Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 08.12.1994, Az.: 1 A 1156/94
Anspruch auf Erlass eines Fahrverbotes oder anderer Maßnahmen zur Verminderung der Ozonbelastung; Subjektives öffentliches Recht auf straßenverkehrsregelndes Einschreiten; Erforderliches Rechtsschutzinteresse bei vorbeugender Verpflichtungsklage; Zulässigkeit des nachträglichen Anbringens eines Hilfsantrags; Rechtsanwendungssperre bzgl. § 40 Abs. 2 S. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) vor Erlass der Verordnung nach S. 2 der Vorschrift; Anwendbarkeit der straßenverkehrsbehördlichen Eingriffsermächtigungen nach § 45 Straßenverkehrsordnung (StVO); Konkrete Gefahr als Voraussetzung des Befugnistatbestandes des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StVO; Erforderliche Ozonkonzentration als Gefahr für die menschliche Gesundheit; Substantiierungspflicht gegenüber vorhandenen Bewertungen der derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungswerte über die Gesundheitsschädlichkeit von Ozon
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 08.12.1994
- Aktenzeichen
- 1 A 1156/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1994, 17167
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:1994:1208.1A1156.94.0A
Rechtsgrundlagen
- § 42 Abs. 2 VwGO
- § 86 Abs. 1 VwGO
- § 91 Abs. 1 VwGO
- § 113 Abs. 5 VwGO
- § 40 Abs. 2 BImSchG
- § 45 Abs. 1 StVO
- § 45 Abs. 1b S. 1 StVO
- Art. 2 Abs. 2 GG
- Art. 19 Abs. 4 GG
Fundstelle
- NZV 1995, 126-128 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Erlaß von Fahrverboten bei erhöhten Ozonkonzentrationen
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Vor In-Kraft-Treten einer Verordnung nach § 40 Abs. 2 S. 2 BImSchG (Bundesimmissionsschutzgesetz) ist ein Vorgehen aus § 40 Abs. 2 S. 1 BImSchG ausgeschlossen.
- 2.
§ 45 StVO (Straßenverkehrsordnung) eröffnet eine eigenständige, von den Vorschriften des BImSchG unabhängige Befugnis zur Abwehr verkehrsbedingter Gefahren.
- 3.
Der Befugnistatbestand des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StVO ermächtigt zu verkehrsbeschränkenden Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und ermöglicht auch flächendeckende Verkehrsbeschränkungen, setzt aber das Bestehen einer konkreten Gefahr voraus.
- 4.
Bei einer Ozonkonzentration in Höhe eines Achtstundenmittelwertes von 110 µg pro Kubikmeter bzw. 160 µg pro Kubikmeter kann nicht von einer konkreten Gefahr für die menschliche Gesundheit ausgegangen werden.
Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen
hat auf die mündliche Verhandlung vom 08. Dezember 1994
durch
den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Dr. van Nieuwland,
den Richter Pardey,
den Richter Dr. Möller sowie
die ehrenamtlichen Richterinnen ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höbe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt mit seiner Klage, den Beklagten für Zeiten erhöhter Ozonkonzentrationen zum Erlaß von Fahrverboten für Kraftfahrzeuge bzw. zu anderen geeigneten Maßnahmen zur Verminderung der Ozonbelastung zu verpflichten.
Durch anwaltliches Schreiben vom 20.09.1993 beantragte der Kläger bei dem Beklagten den Erlaß eines Fahrverbotes für den Bereich des Beklagten mit Ausnahmen entsprechend §§ 6 a Nr. 1, Nr. 7 der Nds. Smog-Verordnung, wenn die Ozonkonzentration im Bereich des Beklagten den Wert von 110 µg pro Kubikmeter Luft als Mittelwert während acht Stunden überschreite. Zur Begründung seines Antrages führte der Kläger aus, das begehrte Fahrverbot könne auf der Grundlage des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StVO durch den Beklagten als Straßenverkehrsbehörde erlassen werden. In der Zeit vom 01.04. bis zum 31.07.1993 habe der maximale Achtstundenmittelwert eine Ozonkonzentration von 110 µg pro Kubikmeter 55 mal überschritten. Derartig hohe Ozonkonzentrationen stellten ein wetterbedingtes Folgeproblem des Kraftfahrzeugverkehrs dar. Wissenschaftliche Untersuchungen hätten ergeben, daß bereits Ozonkonzentrationen von mehr als 100 µg pro Kubikmeter gesundheitsschädlich seien. Auch die europarechtliche Richtlinie Nr. 92/72/EWG des Rates vom 21.09.1992 über die Luftverschmutzung durch Ozon (Abl. Nr. L 297 vom 13.10.1992, S. 1 ff.) lege den Schwellenwert für den Gesundheitsschutz auf 110 µg pro Kubikmeter fest. Das beantragte flächendeckende Verbot sei wegen der Streuwirkung der Vorläufersubstanzen des Ozons - Stickoxide und Kohlenwasserstoffe - erforderlich. Er, der Kläger, habe als Einwohner der kreisangehörigen Samtgemeinde ... einen Anspruch auf das beantragte verkehrsregelnde Einschreiten des Beklagten, da anderenfalls sein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verletzt werde.
Durch Bescheid vom 04.10.1993 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung der Entscheidung führte er aus. Verkehrsbeschränkungen könnten nicht auf § 45 Abs. 1 StVO i.V.m. § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gestüzt werden, solange die Bundesregierung die in § 40 Abs. 2 Satz 2 BImSchG vorgesehene Rechtsverordnung nicht erlassen habe. Ergänzend wies der Beklagte darauf hin, daß es Meßstellen zur Erfassung von Ozonkonzentrationen nur in den Städten ... und ... gebe. Es sei zu bezweifeln, ob die dort gemessenen Ozonkonzentrationen auf den ländlichen Bereich übertragen werden könnten. Modellversuche hätten ergeben, daß zeitlich befristete Verkehrsbeschränkungen den Ozonanteil in der Luft nicht meßbar senken könnten. Keinesfalls dürften, wie es der Kläger beantragt habe, auch Kraftfahrzeuge mit einem geregelten Dreiwegekatalysator in eine Fahrverbotsregelung einbezogen werden. Schließlich sei er, der Beklagte, als Straßenverkehrsbehörde nicht für das gesamte Landkreisgebiet zuständig.
Am 14.10.1993 legte der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten Widerspruch ein. Durch Bescheid vom 16.02.1994 wies die Bezirksregierung Braunschweig den Widerspruch des Klägers im wesentlichen aufgrund der bereits durch den Beklagten in dem Ausgangsbescheid vertretenen Auslegung des § 40 Abs. 2 BImSchG zurück.
Am 09.03.1994 hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger konkretisiert und vertieft die Begründung seines an den Beklagten gerichteten Antrages auf straßenbehördliches Einschreiten. Er trägt insbesondere vor, daß gesundheitsschädliche regionale Ozonkonzentrationen durch lokale Maßnahmen wie Fahrverbote reduziert werden könnten, sofern der Beklagte diese Verbote flächendeckend für das gesamte Kreisgebiet ausspräche und andere Straßenverkehrsbehörden ebenfalls einschritten. Ein Anteil von 50 % der zusätzlichen Ozonbelastung im Sommer sei "hausgemacht". Auch für Katalysatorfahrzeuge dürfe es keine Ausnahmen von dem zu verhängenden Fahrverbot geben, da zumindest auf kurzen Fahrtstrecken der Katalysator keine Wirksamkeit entfalte. Der Kläger meint weiterhin, § 40 Abs. 2 BImSchG enthalte hinsichtlich der von ihm begehrten Maßnahme keine Anwendungssperre hinsichtlich des § 45 Abs. 1 StVO. Da der Beklagte jedoch von einer derartigen Anwendungssperre ausgegangen sei, habe er das Ermessen, das den Straßenverkehrsbehörden in § 45 Abs. 1 StVO eingeräumt werde, überhaupt nicht ausgeübt. Hilfsweise beruft sich der Kläger darauf, zumindest ab Ozonkonzentrationen von 160 µg pro Kubikmeter sei ein Einschreiten des Beklagten absolut notwendig. Neben einem generellen Fahrverbot kämen insoweit auch weniger einschneidende Maßnahmen wie etwa ein alternierend auf gerade und ungerade Autokennzeichen bezogenes teilweises Fahrverbot, ein zeitlich beschränktes Fahrverbot, die Sperrung besonders belasteter Regionen oder die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h in der Stadt und 80 km/h auf Landstraßen in Betracht.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 04.10.1993 i.d.F. des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 16.02.1994 zu verpflichten, bei Ozonkonzentrationen über 110 µg pro Kubikmeter als Mittelwert während acht Stunden im Bereich der Zuständigkeit des Beklagten ein Fahrverbot mit den Ausnahmen entsprechend § 6 a Nr. 1 und § 7 der Smog-Verordnung zu verhängen,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, bei Ozonkonzentrationen ab 160 µg pro Kubikmeter geeignete Maßnahmen zur Verminderung der Ozonbelastung zu ergreifen, um den Schutz der körperlichen Unversehrtheit zu gewährleisten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die Begründung der angefochtenen Bescheide und wiederholt seinen Standpunkt über den Ausschluß flächendeckender Fahrverbote auf straßenverkehrsrechtlicher Grundlage vor Erlaß der in § 40 Abs. 2 Satz 2 BImSchG vorgesehenen Rechtsverordnung. Die Vorschrift des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StVO sei auch deswegen nicht einschlägig, weil Sinn und Zweck dieser Vorschrift nicht dahingingen, verkehrsbeschränkende Maßnahmen aus Gründen des Gesundheitsschutzes zu ermöglichen. Die Vorschrift solle ausweislich ihrer Entstehungsgeschichte vielmehr nur als Rechtsgrundlage für ergänzende verkehrsbeschränkende Maßnahmen aus Anlaß von Sicherungsanordnungen bei gefährdeten Dienstgebäuden und sonstigen Anlagen dienen. Die Annahme des Klägers, daß Gesundheitsgefahren schon bei Ozonkonzentrationen von 110 µg oder - wie mit dem Hilfsantrag geltend gemacht - von 160 µg pro Kubikmeter drohten, sei nicht haltbar. Selbst der einschlägige Grenzwert für alte Menschen, Kinder und andere gefährdete Personengruppen müsse höher angesetzt werden. Der Kläger habe nicht vorgetragen, daß er zu einer derartigen gefährdeten Personengruppe gehöre. Schließlich könnten allenfalls großflächige Geschwindigkeitsbeschränkungen eine Ozonbelastung wirksam bekämpfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Bezirksregierung Braunschweig verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
Der Kläger ist für seine als Verpflichtungsklage erhobene Klage klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Nach seinem Sachvortrag ist es möglich, daß ihn die Ablehung eines straßenverkehrsbehördlichen Einschreitens aufgrund der in Frage kommenden §§ 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG, 45 StVO durch den Beklagten in seinen Rechten verletzt. Zwar sind die in § 45 StVO vorgesehenen straßenverkehrsbehördlichen Lenkungsmöglichkeiten grundsätzlich auf den Schutz der Allgemeinheit und nicht auf die Wahrung der Interessen einzelner gerichtet (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 32. Auflage, München 1993, § 45 StVO, Rn. 28 a m.w.N.). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG, Urt. vom 04.06.1986 - 7 C 76.84 - BVerwGE 74, 234, 235 f. [BVerwG 04.06.1986 - 7 C 76/84]; Beschl. v. 03.07.1986 - 7 B 141/85 -, NJW 1987, 1096) ist jedoch anerkannt, daß der einzelne dann einen - grundsätzlich auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde gerichteten - Anspruch auf ein verkehrsregelndes Einschreiten haben kann, wenn die Verletzung seiner öffentlich-rechtlich geschützten Individualinteressen, insbesondere seines Rechtes auf körperliche Unversehrtheit i.S.d. Art. 2 Abs. 2, Satz 1 GG in Betracht kommt. Das danach bestehende subjektive öffentliche Recht des Klägers auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung kann grundsätzlich zu dem mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch auf ein straßenverkehrsbehördliches Einschreiten erstarken. Hinsichtlich der für das begehrte Einschreiten weiterhin in Betracht kommenden Rechtsgrundlage des § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG kann im Ergebnis nichts anderes gelten (vgl. auch: Jarass, BImSchG, 2. Aufl. München 1993, vor § 41, Rn. 35; § 49, Rn. 18).
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, daß der Kläger vorbeugend ein Einschreiten des Beklagten bei - derzeit nicht vorliegenden - hohen Ozonkonzentrationen erstrebt. Die Zulässigkeit auch eines vorbeugenden Rechtsschutzes entspricht gesicherter Rechtsauffassung. Auch die Konstellation der "vorbeugenden Verpflichtungsklage" ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt (BVerwG, Urt. v. 16.03.1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329, 346 f. [BVerwG 16.03.1989 - 4 C 36/85]; Bay. VGH. Beschl. v. 08.10.1993 - 11 B 93.1408 -). Das erforderliche qualifizierte, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtete Rechtsschutzinteresse (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 08.09.1972 - IV C 17.71 -, BVerwGE 40, 323, 326) [BVerwG 08.09.1972 - IV C 17/71] ist im Falle des Klägers vorhanden. Es liegt in der Natur der Sache, daß die von dem Kläger beklagten erhöhten Ozonkonzentrationen nur in der warmen Jahreszeit auftreten. Eine zeitnahe Entscheidung auf eine in dieser Jahreszeit angebrachte Klage kann wegen der Komplexität der Materie nicht erwartet werden. Auch auf die grundsätzlich gegebene Möglichkeit, bei dem Auftreten erhöhter Ozonkonzentrationen den Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu beantragen, kann der Kläger angesichts des aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ableitbaren Gebotes zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht verwiesen werden. Zum einen dürfte auch der Erlaß einer derartigen Anordnung zumindest bei kurzfristig auftretenden erhöhten Ozonkonzentrationen kaum erreichbar sein. Zum anderen könnte in einem Eilverfahren nach § 123 VwGO wegen des nur vorläufigen Charakters dieses Verfahrens lediglich eine summarische Prüfung des Begehrens des Klägers erfolgen.
Schließlich ist die in der nachträglichen Anbringung des Hilfsantrages zu erblickende Klageänderung zulässig, weil der Beklagte in diese eingewilligt hat, § 91 Abs. 1 VwGO. Ebensowenig steht der Zulässigkeit des Hilfsantrages entgegen, daß der Kläger sich vor Klageerhebung nicht mit einem entsprechenden Begehren an den Beklagten gewandt hat. Da sich der Beklagte auf den Hilfsantrag des Klägers sachlich eingelassen und Klagabweisung begehrt hat, fehlt dem Kläger für seine Klage insoweit auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (in diesem Sinne: VGH München, Urt. vom 06.03.1990 - 8 B 87.01384 und 8 B 87.01434 -, NVwZ-RR 1990, 551, 553; Kopp, VwGO, 9. Auflage 1992, vor § 8, Rn. 2 a, § 75, Rn. 7).
In der Sache kann die Klage weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg haben. Die Ablehnung des Beklagten, bei erhöhten Ozonkonzentrationen in der durch den Kläger begehrten Weise tätig zu werden, ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Weder Regelungen des BImSchG, noch straßenverkehrsrechtliche Bestimmungen vermögen den geltend gemachten Anspruch auf Erlaß eines Fahrverbotes oder anderer Maßnahmen zur Verminderung der Ozonbelastung zu tragen.
Ein derartiger Anspruch kann zunächst nicht auf § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gestützt werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr auf bestimmten Straßen oder in bestimmten Gebieten unter Berücksichtigung der Verkehrsbedürfnisse und der städtebaulichen Belange nach Maßgabe der verkehrsrechtlichen Vorschriften beschränken oder verbieten, soweit die für den Immissionsschutz zuständige Behörde dies im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse für geboten hält, um schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen zu vermindern oder deren Entstehen zu vermeiden. Die Unanwendbarkeit des § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG für den Erlaß der von dem Kläger begehrten Maßnahmen ergibt sich, ohne daß auf die tatbestandlichen Einschreitensvoraussetzungen im einzelnen eingegangen werden müßte, aus der Normstruktur des § 40 Abs. 2 BImSchG. Der Satz 1 dieser Vorschrift steht in einem engen Zusammenhang mit ihrem Satz 2. Danach bestimmt die Bundesregierung nach Anhörung der beteiligten Kreise durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats die Konzentrationswerte, bei deren überschreiten Maßnahmen nach Satz 1 zu prüfen sind, sowie die anzuwendenden Meß- und Beurteilungsverfahren. Eine derartige Verordnung ist bisher nicht in Kraft getreten.
Sofern in der Literatur (Jarass, a.a.O., § 40, Rn. 30; Schenke, Die Zulässigkeit verkehrsbeschränkender Maßnahmen in Verbindung mit dem von der baden-württembergischen Landesregierung geplanten Modellversuch zur Senkung von Ozonspitzenkonzentrationen durch lokal begrenzte und zeitlich befristete Immissionsminderungsmaßnahmen im Raum Heilbronn/Neckarsulm, WiVerw 1993, S. 145 ff., Rn. 16 ff.) vertreten wird, § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG erlaube bereits vor Erlaß der genannten Verordnung die Verhängung von Verkehrsbeschränkungen oder -verboten, wird unter anderem unter systematischen und teleologischen Gesichtspunkten ein Vergleich zu den §§ 41 bis 43 BImSchG gezogen. Dabei wird auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, (Urt. vom 22.03.1985, - 4 C 63.80 -, BVerwGE 71, 150, 154 ff. [BVerwG 22.03.1985 - 4 C 63/80]; Urt. vom 22.05.1987, - 4 C 33 - 35.83 -, BVerwGE 77, 285, 287) verwiesen, in der aus dem Verordungsgeber in § 43 BImSchG erteilten Regelungsauftrag ebenfalls keine Rechtsanwendungssperre hinsichtlich der §§ 41 ff. BImSchG abgeleitet worden sei. Auch handele es sich bei der Vorschrift des § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG um eine Konkretisierung der in Art. 2 Abs. 2 GG enthaltenen grundrechtlichen Schutzpflicht durch den Gesetzgeber, die nicht zur Disposition des Verordnungsgebers stehen dürfe. Derartige Interpretationen lassen sich jedoch mit der Entstehungsgeschichte des § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nicht in Einklang bringen. Danach (vgl. BT-DrS 11/4909, S. 35; 11/6633, S. 46 f.) wollte der Gesetzgeber durch die nach § 40 Abs. 2 Satz 2 BImSchG vorgesehene Rechtsverordnung ein bundeseinheitliches Vorgehen nach Satz 1 der genannten Vorschrift sicherstellen. Dieses Bestreben rechtfertigt sich daraus, daß § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nicht nur die Abwehr konkreter Gefahren ermöglicht, sondern bereits dann ein Einschreiten erlaubt, wenn es gilt, das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen im Wege der Vorsorge zu vermeiden. (Hausmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Loseblattsammlung, Stand: Oktober 1990, § 40, Rn. 43, 45). Die Entscheidung, bei welcher Art von Luftverunreinigungen in welcher Konzentration einzuschreiten ist, enthält insoweit stets eine Bewertung, die der Gesetzgeber ersichtlich dem Verordnungsgeber vorbehalten wollte. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß der vorliegende Regierungsentwurf vom 26.06.1992 für eine 23. BImSchV Konzentrationswerte lediglich für Stickstoffdioxyd, Ruß und Benzol, nicht aber für Ozon vorsieht, weil er für Luftverunreinigungen durch diese chemische Verbindung Maßnahmen in kleinräumigen Gebieten, für die die Verordnung gelten soll, nicht für geeignet hält. Hieraus ergibt sich zwingend, daß ein Vorgehen nach § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG aufgrund anderer als der in der Rechtsverordnung festzulegenden Kriterien ausgeschlossen ist (so zu Recht Hansmann, a.a.O., § 40 Rn. 48; Kniep, a.a.O., 404; im Ergebnis auch: VG München, Urteil v. 10.03.1993 - M 6 I C 92.1346 -, DAR 1993, 313 [VG München 10.03.1993 - 6 IC 1346/92] und diesem folgend Bay. VGH, Beschl. v. 08.10.1993, - 11 B 93.1408 -).
Auch aus § 45 StVO kann der Kläger einen Anspruch auf den Erlaß des geforderten Fahrverbotes bzw. der hilfsweise begehrten Verkehrsbeschränkungen durch den Beklagten nicht herleiten. Allerdings teilt die Kammer nicht die in der Begründung der angefochtenen Bescheide und auch in der Rechtsprechung (VG München, Urt. v. 10.03.1993, DAR 1993, 314 f. [VG München 10.03.1993 - 6 IC 1346/92]) vertretene Auffassung, vor Inkrafttreten einer Rechtsverordnung der Bundesregierung nach § 40 Abs. 2 Satz 2 BImSchG bestehe eine Anwendungssperre im Hinblick auf den Erlaß verkehrsbeschränkender Maßnahmen nicht nur für § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG, sondern auch für die straßenverkehrsbehördlichen Eingriffsermächtigungen nach § 45 StVO. Das zur Begründung dieser Ansicht vorgebrachte Argument (vgl. VG München, Urt. vom 10.03.1993, a.a.O.), der in der Entstehungsgeschichte des § 40 Abs. 2 BImSchG erkennbare gesetzgeberische Wille nach einem bundeseinheitlichen Vorgehen müsse auch insoweit durchschlagen, kann nicht überzeugen. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß § 45 StVO eine eigenständige, von den Vorschriften des BImSchG unabhängige Befugnis zur Abwehr verkehrsbedingter Gefahren einräumt (vgl. etwa: Bay. VGH, Urt. vom 08.10.1993, - 11 B 93.1408 -; Schenke, a.a.O., Rn. 75 ff., 107 ff.; Hansmann, a.a.O., § 40, Rn. 10 a; Berger, Anm. zum Urteil des VG München vom 10.03.1993, ZUR 1993, 181 f.).
§ 40 Abs. 2 Satz 2 BImSchG bezieht sich schon seinen eindeutigen Wortlaut nach lediglich auf Maßnahmen nach Satz 1 derselben Vorschrift. Zudem sind die für das begehrte Einschreiten in Frage kommenden Befugnisnormen des § 45 StVO sowohl hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen als auch im Hinblick auf die Rechtsfolgen wesentlich enger gefaßt als die immissionsschutzrechtliche Ermächtigungsgrundlage des § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG. Während nach der Mehrzahl der Tatbestandsalternativen des § 45 StVO für ein Einschreiten das Vorliegen einer konkreten Gefahr im polizeirechtlichen Sinne erforderlich ist, kann ein Tätigwerden auf der Grundlage des § 40 Abs. 2 Satz 1 wie dargelegt bereits aus Gründen des vorsorgenden Immissionsschutzes erfolgen. Auf der Rechtsfolgenseite sind nach § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG grundsätzlich weitflächigere Maßnahmen zulässig, als sie nach der Vorschrift des § 45 StVO wegen der dort enthaltenen räumlichen Beschränkung auf bestimmte Straßen oder Straßenstrecken getroffen werden können. Daher ist das Bedürfnis nach einer bundeseinheitlichen Regelung, aus dem sich die Unanwendbarkeit der Ermächtigungsnorm des § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG vor Erlaß der in Satz 2 derselben Vorschrift vorgesehenen Rechtsverordnung ergibt, im Rahmen des § 45 StVO nicht in gleichem Maße vorhanden. Schließlich kann nicht angenommen werden, daß durch die im Vergleich zu § 45 StVO jüngere Vorschrift des § 40 Abs. 2 BImSchG das bereits vorhandene staatliche Handlungsinstrumentarium zum Schutz von verkehrsbedingten Luftverunreinigungen eingeschränkt werden sollte.
Der hiernach nicht von vornherein als Eingriffsgrundlage unanwendbare § 45 StVO kommt im vorliegenden Fall gleichwohl nicht zum Tragen, weil sich das von dem Kläger begehrte Einschreiten des Beklagten auf keine der Tatbestandsalternativen der Norm stützen läßt. Zunächst kommt § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO als Ermächtigungsgrundlage für die beantragten verkehrsrechtlichen Anordnungen deshalb nicht in Betracht, weil diese Vorschrift nur Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs zuläßt, der hier in Frage stehende Schutz anderer Rechtsgüter aber durch § 45 Abs. 1 Satz 2, Absätze 1 a, 1 b StVO sichergestellt wird (VG München, Urt. vom 10.03.1993, DAR 1993, 313 [VG München 10.03.1993 - 6 IC 1346/92]; Kniep, a.a.O., S. 405 und in Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerwG zu § 45 Abs. 1 StVO a.F.: OVG Schleswig, Urt. vom 25.08.1992 - 4 L 3/92 -, NJW 1993, 872 ff.; differenzierter: Schenke, a.a.O., Rn. 117 ff., 152). Da Ozon kein Abgas ist, sondern erst aufgrund eines chemischen Prozesses unter Lichteinwirkung aus Kraftfahrzeugabgasen, insbesondere Stickstoffoxiden und Kohlenwasserstoffen entsteht, können die von dem Kläger begehrten Maßnahmen auch nicht auf § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bzw. § 45 Abs. 1 b Nr. 5 StVO gestützt werden (vgl. Schenke, a.a.O., Rn. 90, 153; Kniep, a.a.O., 314).
Schließlich ist zwar § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StVO, wonach die Straßenverkehrsbehörden hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten können, grundsätzlich geeignet, Verkehrsbeschränkungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes zu tragen. Der Tatbestand dieser Vorschrift ist jedoch im vorliegenden Fall ebenfalls nicht erfüllt.
Allerdings folgt die Kammer nicht der durch den Beklagten in seiner Klageerwiderung im Anschluß an das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (Urteil vom 25.08.1992, NJW 1993, 872, 873) [OVG Schleswig 25.08.1992 - 4 L 3/92] vertretenen Ansicht, derzufolge § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StVO nicht zu verkehrsbeschränkenden Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit ermächtigt, sondern vielmehr Maßnahmen zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit voraussetzt und den Straßenverkehrsbehörden lediglich die Befugnis verleiht, hinsichtlich dieser Maßnahmen auch Verkehrsbeschränkungen vorzunehmen. Zwar wird in der Begründung des durch die Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrsordnung vom 21.07.1980 (BGBl. I S. 1060) neu eingeführten § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StVO (VkBl. 1980, 514, 519) unter anderem auf das Bedürfnis nach verkehrsbeschränkenden Maßnahmen im Zusammenhang mit Sicherungsmaßnahmen bei gefährdeten Dienstgebäuden und sonstigen Anlagen verwiesen. Insgesamt ging es dem Verordnungsgeber aber darum, den § 45 StVO a.F. tatbestandlich zu erweitern. Die eigentliche Funktion des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StVO liegt denn auch darin, solche Gefahren für die öffentliche Sicherheit zu erfassen, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr entstehen, nicht aber zugleich Gefahren für die Sicherheit des Verkehrs selbst im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO darstellen (in diesem Sinne überzeugend: Schenke, a.a.O., Rn. 98 f.).
Weiterhin ermöglicht § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StVO nach Auffassung der Kammer durchaus auch flächendeckende Verkehrsbeschränkungen (a.A.: Kniep, a.a.O., 405). Dies ergibt sich einerseits aus der bereits genannten amtlichen Begründung zu § 45 Abs. 1 Nr. 5 StVO, wonach mit der Einführung dieser Vorschrift auch die Anordnung flächendeckender Fahrverbote bei extremen Witterungsverhältnissen ermöglicht werden sollte (vgl. auch: Schenke, a.a.O., Rn. 118). Darüber hinaus sieht § 45 Abs. 4 StVO vor, daß gerade in den Fällen des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StVO verkehrsrechtliche Anordnungen durch die Medien bekanntgegeben werden dürfen, sofern die ansonsten generell erforderliche Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen umständehalber nicht möglich ist. Eine derartige Bekanntgabe gewinnt ihren Sinn eigentlich erst im Falle flächendeckender Anordnungen (VG München, Urt. vom 10.03.1993, DAR 1993, 314 [VG München 10.03.1993 - 6 IC 1346/92]).
Die Kammer sieht den Befugnistatbestand des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StVO aber deshalb nicht als erfüllt an, weil sie eine konkrete Gefahr für die Gesundheit des Klägers und damit für die öffentliche Sicherheit nicht festzustellen vermag.
Das Erfordernis einer konkreten Gefahr als Voraussetzung eines straßenverkehrsbehördlichen Einschreitens nach § 45 Abs. 1 StVO rechtfertigt sich daraus, daß für die Bekämpfung der abstrakt-typischen Gefährlichkeit des Straßenverkehrs im Sinne seiner allgemeinen Unfallrisiken und seiner generell gegebenen Umweltschädlichkeit die allgemeinen Verkehrsregeln der StVO selbst und unmittelbar dienen, während durch Maßnahmen nach § 45 StVO besonderen örtlichen Gefahren begegnet werden soll (Jaxt, NJW 1986, 2228, 2232; VG München, Urt. v. 10.03.1993, DAR 1993, 314 [VG München 10.03.1993 - 6 IC 1346/92]). Nach allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätzen kann eine konkrete Gefahr nur dann bejaht werden, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, daß in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit - hier die Gesundheit des Klägers - eintreten wird. Bloße Nachteile oder Belästigungen können hier wie stets die Annahme einer Gefahr nicht begründen. Die Feststellung, daß bereits bei einer Ozonkonzentration in Höhe eines Achtstundenmittelwertes von 110 µg pro Kubikmeter bzw. von 160 µg pro Kubikmeter, für die der Kläger ein Einschreiten des Beklagten begehrt, ein Gesundheitsschaden droht, ist nach Auffassung der Kammer nicht möglich (abweichend der Ansatz des Bay. VGH, Beschl. v. 08.10.1993 - 11 B 93.1408 -, der im Ergebnis von einer Gesundheitsgefahr bereits ab einer Ozonkonzentration von 120 µg pro Kubikmeter ausgeht, dann aber die Klage aus anderen Gründen für unbegründet hält).
Wie bereits durch die von den Beteiligten aufgeführten Nachweise belegt wird, ist die Frage, ab welcher Ozonkonzentration eine Gefahr für die menschliche Gesundheit besteht, in der Fachwissenschaft sehr umstritten. Ihre Beantwortung hängt zudem von der jeweiligen Expositionszeit sowie der Konstitution und dem Alter der jeweils Betroffenen ab. Darüber hinaus ist die Problematik der Anordnung von Verkehrsbeschränkungen bis hin zu Fahrverboten in Zeiten einer erhöhten Ozonbelastung seit längerem Gegenstand heftiger politischer Diskussionen. Aus einer derartigen Situation ergibt sich zwar vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich keine Einschränkung der verwaltungsgerichtlichen Kontrollbefugnis. Jedoch ist zu einer verbindlichen Regelung von Problemstellungen, die nicht ohne weiteres durch bestehende verwaltungsrechtliche Kategorien erfaßt werden können, in erster Linie der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber berufen. Der Bereich des Gesundheitsschutzes gegen Ozonbelastungen ist in den letzten beiden Jahren denn auch bereits in einem beachtlichen Umfang normativ geregelt worden. Dabei sind die vorliegenden aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgewertet worden. Auf der Grundlage dieser Analysen ist ein differenziertes Regelungssystem - geschaffen worden. Die Kammer kann sich, ohne ihre Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO zu verletzen, auf diese normativen Vorgaben ohne eine weitere eigene Beweiserhebung zurückziehen. Dies geschieht mit der Maßgabe, daß nach derzeitigem Erkenntnisstand eine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Gesundheitsschädigung des Klägers zumindest bei denjenigen Ozonkonzentrationen verneint werden kann, an deren Vorliegen die einschlägigen Vorschriften keine Maßnahmen knüpfen, die sich auf die Rechte anderer Verkehrsteilnehmer auswirken. Einschränkende Maßnahmen dieser Art sind für Ozonkonzentrationen von 110 µg pro Kubikmeter bzw. 160 µg pro Kubikmeter - jeweils als Achtstundenmittelwerte -, die der Kläger für gesundheitsschädlich hält, nicht vorgesehen.
Die älteste Regelung über die Bekämpfung der Luftverschmutzung durch Ozon ist die Richtlinie Nr. 92/72/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21.09.1992 (Abl. Nr. L 297 v. 13.10.1992, S. 1 ff). Diese Richtlinie, die durch die §§ 1 a, 6 a der 22. Verordnung zur Durchführung des BImSchG (v. 26.10.1993, BGBl. I S. 1819) i.d.F. der Änderungsverordnung v. 27.05.1994 (BGBl. I S. 1095) in nationales Recht umgesetzt worden ist, dient lediglich der Überwachung der Luftverschmutzung durch Ozon, dem europaweiten Austausch einschlägiger Informationen und der Unterrichtung und Warnung der Bevölkerung. Daraus, daß nach dem genannten Vorschriftenwerk der "Schwellenwert für den Gesundheitsschutz" auf einen Achtstundenmittelwert von 110 µg pro Kubikmeter festgesetzt wurde, kann nicht abgeleitet werden, daß bereits bei einer derartigen Konzentration verkehrsbehördliche Maßnahmen wie Fahrverbote geprüft oder gar erlassen werden müßten. Dies folgt bereits daraus, daß in dieser Richtlinie bei den wesentlich höheren Konzentrationen von 180 µg pro Kubikmeter bzw. 360 µg pro Kubikmeter - wenn auch als Einstundenmittelwerte - lediglich die Unterrichtung der Bevölkerung bzw. die Auslösung des Warnsystems - gemeint ist jeweils eine Information der Bevölkerung durch die Medien - vorgesehen ist (in diesem Sinne auch Bay. VGH, Beschl. v. 08.10.1993, - 11 B 93.1408 -).
Weiter in Richtung auf eine Reglementierung des Kraftfahrzeugverkehrs geht die auf der Grundlage des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG erlassene, in ihrer Gültigkeit bis zum 01.10.1997 befristete niedersächsische Vorschaltverordnung zu einer Verordnung zur Bekämpfung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Ozon vom 23.08.1994 (Nds. GVBl. S. 430). Nach dieser Verordnung ist die Bevölkerung zu unterrichten, wenn ein Einstundenmittelwert von 180 µg pro Kubikmeter erreicht oder überschritten wird. Bei überschreiten der Einstundenmittelwerte von 215 µg pro Kubikmeter bzw. von 360 µg pro Kubikmeter müssen die erste bzw. die zweite Warnstufe bekanntgegeben werden. Sind die Warnstufen erreicht, müssen unter der zusätzlichen Voraussetzung des Vorliegens einer austauscharmen Wetterlage Geschwindigkeitsbegrenzungen von 90 km/h auf Bundesautobahnen und von 80 km/h auf allen anderen Straßen angeordnet werden. In der internen Begründung des Nds. Umweltministeriums zu dieser Verordnung heißt es, eine erhöhte Gefahrensituation, die die Behörden zu Abwehrmaßnahmen ermächtige, sei dann gegeben, wenn die Ozonkonzentration den Wert von 215 µg pro Kubikmeter in größeren Bereichen des Landes Niedersachsen überschreite. Insbesondere müsse das Auftreten von Ozonkonzentrationswerten von 360 µg pro Kubikmeter und mehr, mit denen klar belegte, akute Gesundheitsgefahren einhergingen, vermieden werden. Die mit der Verordnung verfolgte Konzeption müsse ausgewertet werden, bevor einschneidendere Maßnahmen wie totale Verkehrsverbote in Erwägung zu ziehen seien. Durch den gewählten Weg einer zeitlich befristeten Vorschaltverordnung werde verdeutlicht, daß die in ihr vorgesehenen Maßnahmen lediglich einen ersten Schritt zur Bekämpfung überhöhter Ozonkonzentrationen darstellen könnten, über die Einführung weitergehender Maßnahmen sei unter Berücksichtigung der mit der Vorschaltverordnung gemachten Erfahrungen zu entscheiden.
Die dargestellten Regelungen enthalten vertretbare Bewertungen der derzeit vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungswerte über die Gesundheitsschädlichkeit von Ozon. Da der Kläger von dem Beklagten auf der Grundlage einer allgemeinen straßenverkehrsbehördlichen Ermächtigung den Erlaß weitergehender Maßnahmen begehrt, wäre es an ihm gewesen, diese Wertungen in substantiierter Form anzugreifen. Es besteht insoweit eine Vergleichbarkeit mit anderen Gebieten des Technikrechtes, auf denen die Behörden und Gerichte anerkanntermaßen technische Normen und Verfahren, die in die Form von Verwaltungsvorschriften gekleidet sind, als "antizipierte Sachverständigengutachten" bzw. "normkonkretisierende Richtlinien" ohne weitergehende Ermittlungen bzw. Beweiserhebungen anwenden können, wenn von den Beteiligten keine substantiierten Einwände vorgebracht werden (vgl. zusammenfassend: Kopp, VwVfG, 5. Aufl., München 1991, § 24, Rn. 11). Der Kläger hat sich jedoch - wenn auch unter Angabe fachwissenschaftlicher Abhandlungen - im Ergebnis auf die Behauptung der Gesundheitsschädlichkeit von Ozon bereits in Konzentrationen von 110 µg bzw. 160 µg pro Kubikmeter beschränkt. Dagegen hat er sich nicht in der erforderlichen substantiierten Form mit den bestehenden rechtlichen Regelungen zur Bekämpfung hoher Ozonkonzentrationen bzw. mit den Wertungen, die diesen Regelungen zugrundeliegen, auseinandergesetzt. Im übrigen gehört der Kläger nach seinem eigenen Sachvortrag auch nicht zu einer der sog. Risikogruppen, bei denen aufgrund individueller Umstände eine besondere Empfindlichkeit gegenüber Ozonbelastungen anzunehmen wäre.
Da nach alledem die für ein Einschreiten des Beklagten in Frage kommenden Vorschriften des § 40 Abs. 2 Satz 1 BImSchG bzw. des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StVO schon nach ihren tatbestandlichen Voraussetzungen nicht anwendbar sind, erübrigt sich ein Eingehen auf Fragen der Ausübung des jeweils auf der Rechtsfolgenseite der Normen angesiedelten Ermessens. Insbesondere kann dahinstehen, ob der Beklagte in seinem Bescheid vom 04.10.1993 ein derartiges Ermessen hilfsweise ausgeübt hat, indem er zwar die Anwendbarkeit des § 45 Abs. 1 StVO verneinte, dieser Entscheidung jedoch noch ergänzende Hinweise mit zum Teil materiellen Gehalt anfügte. Weiterhin bedarf es keines Eingehens auf die Frage, ob die von dem Kläger verlangten zeitlich und räumlich begrenzten Verkehrsbeschränkungen überhaupt geeignet sind, bereits bestehende hohe Ozonkonzentrationen in nennenswerter Weise zu senken (zweifelnd unter Hinweis auf Untersuchungen über zeitlich begrenzte Sofortmaßnahmen in der Schweiz, Österreich und den Niederlanden: Janker, NJW 1993, 2711, 2713 f.; derartige Zweifel scheinen durch erste Ergebnisse des im Juni 1994 im Raum Neckars-Ulm/Heilbronn durchgeführten Modellversuches bestätigt zu werden, der abschließende Bericht über diesen Versuch liegt derzeit jedoch noch nicht vor). Schließlich wäre auch die Frage, ob der grundsätzlich nur auf den Erlaß einer ermessensfehlerfreien Entscheidung gerichtete Anspruch des Klägers sich zu einem solchen auf ein Einschreiten des Beklagten entwickeln kann, nur bei einem Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der in Frage kommenden Eingriffsnormen zu erörtern gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Pardey
Dr. Möller