klägers hinsichtlich eines vergleichbaren Fahrzeugs bestätigt worden sind).
Soweit der Kläger im Übrigen auf die von dem D. U. e.V. festgestellten Überschreitungen an Ausstoß von Stickoxid verweist, genügt das für sich genommen schon auf der Ebene des objektiven Tatbestandes zur Darlegung einer unzulässigen Abschalteinrichtung in der Form einer Prüfstanderkennung nicht. Mit der pauschalen Behauptung, das Fahrzeug überschreite "außerhalb des Prüfstands die gesetzlichen Grenzwerte um ein Vielfaches", hat der Käufer keinen Anhaltspunkt für eine in seinem Fahrzeug verbaute Umschaltlogik dargelegt; denn dass die entsprechenden Werte im Realbetrieb diejenigen erheblich übertreffen, die im seinerzeit maßgeblichen "Neuen Europäischen Fahrzyklus" (NEFZ) erzielt werden, ist schon angesichts der Unterschiede der Bedingungen und unabhängig von der Verwendung einer Umschaltlogik zu erwarten und stellt deshalb keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür dar, dass der entsprechende Motor zur Täuschung der zuständigen Behörde auf dem Prüfstand in einem anderen Modus als außerhalb des Prüfstandes betrieben wird (BGH, Urteil vom 26. April 2022 - VI ZR 435/20, juris Rn. 15).
Auf Seite 23 ff. (Bl. I/63 ff. d. A.) der Replik hält der Kläger weiteren Vortrag über acht spezifische Motorsteuerungsfunktionen, welche der Hersteller für die Motorsteuerungssoftware bei der B. GmbH in Auftrag gegeben habe. Diese sollten dazu gedient haben, die Abgrasreinigung zu optimieren, indes beschränkt auf das Durchfahren eines Prüfzyklus nach dem NEFZ. Auf Seite 28 (oben) desselben Schriftsatzes (Bl. I/65 R d. A.) trägt der Kläger sodann allerdings selbst vor, dass in Fahrzeugen mit einem Motor wie dem in sein Campingmobil eingebauten nicht etwa Motorsteuerungsgeräte der B. GmbH installiert seien, sondern solche eines anderen Herstellers. Das nimmt dem vorangegangenen Vortrag die Relevanz für den vorliegenden Prozess. In derartigen Steuerungsgeräten soll das Kraftfahrtbundesamt nämlich, wie der Kläger (a.a.O.) gleichfalls vorträgt, lediglich die "Timer-Funktion" und ein sog. Thermofenster festgestellt haben.
d) Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass die Motorsteuerung seines Fahrzeugs - wie mutmaßlich sämtlicher moderneren Dieselkraftfahrzeuge - die Programmierung eines sog. Thermofensters aufweist.
aa) Dafür spricht auch das von ihm als Anlage K 8 vorgelegte Schreiben des Kraftfahrtbundesamtes vom 17. März 2022, in dem das Amt mitteilt, dass zum einen die Abgasrückführungsrate bzw. die Stickoxid-Speicherkatalysator-Regeneration nach einer gewissen Motorlaufzeit verringert oder deaktiviert wird und dass zum anderen die AGR-Rate umgebungstemperaturabhängig verringert wird. Das Kraftfahrtbundesamt hat in dem Schreiben auch mitgeteilt, dass es beide Phänomene als unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ansehe und deshalb an die italienische Typgenehmigungsbehörde herangetreten sei. Allemal dieses behördliche Schreiben berechtigt den Kläger jedenfalls dazu, mit prozessualer Beachtlichkeit im vorliegenden Prozess die Existenz eines Thermofensters in der Motorsteuerung seines Fahrzeugs zu behaupten.
bb) Auch auf der Grundlage dieser Unterstellung fehlte einer gegen den Hersteller gerichteten und auf § 826 BGB gestützten Klage indes die Erfolgsaussicht.
Ein Schadensersatzanspruch des Fahrzeugkäufers gegen den Fahrzeughersteller aus § 826 BGB wegen Verwendung einer - unterstellt - unzulässigen Abschalteinrichtung, die aber vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise wie auf dem Prüfstand arbeitet, setzt jedenfalls voraus, dass die handelnden Personen den in der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen haben. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt. Die Darlegungs- und Beweislast für ein derartiges Vorstellungsbild der handelnden Personen trägt dabei nach den allgemeinen Grundsätzen der Fahrzeugkäufer als Anspruchsteller (BGH a.a.O., Rn. 18 m.w.N.; vgl. auch bereits BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19, juris Rn. 13 ff.; Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20, juris Rn. 13).
An entsprechendem - konkreten - Tatsachenvortrag des Klägers hat es in beiden Rechtszügen vollständig gefehlt, erst recht überdies an Vortrag zum subjektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit bezüglich des "Thermofensters".
3. Auch die zweite in Betracht kommende Anspruchsgrundlage - § 823 Abs. 2 BGB - wäre nach Maßgabe der bislang gültigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht schlüssig dargelegt gewesen. Seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Mai 2020 (VI ZR 252/19, juris Rn. 72 ff.) ist geklärt gewesen, dass es sich weder bei § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV noch bei Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) 715/2007 um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB handelt, so dass weder der in dem Einbau einer "Timer-Funktion" noch der im Einbau eines "Thermofensters" womöglich zu sehende Verstoß gegen diese Regelungen einen aus dieser Haftungsnorm herzuleitenden Schadensersatzanspruch zu begründen vermocht hat.
4. Der von den Prozessbevollmächtigten des Klägers gefertigte - positive - Stichentscheid vom 29. November 2021 (Anlage K 3) entfaltet keine Bindungswirkung gemäß § 17 Abs. 3 VRB 2006. Er weicht nämlich - nach Maßgabe der jedenfalls für den deutschen Rechtsraum zum Zeitpunkt seiner Erstellung hinsichtlich der wesentlichen hier streitentscheidenden Fragen durch etliche höchstrichterliche Entscheidungen abgeschlossenen Rechtsentwicklung - erheblich und offensichtlich von der wirklichen Sach- und Rechtslage ab.
a) Hinsichtlich des zentralen Vorwurfs, den der Kläger gegenüber dem Hersteller erheben möchte, nämlich des Einbaus einer "Timer-Funktion", fehlt es in dem Stichentscheid vollständig an einer Auseinandersetzung mit der Frage, wie es sich auf die Feststellbarkeit der objektiven und subjektiven Sittenwidrigkeit auswirkt, dass die zuständige italienische Typgenehmigungsbehörde seit dem Jahr 2016 (und damit rund zwei Jahre vor dem Kauf des Wagens durch den Kläger) nicht nur Kenntnis von dieser Programmierung hatte, sondern sie ausdrücklich für rechtlich unbedenklich erklärte. Der Stichentscheid verhält sich zwar zu einer etwaigen Tatbestandwirkung der italienischen Typgenehmigung und zu der Frage, ob eine Betriebsuntersagung drohe (vgl. Anlage K 3, Seite 17 f.). In diesem Zusammenhang lässt sich auch erkennen, dass der Verfasser jedenfalls die tatsächliche Information, dass die italienische Behörde an ihrer Rechtsauffassung festhält, aufgenommen hat. Er zieht daraus jedoch nur den Schluss, dass das Fahrzeug einen (Sach-) Mangel aufweise, weil jederzeit Maßnahmen seitens des Kraftfahrtbundesamtes drohen.
Die Beklagte hatte in ihrem (als Anlage K 2 vorgelegten) Ablehnungsschreiben vom 9. November 2021 (dort auf Seite 6 unten, letzter Absatz) auch ausdrücklich die dahingehenden Bedenken erläutert. Vor diesem Hintergrund enthält der Stichentscheid gerade hinsichtlich eines wesentlichen und ersichtlich problematischen Tatbestandsmerkmals eine Lücke. Da die im Vorstehenden zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen, die sich mit den Auswirkungen sowohl einer Verhaltensänderung des Herstellers als auch der Kenntnisnahme der zuständigen Typgenehmigungsbehörde von einer bestimmten Abschalteinrichtung auf das Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeiten befassten, bereits im Mai 2020 und im September 2021 ergangen sind, war die Rechtslage insofern im Zeitpunkt der Abfassung des Stichentscheids für den deutschen Rechtsraum auch abschließend geklärt. Von dieser Rechtslage weicht der Stichentscheid im Ergebnis diametral ab und setzt sich in seiner Begründung damit überhaupt nicht auseinander.
b) Nähere - zumal nachvollziehbare - Ausführungen zu dem wohl eingebauten "Thermofenster" und insbesondere zu einer daraus folgenden Sittenwidrigkeit des Handelns des Herstellers fehlen in dem Stichentscheid (vgl. allenfalls Seite 24 f.).
c) Soweit in dem Stichentscheid die Signifikanz der im Realbetrieb gemessenen Werte als prozessual beachtliches Anzeichen für eine verbotene Abschalteinrichtung im Sinne einer Prüfstanderkennung bzw. Umschaltlogik bezeichnet wird, verkennt das - offensichtlich - die im Vorstehenden zitierte gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung. Im Übrigen ergeben sich auch aus dem Stichentscheid keine Aufschlüsse, auf welchen sonstigen konkreten Tatsachenerkenntnissen die Behauptung beruht, dass in dem Fahrzeug des Klägers - zusätzlich zu der Timer-Funktion - auch eine Prüfstanderkennung verbaut sei. Es wird insofern (auf Seite 6 f.) im Kern lediglich die in der Klageschrift und der Replik wiederholte Behauptung vorgetragen, dass die Emissionswerte auf einem Prüfstand günstiger seien als im Realbetrieb. Das genügt als Tatsachenvortrag gerade nicht.
d) Etwaige Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB sind in dem Stichentscheid (Seite 27) ausdrücklich offengelassen worden; insofern kann er folglich von vornherein keine Bindungswirkung gemäß § 17 Abs. 3 VRB 2006 entfalten.
e) Die Beklagte hat - wie gemäß § 17 Abs. 4 VRB 2006 zur Vermeidung des Eintritts der Bindungswirkung erforderlich - auch binnen Monatsfrist, nämlich mit dem als Anlage K 5 vorgelegten Schreiben vom 21. Dezember 2021, begründet, aus welchen Gründen sie sich an den Stichentscheid nicht gebunden sieht. Sie hat darin (Seite 5 oben) insbesondere nochmals auf die Beurteilung der "Timer-Funktion" durch die italienischen Behörden hingewiesen und auf die daraus folgenden Bedenken gegen die Annahme einer vom Hersteller verübten Täuschungshandlung sowie gegen dessen Unrechtsbewusstsein.
II.
1. Allerdings hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21. März 2023 (C-100/21, ABl. C 164) entschieden, dass Art. 18 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 und Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 385/2009 der Kommission vom 7. Mai 2009 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge dahin auszulegen sind, dass sie neben allgemeinen Rechtsgütern die Einzelinteressen des individuellen Käufers eines Kraftfahrzeugs gegenüber dessen Hersteller schützen, wenn dieses Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 dieser Verordnung ausgestattet ist. Der Gerichtshof hat es in Ermangelung einschlägiger unionsrechtlicher Vorschriften dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats überlassen, die Vorschriften über den Ersatz des Schadens festzulegen, der dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 715/2007 ausgestatteten Fahrzeug tatsächlich entstanden ist, vorausgesetzt, dass dieser Ersatz in einem angemessenen Verhältnis zum entstandenen Schaden steht.
2. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, juris) im Anschluss an jenes Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union entschieden, unter welchen Voraussetzungen Käufer von Dieselfahrzeugen in "Dieselverfahren" den Ersatz eines Differenzschadens vom Fahrzeughersteller verlangen können. Danach ist, wenn der Fahrzeughersteller den Käufer nicht sittenwidrig vorsätzlich geschädigt hat, in Übereinstimmung mit der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, die zu ändern der Bundesgerichtshof keine Veranlassung gesehen hat, nicht großer Schadensersatz zu gewähren. Der Käufer kann auf der Grundlage des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV im Falle der Enttäuschung seines auf die Richtigkeit der Übereinstimmungsbescheinigung gestützten Vertrauens - anders als bei einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung durch den Fahrzeughersteller und auf der Grundlage der §§ 826, 31 BGB - nicht verlangen, dass der Fahrzeughersteller das Fahrzeug übernimmt und den Kaufpreis abzüglich vom Käufer erlangter Vorteile erstattet (BGH a.a.O., Rn. 22 ff.). Ein solcher Anspruch, der im Kern nicht den Vermögensschaden, sondern die freie Willensentschließung des Käufers schützt, kommt nur bei einem im Sinne von §§ 826, 31 BGB arglistigen Verhalten des Fahrzeugherstellers in Betracht. Für § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV bleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz, dass ein Schadensersatzanspruch nach dem maßgeblichen nationalen Recht eine Vermögensminderung durch die enttäuschte Vertrauensinvestition bei Abschluss des Kaufvertrags über das Kraftfahrzeug voraussetzt. Da der Gerichtshof der Europäischen Union bei der Ausgestaltung des Schadensersatzanspruchs auf das nationale Recht verwiesen hat, konnte der Bundesgerichtshof auf die allgemeinen Grundsätze des deutschen Schadensrechts zurückgreifen, die auch bei einem fahrlässigen Verstoß gegen das europäische Abgasrecht einen effektiven und verhältnismäßigen Schadensersatzanspruch gewähren (BGH a.a.O., Rn. 26).
Dabei ist davon auszugehen, dass die jederzeitige Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs Geldwert hat. Deshalb erleidet der Käufer eines Fahrzeugs, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne des Unionsrechts versehen ist, stets einen Schaden, weil aufgrund einer drohenden Betriebsbeschränkung oder Betriebsuntersagung die Verfügbarkeit des Fahrzeugs in Frage steht. Zugunsten des Käufers greift der Erfahrungssatz, dass er im Falle der Ausstattung des Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung das Fahrzeug nicht zu dem vereinbarten Preis gekauft hätte (BGH a.a.O., Rn. 41 f.).
Das Vorhandensein der Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 als solcher muss im Prozess der Käufer darlegen und beweisen, während die ausnahmsweise Zulässigkeit einer festgestellten Abschalteinrichtung aufgrund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses in Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 der Fahrzeughersteller darlegen und beweisen muss.
Stellt der Tatrichter das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung fest, muss der Fahrzeughersteller darlegen und beweisen, dass er bei der Ausgabe der Übereinstimmungsbescheinigung weder vorsätzlich gehandelt noch fahrlässig verkannt hat, dass das Kraftfahrzeug den unionsrechtlichen Vorgaben nicht entspricht (BGH a.a.O., Rn. 59). Beruft sich der Fahrzeughersteller zu seiner Entlastung auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum, gelten dafür die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung allgemein entwickelten Grundsätze (BGH a.a.O., Rn. 62 ff.). Kann sich der Fahrzeughersteller von jedem Verschulden entlasten, haftet er nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV nicht. Das deutsche Recht der unerlaubten Handlung setzt für eine deliktische Haftung des Schädigers stets ein Verschulden voraus. Eine verschuldensunabhängige deliktische Haftung können deutsche Gerichte, die auch nach den Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union im Rahmen des geltenden nationalen Rechts zu entscheiden haben, nicht anordnen (BGH a.a.O., Rn. 36 ff.).
Der dem Käufer zu gewährende Schadensersatz muss nach den Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union einerseits eine effektive Sanktion für die Verletzung des Unionsrechts durch den Fahrzeughersteller darstellen. Andererseits muss der zu gewährende Schadensersatz - so die zweite Vorgabe des Gerichtshofs der Europäischen Union - den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Dem einzelnen Käufer ist daher stets und ohne, dass das Vorhandensein eines Schadens als solches mittels eines Sachverständigengutachtens zu klären wäre oder durch ein Sachverständigengutachten in Frage gestellt werden könnte, ein Schadensersatz in Höhe von wenigstens 5 % und höchstens 15 % des gezahlten Kaufpreises zu gewähren (BGH a.a.O., Rn. 73 ff.). Innerhalb dieser Bandbreite obliegt die genaue Festlegung dem Tatrichter, der sein Schätzungsermessen ausüben kann, ohne sich vorher sachverständig beraten lassen zu müssen. Auf den vom Tatrichter geschätzten Betrag muss sich der Käufer Vorteile nach Maßgabe der Grundsätze anrechnen lassen, die der Bundesgerichtshof für die Vorteilsausgleichung auf der Grundlage der Gewähr kleinen Schadensersatzes nach §§ 826, 31 BGB entwickelt hat.
3. Der Kläger hat sowohl den Einbau einer sog. Timer-Funktion als auch eines sog. Thermofensters in seinem Fahrzeug ausreichend dargelegt. Jedenfalls die Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits bestreitet mindestens den Einbau der "Timer-Funktion" auch nicht. Allein das als Anlage K 8 vorgelegte Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 17. März 2022 ist im Übrigen bereits ein hinreichender tatsächlicher Anhaltspunkt für die Behauptung, dass die beiden - allerdings unabhängig von einer Prüfstanderkennung arbeitenden - Abschalteinrichtungen vorlägen. Weiterer Vortrag als der vom Kläger hierzu gehaltene kann von einer Naturalpartei - zumal im Deckungsprozess gegen den Rechtsschutzversicherer - nicht verlangt werden.
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit Urteilen vom 14. Juli 2022 in Bezug auf ein Thermofenster entschieden, dass Art. 3 Nr. 10 der Verordnung Nr. 715/2007 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass eine Einrichtung, die die Einhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen Emissionsgrenzwerte nur gewährleistet, wenn die Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad Celsius liegt und der Fahrbetrieb unterhalb von 1.000 Höhenmetern erfolgt, eine "Abschalteinrichtung" im Sinne dieses Art. 3 Nr. 10 darstellt (C-128/20, juris; C-134/20, juris). Überdies sei Art. 5 Abs. 2 Buchstabe a) der genannten Verordnung dahin auszulegen, dass eine Abschalteinrichtung, die die Einhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen Emissionsgrenzwerte nur gewährleistet, wenn die Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad Celsius liegt und der Fahrbetrieb unterhalb von 1.000 Höhenmetern erfolgt, nicht allein deshalb unter die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme vom Verbot der Verwendung solcher Einrichtungen fallen kann, weil diese Einrichtung zur Schonung von Anbauteilen wie Abgasrückführventil, AGR-Kühler und Dieselpartikelfilter beiträgt, es sei denn, es ist nachgewiesen, dass diese Einrichtung ausschließlich notwendig ist, um die durch eine Fehlfunktion eines dieser Bauteile verursachten unmittelbaren Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall zu vermeiden, Risiken, die so schwer wiegen, dass sie eine konkrete Gefahr beim Betrieb des mit dieser Einrichtung ausgestatteten Fahrzeugs darstellen. Eine Abschalteinrichtung, die unter normalen Betriebsbedingungen den überwiegenden Teil des Jahres funktionieren müsste, damit der Motor vor Beschädigung oder Unfall geschützt und der sichere Betrieb des Fahrzeugs gewährleistet ist, könne jedenfalls nicht unter die in Art. 5 Abs. 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 715/2007 fallen.
Mit Urteil vom 8. November 2022 (C-873/19, juris Rn. 82 ff.) hat der Gerichtshof überdies - anknüpfend an die vorstehend zitierten Urteile - entschieden, dass Art. 5 Abs. 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 (auch) dahin auszulegen ist, dass eine Abschalteinrichtung nur dann nach dieser Bestimmung zulässig sein kann, wenn nachgewiesen ist, dass diese Einrichtung ausschließlich notwendig ist, um die durch eine Fehlfunktion eines Bauteils des Abgasrückführungssystems verursachten unmittelbaren Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall zu vermeiden, Risiken, die so schwer wiegen, dass sie eine konkrete Gefahr beim Betrieb des mit dieser Einrichtung ausgestatteten Fahrzeugs darstellen. Außerdem ist eine Abschalteinrichtung nur dann "notwendig" im Sinne dieser Bestimmung, wenn zum Zeitpunkt der EG-Typgenehmigung dieser Einrichtung oder des mit ihr ausgestatteten Fahrzeugs keine andere technische Lösung unmittelbare Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall, die beim Fahren eines Fahrzeugs eine konkrete Gefahr hervorrufen, abwenden kann.
Nach diesem rechtlichen Maßstab dürfte es sich - jedenfalls dem ersten Anschein nach - sowohl bei der vom Kläger behaupteten "Timer-Funktion" als auch bei dem von ihm behaupteten "Thermo-Fenster" - um eine nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 unzulässige Abschalteinrichtung handeln. Um einer Haftung wegen Verstoßes gegen die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zu entgehen, dürfte der Hersteller folglich darlegen müssen, dass ein Ausnahmefall vorliegt, in dem eine solche Einrichtung zulässig ist. Dieses etwaige Vorbringen des Herstellers kann nicht im vorliegenden Deckungsprozess antizipiert werden. Vielmehr ist zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass ein Regelfall vorliegt und die Einrichtungen daher unzulässig sind. Daraus ergeben sich die - jedenfalls, ausgehend von den ursprünglichen Vorstellungen des Klägers: teilweisen - Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung.
4. Diese Fortentwicklung der Rechtslage ist auch im vorliegenden Rechtsstreit (noch) zu berücksichtigen.
a) Zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife an. Es handelt sich um eine Prognoseentscheidung, die richtig bleibt, wenn sie im Zeitpunkt der Entscheidungsreife zutreffend beantwortet worden ist (vgl. Harbauer/Schmitt, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl.: ARB 2010, § 3 a Rn. 13). Ist im maßgeblichen Zeitpunkt die Rechtslage noch unklar und entfallen die Erfolgsaussichten erst später - etwa infolge einer höchstrichterlichen Klärung -, so kann sich der Rechtsschutzversicherer jedenfalls dann nicht nachträglich auf die zwischenzeitlich (zu Gunsten des möglichen prozessualen Gegners erfolgte) Klärung berufen, wenn dem Versicherten bereits Kosten entstanden sind.
Dieser Rechtssatz beruht im Ausgangspunkt darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die sachlichen Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht in der Rechtsschutzversicherung die gleichen wie bei der Gewährung von Prozesskostenhilfe sind (BGH, Urteil vom 16. September 1987 - IVa ZR 76/86, juris Rn. 7).
b) Bei der nach § 114 ZPO vor der Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorzunehmenden Überprüfung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung sind allerdings tatsächliche Entwicklungen, die sich bis zur Entscheidung über die Antragstellung zutragen, durchaus zu berücksichtigen. Erfüllt etwa der Schuldner den Anspruch, den der Antragsteller mit Hilfe der beantragten Prozesskostenhilfe geltend machen möchte, ist Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen. In gleicher Weise ist die dem Gegner gegebene Möglichkeit zu berücksichtigen, die Verjährungseinrede zu erheben, es sei denn, dass der Gegner sie voraussichtlich nicht erheben wird (vgl. Zöller/Schultzky, ZPO, 34. Aufl., § 114 Rn. 21, 30 m.w.N., § 127 Rn. 16).
Im Recht der Prozesskostenhilfe ist mithin auch anerkannt, dass es letztlich immer auf den letzten Erkenntnisstand ankommt, der in demjenigen Zeitpunkt vorliegt, in dem das Gericht - im Falle einer sofortigen Beschwerde auch das Beschwerdegericht (vgl. Zöller/ Schultzky a.a.O., § 127 Rn. 39) - seine Entscheidung trifft. Grundsätzlich wird kein Gericht Prozesskostenhilfe für eine Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bewilligen, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung unverrückbar feststeht, dass keine Erfolgsaussichten mehr bestehen, selbst wenn sie dereinst bestanden haben mögen. Keine vernünftig und wirtschaftlich denkende Partei, die die Kosten eines Rechtsstreits vollständig selbst tragen müsste, würde etwa nach Eintritt der absoluten Verjährung noch Klage erheben, selbst wenn die Rechtsverfolgung zuvor aussichtsreich gewesen sein mag. Dementsprechend hat der Senat kürzlich in einem anderen Deckungsprozess für eine "Diesel-Klage" die Berufung gegen das klagabweisende erstinstanzliche Urteil allein wegen einer erst nach der Erhebung der Deckungsklage eingetretenen absoluten Verjährung zurückgewiesen (Beschluss vom 17. Mai 2023 - 11 U 129/22, n.v.), mithin eine erst nach dem Zeitpunkt der Bewilligungsreife eingetretene tatsächliche Entwicklung berücksichtigt.
Die Rechtsprechung hat Ausnahmen von diesen rechtlichen Maßstäben in Fallgestaltungen anerkannt, in denen das zuständige Gericht entweder die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe pflichtwidrig allzu lange verzögert hatte oder wenn eine verklagte Partei sich vor einer Klagerücknahme aussichtsreich verteidigt hatte und bis zum Zeitpunkt der Klagerücknahme noch nicht über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung entschieden worden war (vgl. Zöller/Schultzky a.a.O., § 127 Rn. 17 f. m.w.N.). Diesen Ausnahmen liegt die Überlegung zugrunde, dass der betreffenden Partei bereits Kosten entstanden sind, die sie berechtigterweise im Vertrauen auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingehen durfte, und dass es mit dem Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes daher nicht vereinbar sei, ihr den Ersatz dieser Kosten im Wege der Prozesskostenhilfe bloß deshalb zu verweigern, weil - von der betroffenen Partei nicht verschuldet - nachträglich Umstände eingetreten sind, welche die Fortführung des Prozesses entbehrlich machen (besonders deutlich: BGH, Beschluss vom 18. November 2009 - XII ZB 152/09, juris Rn. 22; mit dem gleichen Gedanken: BVerfG, Beschluss vom 22. August 2018 - 2 BvR 2647/17, juris Rn. 15: Klage musste zwingend fristgerecht erhoben werden). Der Bundesgerichtshof hat (a.a.O., Rn. 25) aber eben auch betont, dass eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe in diesen Fallgestaltungen nicht mehr in Betracht kommt, wenn der betroffenen Partei Kosten gerade noch nicht entstanden sind.
c) Daraus folgt weitergehend, dass auch eine dem Antragsteller (bzw., übertragen auf die Verhältnisse der Rechtschutzversicherung: dem Versicherten) günstige Fortentwicklung der Rechtsprechung berücksichtigt werden muss. Eine gegenteilige Verfahrensweise wäre im Bereich der Prozesskostenhilfe nicht verfahrensökonomisch, weil Entscheidungen über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht in Rechtskraft erwachsen und der Antragsteller daher nach einer etwaigen Ablehnung sogleich einen neuen Antrag stellen könnte, dem sodann stattzugeben wäre. Im hier betroffenen Bereich der Rechtsschutzversicherung gilt nichts Anderes. Ein schützenswertes Interesse des Versicherers, im Deckungsprozess allein deshalb zunächst zu obsiegen, weil das erkennende Gericht eine nach dem Zeitpunkt der Bewilligungsreife eingetretene Fortentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung gezielt unberücksichtigt lässt, ist nicht ersichtlich. Sein Kosteninteresse kann der Versicherer in solchen Fallgestaltungen in anderer Weise sichern (vgl. § 93 ZPO).
Vielmehr dient etwa die Regelung des § 128 VVG, wonach der Versicherer für den Fall von Meinungsverschiedenheiten über die Erfolgsaussichten der beabsichtigen Rechtsverfolgung ein Gutachterverfahren oder anderes vergleichbares Verfahren anbieten muss und das Rechtsschutzbedürfnis des Versicherungsnehmers andernfalls als anerkannt gilt, dem Interesse des Versicherungsnehmers an rascher, objektiver und endgültiger Klärung des Versicherungsschutzes bei Vorliegen einer solchen Meinungsverschiedenheit. In diesem Lichte ist auch die Rechtsprechung zu dem für die Erfolgsaussichtsprüfung maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife als dem Zeitpunkt, in dem der Rechtsschutzversicherer seine Entscheidung treffen muss, zu sehen. Die Nichtberücksichtigung einer nach Eintritt der Bewilligungsreife bestehenden Rechtslage, wonach die Erfolgsaussichten zu bejahen sind, liefe auf eine bloße Förmelei hinaus, zumal der Versicherungsnehmer - wie im Streitfall ausweislich des vom Kläger als Anlage zum Schriftsatz vom 27. April 2023 vorgelegten Schreibens vom 24. März 2023 bereits geschehen - nicht gehindert wäre, angesichts der nunmehr für eine Erfolgsaussicht sprechenden Umstände einen erneuten Antrag auf Deckungsschutz zu stellen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27. März 2023 - 6 U 8/22, juris Rn. 31).
5. Nach Maßgabe der jüngsten Fortentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung hat die Berufung mit den bislang gestellten Anträgen allerdings keineswegs vollen Umfangs Aussicht auf Erfolg.
a) Bestätigte der Senat die im angefochtenen Urteil zu 1. erfolgte Verurteilung ohne Einschränkungen, wäre der Kläger befugt, den Hersteller - so, wie ausweislich der Klageschrift ja auch bislang beabsichtigt - auf "großen" Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Insofern bestehen aber gerade keine Erfolgsaussichten. Auch ist jedenfalls nunmehr kein Interesse des Klägers (§ 256 ZPO) mehr ersichtlich, lediglich im Wege der Feststellungsklage vorzugehen. Aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 26. Juni 2023 ist vielmehr sicher absehbar, dass die beabsichtigte Klage nur insofern Aussicht auf Erfolg haben wird, wie der Kläger den Hersteller wegen eines "Thermofensters" auf Zahlung von höchstens 15 % des Kaufpreises in Anspruch nimmt. Der für den in Rede stehenden Wagen gezahlte Kaufpreis betrug unstreitig 53.500 €. Folglich wird der Kläger den Hersteller im für ihn günstigsten Fall auf Zahlung von höchstens 8.025 € in Anspruch nehmen können. Es ist nicht ersichtlich, welche Hinderungsgründe einer entsprechenden - auf Leistung gerichteten - Umstellung des Klageantrags im Streitfall entgegenstünde. Nur vorsorglich vermerkt der Senat, dass der Übergang vom "großen" Schadensersatz einerseits zum Differenzschaden nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV andererseits mit Blick auf §§ 263, 264 ZPO zulässig wäre, weil es sich bei beidem lediglich um unterschiedliche Methoden der Schadensberechnung handelt, die im Kern an die Vertrauensinvestition des Käufers bei Abschluss des Kaufvertrags anknüpfen (BGH a.a.O., Rn. 45).
Beließe der Kläger den Klageantrag zu 1. unverändert, müsste der Senat die Klage auf die Berufung der Beklagten vollen Umfangs abweisen.
b) Der auf Erstattung der Kosten des Stichentscheids gerichtete Klageantrag zu 2. dürfte vollständig unbegründet sein. Die Beklagte hat dem Kläger insofern bereits in der Klageerwiderung Abwehrdeckung erteilt. Die diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen auf Seite 17 der Berufungsbegründung (Bl. II/49 d. A.) dürften zutreffen.
III.
Der Senat regt an, dass die Parteien den Rechtsstreit gütlich beilegen, indem sie folgenden Vergleichsvorschlag annehmen:
1. Die Beklagte verpflichtet sich gegenüber dem Kläger aus dem Versicherungsvertrag Nr. ... im Zusammenhang mit der Schadensnummer der Beklagten ..., die Kosten der erstinstanzlichen gerichtlichen Inanspruchnahme der F. I. S.p.A. (vor einem ordentlichen Gericht in der Bundesrepublik Deutschland) auf Zahlung von Schadensersatz wegen des Einbaus einer sog. Timer-Funktion sowie wegen eines sog. Thermofensters in der Abgassteuerung des Fahrzeugs des Typs Fiat Ducato Vantourer 630 mit der FIN ... in Höhe von höchstens 8.025 € zu tragen.
2. Die Kosten des vorliegenden Rechtsstreits und dieses Vergleichs tragen der Kläger zu 61 % und die Beklagte zu 39 %.
Die vorgeschlagene Kostenquote ergibt sich aus dem Verhältnis des letztlich streitgegenständlichen Kostenrisikos, von dem der Kläger bei Klageeinreichung ausgegangen ist (vgl. Seite 29 der Klageschrift: 9.460,66 €), dieses zuzüglich des Klageantrags zu 2. (zusammen 10.643,12 €), zu demjenigen Kostenrisiko, das bei Abschluss des vorgeschlagenen Vergleichs abzudecken wäre (4.102,70 €).
Die Parteien werden gebeten, eine etwaige Zustimmung zu diesem Vorschlag (oder zu einem Vergleich anderen Inhalts) möglichst spätestens eine Woche vor dem Termin der Berufungsverhandlung mitzuteilen.