Landgericht Göttingen
Beschl. v. 05.07.1995, Az.: 6 T 138/95

Aufhebung eines Haftbeschlusses wegen fehlender vollstreckbarer Ausreisepflicht

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
05.07.1995
Aktenzeichen
6 T 138/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1995, 17956
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:1995:0705.6T138.95.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hann.Münden - 16.06.1995 - AZ: 6 XIV 517 B

Fundstelle

  • InfAuslR 1995, 327-328 (Volltext mit red. LS)

Sonstige Beteiligte

..., jugoslaw. Staatsangehöriger, geb. ... in ..., zuletzt aufhältig ...,

Landkreis ..., Der Oberkreisdirektor, Ausländeramt, ...,

In der Abschiebehaftsache
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
den Vizepräsidenten des Landgerichts ...,
den Richter am Landgericht ... und
den Richter ...
auf die sofortige Beschwerde vom 16.06.1995 gegen den Haftbeschluß des Amtsgerichts Hann. Münden vom 16.06.1995 am 05. Juli 1995
beschlossen:

Tenor:

Der Haftbeschluß vom 16.06.1995 wird aufgehoben.

Dem Beschwerdeführer wird aufgegeben, sich bei der Aufnahmestelle des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Braunschweig, im Holzmoor 10 b zu melden.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei (§§ 14 FEG, 131 Abs. 1 S. 2 KostO).

Auslagen werden nicht erstattet (§ 16 FEG).

Gründe

1

Der zur Sicherung der Zurückschiebung des Betroffenen nach ..., von wo er eingereist war, ergangene Haftbeschluß war aufzuheben, weil die Haftvoraussetzungen gem. §§ 61, 57 AuslG nicht mehr gegeben sind. Es fehlt an der vollziehbaren Ausreisepflicht des Betroffenen gem. § 57 Abs. 2 AuslG. Der Betroffene hat wie im Beschwerdeverfahren belegt, durch seinen Verfahrensbevollmächtigten unter dem Datum des 14.06.1995 ein Asylgesuch gestellt, dieses am 04.07.1995 wiederholt und damit gem. § 55 AsylverfG eine Aufenthaltsgestattung erworben.

2

Diese Gestattung ist nicht gem. Art. 16 a Abs. 2 GG dadurch ausgeschlossen, daß der Betroffene aus ... als einen Mitgliedstaat der Europ. Gemeinschaft eingereist ist und dort ein Asylgesuch stellen könnte. Denn es ist ungeklärt, ob ... nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens zur Rückübernahme des Betroffenen verpflichtet und für die Behandlung des Asylbegehrens zuständig ist. Nach Auskunft des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ist die Zuständigkeit erst noch zu klären. Für den dafür erforderlichen Zeitraum gilt die Gestattung gem. § 55 AsylverfG.

3

Davon abgesehen kommt die Sicherungshaft nicht mehr in Betracht, weil die zu sichernde Zurückschiebung mangels feststehender Rückübernahmeverpflichtung vor ... gegenwärtig nicht möglich ist.

4

Eine Auslagenerstattung kam gem. § 16 FEG nicht in Betracht, weil ein begründeter Anlaß zur Stellung des Haftantrages vorlag. Der Betroffene hat sich nach seiner unerlaubten Einreise nicht unverzüglich bei einer Aufnahmeeinrichtung gemeldet (§ 13 Abs. 3 AsylverfG), sondern die Voraussetzungen einer Aufenthaltsgestattung aufgrund des schriftlichen Asylantrages erst nach Inhaftnahme herbeigeführt.

5

Der Umstand, daß die Rückübernahmeverpflichtung von ... ungewiß ist, hat sich erst im Laufe des Verfahrens ergeben.