Landgericht Aurich
Urt. v. 16.02.2000, Az.: 2 O 632/99

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
16.02.2000
Aktenzeichen
2 O 632/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 41911
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG - 13.07.2000 - AZ: 8 U 57/00

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 9.000,-DM.

Streitwert: 115.900,28 DM

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen und erbrachte in den vergangenen Jahren immer wieder Bauleistungen im Auftrag des Beklagten hinsichtlich des Objektes „H. R.“, H. T. in N. . Im Jahre 1991 beabsichtigte der Beklagte, Umbauarbeiten durchzuführen. Im Erdgeschoß sollte ein Empfang mit Rezeption, ein Frühstücksraum mit Buffet, die Wäscherei, ein Heizungsraum, eine Küche mit Kühlraum, eine Boutique sowie Damen- und Herrentoiletten, im ersten und zweiten Obergeschoß jeweils Hotelzimmer sowie Appartements eingerichtet werden. Für das Dachgeschoß war insbesondere der Einbau eines Schwimmbades mit Umkleideräumen vorgesehen. Der Beklagte wandte sich an die Klägerin, machte sie mit seinen Absichten bekannt und bat sie, ein Angebot für die erforderlichen Bauleistungen abzugeben. Die Klägerin ermittelte daraufhin - im Mai 1991 - die Grundlagen und erstellte in erheblichem Maße Planzeichnungen. Am 3.11.1992 richtete die Klägerin eine Bauvoranfrage an die Stadt N. und erwirkte einen Bauvorbescheid vom 15.9.1993. Darin gab die Stadt N. dem Beklagten auf, in ausreichendem Umfang Pkw-Stellplätze anzulegen. Da der Beklagte über derartige Stellplätze nicht verfügte, entschloß er sich, zunächst lediglich die im Erdgeschoß vorgesehenen Umbauarbeiten zu verwirklichen. Er erhielt unter dem 10.3.1995 eine entsprechende Teilbaugenehmigung. Er betraute die Klägerin mit einem Teil der im Erdgeschoß vorgesehenen Bauarbeiten, die die Klägerin mit Schlußrechnung vom 28.11.1995 über 14.342,94 DM abrechnete. Die weiter geplanten Umbauarbeiten nahm der Beklagte bislang nicht in Angriff. Mit Rechnung vom 17.12.1998 forderte die Klägerin den Beklagten auf, an sie wegen der von ihr erbrachten Architektenleistungen 115.900,28 DM zu zahlen. Dieser Aufforderung kam der Beklagte nicht nach.

Die Klägerin trägt vor, der Beklagte habe sie im Frühjahr 1991 mündlich mit der Grundlagenermittlung, der Vor-, Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung des Objekts beauftragt. Im übrigen hätten es die Parteien im Verlaufe ihrer Zusammenarbeit immer so gehandhabt, daß sie für den Fall, daß sie den Bauauftrag nicht erhalte, wegen der Architektenleistungen ein Honorar verlangen könne. Der Beklagte könne im übrigen nicht ernsthaft davon ausgehen, daß sie sämtliche Architektenleistungen für ein Bauvorhaben mit dem Gesamtvolumen von 1 - 2 Millionen DM kostenlos erbringe und im Gegenzug lediglich mit Bauarbeiten im Werte von knapp 15.000,-DM betraut werde. Sie habe die Architektenleistungen schließlich ordnungsgemäß erbracht; es könne ihr nicht vorgehalten werden, daß der Beklagte nicht in der Lage sei, die erforderlichen Stellplätze nachzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 115.900,28 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 20.2.1999 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, die Klägerin müsse ihre Klage gegen den Träger des Unternehmens, die R. GmbH, richten. Die Architektenleistungen hätten zudem lediglich Vorarbeiten für den eigentlichen Bauauftrag dargestellt. Dementsprechend hätten die Parteien niemals über eine Vergütung für diese Arbeiten gesprochen. Dieses Vorgehen entspreche im übrigen auch der ständigen Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien. Die Klägerin habe ihm niemals Architektenleistungen in Rechnung gestellt, auch wenn das beabsichtigte Bauvorhaben dann schließlich unterblieben sei. Die Planung der Klägerin sei weiter nicht einmal genehmigungsfähig, weil er die erforderlichen Stellplätze nicht nachweisen könne und die Planung den Vorgaben der Denkmalschutzbehörde nicht entspreche. Die Rechnung sei nicht angemessen; im übrigen seien Ansprüche der Klägerin verjährt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund des Beschlusses vom 17.12.2000. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom gleichen Tag verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin kann von dem Beklagten eine Vergütung der erbrachten Architektenleistungen nicht verlangen.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Leistung von 115.900,28 DM gemäß den §§ 631, 632 BGB nicht zu. Denn die Klägerin hat nicht nachgewiesen, daß zwischen den Parteien ein Werk- bzw. Architektenvertrag zustande gekommen ist.

Bei der Klägerin handelt es sich unstreitig nicht um ein Architekturbüro, sondern um ein Bauunternehmen. Erbringt dieses im Hinblick auf ein beabsichtigtes Bauvorhaben Vorarbeiten wie etwa die Erstellung von Leistungsverzeichnissen, Mengenberechnungen, die Erarbeitung von Projektierungsunterlagen, Plänen, Zeichnungen, Kostenvoranschlägen, Modellen, Angeboten etc., kann es eine Vergütung dafür nur verlangen, wenn die Parteien diese Vorarbeiten zum Gegenstand eines separaten und auf beiden Seiten verpflichtenden Vertrages machen wollten, wofür der Bauunternehmer darlegungs- und beweispflichtig ist (Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 9.A., Rdnr. 1106). Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß dem Bauherrn ein entsprechender Verpflichtungswille fehlt. Dies gilt auch dann, wenn der Bauunternehmer erhebliche Zeit auf die Vorarbeiten verwendet; auch der Umfang der Aufwendungen ist regelmäßig unerheblich (Werner/Pastor, a.a.O., Rdnr. 1106). Gleiches gilt für die Frage, ob der Bauunternehmer auf eigene oder auf Veranlassung des Bauherrn tätig geworden ist (Werner/Pastor, a.a.O., Rdnr. 1107). Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat die Klägerin den Beweis nicht geführt, daß sie der Beklagte im Frühjahr 1991 mit Architektenleistungen, betr. den Umbau des Hotels R., betraut hat.

Aus der Aussage des Zeugen G. läßt sich nicht entnehmen, daß der Beklagte der Klägerin einen Auftrag zur Erbringung von Architektenleistungen gegen Entgelt erteilt hat. Diese Bekundung spricht vielmehr dafür, daß es sich um unentgeltliche Vorarbeiten der Klägerin gehandelt hat. Der Zeuge hat nämlich deutlich gemacht, daß er und der Beklagte über eine Vergütung der Architektenleistungen nicht gesprochen haben. Dazu hat nach der Aussage des Zeugen auch keine Veranlassung bestanden, weil er ohnehin davon ausgegangen ist, daß der Beklagte die Klägerin anschließend mit den geplanten Bauarbeiten betraut. In diesem Fall - so der Zeuge - hat die Klägerin auch bei früheren Aufträgen niemals von dem Beklagten ein Honorar für die von ihr erbrachten Architektenleistungen gefordert.

Eine andere Beurteilung ist hier nicht unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände, insbesondere der Praxis der Parteien im Rahmen ihrer Geschäfts-beziehungen, geboten. Denn eine einheitliche Praxis der Parteien hinsichtlich der im Vorfeld des Abschlusses eines Bauvertrages getätigten Aufwendungen der Klägerin läßt sich bereits nicht feststellen. Soweit die Klägerin dazu auf die Angebotsschreiben vom 18.10.1988 und 16.8.1993 verweist, die eine Verpflichtung des Beklagten zur Vergütung der Planungsleistungen für den Fall vorsehen, daß der Beklagte das Angebot der Klägerin nicht annimmt, stehen dem die von dem Beklagten überreichten Angebotsschreiben vom 22.8.1991, 15.11.1994 und 17.5.1995 gegenüber, die eine derartige Regelung nicht enthalten.

Abgesehen davon sind aber nicht einmal die Voraussetzungen erfüllt, unter denen die Klägerin seinerzeit von dem Beklagten die Honorierung der von ihr erbrachten Architektenleistungen gefordert hat. Aus den Angeboten vom 18.10.1988 und 16.8.1993 geht nämlich hervor, daß die Vergütung dieser Tätigkeiten nur erfolgen sollte, wenn der Beklagte die Bauarbeiten an ein anderes Bauunternehmen vergibt. Die Klägerin hat aber nicht dargetan, daß diese Voraussetzung hier gegeben gewesen ist: Unstreitig hat der Beklagte nämlich die Planung der Klägerin nicht verwirklicht mit Ausnahme einiger Arbeiten im Erdgeschoß des Hotels, die der Beklagte im übrigen unstreitig - jedenfalls zum Teil - an die Klägerin vergeben hat.

Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten gemäß den §§ 683, 677 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) scheidet ebenfalls aus, schon weil die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen die Architektenleistungen aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung erbracht hat.

Aus den gleichen Erwägungen scheitert ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung, § 812 BGB. Zudem ist der Beklagte zumindest solange nicht bereichert, als er die von der Klägerin gezeichneten Pläne nicht zur Errichtung des Bauwerkes unter Hinzuziehung einer Drittfirma nutzt (vgl. dazu Werner/Pastor, a.a.O., Rdnr. 1111).

Die Nebenentscheidungen stützen sich auf die §§ 91, 709 ZPO.

Der Schriftsätze der Klägerin vom 07.1.2000 u. 09.02.2000 haben bei der Entscheidung vorgelegen, aber zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung gegeben.