Landgericht Oldenburg
Urt. v. 03.10.1989, Az.: 1 S 333/89
Frage der Beweislast für die Darlegung der Kausalität zwischen Täuschungshandlung und Vertragsschluss; Auswirkung einer Vorerkrankung auf die uneingeschränkte Vertragsannahme
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 03.10.1989
- Aktenzeichen
- 1 S 333/89
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1989, 20075
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:1989:1003.1S333.89.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Vechta - 14.02.1989 - AZ: 4 C 780/88
Fundstelle
- VersR 1990, 886 (red. Leitsatz)
In dem Rechtsstreit
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 7. September 1989
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht Wullert sowie
die Richter am Landgericht Maniak und vom Brocke
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 14. Februar 1989 verkündete Urteil des Amtsgerichts Vechta geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 927,82 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 23. Juni 1988 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Entscheidungsgründe
Von einer Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, § 543 Abs. 1 ZPO.
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils, weil der Kläger Anspruch auf die geltend gemachten Versicherungsleistungen hat.
Der Versicherungsvertrag ist wirksam zustande gekommen. Denn die von der Beklagten erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch den Kläger ist nicht begründet. Allerdings hat das Amtsgericht mit zutreffender Begründung eine arglistige Täuschung des Klägers angenommen; die dagegen vorgetragenen Angriffe der Berufung sind unbegründet. Die Beklagte kann jedoch ihre Annahmeerklärung deswegen nicht anfechten, weil nicht feststeht, daß die Täuschung für die Abgabe dieser Erklärung ursächlich war.
Die Kausalität zwischen Täuschungshandlung und Vertragsschluß muß der Versicherer darlegen und beweisen. Dazu müssen die Kriterien, unter denen Vorerkrankungen des Versicherungsnehmers darauf geprüft werden, ob sie einer Annahme des Vertragsangebots entgegenstehen, näher dargelegt werden. Denn es entspricht allgemeiner Erfahrung, daß nicht jede Vorerkrankung einer uneingeschränkten Vertragsannahme entgegensteht. Vielmehr wird es sich um solche Erkrankungen handeln müssen, die die Gefahr einer Inanspruchnahme des Versicherers nachteilig beeinflussen können. Welchen Maßstab die Beklagte bei der Prüfung der Vorerkrankungen anlegt, ist nicht näher dargelegt. Deswegen kann nicht beurteilt werden, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung während einer Dauer von 3 Tagen wegen eines Verdachts auf Gehirnerschütterung nach einem Sturz mit dem Fahrrad bei der Beklagten Zweifel an der uneingeschränkten Annahmefähigkeit des Versicherungsantrags hätte hervorrufen können. Ob die Beklagte veranlaßt worden wäre, weitere Nachforschungen anzustellen, wenn ihr als Diagnose ein stark alkoholisierter Zustand des Klägers bei Einlieferung ins Krankenhaus genannt worden wäre, mag dahinstehen, weil der Beklagten eine derartige Diagnose nicht mitgeteilt worden wäre. Der Kläger ist nämlich erst einige Zeit nach dem Sturz ins Krankenhaus gekommen, als jedenfalls eine Alkoholbeeinflussung nicht mehr feststellbar war.
Die Höhe des Anspruchs und des Verzugsschadens sind unstreitig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Maniak
vom Brocke