Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 01.12.1989, Az.: 17 WF 246/89

Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Beschwerde; Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe; Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
01.12.1989
Aktenzeichen
17 WF 246/89
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1989, 20134
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1989:1201.17WF246.89.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Soltau - 27.09.1989 - AZ: 13 F 206/89

Fundstellen

  • NJW-RR 1990, 137 (Volltext mit red. LS)
  • NJW-RR 1991, 137 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Einstweilige Verfügung

Prozeßkostenhilfe

In der Familiensache
hat der 17. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
am 1. Dezember 1989
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Verfügungsklägerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Soltau vom 27. September 1989 wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 601 bis 900 DM.

Gründe

1

Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Amtsgericht hat der Verfügungsklägerin die Prozeßkostenhilfe zu Recht versagt, weil ihr Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung keine Aussicht auf Erfolg versprach.

2

Der Erlaß einer Leistungsverfügung über künftigen Unterhalt setzt voraus, daß nicht nur ein Unterhaltsanspruch, sondern auch eine besondere Eilbedürftigkeit hinsichtlich der Erlangung eines Unterhaltstitels (Verfügungsgrund) glaubhaft gemacht wird (§ 920 Abs. 2 i.V.m. § 936 ZPO). Im vorliegenden Fall ist eine solche Dringlichkeit nicht dargelegt worden. Zwar hat der Verfügungsbeklagte seine (seit Rechtskraft der Scheidung freiwillig erbrachten) Unterhaltsleistungen ab Juli 1989 eingestellt, so daß der notwendige Unterhalt der Verfügungsklägerin, die lediglich Wohngeld erhielt, zunächst nicht mehr gedeckt war. Eine mögliche Notlage war jedoch im Zeitpunkt der Antragstellung (27.7.1989) bereits dadurch abgewendet, daß der Verfügungsklägerin - unbefristet - Sozialhilfe bewilligt worden war, wie sie unter Vorlage des Bescheides der Stadt Schneverdingen vom 25.7.1989 dargelegt hat. Es war daher nicht mehr erforderlich, den notwendigen Unterhalt im Wege einstweiliger Verfügung geltend zu machen (und dafür weitere Sozialhilfe in Form der Prozeßkostenhilfe zu beanspruchen). Vielmehr hätte es genügt, wenn die Verfügungsklägerin ihren Unterhalt im ordentlichen Verfahren eingeklagt hätte.

3

Zwar ist die Frage, ob der Bezug von Sozialhilfe einem Verfügungsgrund entgegensteht, nach wie vor umstritten. Der Senat tritt jedoch der Auffassung des Amtsgerichts bei, die inzwischen in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte überwiegt (vgl. aus neuerer Zeit z.B. OLG Celle - 10. Zivilsenat - FamRZ 1987, 395; OLG Düsseldorf - 5. Familiensenat - FamRZ 1987, 1059: OLG Hamm FamRZ 1988, 855; OLG Zweibrücken FamRZ 1988, 1073; OLG Koblenz FamRZ 1988, 1073, 1181; ferner Baumbach/Hartmann, ZPO, § 940 Anm. 3 B "Ehe und Familie", Zöller/Vollkommer, ZPO. § 940, Rn. 8 "Unterhaltsrecht" c aa: Thomas/Putzo, ZPO, § 940 Anm. 4: anderer Ansicht z.B. OLG Düsseldorf - 3. Familiensenat - FamRZ 1987, 1057; OLG Frankfurt FamRZ 1987, 1164; OLG Stuttgart FamRZ 1988, 305;  1989, 198). Für diese Ansicht spricht insbesondere, daß eine mangels Unterhaltszahlungen des Verpflichteten eintretende Notlage tatsächlich dadurch beseitigt wird, daß der Berechtigte seinen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Sozialhilfe (§ 2 BSHG) wahrnimmt und der Sozialhilfeträger nicht nur ganz vorübergehend Hilfe zum. Lebensunterhalt gewährt. Der Berechtigte ist in einem solchen Fall gar nicht mehr selbst dringend auf die Unterhaltszahlungen angewiesen. Etwa aufgrund einer einstweiligen Verfügung beigetriebene Beträge müßte er nämlich an den Sozialhilfeträger abführen. Daraus wird ersichtlich, daß die einstweilige Verfügung im wesentlichen dem Interesse des Sozialhilfeträgers dienen würde, für den keine Notlage besteht. Er hat es im übrigen in der Hand, Unterhaltsansprüche des Berechtigten auf sich überzuleiten, und kann sodann rückständige Unterhaltsansprüche realisieren, soweit solche tatsächlich bestehen und der Verpflichtete leistungsfähig ist. Die herrschende Auffassung vermeidet zugleich die Risiken des summarischen Verfahrens für den Verpflichteten. Die Subsidiarität der Sozialhilfe steht insoweit nicht entgegen, denn diese betrifft nur die materielle Rechtslage, kann jedoch keine prozessualen Wirkungen entfalten und die besonderen Voraussetzungen des Verfügungsverfahrens begründen.

Streitwertbeschluss:

Beschwerdewert: 601 bis 900 DM.