Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 20.05.2005, Az.: 1 A 635/04
Zahlung von Abwassergebühren; Bemessung der Schmutzwassergebühr; Nachweis der nicht eingeleiteten Wassermengen
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 20.05.2005
- Aktenzeichen
- 1 A 635/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 14228
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2005:0520.1A635.04.0A
Rechtsgrundlage
- § 52 Abs. 1 GKG
Verfahrensgegenstand
Abwassergebühren
Prozessführer
A.,
vertreten durch Geschäftsführer B., C.
Rechtsanwälte D.
Prozessgegner
Stadt Achim,
vertreten durch den Bürgermeister,Obernstraße 38, 28832 Achim
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Der Frischwassermaßstab eignet sich uneingeschränkt für die Gebührenbemessung des Schmutzwassers, da davon ausgegangen werden kann, dass die Menge des in die öffentliche Entwässerungsanlage eingeleiteten Schmutzwassers etwa der Menge des bezogenen Frischwassers entspricht und dass nach den örtlichen Verhältnissen des Abrechnungsgebiets im Regelfall die jeweils auf dem Grundstück nicht in die Kanalisation abgegebene Wassermenge verhältnismäßig gleich ist und dass diese Relation bis zu dem Grenzwert in etwa gewahrt bleibt.
- 2.
Der Frischwasserbezug kann aber nur dann als ein brauchbarer Wahrscheinlichkeitsmaßstab Anwendung finden, wenn die Gebührensatzung die Möglichkeit vorsieht, nachweisbar in erheblichem Umfang nicht in die Kanalisation eingeleitete Wassermengen abzusetzen.
- 3.
Der Nachweis der nicht eingeleiteten Wassermengen kann auch dem Gebührenpflichtigen auferlegt werden, da dieser ausschließlich im Interesse des einzelnen Gebührenpflichtigen liegt. Der Satzungsgeber kann daher diesem die Entscheidung überlassen, Messgeräte einzubauen und damit Benutzungsgebühren zu sparen oder wegen des Aufwandes des Einbaus und der Unterhaltung von Messgeräten auf die Gebührenersparnis zu verzichten.
Das Verwaltungsgericht Stade - 1. Kammer - hat
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2005
durch
den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Schmidt als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die teilweise Aufhebung von Bescheiden, mit denen sie zur Zahlung von Abwassergebühren herangezogen wurde.
Die Klägerin ist Betreiberin eines Saunabetriebes in dem Bereich der Beklagten. Zu diesem Betrieb gehören großzügige Außenflächen, die etwa drei viertel der Gesamtfläche von 5500 qm des Betriebes ausmachen. In diesem Außenbereich befinden sich nicht nur gärtnerische Anlagen, sondern auch ein ganzjährig auf 28 GradC beheizter Außenpool, der 6 mal 6 Meter groß ist sowie ein drei Meter tiefer Teich mit einer Fläche von 11 mal 15 Meter.
Für das Jahr 2003 wurde die Klägerin durch Bescheid des Trinkwasserverbandes Verden namens und im Auftrag der Beklagten durch Bescheid vom 31.12.2003 zu Gebühren für die Abwasserbeseitigung in Höhe von 11.398,80 EUR herangezogen worden. Diesem Bescheid lag ein Frischwasserverbrauch von 5428 cbm zu Grunde.
Der Heranziehung erfolgt auf Grund der Satzung über die Erhebung von Beiträgen, Gebühren und Kostenerstattungen für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung der Stadt Achim - Schmutzwasserabgabensatzung - von 20.12.2002. Nach dieser Satzung werden insbesondere für die Inanspruchnahme der öffentlichen zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage eine Schmutzwassergebühr in Bezug auf die Grundstück erhoben, die an die öffentliche zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage angeschlossen sind oder in sie entwässern. Der Gebührenmaßstab ist in § 12 der Satzung geregelt. Nach Absatz 1 wird die Schmutzwassergebühr nach der Schmutzwassermenge bemessen, die in die öffentliche zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage gelangt. Berechnungseinheit für die Gebühr ist 1 cbm Schmutzwasser. Nach Absatz 2 gelten als in die öffentliche zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage gelangt
- a.
die dem Grundstück aus öffentlichen und/oder privaten Wasserversorgungsanlagen zugeführte und durch Wasserzähler ermittelte Wassermenge,
- b.
die auf dem Grundstück der gewonnene und/oder dem Grundstück sonst zugeführte Wassermenge, die durch Wasserzähler ermittelt ist und
- c.
die bei Bestehen einer Abwassermesseinrichtung tatsächlich eingeleitete Abwassermenge.
Nach Absatz 5 können Wassermengen, die nachweislich nicht in die öffentliche zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage gelangt sind, abgesetzt werden. Voraussetzung ist, dass eingereichte Erzähler in der Zwischenzähler Zuleitung installiert und schriftlich (Anmeldeformular) angemeldet wurde.
Mit Schreiben vom 23.1.2004 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 31.12.2003 ein, weil die Zugrundelegung des abgenommenen Trinkwassers für die Berechnung der Abwassergebühren nicht zutreffend sei. Die erheblichen Verdunstungen müssten immer wieder aufgefüllt werden. Dieses Wasser gelange nicht in die Abwasseranlage der Beklagten.
Durch Widerspruchsbescheid vom 16.3.2004 ließ die Beklagte den Widerspruch zurück. Wassermengen, die nachweislich nicht in die öffentliche zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage gelangt seien, könnten abgesetzt werden. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass ein geeichter Zähler in die Zwischenzählerzuleitung installiert und schriftlich angemeldet wurde. Eine Reduzierung wegen eventueller Verdunstung sei nicht möglich.
Die Klägerin hat am 14.4.2004 Klage erhoben. Zur Begründung beruft sie sich insbesondere darauf, dass der Verdunstungsverlust mit etwa 5% der gesamten verbrauchten Trinkwassermenge anzusetzen sei. Aus diesem Grunde seien in die Satzungen verschiedene stete und Gemeinden entsprechende Regelungen für den Abzug des Verdunstungswassers aufgenommen worden. Danach sei es vor allen Dingen möglich, den Verlust durch Vorlage eines Gutachtens nachzuweisen. Dazu sei die Klägerin bereit. Der Widerspruchsbescheid sei im Übrigen bereits deshalb fehlerhaft, weil eine Kostengrundentscheidung nicht getroffen worden sei.
Mit Bescheid vom 31.12.2004 wurde die Klägerin für das Jahr 2004 zu Abwassergebühren herangezogen. Im April 2004 hat die Klägerin einen Zwischenzähler installieren lassen, mit dem der Trinkwasserverbrauch für die Bewässerung der Außenanlagen im Einzelnen festgestellt wurde. Bis zum 31.12.2004 wies dieser Zähler 194 cbm Frischwasserverbrauch auf, den die Beklagte bei der Berechnung in Abzug gebracht hat. Insgesamt wurde die Klägerin bei einem zu Grunde gelegten Verbrauch von 4940 cbm für das Jahr 2004 zu 10.374 EUR Abwassergebühren herangezogen.
Auch gegen diesen Bescheid wendet sich die Klägerin, weil die Verdunstungen nicht berücksichtigt worden sind. Am 26. Januar 2005 hat die Klägerin insoweit Klage erhoben.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 31.12.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.3.2004 sowie den Bescheid vom 31.12.2004 aufzuheben, soweit die Abwassergebühren betroffen sind, und zwar bezüglich des Jahres 2003 in Höhe von 569,94EURund bezüglich des Jahres 2004 in Höhe von 518,70EUR.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Satzungsregelung der Beklagten verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz. In anderen Gemeinden getroffene Regelungen könnten nicht berücksichtigt werden. Die Gebührenpflichtigen im Bereich der Beklagten würden gleich behandelt. Abweichungen vom Frischwassermaßstab seien nur im Falle eines Nachweises durch Zwischenzähler möglich. Mit dieser Regelung könne allen denkbaren Abweichungen Genüge getan werden.
Durch Beschluss vom der 20.5.2005 hat die Kammer die Verfahren miteinander verbunden.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klagen sind zulässig. Insbesondere konnte die Klägerin gegen den Bescheid vom 31.12.2004 unmittelbar Klage erheben, nachdem der niedersächsische Gesetzgeber das Widerspruchsverfahren insoweit Mitwirkung vom 1.1.2005 abgeschafft hat.
Die Klagen haben jedoch keinen Erfolg, weil die Bescheide vom 31.12.2003 und 31.12.2004 rechtmäßig sind und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzen.
Die Bescheide finden ihre Rechtsgrundlage in § 5 NKAG und in der darauf gründenden Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen, Gebühren und Kostenerstattungen für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung der Stadt Achim - Schmutzwassersatzung - vom 19.12.2002. Die Satzung ist in der formellen Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat insoweit auch keine Bedenken geltend gemacht.
Auch materiell-rechtlich ist die Satzung wirksam. Bedenken macht die Klägerin insoweit gegen die Satzung geltend, als sie der Meinung ist, die Regelung des § 12 der Satzung verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil das auf Ihrem Grundstück verdunstende Wasser der Abwasserbeseitigungsanlage der Beklagten nicht zugeführt werde und daher bei der Berechnung der Abwassergebühren nicht berücksichtigt werden dürfe.
Als Gebührenmaßstab setzt die Satzung gemäß § 12 Abs. 1 zunächst fest, dass die Abwassergebühr nach der Abwassermenge zu bemessen ist, die in die öffentlichen Abwasseranlagen gelangen. Berechnungseinheit für die Gebühr ist dabei 1 cbm Abwasser. Als in die öffentlichen Abwasseranlagen gelangt gelten nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 der Satzung die dem Grundstück im letzten Erhebungszeitraum aus öffentlichen oder privaten Wasserversorgungsanlagen zugeführte und durch Wasserzähler ermittelten Wassermengen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eignet sich der Frischwassermaßstab uneingeschränkt für die Gebührenbemessung des Schmutzwassers (vgl. BVerwG vom 14.4.1967, BVerwGE 26,317)). Zur Rechtfertigung des Frischwasserbezuges als zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab für die Berechnung der Entwässerungsgebühren hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. März 1995 (NVwZ-RR 1995,594, DÖV 1995,826) Folgendes ausgeführt:
"Er (der Frischwasserbezug) bezieht seine Rechtfertigung aus zwei Annahmen:
1.
muss davon ausgegangen werden können, dass die Menge des in die öffentliche Entwässerungsanlage eingeleiteten Schmutzwassers etwa der Menge des bezogenen Frischwassers entspricht;2.
muss angenommen werden können, dass nach den örtlichen Verhältnissen des Abrechnungsgebiets im Regelfall die jeweils auf dem Grundstück "verbrauchte", also nicht in die Kanalisation abgegebene Wassermenge verhältnismäßig gleich ist und - falls ein Grenzwert festgelegt ist - dass diese Relation bis zu dem Grenzwert in etwa gewahrt bleibt (vgl. BVerwG, B. v. 12.2.1974, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 21; vom 14.4.1967 a.a.O.).Unter diesen Gesichtspunkten ist der Frischwassermaßstab mit Blick auf die bei normaler Wohnnutzung typischerweise alle Grundstücke eines im Wesentlichen einheitlichen Gebietes gleich treffenden - überdies geringen - Verluste durch den Wasserverbrauch beim Kochen, Trinken etc. gerechtfertigt, zumal insoweit ein konkreter Nachweis praktisch ausgeschlossen ist. Hingegen lässt es der Frischwassermaßstab nicht zu, erhebliche Ungleichheiten infolge unterschiedlicher industrieller und gewerblicher Nutzung oder infolge unterschiedlichen Verbrauches für die Gartenbewässerung völlig unberücksichtigt zu lassen; denn insoweit fehlt es an der vorausgesetzten (zweiten) Annahme der relativ gleichen Wirkung der pauschalierenden Vernachlässigung. Der Frischwasserbezug ist in solchen Fällen nur dann ein brauchbarer Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wenn die Gebührensatzung die Möglichkeit vorsieht, nachweisbar in erheblichem Umfang nicht in die Kanalisation eingeleitete Wassermengen abzusetzen und wenn nicht - wie hinzuzufügen ist - ein etwaiger Grenzwert wegen seiner Höhe im Regelfall einer Nichtberücksichtigung solcher anderweitig verbrauchter Wassermengen in Wahrheit gleichkommt. Die durch die Absetzbarkeit bewirkte "Verfeinerung des verhältnismäßig groben, an der bezogenen (Frisch) Wassermenge anknüpfenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabs" nähert diesen einem Möglichkeitsmaßstab an und ist jedenfalls bei nicht homogen strukturierten, durchweg gleiche Wasserverbrauchsgewohnheiten aufweisenden Abrechnungsgebieten, in der Regel geboten."
Der Frischwassermaßstab lässt es nicht zu, erhebliche Ungleichheiten infolge unterschiedlichen Verbrauches für die Gartenbewässerung völlig unberücksichtigt zu lassen. Ebenso müssen erhebliche Mengen, die wegen Verdunstung nicht dem Abwasserentsorgungssystem zugeführt werden, unberücksichtigt bleiben. Denn insoweit fehlt es an der vorausgesetzten Annahme der relativ gleichen Wirkung der pauschalierenden Vernachlässigung, was nur in einem homogenen Abrechnungsgebiet zulässig wäre. Der Frischwassermaßstab ist nämlich bezogen auf die Abwasserbeseitigung ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der im Gegensatz zu einem Wirklichkeit nicht an die tatsächlich erbrachte Leistung (unschädliche Beseitigung des eingeleiteten Abwassers), sondern hilfsweise aus Gründen der Praktikabilität an andere Kriterien anknüpft, die einen Schluss auf den Umfang der Benutzung zulassen. Dies bedingt zwangsläufig, dass die Maßstabsmenge (Frischwasser) nicht der Leistungsmenge eingeleitetes Abwasser) entspricht und ist solange unbedenklich, als bei typisierender Betrachtungsweise eine Ungleichbehandlung nicht die Willkürgrenzen des Artikel 3 GGübersteigt. Da aber nicht alle Haushalte über Schwimmbecken verfügen, scheidet insoweit ein genereller Ausschluss von Verdunstungsmengen aus Gründen der Typisierung aus. Der Frischwasserbezug kann daher nur dann als ein brauchbarer Wahrscheinlichkeitsmaßstab Anwendung finden, wenn die Gebührensatzung die Möglichkeit vorsieht, nachweisbar in erheblichem Umfang nicht in die Kanalisation eingeleitete Wassermengen abzusetzen.
Die Beklagte hat diesen Grundsätzen eines modifizierten Frischwassermaßstabes in § 12 Abs. 5 der Satzung dadurch Rechnung getragen, dass Wassermengen, die nachweislich nicht in die öffentliche zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage gelangt sind, abgesetzt werden können. Hinsichtlich der für die Bewässerung der Gartenanlagen verbrauchten Frischwassermengen hat die Klägerin im Laufe des Jahres 2004 einen geeichten Zwischenzähler einbauen lassen, sodass die Beklagte seitdem die insoweit nicht der Abwasseranlage zugeführten Frischwassermengen bei der Berechnung in Abzug bringt.
Bezüglich der durch Verdunstung entstehenden Schwundmenge hat die Beklagte den Abzug wie bei allen anderen nicht der Schmutzwasserbeseitigungsanlage zugeführten Mengen an die Voraussetzung geknüpft, dass ein geeichter Zähler installiert und schriftlich angemeldet wurde. Diese Regelung erscheint sinnvoll und stellt entgegen der Ansicht der Klägerin keinen Verstoß gegen höherrangiges Recht dar.
Zwar ist eine Regelung in der Satzung erforderlich, die der Tatsache Rechnung trägt, dass ein Benutzer in erheblichem Umfang mehr Wasser verbraucht als der Durchschnitt der Benutzer (BVerwGE 26,317). die notwendige Korrektur des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes "Frischwassermenge" kann aber nur durch eine Wirklichkeitskomponente, nämlich die nachgewiesene Schwundmenge erfolgen. Die Kombination eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes mit einem weiteren, noch ungenaueren, kommt dagegen nicht in Betracht (OVG Münster, Urt. v. 4.10,2001, NwVBl 2002. 115, ZKF 2002, 84, hier zitiert nach juris). Anderenfalls käme nur der Einbau einer Messeinrichtung für das Abwasser selbst in Betracht, den die Satzung der Beklagten als tatsächlichen Wirklichkeitsmaßstab in § 12 Absatz 2c auch vorsieht, um die Anwendung jeden Wahrscheinlichkeitsmaßstabes zu verhindern.
Der Nachweis der nicht eingeleiteten Wassermengen kann auch dem Gebührenpflichtigen auferlegt werden (vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.2.1974 - II A 454/72 -, a.a. O.) Der Nachweis der Schwundmenge liegt ausschließlich im Interesse des einzelnen Gebührenpflichtigen. Der Satzungsgeber kann daher diesem die Entscheidung überlassen, Messgeräte einzubauen und damit Benutzungsgebühren zu sparen oder wegen des Aufwandes des Einbaus und der Unterhaltung von Messgeräten auf die Gebührenersparnis zu verzichten (OVG Schleswig, Urt. vom 29.10.1991, NVwZ-RR,1993,158ff). Die Veranlagung von Abwassergebühren ist ein Massenverfahren. Auch beim Massenverfahren ist zwar vorhersehbaren atypischen Fallgestaltungen Rechnung zu tragen, weiterer Sonderregelungen als die, nicht eingeleitete Wassermengen durch Messgeräte nachweisen zu können, bedarf es jedoch nicht. Die Beklagte hat daher ihr Ermessen nicht überschritten, als die weitere Nachweismöglichkeiten nicht zugelassen hat. Dies gilt insbesondere, weil andere Nachweismöglichkeiten mit erheblichen Unsicherheit Faktoren behaftet und kostenintensiver als Messgeräte sind. Die von der Klägerin geforderte Möglichkeit, den Nachweis durch Vorlage von Gutachten zu erbringen, konnte von der Beklagten zu Recht ausgeschlossen werden. Die Menge, die sich durch die zweifellos vorhandene Verdunstung ergibt, dürfte sich jedes Jahr schon wegen der veränderten klimatischen Verhältnisse ändern. Hinzutreten Veränderungen durch die von der Klägerin variierbare Wassertemperatur, aber auch durch die veränderliche Art der Nutzungen (Sprudelbecken, Springbrunnen, Massagedüsen, etc). Gutachten müssten daher jedes Jahr erneut eingeholt werden. Zwangsläufig handelt es sich dabei auch nicht um einen zu fordernden Wirklichkeitsmaßstab. Er ist daher immer ungenauer und daher ungeeignet. Das Gleiche gilt für eine Schätzung, die keine geeignete Ermittlungsmethode darstellen kann. Andererseits ist das Messen der Zulaufmenge allein zur Bestimmung der Verdunstungsmenge jedenfalls hinsichtlich des Schwimmbeckens ebenfalls ungeeignet, weil die Zulaufmenge zu dem Schwimmbecken nur dann der Verdunstungsmenge entspricht, wenn aus diesem kein Wasser in die Abwassereinrichtung eingeleitet wird. Dies mag zwar hinsichtlich des Teiches, wenn auch mit Einschränkungen, noch zutreffend sein, hinsichtlich des Schwimmbeckens dürfte sich die Verdunstungsmenge jedoch nur dann exakt ermitteln lassen, wenn sowohl die bezogene Frischwassermenge für das Schwimmbecken als auch die abgeleitete Abwassermenge aus dem Schwimmbecken ermittelt würden. Das OVG Schleswig hat insoweit zutreffend (a.a.O..) festgestellt, dass die mit dem Einbau mehrerer Messgeräte sowie der damit verbundenen notwendigen Wartung entstehenden Kosten zwar erheblich sein mögen, dass aber kein Gebührenpflichtiger nach der Satzung gezwungen sei, derartige Zwischenzähler einzubauen. Wenn der Einbau der Zwischenzähler nicht zu einer Kostenersparnis führt, sei die Menge des auf dem Grundstück verbrauchten und zurückgehaltenen Wassers offensichtlich unbedeutend. Im Hinblick darauf und in Anbetracht des Umstandes, dass der Frischwassermaßstab ohnehin nur ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist, sei es in einem solchen Fall dem Gebührenpflichtigen zu überlassen, ob er die Kosten des Nachweises auf sich nimmt. Die gleichen Grundsätze müssen auch für den Einbau einer Abwassermesseinrichtung gelten.
Die Beklagte hat somit in ihrer Satzung zu Recht die Berücksichtigung des auf dem Grundstück zurückgehaltenen, ihm durch die Frischwasserzufuhr zugeführte Wassermengen davon abhängig gemacht, dass entsprechende Zwischenzähler installiert werden. Sie war im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens nicht zwingend gehalten, den Nachweis durch Vorlage von Gutachten gelten zu lassen. Die Klagen konnten daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird für die Zeit bis zur Verbindung für das Verfahren 1 A 635/04 auf 569,94 Euro, für das Verfahren 1 A 125/05 518,70 Euro, und für die Zeit nach der Verbindung auf 1088,64 Euro festgesetzt. Der Streitwert war gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog auf den Wert der Abgabe, soweit sie angefochten wurde, festzusetzen. Die Klägerin hat in diesen Verfahren geltend gemacht, dass die Abwassergebühr wegen der nicht berücksichtigten Verdunstungen um 5% fehlerhaft zu hoch berechnet worden sei. Auf diesen Betrag war daher festzusetzen.