Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 06.06.2016, Az.: 6 A 121/15
Anhörungsmangel; Anlasskontrolle; Bestimmtheit; Fahrkosten; Heilung; Lebensmittelkontrolleur; Qualitätssicherung; Routinekontrolle; Veranlasser; Zeitaufwand
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 06.06.2016
- Aktenzeichen
- 6 A 121/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 43562
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- AllgGO ND
- BGebG
- VetVwGO ND 2014
- § 39 LFGB
- § 1 KomVerfG ND
- § 6 KomVerfG ND
- § 1 VwKostG ND
- § 3 VwKostG ND
- § 5 VwKostG ND
- § 28 VwVfG
- § 46 VwVfG
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Kosten für die Lebensmittelüberwachung.
Die Klägerin betreibt in ihrer Niederlassung im C. in D. einen Lebensmittelmarkt.
Am 2. März 2015 führte ein Mitarbeiter der Lebensmittelüberwachung des Beklagten dort eine anlassunabhängige Routinekontrolle durch. Mit Schreiben vom 2. März 2015 teilte der Beklagte der Klägerin mit, bei der Kontrolle seien keine gravierenden Mängel festgestellt worden. Im Backwarenvorbereitungsbereich sei die Kühltruhe umzustellen, damit das Handwaschbecken für das Personal wieder erreichbar sei.
Ohne Anhörung der Klägerin setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 24. März 2015 Kosten in Höhe von 133,80 EUR fest, die sich zusammensetzen aus einer Gebühr (Ziffer VI Nr. 2.4.2 GOVV) in Höhe von 48 EUR sowie Auslagen für An- und Abfahrt (§ 3 GOVV) in Höhe von 72 EUR sowie Fahrtkosten (0,30 EUR/km, § 13 NVwKostG) in Höhe von 13,80 EUR.
Am 17. April 2015 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie trägt vor, der Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass sie über ein umfassendes Eigenkontroll- und Qualitätssicherungssystem für jeden einzelnen ihrer Märkte in Deutschland verfüge. Dazu gehöre ein mehr als 200 Seiten umfassendes „Handbuch Qualitätssicherung“, in dem detaillierte Vorgaben zum HACCP-Konzept, zu Hygienevorgaben sowie betrieblichen Eigenkontrollen aufgestellt seien. Ferner gebe es ein über 300 Seiten umfassendes „Handbuch Riskmanagement“, in dem umfangreiche Vorgaben für die einzelnen Märkte im Hinblick auf die Vermeidung von Rechtsverstößen und den Umgang in Risikosituationen geregelt seien. Darüber hinaus seien die lebensmittelrechtlichen Sorgfaltspflichten im sachlich gebotenen und rechtlich zulässigen Umfang auf die jeweiligen Marktleiter persönlich übertragen worden. In allen Märkten, auch im betroffenen, erfolgten regelmäßige Hygiene- und HACCP-Schulungen der Mitarbeiter sowie regelmäßige QS-Audits von unabhängigen externen Dienstleistern. Der hier betroffene Markt habe dabei stets mit dem bestmöglichen Status abgeschnitten. Ferner gebe es ein mehrstufiges Checklistensystem, mit dem die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorgaben in den Märkten kontrolliert würde. Darüber hinaus werde jeder Markt prophylaktisch regelmäßig von einem Schädlingsbekämpfungsunternehmen kontrolliert und durch externe Reinigungskräfte unterstützt. In den vergangenen Jahren hätten die Routinekontrollen des Beklagten keinerlei Beanstandungen ergeben.
Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für die Kostenerhebung nach § 1 NVwKostG nicht vorgelegen hätten. Kosten könnten danach nur erhoben werden, wenn ein Beteiligter Anlass zu einer rechtmäßigen Amtshandlung gegeben habe. Nur „anlassbezogene“ Kontrollen dürften der Klägerin in Rechnung gestellt werden, während die allgemeinen Routinekontrollen kostenfrei bleiben müssten. Dies entspreche der bisherigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Niedersachsen; die Regelungen des NVwKostG könnten aber nicht durch den Verordnungsgeber mit einem neuen Gebührensatz für Routinekontrollen in der GOVV geändert werden. Dies sei vielmehr Sache des Gesetzgebers. Die Gebühr sei auch nicht mit dem inzwischen durch das Bundesgebührengesetz vom 7. August 2013 (BGebG) bundesrechtlich abschließend definierten Gebührenbegriff zu vereinbaren. Gemäß § 3 Abs. 2 BGebG sei nur eine solche Leistung individuell zurechenbar,
1. die beantragt oder sonst willentlich in Anspruch genommen wird,
2. die zugunsten des von der Leistung Betroffenen erbracht wird,
3. die durch den von der Leistung Betroffenen veranlasst wurde oder
4. bei der ein Anknüpfungspunkt im Pflichtenkreis des von der Leistung Betroffenen rechtlich begründet sei; für Stichprobenkontrollen gelte dies nur, soweit diese nach anderen Gesetzen des Bundes oder Rechtsakten der Europäischen Union besonders angeordnet seien und von dem Gegenstand der Kontrolle eine erhebliche Gefahr ausgehe.
Hier sei die Routinekontrolle weder von der Klägerin beantragt noch veranlasst noch sonst willentlich in Anspruch genommen oder zu ihren Gunsten erbracht worden. Einzig einschlägig sei daher allenfalls die Nummer 4 des § 3 Abs. 2 BGebG, da die Einhaltung und Überwachung der Lebensmittelsicherheit zum Pflichtenkreis der Klägerin gehöre. Diesen Pflichten komme die Klägerin jedoch bereits mit ihrem Eigenkontrollsystem nach. Die vorliegende Routinekontrolle sei zudem ihrem gesamten Ablauf nach eine Stichprobenkontrolle gewesen, die nicht konkret durch das LFGB oder lebensmittelrechtliche Regelung der EU angeordnet gewesen sei. Aufgrund des umfassenden Eigenkontrollsystems der Klägerin sei von ihrem Lebensmitteleinzelhandelsgeschäft, also dem E. Markt in D., keine erhebliche Gefahr ausgegangen. Dazu habe der Beklagte in seinem Bescheid auch nichts vorgetragen. Die Routinekontrolle sei daher keine der Klägerin individuell zurechenbare Leistung des Beklagten gewesen und ein Gebührenansatz nach der oben genannten Legaldefinition des § 3 Abs. 2 BGebG nicht möglich gewesen. Da diese Regelung infolge der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Steuer- und Abgabenrecht auch den landesrechtlichen Gebührenbegriff determiniere, sei dem Verordnungsgeber der GOVV ein Gebührenansatz für anlasslose Routinekontrollen verwehrt.
Darüber hinaus seien die Regelungen des § 1 Nummer 1 a) in Verbindung mit VI.2.4.2.3 der Anlage und des § 3 Abs. 2 der GOVV zu unbestimmt, um die gesetzlichen Vorgaben für ihren Erlass auszufüllen. Der Landesgesetzgeber müsse nach dem Bestimmtheitsgebot des Art. 20 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz selbst die Entscheidung treffen, welche Fragen durch die Verordnung geregelt werden sollten, er müsse die Grenzen einer solchen Regelung festsetzen und angeben, welchem Ziel die Regelung dienen solle. Aus der Sicht des betroffenen Bürgers habe das Bestimmtheitsgebot vor allem die Funktion, bereits durch die gesetzliche Ermächtigung deutlich genug voraussehbar zu machen, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von der Ermächtigung Gebrauch gemacht werde und welchen Inhalt die Rechtsverordnungen haben könnten. Insofern bestünden bereits Zweifel an der Bestimmtheit des § 1 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 NVwKostG, wollte man diese als Ermächtigungsgrundlage zum Erlass jeglicher Gebührenverordnung mit materiell-rechtlich nicht näher bestimmten Tatbeständen verstehen. Jedenfalls verstießen aber die Regelungen des § 1 Nummer 1 a) in Verbindung mit VI.2.4.2. der Anlage und des § 3 Abs. 2 der GOVV gegen das Bestimmtheitsgebot. Nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg genüge ein generalklauselsartiger Auffangtatbestand, in dem ein sehr weiter Gebührenrahmen für nicht näher konkretisierte Amtshandlungen vorgesehen sei, nicht dem Rechtsstaatsprinzip. Unterbleibe die rechtssatzmäßige Festlegung der Gebühr, so sei die Ausfüllung des Rahmens letztlich dem Ermessen der Verwaltung überlassen. Damit fehle es an der Vorhersehbarkeit für den Bürger, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe eine von ihm veranlasste Amtshandlung eine Gebührenpflicht auslöse. Diese Entscheidung des OVG zu einer Rahmengebühr von 10-1000 DM sei hier übertragbar. Die vom Beklagten herangezogene VI 2.4.2.3 lege lediglich fest, dass eine Gebühr „nach Zeitaufwand, jedoch mindestens 25 €“ anzusetzen seien. Weder werde der obere Rahmen des Gebührenansatzes bestimmt noch würden die Grundlagen der gebührenrechtlichen Bewertung des Zeitaufwandes festgelegt. Zudem solle der Gebührenansatz für jegliche „Kontrollen“ in einem vom Regime der VI 2.4.1 der Anlage zur GOVV ausgenommenen Betrieb im Rahmen der „Überwachung nach § 39“ erfolgen. Die möglichen Unterschiede sowohl im Umfang als auch in der zeitlichen Kontrolldichte durch die Lebensmittelaufsichtsbehörden würden in den Gebühren überhaupt nicht abgebildet. Der Klägerin sei es damit wie allen anderen betroffenen Normadressaten schlicht unmöglich, den für sie zu erwartenden Gebührenrahmen auch nur annähernd abzuschätzen.
Die nunmehr vorgesehene zwingende Gebührenfestsetzung für anlasslose Kontrollen sei zudem unverhältnismäßig. Sie ermögliche es den Lebensmittelaufsichtsbehörden nämlich in weit über das erforderliche Maß hinausgehendem Umfang, Kontrollbesuche in Lebensmitteleinzelhandelsgeschäften wie dem der Klägerin durchzuführen und damit den Wirtschaftsbeteiligten vollständig die Kosten einer überbordenden Aufsicht aufzuerlegen. Da die entsprechenden Ziffern der GOVV keinerlei Beschränkung der turnusmäßigen Häufigkeit solcher Kontrollen vorsähen, stelle der Verordnungsgeber den Kontrollrahmen nunmehr in das ausschließliche Ermessen der Behörden. Jegliche Kosten für Kontrollen sollten nunmehr auf die Lebensmittelwirtschaft abgewälzt werden, und zwar völlig unabhängig davon, ob einmal alle paar Jahre, einmal jährlich, halbjährlich, monatlich, wöchentlich oder gar täglich Kontrollen durchgeführt würden, unabhängig davon, wie lange der Kontrolleur im Markt verweile und ob es irgendeinen sachlichen Grund für die Kontrollen gebe. Zudem könne die Lebensmittelaufsicht zukünftig auch in unbegrenztem Umfang ohne jegliches Verdachtsmoment kostenpflichtig Proben durch das niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit untersuchen lassen. Die Kosten solcher Untersuchungen könnten pro Analyse schnell 4-stellige Eurosummen erreichen. Bisher hätten diese Kosten nur bei Verdachtsproben oder nach Verfolgungsuntersuchung auferlegt werden können, wodurch eine Beschränkung der Untersuchung auf das erforderliche Maß sichergestellt worden sei. Das sei jetzt in keiner Weise mehr gewährleistet.
Weiterhin sei der Gebührenbescheid ohne Anhörung der Klägerin erlassen worden. Dies stelle einen Verfahrensfehler dar, denn ihre Anhörung sei auch nicht entbehrlich gewesen. Insbesondere die Einordnung des Gebührentatbestandes in die Gebührenziffern VI 2.4.2.1, VI 2.4.2.2 oder VI 2.4.2.3 der Anlage zur GOVV habe ohne eine solche Anhörung nur rein spekulativ erfolgen können, nämlich aufgrund einer unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten bedenklichen Umsatzschätzung. Zudem fehle dem Gebührenbescheid jegliche Begründung. Die Verletzung dieser Verfahrensvorschriften sei auch nicht unbeachtlich, denn eine Anhörung hätte hier Angaben zu Tage fördern können, die zu einem Gebührenansatz auf Grundlage einer anderen Gebührenziffern oder sogar zu einem generellen Absehen von der Gebührenfestsetzung hätten führen können.
Schließlich sei die Gebührenfestsetzung auch unverhältnismäßig. Sie sei in der konkreten Höhe wieder geeignet noch erforderlich noch angemessen. Aufgrund des umfassenden Eigenkontrollsystems der Klägerin und aufgrund der bei den letzten Kontrollen durch den Beklagten selbst festgestellten völligen Einwandfreiheit des betreffenden Marktes sei die Kontrolle nicht erforderlich gewesen. Insoweit sei auch der angefallene Untersuchungsaufwand mit der Kostenfolge für die Klägerin nicht erforderlich im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gewesen. Die nunmehr regelmäßig zu erwartende Kostenbelastung mit der Höhe nach nicht abschätzbaren Gebühren für Routinekontrollen treffe sie finanziell in unangemessener Weise.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den angefochtenen Gebührenbescheid aufgehoben, soweit darin zusätzlich zur Mindestgebühr noch 23 EUR für den Zeitaufwand des Lebensmittelkontrolleurs festgesetzt worden sind. Insoweit haben die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt,
den Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 24. März 2015 aufzuheben, soweit das Verfahren nicht für erledigt erklärt worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat auf Anforderung des Gerichts eine Stellungnahme des ML vom 18. April 2016 zur Kalkulation der Gebührenhöhe bei der Gebührenbemessung nach Zeitaufwand vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Soweit die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen und nach § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Hier entspricht es billigem Ermessen, dem Beklagten insoweit die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da er die Gebühr ursprünglich fehlerhaft berechnet hatte und nicht den Betrag für den Zeitaufwand zu der Mindestgebühr addieren durfte.
Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig, soweit darin nicht mehr als 110,80 EUR festgesetzt worden sind.
Streitgegenstand der Anfechtungsklage gegen einen Abgabenbescheid nach niedersächsischem Landesrecht ist die Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des Abgabentatbestandes, hier also der §§ 1, 2 Abs. 1, 5 ff. NVwKostG i. V. m. der Gebührenordnung für die Verwaltung im Bereich des Verbraucherschutzes und des Veterinärwesens vom 29. November 2014 (Abgekürzt GOVV , Nds. GVBl. 2014, S. 318) in der im Entstehungszeitpunkt der Abgabe (§ 6 NVwKostG) geltenden und deshalb hier maßgeblichen ursprünglichen Fassung.
1. Es besteht kein Anspruch auf Aufhebung des Bescheides aus formellen Gründen, auch wenn der Beklagte die Klägerin nicht zuvor angehört hat.
Die Verpflichtung zur Anhörung ist auch nicht nach § 28 Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 1 Nds.VwVfG entfallen.
Nach dieser Vorschrift kann die Behörde von der Anhörung absehen, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist; in diesem Zusammenhang zählt das Gesetz fünf Ausnahmegründe auf, die allerdings nicht abschließend sind. Liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwVfG vor, räumt die Vorschrift der Behörde die Befugnis ein, nach Ermessen über einen Verzicht auf die Anhörung zu entscheiden. Die Ermessensentscheidung bedarf einer Begründung, die erkennen lässt, auf welchen Erwägungen die Entscheidung, von der Anhörung abzusehen, beruht (Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, Handkommentar, 2. Aufl., 2010, § 28 VwVfG Rdnr. 35; Hess. VGH, Beschluss vom 20.05.1988 - 4 TH 3616/87 -, NVwZ-RR 1989, 113). Unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwVfG vorlagen, lässt sich der Begründung des angefochtenen Gebührenbescheides nicht entnehmen, dass der Beklagte eine solche Ermessensentscheidung getroffen hat und - gegebenenfalls - aus welchen Gründen er von der vorherigen Anhörung abgesehen hat.
Der Anhörungsmangel (§ 28 Abs. 1 VwVfG) ist auch nicht, etwa mit Durchführung des gerichtlichen Verfahrens, gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt worden. Eine Heilung ist gemäß § 45 Abs. 2 VwVfG zwar bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens möglich, die Anhörung durch das Gericht vermag die Anhörung durch die zuständige Behörde jedoch nicht zu ersetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.10.1980 - 6 C 39/80 -, juris, Rn. 12; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 45 Rn. 27; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 45 Rn. 75). Die Anhörung – auch während des gerichtlichen Verfahrens – muss durch die zuständige Behörde selbst erfolgen und eine vollwertige Stellungnahmemöglichkeit eröffnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.3.2012 - 3 C 16/11 -, juris, Rn. 18; Urteil vom 24.6.2010 - 3 C 14/09 -, juris Rn. 37; OVG NRW, Beschluss vom 9.12.2009 - 8 D 12/08.AK -, juris Rn. 111). Eine Anhörung in diesem Sinne ist während des laufenden gerichtlichen Verfahrens bisher nicht erfolgt.
Der Anhörungsmangel ist jedoch gemäß § 46 VwVfG als unbeachtlich anzusehen. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, u.a. nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Das ist hier der Fall. Zwar ist der Jahresumsatz für die Gebührenstaffelung von Bedeutung, aber es ist offensichtlich, dass der Markt einen Jahresumsatz von mehr als 250.000 EUR erzielt und damit in die höchste Gebührenstaffel fällt. Etwas Gegenteiliges hat die Klägerin auch nicht vorgetragen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Kostenfestsetzung als gebundene Entscheidung ungeachtet einer eventuellen Einlassung der Klägerin von vorneherein feststand und die Klägerin ohnehin nichts dazu Relevantes hätte vortragen können.
2. Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Er enthält drei Regelungen; die Klägerin wird sowohl zu einer Gebühr (A) als auch zu Auslagen für Fahrtkosten (B) sowie An- und Abfahrt (C) herangezogen.
A. Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu einer Gebühr sind die §§ 1, 3, 5 NVwKostG i.V.m. Ziffer VI Nr. 2.4.2 GOVV.
1. Nach § 1 Abs. 1 NVwKostG werden unter anderem für Amtshandlungen im übertragenen Wirkungskreis der Gebietskörperschaften Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben, wenn die Beteiligten zu der Amtshandlung Anlass gegeben haben. Gemäß § 39 Abs. 1 LFGB ist die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes über Erzeugnisse und lebende Tiere im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1 Aufgabe der zuständigen Behörden. 2Dazu haben sie sich durch regelmäßige Überprüfungen und Probennahmen davon zu überzeugen, dass die Vorschriften eingehalten werden.
Der Beklagte ist vorliegend im übertragenen Wirkungskreis tätig geworden, denn die Aufgaben der Lebensmittelkontrolle nach dem LFGB sind den Landkreisen als staatliche Aufgaben zugewiesen worden und gehören somit zum übertragenen Wirkungskreis (§ 6 NKomVG).
2. Gemäß § 5 Abs. 1 NVwKostG ist Kostenschuldner derjenige, der zu der Amtshandlung Anlass gegeben hat.
Die mit der Kontrolle am 2. März 2015 von dem Beklagten vorgenommene Amtshandlung ist auch im Sinne des § 1 NVwKostG von der Klägerin veranlasst worden. Anlass gegeben im Sinne dieser Vorschrift hat nicht nur derjenige, der einen Antrag gestellt hat oder derjenige, der polizeirechtlich verantwortlich ist. Vielmehr hat das NVwKostG sich mit seiner in § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 5 Abs. 1 Satz 1 und § 5 Abs. 1 Satz 1 enthaltenen umfassenden Formel im Gegensatz zu dem Begünstigungs-, Vorteils-, Interessen- oder Verschuldensprinzip zu dem umfassendsten denkbaren Anknüpfungsmaßstab entschieden. Im Sinne des NVwKostG hat derjenige zu einer Amtshandlung Anlass gegeben, der einen Tatbestand geschaffen hat, der die Behörde zu der Amtshandlung veranlasst hat (vgl. Nds. OVG Lüneburg, Urteil v. 27.5.2004,- 11 LC 116/02 - OVGE 26, 446, 447; Beschluss v. 13.7.2000 – 11 L 312/00 in juris; Urteil v. 20.2.1984 – 6 OVG A 76/83 - OVGE 37, 464, 466). Danach ist es nicht erforderlich, dass die Amtshandlung von dem Betroffenen willentlich herbeigeführt worden ist, sondern es genügt, wenn der Betroffene den Tatbestand willentlich gesetzt hat, der unmittelbar Anlass für die Amtshandlung war. Bereits die amtliche Begründung zum Entwurf des Verwaltungskostengesetzes, Landtagsdrucksache 4/222, Abschnitt B zu § 1 zu b), stellt klar, dass der Begriff der Veranlassung nicht voraussetzt, dass der Einzelne die Amtshandlung willentlich in Anspruch nimmt, vielmehr sei anerkannt, dass Gebühren ohne eine Inanspruchnahme der Verwaltung für Verwaltungsmaßnahmen, insbesondere Überwachungsmaßnahmen gefordert werden können.
Hier hat die Klägerin einen Tatbestand willentlich gesetzt, indem sie einen Lebensmittelmarkt betreibt, der wiederum unmittelbar Anlass für die Amtshandlung, nämlich die durchgeführte Routinekontrolle gegeben hat.
Weder Artikel 3 der Verordnung (EG) 882/2004 vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz noch § 39 LFGB sehen eine (kostenrechtliche) Unterscheidung von Routine- und Anlasskontrolle vor; eine kostenrechtliche Veranlassung erfolgt in beiden Fällen durch den Marktbetreiber.
Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat in einem Verfahren aus dem Futtermittelrecht in seinem Urteil vom 8.9.2015 (7 A 2567/14, veröffentlicht in der Nds. Rechtsprechungsdatenbank, nicht rechtskräftig) zur Gebührenerhebung für nicht anlassbezogene Kontrollen ausgeführt:
„Kostentarif Nr. 34.3.1.2 und 34.3.1.1 der Anlage der AllGO rechnen ohne Rechtsverstoß die routinemäßige Kontrolle eines Futtermittelbetriebes demjenigen individuell zu, der - wie die Klägerin - als Hersteller des Futtermittels der diesbezüglichen Überwachung unterliegt. Diese Zurechnung hat ihren entscheidenden Grund darin, dass es sich bei der routinemäßigen Futtermittelkontrolle um eine zulässigerweise gesetzlich angeordnete öffentlich-rechtliche Kontrollmaßnahme handelt und dass diese Kontrollmaßnahme durch die Produktionsweise des Herstellers als eine bestimmte Betätigung der allgemeinen Handlungsfreiheit ausgelöst wird (s. BVerwG, Urteil vom 7. November 1980, a.a.O.). Die zwischen den Beteiligten mit großem argumentativen Aufwand geführte Erörterung, ob die einzelne routinemäßige Kontrolle dem einzelnen Futtermittelunternehmen in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht vorteilhaft sein kann oder muss, kann daher aus Rechtsgründen dahinstehen. Das Gericht teilt auch nicht die Zweifel des VG Darmstadt (Urteil vom 4. März 2013 - 4 K 955/10.GA - zitiert nach juris), wonach die Kostenerhebung für Routinekontrollen jedenfalls unter Berücksichtigung der Grundrechte (insbesondere Art. 14 und Art. 12 GG) sowie des Verhältnismäßigkeitsmaßstabs Bedenken begegnet im Hinblick darauf, dass der überwachende allgemeine Gesetzesvollzug, d.h. in diesem Zusammenhang die generelle Einhaltung des Futtermittelrechts, im öffentlichen Interesse grundsätzlich aus allgemeinen Steuermitteln zu finanzieren ist. Diese Bedenken finden in der vorzitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls keine Stütze.“
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Zur Gebührenerhebung bei einem Arzneimittelhersteller hat das nds. Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27.5.2004 (- 11 LC 116/02 -) ausgeführt:
„Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, sie habe zu den durchgeführten Arzneimitteluntersuchungen i. S. d. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 1 NVwKostG keinen Anlass gegeben, da keinerlei Verdacht bestanden habe, die von ihr gefertigten Arzneimittel könnten nicht den gesetzlichen Anforderungen genügen. Denn sie unterliegt als Arzneimittelherstellerin der Überwachung nach § 64 Abs. 1 AMG. Diese beschränkt sich keinesfalls auf Verdachtsproben, sondern umfasst auch periodische Probenahmen und -untersuchungen ohne besonderen Anlass (vgl. § 64 Abs. 3 Satz 2 AMG). Allein schon durch das Herstellen und Vertreiben von Arzneimitteln hat die Klägerin mithin zu den durchgeführten, gesetzlich vorgesehenen Untersuchungen Anlass gegeben, so dass ihre Kostenschuldnerschaft nach § 5 Abs. 1 NVwKostG nicht zweifelhaft ist (vgl. OVG NRW, Urt. v. 16.6.1999, a.a.O.; für die parallele Problematik bei der Apotheken- und Lebensmittelüberwachung ebenso 4. Senat des OVG, Urt. v. 22.4.1970, OVGE 26, 446 und Senatsbeschl. v. 22.5.2002 - 11 LA 100/02 -).
Zutreffend hat ferner die Beklagte keinen Anlass gesehen, gemäß § 2 Abs. 2 NVwKostG von der Gebührenerhebung ganz oder teilweise abzusehen. Von dieser Möglichkeit kann Gebrauch gemacht werden, wenn daran ein öffentliches Interesse besteht. Das ist hier nicht der Fall. Zwar trifft es zu, dass die Medikamentenüberwachung in erster Linie dem Schutz der Bevölkerung vor dem Inverkehrbringen nicht ordnungsgemäßer Arzneimittel dient. Auf der anderen Seite ist der Überwachungsaufwand aber zwangsläufig Folge der Überwachungsbedürftigkeit der Betriebsführung der Klägerin, mit der diese das Ziel einer Gewinnerzielung verfolgt. Unter solchen Umständen besteht regelmäßig - und so auch hier - kein öffentliches Interesse an einer Gebührenermäßigung (vgl. Loeser, NVwKostG, Erl. 3 zu § 2 m. w. N.).
Auch die Tatsache, dass die konkreten Untersuchungen bei der Klägerin zu keinen Beanstandungen geführt haben, steht einer Gebührenerhebung nicht entgegen. Denn die Gebührenpflicht des § 1 Abs. 1 VwKostG i.V.m. dem Kostentarif 6.1.14 der AllGO ist auf die Untersuchung einer nach § 65 Abs. 1 AMG entnommenen Probe bezogen, stellt also nicht auf das Untersuchungsergebnis ab. Dass die Gebührenvorschriften anderer Bundesländer abweichende Regelungen vorsehen mögen, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn der Landesgesetzgeber ist aufgrund des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG lediglich gehalten, in seinem Bundesland für gleichheitssatzgemäße Regelungen Sorge zu tragen. Schließlich lässt sich auch nicht feststellen, dass allgemein bei beanstandungsfreiem Probenergebnis ein Absehen von einer Gebührenerhebung oder wenigstens eine Gebührenermäßigung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 NVwKostG aus Billigkeitsgründen geboten wäre. Derartige Billigkeitsgründe sind nach der gesetzlichen Regelung an individuelle Besonderheiten des Einzelfalles gebunden.“
Auch wenn der Klägerin einzuräumen ist, dass die Herstellung von Arzneimitteln bzw. Futtermitteln fraglos gefahrgeneigter als der Verkauf abgepackter Lebensmittel ist, so bleibt doch gleichermaßen der kostenrechtliche Veranlasserbegriff anwendbar, der nicht danach unterscheidet, wie groß das Risiko ist, dass durch die Kontrollen minimiert werden soll. Dieser Umstand spielt bei der Feststellung der Veranlassung vielmehr ebenso wenig eine Rolle wie die von der Klägerin selbst durchgeführten zahlreichen Maßnahmen zur Qualitätssicherung.
Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich aus der früheren Rechtsprechung des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zur nicht mehr geltenden Vorschrift des § 46 a LMBG nichts Gegenteiliges ableiten. So heißt es in der von der Klägerin zitierten Entscheidung des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. Mai 2002 (- 11 LA 100/02 -):
„In der Rechtsprechung des Senats ist bereits geklärt, dass § 46 a Abs. 1 LMBG entgegen der Ansicht der Klägerin sehr wohl eine Unterscheidung zwischen nicht gebührenpflichtigen „allgemeinen“ und gebührenpflichtigen Überwachungsmaßnahmen aus besonderem Anlass (wie im vorliegenden Fall aufgrund der Mitteilung des Zentralen Instituts des Sanitärdienstes der Bundeswehr) voraussetzt (Beschl. v. 13.7.2000 - 11 L 312/00 - und v. 18.7.2000 - 11 L 1163/00 -). Damit befindet er sich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung etwa des Bay. VGH (Urt. v. 26.5.2000 - 25 B 96/1735 -, GewArch 2001, 173, 174). In dem zitierten Beschluss hat sich der Senat auch im Einzelnen mit der Entstehungsgeschichte des § 46 a LMBG auseinandergesetzt.“
Auch die weiteren von der Klägerin zitierten Entscheidungen (VG Stade, Urteil v. 1.9.2006 – 1A 429/06 – und VG Oldenburg, Urteil v. 27.2.2009 – 7 A 5297/06 -) stützen ihre Rechtsansicht nicht; beide klagabweisenden Entscheidungen betreffen die Gebührenerhebung für sog. Verdachtsproben nach Verbraucherbeschwerden. Die letztgenannte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Oldenburg weist ausdrücklich darauf hin, dass mit dem LFGB das Problem der Unterscheidung zwischen Routine- und verdachtsproben entfallen sei. Anders als das LMBG in seinem § 46a enthalte das LFGB keine Regelung über die Kostenerhebung für Amtshandlungen der Landesbehörden. Nur für Bundesbehörden werde das Kostenrecht in § 62 LFGB geregelt. Damit komme das Verwaltungskostenrecht der Länder nun im Bereich der Lebensmittelüberwachung uneingeschränkt zur Anwendung (vgl. Zipfel/ Rathke, Lebensmittelrecht, Bd. II (Stand: 31. Juli 2006), § 48 LFGB Rn. 7 f.).
Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich auch aus dem Bundesgebührengesetz keine Sperrwirkung für die Gebührenerhebung bei Routinekontrollen, denn das Bundesgebührengesetz gilt ausweislich § 2 Abs. 1 ausschließlich für die Gebühren und Auslagen öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit der Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit dieses Gesetz oder die Gebührenverordnungen nach § 22 Absatz 3 und 4 für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen die Erhebung von Gebühren oder die Erstattung von Auslagen vorsehen. Eine für die Länder bindende Regelung eines einheitlichen Gebührenbegriffs auch für deren Verwaltungstätigkeit ist damit gerade nicht verbunden.
3. Der Gebührentatbestand nach VI 2.4 der Anlage zur GOVV sieht für eine „Kontrolle in einem sonstigen Betrieb mit Ausnahme von Futtermittelunternehmen“ (2.4.2) zunächst eine feste Gebühr bei einem Jahresumsatz von nicht mehr als 125.000 EURO (VI. 2.4.2.1: 43 EUR) sowie bei einem Jahresumsatz von mehr als 125.000 EUR und nicht mehr als 250.000 EUR (VI.2.4.2.2: 66 EUR), die jeweils die Aufwendungen für An- und Abfahrten, Reisekosten und sämtliche innerdienstlichen Tätigkeiten abgelten soll (Anmerkung Nr. 1) vor, im Übrigen eine Bemessung „nach Zeitaufwand, jedoch mindestens 25 EUR“ (VI. 2.4.2.3).
Die Kammer geht – mangels anderweitigem Vortrag – davon aus, dass der Umsatz des Betriebes der Klägerin in D. über 250.000 EUR im Jahr liegt. Nach veröffentlichten Statistiken soll die Klägerin in Deutschland in 2.200 Filialen 2015 einen Jahresumsatz von 7 Mrd. EUR erzielt haben, so dass sich pro Filiale ein Jahresumsatz von durchschnittlich 3.181.000,- EUR errechnet. Auch wenn es erhebliche Schwankungen geben mag, liegt es sehr nahe, dass der Umsatz der Filiale in D. über 250.000 EUR im Jahr liegt.
Die vom Beklagten vorgenommene Berechnung (Bl. 112 der Beiakte) war jedoch insoweit fehlerhaft, als dass zu der Mindestgebühr von 25 EUR noch die Gebühr für den Zeitaufwand, nämlich 2 x 11,50 EUR je angefangenen 15 Minuten Zeitaufwand eines Landkreismitarbeiters, addiert worden ist. Richtigerweise sind, wenn die Bemessung nach Zeitaufwand einen niedrigeren Betrag ergibt, 25 EUR als Mindestgebühr festzusetzen. Dies hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung korrigiert.
Die maßgebliche Regelung der GOVV ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar und weder zu unbestimmt noch unverhältnismäßig.
Die Höhe der nach Zeitaufwand erhobenen Gebühr richtet sich nach § 1 Abs. 4 Satz 5 der Verordnung über die Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen und Leistungen (Allgemeine Gebührenordnung - AllGO -) vom 5. Juni 1997 (in der vom 28.1.2015 bis zum 24.3.2015 gültigen Fassung), die unter Nr. 2 b den vom Beklagten angenommenen Stundensatz von 11,50 EUR vorsieht.
Anhand der Regelung des § 1 Abs. 4 Satz 5 der AllGO ist für die Klägerin nunmehr absehbar, das bei künftigen Routinekontrollen jeweils der entsprechende Satz der AllGO (damals 11,50 EUR, aktuell 12,50 EUR) pro Viertelstunde Zeitaufwand des Lebensmittelkontrolleurs, mindestens und wohl auch regelmäßig bei dem Umfang einer Routinekontrolle jedoch 25 EUR an Gebühren entstehen. Anders als im vom niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (Urteil v. 20.11.2014 – 13 LB 54/12) entschiedenen Fall der GOVet 2014, die bei Schlachttier- und Fleischuntersuchungen je Schwein mit einem Schlachtgewicht von 25 kg und mehr einen Gebührenrahmen von 1 bis 30 EUR je Schwein vorsah, jedoch keinen Verteilungsmaßstab regelte, hat hier der Verordnungsgeber alle zur Gebührenbestimmung maßgeblichen Faktoren selbst geregelt, so dass die Gebührenbemessung für jede einzelne Routinekontrolle genau bestimmt ist und dem Beklagten insoweit keinerlei Spielraum bleibt. Lediglich die Häufigkeit der vorzunehmenden Kontrollen bleibt vom Beklagten zu entscheiden. Es liefe auch dem Zweck der Kontrollen entgegen, wenn darüber vorab eine Regelung getroffen würde. Die Häufigkeit der Routinekontrollen ist zwar nicht geregelt, wäre aber bei einer ungewöhnlichen Häufung gerichtlich überprüfbar. Im Übrigen hat der Beklagte im fraglichen Markt zuvor die letzte Routinekontrolle im Jahr 2012 vorgenommen und ist angesichts seiner personellen Ausstattung gar nicht in der Lage, wesentlich häufigere Kontrollen einzelner Märkte vorzunehmen. Von einem unkalkulierbaren Kostenrisiko kann angesichts dieser „Überwachungsdichte“ daher keine Rede sein.
Dazu hat das Verwaltungsgericht Oldenburg in seiner o.g. Entscheidung ausgeführt:
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„Fehl geht auch der Einwand der Klägerin, die Gebührenregelungen des Kostentarifs Nr. 34.3.1.2 und 34.3.1.1 der Anlage der AllGO verstießen gegen das Bestimmtheitsgebot. Der Klägerin ist zwar darin zuzustimmen, dass sie als verantwortliches Futtermittelunternehmen nicht erkennen könne, welcher Gesamtbetrag an Gebühren nach diese Kostentarifnummern beispielsweise im Kalenderjahr bei ihr anfallen werde. Dies verstößt indes nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Bestimmtheitsgebot. Zu Recht weisen die Beteiligten darauf hin, dass diese Pflicht von dem jeweiligen Normgeber verlangt, die Rechtsvorschrift so genau zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Diesen Anforderungen genügt die einzelne Gebühr nach Kostentarif-Nr. 34.3.1.1 bzw. 34.3.1.2 der Anlage der AllGO zweifellos im Hinblick auf die Einzelgebühr. Zu Recht weist aber der Beklagte darauf hin, dass eine weitergehende gebührenrechtliche Festlegung für beispielsweise die Höhe der jährlichen Gebühren für Probenahmen einschließlich Untersuchungen der Proben im Rahmen der risikoorientierten amtlichen Kontrollen der Futtermittelunternehmen nicht möglich ist. Auch insoweit wird auf die zutreffenden Erwägungen des Schriftsatzes des Beklagten vom 19. Dezember 2014 (S. 19 ff.) Bezug genommen. Es begründet nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls keinen Rechtsverstoß, dass hinsichtlich der Gebühren nach Nr. 34.3.1.2 und 34.3.1.1 der Anlage der AllGO beispielsweise nicht eine jährliche Obergrenze festgesetzt ist. Eine solche Obergrenze wäre als Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte auch unter dem Gesichtspunkt der zulässigen typisierenden Betrachtung im Gebührenrecht nicht zu rechtfertigen. Durch eine solche Obergrenze würden vielmehr große Futtermittelhersteller in unzulässiger Weise gegenüber kleineren Betrieben bevorzugt.“
Auch diese Bewertung insbesondere zum Bestimmtheitsgebot teilt die Kammer. Der Verordnungsgeber der GOVV hat in seinen hier maßgeblichen Gebührenregelungen ebenfalls alle ihm möglichen Regelungen getroffen. Die Frage der Häufigkeit der Kontrollen ist keine gebührenrechtliche Frage, sondern eine solche des materiellen Rechts. Auch insoweit entscheidet der Beklagte nicht etwa willkürlich, sondern folgt den Anweisungen eines Programmes, das die zu kontrollierenden Betriebe nach Betriebsart, Risiko, bisherigen Beanstandungen etc. auswählt. Eine Regelung der Kontrollhäufigkeit ist in allgemeiner Form in einer Verordnung nicht möglich, da die zu berücksichtigenden Faktoren nicht konkret gewichtet und in nach Betriebsgröße etc. gestaffelten Daten umgesetzt werden können. Im Übrigen liefe eine vollständige Vorhersehbarkeit der Kontrollen deren Zweck zuwider, der gerade durch ein gewisses Maß an Überraschung erreicht wird.
B. Weiterhin hat der Beklagte in seinem Bescheid nach § 3 Abs. 2 GOVV für die An- und Abfahrt je angefangener 15 Minuten 18 EUR, hier den Höchstsatz von 72 EUR, zugrunde gelegt.
Gemäß § 3 Abs. 2 GOVV erhöht sich, soweit im Kostentarif nichts anderes bestimmt ist, die Gebühr um einen Zuschlag auch für An- und Abfahrten. Für die Berechnung des Zuschlags werden die Fahrzeiten der Beschäftigten addiert. Die Höhe des Zuschlags beträgt 18 Euro je angefangene Viertelstunde, höchstens jedoch 72 Euro insgesamt. Dient die Fahrt auch einem anderen Zweck, so ist nur die anteilige Zeit zu berücksichtigen. Der vom Beklagten festgesetzte Höchstsatz geht von einer jeweils halbstündigen Fahrtzeit von F. nach D. und zurück aus; diesen Wert bestätigt etwa der Michelin-Routenplaner.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Erhebung von Kosten für die An- und Abfahrt sowie von Auslagen für die Wegstrecke auch nicht gleichheitswidrig. Vielmehr ist die räumliche Lage und Entfernung vom Sitz der Behörde ein sachlicher Grund, der eine Ungleichbehandlung der kontrollierten Märkte je nach Betriebsort rechtfertigt.
C. Daneben hat der Beklagte auch noch 0,30 EUR pro gefahrenen km (hier 46) abgerechnet. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG hat der Kostenschuldner die Auslagen zu erstatten, die bei der Vorbereitung oder bei der Vornahme einer Amtshandlung notwendig werden. Auslagen können nach § 13 Abs. 3 Nr. 4 NVwKostG insbesondere Aufwendungen für Dienstreisen sein. Insoweit entspricht die Abrechnung des Beklagten der Richtlinie über Dienstkraftfahrzeuge in der Landesverwaltung (Kfz-Richtlinie)
RdErl. d. MF v. 11.5.2012 - 12-00 50 a (Nds.MBl. Nr.19/2012 S.398), geändert durch RdErl. v. 16.11.2015 (Nds. MBl. Nr. 48/2015 S. 1539) - VORIS 64000 - , die folgendes vorsieht:
Entschädigung bei Benutzung
durch nicht zur Landesverwaltung gehörende Dienststellen und bei Privatfahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle
Soweit nichts Abweichendes vereinbart wird, sind je Kilometer zu erheben:
für Pkw bis 75 kW Motorleistung und Transporter | 0,30 EUR, |
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Insoweit hat die Klägerin auch keine gesonderten Einwände erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Die Berufung ist nach §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Es ist aus Gründen der Rechtssicherheit (vgl. dazu Kopp/Schenke, Komm. zur VwGO, 1. Aufl. 2015 § 124 Rn. 10) klärungsbedürftig, ob nach niedersächsischem Landesrecht für Routinekontrollen von Lebensmittelmärkten Gebühren erhoben werden dürfen. Wegen dieser Rechtsfrage sind zahlreiche Verfahren nicht nur der Klägerin bei mehreren niedersächsischen Verwaltungsgerichten anhängig.