Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 25.01.1995, Az.: 1 A 1186/93
Kostentragungspflicht für das Abschleppen und Entsorgen eines Autowracks; Rechtmäßigkeit einer Ersatzvornahme ohne vorausgehende Grundverfügung; Gegenwärtige Gefahr durch Auslaufen von Getriebeöl; Subjektiver und objektiver Abfallbegriff im Sinne des Abfallgesetzes (AbfG 1986); Zulässigkeit ordnungsrechtlicher Maßnahmen gegenüber Dritten zur Abwehr von Gefahren durch Abfallstoffe; Störerverantwortlichkeit auf Grund Anscheinsbeweis zu Eigentumsverhältnissen an einem Kraftfahrzeug; Zulässigkeit der Gebührenerhebung in Form von Stundensätzen nach dem tatsächlichen Einsatz von Dienstkräften; Ersatzfähigkeit von Entsorgungskosten als Auslagen nach allgemeinem Verwaltungskostenrecht
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 25.01.1995
- Aktenzeichen
- 1 A 1186/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 17207
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:1995:0125.1A1186.93.0A
Rechtsgrundlagen
- § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO
- § 2 Nr. 1b Nds. SOG 1981
- § 6 Abs. 1 Nds. SOG 1981
- § 7 Abs. 2 Nds. SOG 1981
- § 42 Abs. 2 Nr. 1 Nds. SOG 1981
- § 43 Abs. 1 Nr. 1 Nds. SOG 1981
- § 44 Abs. 1 Nds. SOG 1981
- § 1 Abs. 1 NVwKostG
- § 5 Abs. 1 NVwKostG
- § 13 NVwKostG
- § 26 Abs. 2 WHG
- § 34 Abs. 2 WHG
- § 95 Abs. 2 NWG
- § 137 Abs. 2 NWG
- § 168 Abs. 3 NWG
- § 169 NWG
- § 170 Abs. 1 NWG
- § 3 Abs. 1 S. 1 VwVfG
- § 1 Abs. 1 S. 1 Nds. VwVfG
- § 1 Abs. 1 AbfG 1986
- § 3 AbfG 1986
- § 5 Abs. 2 AbfG 1986
- § 27 Abs. 3 S. 1 StVZO
- § 69a Abs. 2 Nr. 12 StVZO
- § 24 StVG
- § 2 Abs. 1 NAbfG 1990
- § 3 Abs. 2 NAbfG 1990
- § 3a Abs. 1 NAbfG 1990
Fundstelle
- NuR 1995, 571-573 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Kosten der Ersatzvornahme
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Ordnungsrechtliche Maßnahmen zur Beseitigung von Gefahren, die von Abfallstoffen ausgehen, sind gegenüber Dritten, die nicht Abfallbesitzer sind, dann zulässig, wenn sie unter Beachtung der abfallrechtlich geregelten Verantwortlichkeiten erfolgen.
- 2.
Es besteht die tatsächliche Vermutung, dass der den zuständigen Straßenverkehrsbehörden bekannte Stand über die Eigentumsverhältnisse an einem Kraftfahrzeug der jeweils aktuelle ist.
Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen hat
auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 1995
durch
den Richter Dr. Möller als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Auferlegung von Kosten für das Abschleppen und Entsorgen eines Autowracks.
Aufgrund einer eingegangenen Anzeige stellte der Beklagte - Amt für Wasserwirtschaft und Naturschutz - im Rahmen einer Ortsbesichtigung am 20.08.1992 fest, daß sich im Außenbereich der Gemeinde ... in einem ca. 2 m tiefen, zur 20 m entfernten Oder führenden Graben in der Nähe eines Lagerplatzes ein stark beschädigtes Fahrzeug befand. Das Wrack eines hellgrünen Pkw Audi 100, Baujahr 1980, Fahrgestellnr. 43 A 0083940 lag auf dem Dach. Die Kennzeichen des Fahrzeuges waren entfernt, die Reifen zerschnitten und die Scheiben eingeschlagen worden. Der Motor und Teile der Karosserie waren ausgebaut worden. Ein Teil des Getriebeöls war ausgelaufen und im Erdreich versickert. Der Rest des Getriebeöls und die gesamte Bremsflüssigkeit befanden sich noch in dem Fahrzeug.
Durch die Polizeistation ... wurde der Kläger als Halter des Fahrzeugs ermittelt. Weiterhin wurde festgestellt, daß das Fahrzeug seit dem 21.03.1992 vorübergehend stillgelegt war. Dem Beklagten gelang es nicht, den Kläger telefonisch zu erreichen. Seine Bemühungen um eine Zwischenlagerungsmöglichkeit blieben erfolglos. Am 21.08.1992 erteilte der Beklagte der Fa. ... den Auftrag, das aufgefundene Fahrzeug abzuschleppen und zu verschrotten. Der Auftrag wurde am gleichen Tag durchgeführt.
Mit Bescheid vom 20.10.1992 gab der Beklagte dem Kläger die Zahlung von 525,87 DM als Kosten für das im Rahmen einer Ersatzvornahme durchgeführte Abschleppen und Entsorgen des Fahrzeugs auf. Diesen Betrag schlüsselte er in einer dem Bescheid beigefügten Kostenaufstellung dahingehend auf, daß Gebühren in Höhe von 227,00 DM - 68,00 DM bzw. 53,00 DM für jeweils eine Stunde Zeitaufwand von zwei Mitarbeitern für die Ortsbesichtigung, 106,00 DM für zwei Stunden Zeitaufwand à 53,00 DM für eine Mitarbeiterin im Innendienst - und Auslagen in Höhe von 298,87 DM - 279,30 DM als ausgeglichene Forderung der Fa. ..., 11,40 DM Fahrtkosten, 1,47 DM Fotokosten und 6,70 DM Portokosten - geltend gemacht wurden. Zur Begründung des Bescheides führte der Beklagte an, er habe, um ein weiteres Auslaufen wassergefährdender Stoffe aus dem als Abfall zu qualifizierenden Fahrzeug und eine Gefährdung Dritter zu verhindern, die sofortige Entfernung des Fahrzeuges auf Kosten des Klägers durchgeführt. Dies sei aufgrund abfallrechtlicher und wasserrechtlicher Bestimmungen in Verbindung mit den §§ 11, 42, Abs. 2 des Nds. SOG 1981 geschehen. Die Kosten seien nach dem tatsächlichen Verwaltungsaufwand bzw. den entstandenen Auslagen festgesetzt worden.
Am 20.11.1992 legte der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten Widerspruch ein, den er durch Schriftsatz vom 07.12.1992 dahingehend begründete, er sei nicht der letzte Halter des aufgefundenen Fahrzeugs gewesen. Er habe den Wagen ca. zwei Wochen, bevor dieser in dem Graben aufgefunden worden sei, an zwei ihm unbekannte Personen verschenkt. Auf ein von ihm aufgegebenes, entsprechendes Inserat in der ... hin sei zunächst eine Person erschienen, um sich das Fahrzeug anzusehen. Zwei Tage später sei diese Person zusammen mit einer zweiten zurückgekehrt, um den PKW abzuholen. Die Personen hätten rote Nummernschilder dabeigehabt. Sie hätten erklärt, das Fahrzeug ausschlachten zu wollen, so daß sie den Fahrzeugbrief nicht benötigten. Daraufhin habe er, der Kläger, den Fahrzeugbrief bei dem zuständigen Straßenverkehrsamt in Einbeck abgegeben.
Durch Bescheid vom 11.05.1993 wies die Bezirksregierung Braunschweig den Widerspruch des Klägers zurück. Das Abschleppen und Entsorgen des Fahrzeugs durch die im Wege des sofortigen Vollzugs durchgeführte Ersatzvornahme sei rechtmäßig gewesen. Die Verwertung sei in Übereinstimmung mit § 26 Nds. SOG 1981 erfolgt. Den Kläger treffe die ordnungsrechtliche Zustandsverantwortlichtkeit nach § 7 Abs. 1 und 2 Nds. SOG 1981. Da der Kläger seinen aus § 27 Abs. 3 StVZO folgenden Verpflichtungen zur Anzeige der Anschrift des Fahrzeugerwerbers und zur Aushändigung des Fahrzeugbriefes an diesen nicht nachgekommen sei, müßten die Ausführungen des Klägers über seine nicht mehr gegebene Verantwortlichkeit als Schutzbehauptungen angesehen werden.
Am 10.06.1993 hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger konkretisiert und vertieft seinen im Verwaltungsverfahren abgegebenen Vortrag. Er führt insbesondere aus, er habe wegen der durchgeführten Übereignung des Fahrzeuges nicht mehr als Zustandsstörer in Anspruch genommen werden dürfen. Der Kläger legt ein Exemplar des Sonntagsanzeigers ... vom 24.05.1992 vor, in der sich u.a. eine Kleinanzeige mit angegebener Telefonnummer und dem Text "Audi 100, ohne TÜV, Preis VS. Polo, ohne TÜV, Preis VS" befindet. Der Kläger erklärt dazu, dies sei die erste Anzeige, die er über das später aufgefundene Fahrzeug aufgegeben habe. Sie habe nicht zum Erfolg geführt. Später habe er dann noch eine zweite Anzeige geschaltet, mit der er den Wagenschenkweise angeboten habe. Auf dieses Inserat, das er nicht mehr nachweisen könne, hätten sich dann die Interessenten gemeldet. Den Fahrzeugbrief habe er bei dem zuständigen Straßenverkehrsamt in E. in den Briefkasten eingeworfen. Er habe zuvor von dort eine Mahnung erhalten, weil er nach der vorläufigen Stillegung des Fahrzeuges den Fahrzeugbrief nicht vorgelegt habe. Er könne die Abgabe des Fahrzeugbriefes zwar nicht nachweisen, es sei jedoch seitdem auf die erfolgte Mahnung hin nichts weiter geschehen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 20.10.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 11.05.1993 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide.
Durch Beschluß vom 09.12.1994 hat die Kammer den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
Das Gericht hat Beweis erhoben über die näheren Umstände der von dem Kläger vorgetragenen Schenkung und Übereignung seines Fahrzeuges durch Vernehmung des Zeugen ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 25.01.1995 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Bezirksregierung Braunschweig Bezug genommen. Sämtliche Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der angegriffene Leistungsbescheid findet seine Rechtsgrundlage zum einen in §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1, 44 Abs. 1 des zum Erlaßzeitpunkt geltenden Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG 1981), zum anderen in §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 1, 13 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes (NVwKostG). Der Beklagte kann die angeforderten Kosten mit Ausnahme derjenigen für die Entsorgung des aufgefundenen Fahrzeuges als Kosten einer rechtmäßig durchgeführten Ersatzvornahme ersetzt verlangen. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten, die für die Verschrottung des Fahrzeuges durch die Firma ... angefallen sind, besteht demgegenüber nur auf der Grundlage der allgemeinen verwaltungskostenrechtlichen Vorschriften über den Ersatz verauslagter Gelder. Kostenersatz auf verwaltungsvollsteckungsrechtlicher Grundlage kann insoweit nicht verlangt werden (vgl. zum eigenständigen Charakter des Kostenersatzes des Polizei- und Verwaltungsvollstreckungsrechts gegenüber Verwaltungsgebühr und Auslagenersatz: Götz, DVBl. 1984, 14).
Der gegenüber dem Kläger ergangene Leistungsbescheid ist, soweit er die Kosten für die Entfernung des Fahrzeuges von seinem Ablagerungsort betrifft, als Kostenverwaltungsakt nach durchgeführter Ersatzvornahme rechtmäßig, weil die Anwendung des Zwangsmittels insoweit ihrerseits rechtmäßig war. Dies gilt nicht für die Kosten der Verschrottung des Fahrzeuges.
Der Beklagte hat die Ersatzvornahme durch die Beauftragung der Firma ... ohne eine vorausgehende, an den Pflichtigen gerichtete sog. Grundverfügung im Wege des sofortigen Vollzuges durchgeführt. Ein derartiges Vorgehen war nur auf der Grundlage des § 42 Abs. 2 Nr. 1 Nds. SOG 1981 möglich. Nach dieser Vorschrift können Zwangsmittel ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwertigen Gefahr - insbesondere weil Maßnahmen gegen Personen nach den §§ 6 bis 8 Nds. SOG 1981 nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen - erforderlich ist und die Behörde dabei innerhalb ihrer Befugnisse handelt. Diese Voraussetzungen waren hinsichtlich der Entfernung des aufgefundenen Fahrzeuges von seinem Ablagerungsort gegeben.
Das Fahrzeug stellte aufgrund seines Zustandes ein sog. Autowrack dar. Durch die Ablagerung dieses Wracks in freier Landschaft in einem zur Oder hin führenden Graben und nur zwanzig Meter von dem Lauf dieses Flusses entfernt war eine gegenwärtige Gefahr i.S.d. § 2 Nr. 1 b Nds. SOG 1981 begründet worden. Als das Autowrack aufgefunden wurde, war bereits ein Teil des Getriebeöls ausgelaufen und in dem Erdreich versickert. Mit einem - u. U. durch Manipulationen Dritter verursachten - Auslaufen des restlichen Getriebeöls und der noch vollständig in dem Fahrzeugwrack vorhandenen Bremsflüssigkeit mußte gerechnet werden. Infolge der Ablagerung des Wracks war daher eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers bzw. eine sonstige nachteilige Änderung seiner Eigenschaften i.S.d. § 34 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG), § 137 Abs. 2 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) zu besorgen. Eine gleichartige Besorgnis lag hinsichtlich des Wassers der nahegelegenen Oder und damit eines Gewässers i.S.d. § 26 Abs. 2 WHG, § 95 Abs. 2 Satz 1 NWG vor. Der Beklagte mußte davon ausgehen, daß die schädigende Einwirkung insbesondere auf das Grundwasser bereits begonnen hatte oder doch in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorstand.
Der Beklagte handelte hinsichtlich der Entfernung des Fahrzeugwracks innerhalb seiner Befugnisse, weil er für das Einschreiten zuständig war und die Entfernung von dem Kläger hätte verlangen können.
Auf der Grundlage des § 169 NWG i.V.m. § 11 Nds. SOG 1981 wurde der Beklagte als gemäß §§ 168 Abs. 3 Satz 1, 170 Abs. 1 Satz 1 NWG sachlich und gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (Nds. VwVfG) örtlich zuständige Behörde tätig.
Der Beklagte hätte das Entfernen des Fahrzeuges von seinem Ablagerungsort auch von dem Kläger verlangen können. In diesem Zusammenhang ist allerdings zunächst zu berücksichtigen, daß das aufgefundene Autowrack als Abfall i.S.d. § 1 Abs. 1 Abfallgesetz (AbfG 1986) zu qualifizieren war.
Dieser Qualifikation steht nicht entgegen, daß das besondere Verfahren des § 5 Abs. 2 AbfG 1986 nicht durchgeführt worden war. Diese Vorschrift ermöglicht nur, die Abfalleigenschaft eines abgestellten Kraftfahrzeuges zu fingieren; das in der Norm vorgesehene Verfahren braucht nicht eingehalten zu werden, wenn feststeht, daß ein Fahrzeug bereits nach allgemeinen Maßstäben als Abfall zu beurteilen ist (Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, 2. Aufl. 1992, § 5 Rn. 28). Das Autowrack stellte bereits nach dem sog. subjektiven Abfallbegriff des § 1 Abs. 1, 1. Alternative AbfG 1986 Abfall dar, weil sich der Besitzer seiner entledigen wollte. Auch durch das wilde Ablagern dokumentiert der Besitzer einer Sache seinen Entledigungswillen im abfallrechtlichen Sinne (so zu Recht die ganz herrschende Ansicht, vgl. die Nachweise bei Kunig/Schmermer/Versteyl, a.a.O., § 1 Rn. 16). Weiterhin war die Entsorgung des Wracks wie bereits dargelegt zum Schutz des Grundwassers und des Wassers der nahen Oder, darüber hinaus auch zum Schutz der Gesundheit der Menschen - insbesondere etwa spielender Kinder - und damit zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 AbfG 1986) geboten. Die Abfalleigenschaft des Autowracks ergab sich mithin auch aus dem sog. objektiven Abfallbegriff des § 1 Abs. 1 2. Alternative AbfG 1986.
Der Kreis zur Abfallentsorgung Verpflichteten ist durch § 3 AbfG 1986 abschließend festgelegt und darf aufgrund anderer bundesrechtlicher oder landesrechtlicher Regelungen nicht erweitert werden (BVerwG, Urt. vom 11.02.1983 - 7 C 45.80 -, BVerwGE 67, 8, 10[BVerwG 11.02.1983 - 7 C 45/80]; Urt. vom 18.10.1991 - 7 C 2.91 -, BVerwGE 89, 138, 141) [BVerwG 18.10.1991 - 7 C 2/91]. § 3 AbfG stellt entscheidend auf den jeweiligen Abfallbesitzer ab. Nur der Abfallbesitzer hat die Abfälle der zur Entsorgung verpflichteten Körperschaft des öffentlichen Rechts - dies war hier gemäß §§ 3 Abs. 2 Satz 1 AbfG 1986, 2 Abs. 1 Niedersächsisches Abfallgesetz (NAbfG 1990) der Beklagte - zu überlassen. Nur die Körperschaft hat die in ihrem Gebiet angefallenen Abfälle zu entsorgen. Hat die Körperschaft bestimmte Abfälle gemäß § 3 Abs. 3 AbfG 1986 von der Entsorgung ausgeschlossen, so ist insoweit nach § 3 Abs. 4 AbfG 1986 nur der Abfallbesitzer entsorgungspflichtig. Einen derartigen Ausschluß von der Entsorgungpflicht hatte der Beklagte in seiner Satzung für die Abfallentsorgung vom 25.10.1989 (ABl. S. 538) in ihrer hier einschlägigen Fassung vom 24.06.1991 (ABl. S. 278) für Autowracks nicht vorgesehen. Hieraus folgt zunächst, daß der Beklagte die Entsorgung des Autowracks in Erfüllung einer eigenen Verpflichtung vornehmen mußte und dementsprechend nicht von dem Kläger verlangen konnte. Weiterhin war der Kläger jedenfalls zum Zeitpunkt des Einschreitens des Beklagten unstreitig nicht mehr Besitzer des abgelagerten Autowracks. Danach wäre auch eine Verpflichtung des Klägers zum Entfernen des Autowracks von dem Ablagerungsort nicht begrundbar gewesen, wenn eine Beseitigung von Gefahren, die von Abfallstoffen ausgehen, grundsätzlich nur nach Maßgabe des Abfallrechtes und nicht auch auf anderer ordnungsrechtlicher Grundlage erfolgen dürfte. Dies ist jedoch nach der grundlegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (Urt. vom 18.10.1991, a.a.O.; Beschl. vom 30.10.1987 - 7 C 87.86 -, DVBl. 1988, 150 f; vgl. auch: VGH Baden-Württemberg, Beschl. vom 20.10.1992 - 10 S 2707/91 -, ZfW 1993, 166, 167 f), der die Kammer folgt, nicht der Fall. Nach dieser Rechtsprechung sind ordnungsrechtliche Maßnahmen gegenüber Dritten, die nicht Abfallbesitzer sind, unter der Voraussetzung unbedenklich, daß sie die durch § 3 AbfG 1986 gezogenen Grenzen respektieren. Geht es mithin nicht vorrangig um die Beseitigung eines abfallrechtswidrigen Zustandes, sondern um die Bekämpfung konkreter Gefahren unabhängig von der Abfalleigenschaft einer störenden Sache, gelten für die behördliche Zuständigkeit, die zu ergreifenden Maßnahmen und die Verantwortlichkeit für die Gefahrenbeseitigung grundsätzlich die Bestimmungen des jeweils einschlägigen speziellen oder allgemeinen Ordnungsrechtes. Wird allerdings der Ordnungspflichtige im Zuge der angeordneten Gefahrenbeseitigung zum Abfallbesitzer, so darf ihm nichts aufgegeben werden, was seinen aus dem Abfallbesitz folgenden Verpflichtungen aus § 3 AbfG 1986 zuwiderliefe. Die Verpflichtung des Klägers zur Entfernung des Autowracks von seinem Ablagerungsort hätte keine derartige Umgehung der abfallrechtlich geregelten Verantwortlichkeiten dargestellt, weil er auch abfallrechtlich zur Überlassung des Wracks an den Beklagten verpflichtet gewesen wäre.
Der Beklagte hätte den Kläger auch nach § 7 Abs. 2 Nds. SOG 1981 als letzten Eigentümer des Fahrzeuges in Anspruch nehmen können. Zwar behauptet der Kläger, das Fahrzeug vor dessen Ablagerung an eine ihm unbekannte Person verschenkt und übereignet zu haben. Dieser Behauptung kommt auch grundsätzlich Relevanz zu, da kein rechtlicher Anhaltspunkt dafür gegeben ist, daß in Fällen wie dem vorliegenden im Zweifel stets eine ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit des letzten bekannten Kraftfahrzeugeigentümers bzw. -halters angenommen werden könnte. Auch eine Art polizeirechtlicher Ingerenzhaftung nach § 6 Abs. 1 Nds. SOG 1981 eines ehemaligen Kraftfahrzeugeigentümers, der es wie der Kläger verabsäumt, seiner Verpflichtung aus § 27 Abs. 3 Satz 1 StVZO nachzukommen und der zuständigen Zulassungsstelle unverzüglich die Anschrift des Kraftfahrzeugerwerbers mitzuteilen, scheitert zumindest daran, daß eine derartige Pflichtwidrigkeit eine Gefahr der hier in Rede stehenden Art nicht unmittelbar verursacht.
Der Kläger kann sich mit seiner Behauptung einer vorgenommenen Übereignung des Fahrzeuges gleichwohl nicht von seiner ordnungsrechtlichen Haftung befreien. Dem Beklagten, den allerdings grundsätzlich die materielle Beweislast für eine Störerverantwortlichkeit des Klägers trifft, kommen die Grundsätze über den sog. Beweis des ersten Anscheins, die auch im Verwaltungsprozeß anwendbar sind (vgl. Kopp, VwGO, 9. Aufl. 1992, § 108, Rn. 18), zugute. Nach der Auffassung des Gerichtes besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß der Kläger nach wie vor Eigentümer des abgelagerten Fahrzeugswracks war. Diese Vermutung gründet sich darauf, daß der Kläger seiner in § 27 Abs. 3 Satz 1 StVZO statuierten und gemäß §§ 24 StVG, 69 a Abs. 2 Nr. 12 StVZO bußgeldbewehrten Verpflichtung zur Anzeige der Anschrift des Fahrzeugerwerbers nicht nachgekommen ist. Diese Vorschriften sind zwar - wie dargelegt - nicht geeignet, automatisch eine ordnungsrechtliche Haftung des letzten bekannten Fahrzeugeigentümers zu begründen. Sie rechtfertigen jedoch die tatsächliche Vermutung, daß der den zuständigen Straßenverkehrsbehörden bekannte Stand über die Eigentumsverhältnisse an einem Kraftfahrzeug der jeweils aktuelle ist.
Dem Kläger ist es nicht gelungen, diese Vermutung zu erschüttern. Die Aussage des Zeugen P. ist, was einen Eigentumsübergang an dem später als Wrack aufgefundenen Fahrzeug anbelangt, unergiebig. Der Zeuge hat bekundet, er habe, als er in der von ihm und dem Kläger gemeinsam genutzten Halle an seinem eigenen Fahrzeug gearbeitet habe, mitbekommen, daß zwei Männer erschienen seien, die sich für das noch fahrbereite Fahrzeug des Klägers interessiert und sich dieses angeschaut hätten. Die Männer seien dann mit dem Auto weggefahren. Diese Aussage enthält keine Anhaltspunkte dafür, daß es zwischen dem Kläger und den unbekannten Männern zu einer vertraglichen Einigung über die Übereignung des Fahrzeuges i.S.d. § 929 Satz 1 BGB gekommen ist.
Gegen die Höhe der Kosten, die der Beklagte dem Grunde nach zu Recht als Kosten einer durchgeführten Ersatzvornahme geltend macht, bestehen gleichfalls keine Bedenken. Insbesondere ist nichts dagegen zu erinnern, daß der Beklagte die auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 der Allgemeinen Gebührenordnung i.V.m. der Ziff. 20 b Nr. 1 ihres Kostentarifes erhobene Gebühr für die Durchführung der Ersatzvornahme in Form von Stundensätzen nach dem tatsächlichen Einsatz seiner Dienstkräfte berechnet hat (in diesem Sinne unter Verweis auf den besonderen Charakter der ordnungsrechtlichen Kostenpflicht der Ersatzvornahme: Götz, DVBl. 1984, 14, 15). Der festgesetzte Gebührenbetrag von 227,00 DM liegt im unteren Bereich des gebührentariflich festgelegten Rahmens. Die Bestimmung, daß die Gebühr 10 v.H. der Kosten für die Ersatzvornahme nicht übersteigen soll, sofern nicht das Maß des Verwaltungsaufwandes im Einzelfall eine höhere Gebühr erfordert, wurde erst durch die 18. Verordnung zur Änderung der Allgemeinen Gebührenordnung vom 24.08.1993 (Nds. GVBl. S. 322) eingeführt und hatte damit zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides noch keine Geltung. Schließlich bestehen auch keine Bedenken gegen die Erhebung von Auslagen für Fahrtkosten, Fotografien und Porti in Höhe von insgesamt 19,57 DM als Kosten der Ersatzvornahme.
Die Erstattung der für die Entsorgung des Fahrzeugwracks durch die Firma ... aufgewandten Kosten in Höhe von 279,30 DM kann der Beklagte von dem Kläger zwar wie dargelegt nicht als Kosten einer durchgeführten Ersatzvornahme verlangen. Nicht gehindert wird dadurch jedoch die Geltendmachung als Auslagen nach allgemeinem Verwaltungskostenrecht auf der Grundlage der §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 1, 13 NVwKostG.
Der Beklagte hat seine aus § 3 Abs. 2 Satz 1 AbfG 1986 folgende Pflicht zur Entsorgung des Autowracks derart erfüllt, daß er das Wrack unter Zuhilfenahme der Firma ... unter Beachtung des in § 3 Abs. 2 Satz 3 AbfG 1986 statuierten Vorrangs der Abfallverwertung vor der sonstigen Entsorgung verschrotten ließ. Zu dieser Amtshandlung hat der Kläger i.S.d. §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG Anlaß gegeben. Ebenso wie nach den obigen Darlegungen vermutet wird, daß der Kläger nach wie vor Eigentümer des aufgefundenen Fahrzeugwracks war, ist davon auszugehen, daß er den Tatbestand geschaffen hat, der den Beklagten zu seiner Amtshandlung veranlaßt hat (vgl. zum Begriff der Veranlassung im kostenrechtlichen Sinne: Loeser, NVwKostG, Loseblattsammlung, Stand: Dezember 1991, § 1, Anm. 5 m.w.N.). Daß die Inanspruchnahme der Abfallentsorgung verwaltungskostenrechtlich als Veranlassung einer Amtshandlung anzusehen ist, ergibt sich schon daraus, daß § 3 a Abs. 1 Nds. AbfG 1990 insoweit die Erhebung von Gebühren vorsieht. Daß der Beklagte in seiner Abfallgebührensatzung in der hier maßgeblichen Fassung vom 01.01.1992 (ABl. S. 48) keinen Gebührentatbestand für die Entsorgung von Autowracks vorgesehen hat, schließt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG die Erhebung von Auslagen nicht aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Zulassung der Berufung, über die im vorliegenden Falle gemäß § 131 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu entscheiden ist, weil die Klage einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt betrifft und der Wert des Beschwerdegegenstandes 1.000,00 DM nicht übersteigt, wird nicht ausgesprochen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 131 Abs. 3 VwGO vorliegt.