Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 30.07.2002, Az.: L 4 B 220/02 SF
Anforderungen an die Begründetheit der Selbstablehnung eines Richters wegen Befangenheit; Bestehen einer Ehe zwischen der den angefochtenen Beschluss erlassenden Richter und dem für die Beschwerdeentscheidung gegen diesen Beschluss zuständigen Richter
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 30.07.2002
- Aktenzeichen
- L 4 B 220/02 SF
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 33078
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2002:0730.L4B220.02SF.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Braunschweig - AZ: 13 SF 528/01
Rechtsgrundlagen
- § 41 ZPO
- § 42 Abs. 2 ZPO
- § 48 Abs. 1 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Die Selbstablehnung eines Richters wegen Befangenheit ist begründet, wenn die Richterin, die den angefochtenen Beschluss erlassen hat, und der Richter, der für die Beschwerdeentscheidung gegen diesen Beschluss zuständig ist, miteinander verheiratet sind.
In der Kostensache
...
hat der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen
am. 30.07. 2002 in Celle
durch
die Richterin Schimmelpfeng-Schütte - Vorsitzende -
den Richter Wolff und
die Richterin Poppinga
beschlossen:
Tenor:
Die Selbstablehnung des Richters am Landessozialgericht B. ist begründet.
Gründe
I.
Der Antragsteller hat gegen den Beschluss der Vorsitzenden der 13. Kammer des Sozialgerichts Braunschweig, Richterin am Sozialgericht B., vom 21. Juni 2002 Beschwerde zum Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen eingelegt.
Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen. Berichtserstatter ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des 4. Senats Richter am Landessozialgericht B.. Er ist der Ehemann der Richterin am Sozialgericht B..
Am 22. Juli 2002 hat Richter am Landessozialgericht B. die Dienstliche Erklärung abgegeben:
"Den Beschluss des Sozialgerichts Braunschweig vom 21. Juni 2002 hat meine Ehefrau gefertigt, so dass ich mich für befangen iSv § 48 Zivilprozessordnung halte."
II.
Die Selbstablehnung des Richters am Landessozialgericht B. ist begründet.
Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 48 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ist über die Anzeige der Selbstablehnung eines Richters dann zu entscheiden, wenn der Richter von einem Verhältnis Anzeige macht, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte.
Das ist hier der Fall.
Die Voraussetzungen des § 41 ZPO liegen nicht vor. Es findet jedoch der Grundgedanke des § 42 Abs. 2 ZPO entsprechende Anwendung. Gemäß § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.
Sind die Richterin, die die angefochtene Entscheidung erlassen hat, und der Richter, der diese Entscheidung im nächsten Rechtszug zuüberprüfen hat, miteinander verheiratet, so können aus der Sicht eines objektiven Beteiligten Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters nicht ausgeschlossen werden. Diese Zweifel rechtfertigen eine Selbstablehnung.
Im vorliegenden Fall hat Richterin am Sozialgericht B. den Beschluss vom 21. Juni 2002 erlassen. Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt. Berichterstatter im Beschwerdeverfahren ist Richter am Landessozialgericht B.. Als Ehegatte der erstinstanzlichen Richterin ist seine Selbstablehnungsanzeige begründet.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Wolff
Poppinga