Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 12.04.1999, Az.: SS 93/93

Strafzumessungsregeleigenschaft des § 29 Abs. 3 Betäubungsmittelgesetz (BtMG); Besonders schwerer Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
12.04.1999
Aktenzeichen
SS 93/93
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1999, 29341
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1999:0412.SS93.93.0A

Amtlicher Leitsatz

Bei § 29 Abs. 3 BtMG handelt es sich um eine Strafzumessungsregel, bei der auf Grund einer Gesamtwürdigung geprüft werden kann, ob ihre Voraussetzungen vorliegen.

Gründe

1

Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch einschließlich der Annahme schweren Falles. Ausgehend von der Annahme des Landgerichts, die Angeklagte habe gewerbsmäßig gehandelt, ist die ausdrücklich auf die den Regelfall betreffende Bestimmung des § 29 Abs. 3 Nr. 1 BtMG gestützte Bemessung der Einzelstrafen mit jeweils sechs Monaten rechtsfehlerhaft. Die Bestimmung sieht bereits für eine Tat eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vor. Die generellen Ausführungen des Landgerichts zur Anwendbarkeit dieses Strafrahmens rechtfertigen dessen Unterschreitung nicht. Auch bei einem Kleindealer kann gewerbsmäßiges Handeln vorliegen, das als besonders schwerer Fall die erhöhte Strafandrohung rechtfertigt. Mangels Erwähnung kann der Senat nicht davon ausgehen, dass das Landgericht die §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bei der Strafzumessung berücksichtigt hat.

2

Das Urteil war danach im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.

3

In der neuen Hauptverhandlung wird neben §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nicht ungeprüft bleiben dürfen, ob ausnahmsweise erhebliche Strafmilderungsgründe dafür sprechen, einen besonders schweren Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu verneinen. Außergewöhnliche Umstände in der Person der Angeklagten (Alkohol- oder Tablettenabhängigkeit) und in der Tat (geringe BtM-Mengen - geringer Verdienst) könnten der Bewertung als besonders schwerer Fall ausnahmsweise entgegenstehen (vgl. Körner, Betäubungsmittelgesetz, 4. Aufl., Rn. 1222 zu § 29 mit weiteren Hinweisen). Ein mögliches Näheverhältnis der Angeklagten zu den Konsumenten könnte dabei von Bedeutung sein. Bei § 29 Abs. 3 BtMG handelt es sich um eine Strafzumessungsregel, bei der auf Grund einer Gesamtwürdigung geprüft werden kann, ob deren Voraussetzungen vorliegen, oder ob der gesetzliche Normalfall, § 29 Abs. 1 BtMG, Grundlage der Strafzumessung ist.