Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.09.2020, Az.: 11 K 109/18

Verlustverrechnungbeschränkungen bei negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb durch durch Veräußerung einer Beteiligung an polnischer Kapitalgesellschaft

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
17.09.2020
Aktenzeichen
11 K 109/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 70513
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger im Streitjahr 2003 durch die Veräußerung einer Beteiligung an einer polnischen Kapitalgesellschaft, der A Sp. z.o.o. (Sp.) negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte, die den Verlustverrechnungsbeschränkungen des § 2 a Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegen.

Der Kläger ist verheiratet und wurde mit seiner Ehefrau im Streitjahr 2003 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Er ist Eigentümer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs mit einem Hofladen. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte er einen Veräußerungsverlust in Höhe von 518.889 € nach § 17 EStG geltend, der nach seinen Angaben durch den Verkauf von Anteilen an der Sp. entstanden war.

Die Sp. wurde durch Notarvertrag vom xx. April 1995 mit statutarischem Sitz in W und einem ursprünglichen Stammkapital von 15.000 Zloty gegründet, welches in 150 Anteile zu je 100 Zloty geteilt war. Hiervon wurden von dem polnischen Gründungsgesellschafter L 78 Anteile übernommen (52 v. H.) sowie von den beiden deutschen Gründungsgesellschaftern S und V jeweils 36 Anteile (je 24 v. H.). Knapp ein halbes Jahr später nach Gründung der Gesellschaft wurde bei dieser mit Notarurkunde vom xx. Oktober 1995 eine Kapitalerhöhung vorgenommen und das Stammkapital auf 190.500 Zloty aufgestockt, weiterhin geteilt in 150 Anteile zu nunmehr 1.270 Zloty. Die Beteiligungsquoten der drei Gründungsgesellschafter blieben hierbei unverändert.

Gegenstand der Sp. war der Betrieb der Landwirtschaft, speziell des Ackerbaus und des Gemüseanbaus bei ebenfalls geplanter Tierhaltung, in K in der Gemeinde P (gelegen in der Provinz Niederschlesien, nahe der Grenze zu Sachsen und Brandenburg). Der Betrieb erstreckte sich insgesamt über mehrere hundert Hektar, die teilweise im Eigentum der Gesellschaft standen und teilweise gepachtet waren. Diese landwirtschaftlichen Flächen lagen in unmittelbarer Nähe der Oder.

Anfang 1997 wurden dem Kläger und zwei weiteren deutschen Landwirten aus dem Raum Kassel/Hildesheim von den gleichfalls aus dieser Region stammenden deutschen Gründungsgesellschaftern S und V angeboten, sich an der polnischen Gesellschaft zu beteiligen und deren Geschäftspotential als Zuführung neuer Liquidität zu verbessern. Nachdem der Kläger sich über die Sp. als solche und die dieser in Polen zur Verfügung stehenden Flächen sowie das Betriebskonzept informiert hatte, schien ihm dies eine lohnende Investition. Mit Notarvertrag vom xx. April 1997 erwarb er daher für einen Kaufpreis von 180.000 Zloty 16 der insgesamt 36 von Gründungsgesellschafter S gehaltenen Anteile, mithin also eine Beteiligung von 16/150 an der Sp. Weitere Anteilsveräußerungen erfolgten von S an W (4 Anteile), sowie von Gründungsgesellschafter V an M (16 Anteile) und W (4 Anteile). Darüber hinaus gewährte der Kläger der Sp. auch noch ein Darlehen in Höhe von 1.000.000 DM (entspricht 1.800.000 Zloty). Nach Nr. 13 der notariellen Urkunde vom xx. April 1997 sollten die genauen Regularien des Darlehens in einzelnen Darlehensverträgen festgelegt werden. Das Darlehen sollte mit 7,5 v. H. verzinst und im Mai 2002 in einem Betrag zurückgezahlt werden. Der Kläger refinanzierte einen Teilbetrag von 800.000 DM durch einen Kredit bei der Deutschen Genossenschafts-Hypothekenbank mit einem Zinssatz von 6,4 v. H.

Der Kläger schloss am xx. Mai 1997 mit der Sp. einen privatschriftlichen Darlehensvertrag über 1.000.000 DM mit einem Zinssatz von jährlich 7,5 v. H. und einer Laufzeit vom 1. Mai 1997 bis Mai 2002. Die Zinsen waren kalendervierteljährlich zu berechnen. Komme der Darlehensnehmer mit der Rückzahlung der Darlehenszinsen mit mehr als zwei Raten in Verzug, so sei das restliche Darlehen sofort fällig und rückzahlbar. Zur Sicherung der Darlehenssumme räumte die Sp. eine Eigentümergrundschuld in den Grundbüchern von K, Grundbuch Nr. 30070 und P, Grundbuch Nr. 30017 ein. Auf sämtliches lebende und tote Inventar, auf das Felderinventar und die Vorräte wurde eine Sicherungsübereignung vereinbart.

Die Hoffnung des Klägers auf eine Rentabilität dieser Investition zerschlug sich jedoch schon nach wenigen Monaten durch eine nicht vorhersehbare Naturkatastrophe, nämlich das durch langanhaltende extreme Niederschläge ausgelöste Jahrhunderthochwasser an der Oder in der Jahresmitte 1997. Nachdem die Oder bereits im Juni 1997 auch im Bereich K über die Ufer getreten war und die ersten Wirtschaftsflächen der Sp. erreicht hatte, standen im Juli 1997 sämtliche Flächen unter Wasser. Die gesamte Ernte, die hauptsächlich aus Weizen sowie im Übrigen aus Zuckerrüben, Raps und Roggen bestanden hätte, wurde komplett zerstört, und die überschwemmten Böden waren erst im Spätherbst wo weit getrocknet, dass eine Befahrbarkeit mit landwirtschaftlichem Gerät wieder möglich war.

Nach dieser Flutkatastrophe geriet die Sp. in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten und benötigte dringend weitere Geldmittel, um laufende Betriebskosten sowie Kosten der Schadensbeseitigung und der Neuinvestition in Saatgut und Dünger usw. decken zu können. Hierzu gewährte auch der Kläger mit Verträgen vom xx. November 1997 und xx. März 1998 der Sp. Darlehen über 100.000 DM und 30.000 DM zu einem jährlichen Zinssatz von 7,5 v. H. Die Rückzahlungen durften in frei wählbaren Beträgen und zeitlich unbeschränkt erfolgen.

Mit Vereinbarung vom xx. August 1997 stundete der Kläger darüber hinaus der Sp. die bis dahin fällig gewordenen aber nicht gezahlten Zinsen aus dem Darlehensvertrag vom xx. Mai 1997 bis zum 30. Dezember 1998. Der Zahlungsverzug sei entstanden durch höhere Betriebsausgaben für die Einrichtung des landwirtschaftlichen Betriebs und die Ertragsminderungen bei den Erzeugnissen wegen des Hochwassers. Weitere Stundungen der Zinsen erfolgten am xx. Dezember 1998 (bis zum 31. März 2001), am xx. Februar 2001 (bis zum März 2003). Die Rückzahlung der Darlehenssumme wurde mit Vereinbarung vom xx. Januar 2002 bis zum Mai 2007 verlängert.

Da die Gesellschaft sich in den Folgejahren nicht mehr richtig wirtschaftlich erholte und absehbar wurde, dass auf absehbare Zeit weder die vereinbarten Zinsen noch die Darlehensrückzahlungen erfolgen würden, veräußerten erste deutsche Gesellschafter ihre Anteile. Nachdem es im Jahr 2002 erneut zu einem großen Hochwasser gekommen war, entschied sich auch der Kläger zum Ausstieg aus der Sp. Mit Notarvertrag vom xx. Februar 2003 veräußerte er seine 16 Geschäftsanteile für 5.000 € an seinen Mitgesellschafter M und trat diesem gegen Zahlung von 105.000 € auch seine gesamten Darlehensansprüche über insgesamt 1.130.000 DM gegenüber der Sp. ab.

In seiner am xx. Februar 2005 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung machte der Kläger u. a. einen Veräußerungsverlust bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften in Höhe von 518.889 € bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb geltend. Diesen ermittelte er wie Folgt:

Erlös:110.000,00 €
Anschaffungskosten Beteiligung:51.129,19 €
Anschaffungskosten Darlehen:577.759,83 €
Verlust:518.889,02 €

Die gewährten Darlehen hätten als sogenannte Finanzplandarlehen eigenkapitalersetzenden Charakter und seien daher wie Anschaffungskosten zu behandeln. § 17 EStG sei nach R 140 Abs. 2 EStR auch auf ausländische Kapitalgesellschaften anzuwenden.

Der Beklagte führte die Einkommensteuerveranlagung durch und berücksichtigte den geltend gemachten Veräußerungsverlust nicht im Rahmen eines Verlustausgleichs mit den anderen positiven Einkünften des Klägers. In den Erläuterungen im Einkommensteuerbescheid vom xx. November 2005 war Folgendes vermerkt:

"Die Einkünfte aus der Anteilsveräußerung i.S.v. § 17 EStG wurden unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens gem. § 3 Nr. 40 lit. c) EStG auf -259.444,51 EUR festgestellt. Da es sich hierbei um Einkünfte i. S. d. § 2a Abs. 1 Nr. 4 EStG handelt, ergeht eine gesonderte Feststellung des Verlustes."

Am selben Tag erließ er den angekündigten Feststellungsbescheid nach § 2 a Abs. 1 Satz 5 EStG. Schuldzinsen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Anteile und der Darlehensgewährung im Jahr 1997 berücksichtigte der Beklagte erklärungsgemäß als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen; der Einkommensteuerbescheid wurde am selben Tag erlassen.

Gegen den Einkommen- und den Feststellungsbescheid erhob der Kläger am xx. November 2005 Einsprüche. Der Beklagte habe § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG nicht anwenden dürfen. Zwar habe die Sp. als polnische Kapitalgesellschaft ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung nicht in Deutschland gehabt, jedoch sei die sogenannte Aktivitätsklausel in § 2a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG einschlägig.

Mit Einverständnis des Klägers ruhte das Einspruchsverfahren bis zum Abschluss einiger Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Mit Schreiben vom xx. Februar 2011 bat er um Erlass eines Einspruchsbescheids. Mit Einspruchsbescheid vom xx. Februar 2012 wies der Beklagte den Rechtsbehelf gegen den Feststellungsbescheid zurück. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Niedersächsischen Finanzgericht 10 K xx/11 hob der Beklagte diesen Einspruchsbescheid aus formalen Gründen auf; das Klageverfahren wurde übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Mit Änderungsbescheid vom xx. Februar 2013 erkannte der Beklagte Schuldzinsen in Höhe von 13.126,90 € im Zusammenhang mit der Fremdfinanzierung der Anschaffungskosten für die Beteiligung an der Sp. und für die ihr gegebenen Darlehen, die auf die Zeit nach der Anteilsveräußerung entfielen, unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes zur Hälfte als Werbungskosten an. Am xx. September 2013 erging auf Grund einer Nachmeldung von Kapitalerträgen ein weiterer Änderungsbescheid zur Einkommensteuer.

In dem Rechtsbehelfsverfahren trug der Kläger vor, die im Streitfall einschlägige Regelung in § 2a EStG verstoße gegen die europarechtliche Freiheit des Kapitalverkehrs (Art. 63 ff. des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -, ehemals Art. 56 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EGV) und dürfe deshalb wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts nicht angewandt werden. Es sei nicht ersichtlich, warum die Anwendbarkeit der Kapitalverkehrsfreiheit durch eine vorrangige Einschlägigkeit der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49, 54 AEUV, ehemals Art. 43, 48 EGV gesperrt werde.

Die zur Diskussion stehende nationale Norm des § 2 a Abs. 1 Nr. 4 EStG beziehe sich auf § 17 EStG und ziele damit weder auf Gesellschafter mit beherrschenden Einflussnahmemöglichkeiten auf eine ausländische Gesellschaft noch in sonstiger Weise auf Verhältnisse zwischen Unternehmensgruppen. Zum einen habe die relevante Beteiligungsschwelle in § 17 Abs. 1 EStG im Streitjahr nur 1 v. H. betragen. Zum anderen gelte § 17 EStG nach allgemeinem Verständnis ohnehin nur für Einkünfte aus Beteiligungen im Privatvermögen und betreffe damit von vornherein keine Unternehmensgruppen.

In der deutschen Rechtsprechung werde einhellig die Auffassung vertreten, dass es allein auf die normbezogene Betrachtungsweise ankomme und die sachverhaltsorientierte Sperrwirkung der Niederlassungsfreiheit nicht greife. Aber selbst unter Berücksichtigung des tatsächlich verwirklichten Sachverhalts nach den konkreten Fallgestaltungen eröffne sich keinesfalls der sachliche Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit. Art. 49 AEUV bzw. Art. 43 EGV verlange nach der Rechtsprechung des EuGH den "Besitz von Beteiligungen, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss über die Entscheidungen der Beteiligungsgesellschaft auszuüben und deren Tätigkeit zu bestimmen". Mit einem Kapitalanteil von 10,67 v. H. habe der Kläger eine derartige Beteiligung aber nicht besessen. Er habe weder in der Gesellschafterversammlung einen Einfluss auf die Gesellschaft nehmen können, noch habe er sonstige Einwirkungsmöglichkeiten besessen, da er nicht in ihrem Vorstand gewesen sei.

Daran ändere auch die Hingabe der Darlehen von insgesamt 1.130.000 DM nichts, weil er nach den Darlehensverträgen aus dieser Position heraus keine Einwirkungsrechte auf die Darlehensnehmerin erhalten habe. Die deutschen Investoren hätten mit insgesamt etwa 48 v. H. der Geschäftsanteile auch keine Kontrolle über die Sp. gehabt. Lediglich zwei Gründungsmitglieder hätten als Vorstände Einfluss gehabt. Dieser Einfluss dürfe aber nicht im Kollektiv mit ihnen gesehen werden, sondern müsse individuell betrachtet werden. Damit sei der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit nicht einschlägig, allein die Kapitalverkehrsfreiheit sei betroffen.

In drei bisher zu § 2 a Abs. 1 EStG vorgelegten deutschen Streitfällen habe der EuGH entschieden, dass die dort zu Lasten der betroffenen Steuerpflichtigen zur Anwendung gebrachten Einzeltatbestände des § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG zu einer tatbestandlichen Grundfreiheitsbeschränkung führe, zu einer Diskriminierung der Auslands- gegenüber den Inlandaktivitäten. Dies müsse auch im Streitfall gelten. Auch die Bestandsschutzklausel in Art. 64 Abs. 1 AEUV (ehemals Art. 57 Abs. 1 EGV) komme im Streitfall nicht zur Anwendung, weil keine Direktinvestition vorliege. Der Kläger habe, ohne Einfluss auf die Verwaltung der Sp. nehmen zu wollen, lediglich eine Geldanlage getätigt.

Die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit sei auch nicht durch nationale Interessen gerechtfertigt. Art. 65 AEUV sei eng auszulegen. Von der Rechtsprechung würde bei Investitionen in Auslandgesellschaften eine objektive Unvergleichbarkeit mit Investitionen in Inlandsgesellschaften durchgängig ausgeschlossen. Auch ein rechtfertigender Allgemeinbelang sei nicht erkennbar. Die Sicherung oder Verbesserung der nationalen Haushaltslage rechtfertige die Maßnahme nicht. Auch Protektionismus zu Gunsten der Wirtschaft des eigenen Landes sei nicht hinreichend. Die Bekämpfung unerwünschter Steuersparmöglichkeiten dürfe nicht pauschal ohne Berücksichtigung der Einzelumstände erfolgen. § 2 a EStG differenziere aber nicht nach den Ursachen für die eingetretenen Verluste.

Mit der Anwendung der deutschen Norm im Streitfall werde deutlich, dass § 2 a EStG auch Fälle erfasse, die nichts mit Missbrauchsbekämpfung zu tun hätten. Der Kläger habe mit der Beteiligung an der Sp. gehofft, mit deutschem know-how und deutschen Maschinen großflächig günstig produzieren zu können. Der Beitritt Polens zur EU sei damals schon sicher gewesen. Nur durch das Hochwasser seien diese Pläne nicht zu realisieren gewesen. Eine Verrechnung der festgestellten Verluste mit künftigen Gewinnen aus einer polnischen Beteiligung sei in seinem Fall ausgeschlossen, weil er sich nicht mehr beteiligen werde.

Die Auffassung der Finanzverwaltung, dass die bereits zu § 2 a Abs. 1 EStG ergangene Rechtsprechung des EuGH für Drittstaatssachverhalte keine Relevanz habe, sei im Hinblick auf die bereits vorliegende Rechtsprechung des EuGH zur Kapitalverkehrsfreiheit nicht haltbar. Bei Drittlandsachverhalten dürfe der Staat nicht pauschal behaupten, keine Kontrollmöglichkeiten zu haben, es müsse vielmehr in jedem Einzelfall untersucht werden, ob und inwieweit Kontrollaspekte überhaupt eine Rolle spielen könnten. In Wahrheit läge auch ein reines Inlandsgeschäft vor, weil alle Beteiligten deutsche Staatsbürger seien, die dem uneingeschränkten Zugriff der deutschen Finanzverwaltung unterlägen. Nur die Sp. sei in Polen ansässig. Auch habe es im Streitfall kein Kontrollproblem gegeben, weil bei der Einkommensteuererklärung für 2003 die erforderlichen Unterlagen vorgelegt worden seien. Bei Durchführung der Veranlagung habe auch die Möglichkeit bestanden, ein Auskunftsersuchen an Polen zu unternehmen.

Am xx. März 2018 änderte der Beklagte den Feststellungsbescheid vom xx. November 2005 und führte statt der Eheleute nur noch den Kläger als Inhaltsadressaten auf.

Die Rechtsbehelfe blieben erfolglos. Im Einspruchsbescheid vom xx. März 2018 führte der Beklagte zur Begründung hinsichtlich der Einkommensteuer für 2003 aus, ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit läge nicht vor. Die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit sei gerechtfertigt. § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG n. F. regele die Besteuerung von negativen Einkünften in Fällen des § 17 EStG bei einem Anteil an einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft, ohne eine genaue Beteiligungshöhe zu benennen. Eine mögliche Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit sei gerechtfertigt, weil die Vorgängerregelung bereits seit dem 31. Dezember 1993 bestanden habe. Bei der Prüfung des Vorliegens einer Direktinvestition sei nach der Rechtsprechung des EuGH entscheidend, ob eine dauerhafte wirtschaftliche Beziehung zwischen dem Investierenden und dem Unternehmen geschaffen werden solle, was voraussetze, dass die erworbenen Anteile dem Anteilseigner die Möglichkeit gäben, sich tatsächlich an der Verwaltung oder deren Kontrolle zu beteiligten. Im Streitfall sei zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits bei Ankauf der Anteile an der Sp. dieser ein Darlehn über 1.000.000 DM gewährt habe, das die Kaufsumme um den Faktor 10 überstiegen habe. Allein dies spreche gegen die Einordnung als reine Geldanlage. Auch die Absprachen der deutschen Investoren, der Umstand, dass alle Übertragungsverträge zeitgleich abgeschlossen worden seien, die Absicht, "know-how" einzubringen und die konkreten Vorstellungen über die weitere Ausrichtung der Sp. ließen erkennen, dass mindestens über die beiden deutschen Geschäftsführer S und V auf die Sp. in erheblichem Maße Einfluss genommen hätte werden können. Schließlich habe der polnische Mehrheitsgesellschafter L sich 1997 auch bereit erklärt, seine Anteile im Falle seines Ausscheidens zu gleichen Teilen an die drei deutschen Gesellschafter zu veräußern für einen Gesamtkaufpreis von insgesamt 100.000 DM. Dieser niedrige Kaufpreis spreche ebenfalls für vom Vertrag abweichende erhebliche Kontroll- und Mitwirkungsbefugnisse der drei deutschen Anteilseigner.

Auch in zeitlicher Hinsicht seien die Voraussetzungen des Art. 64 AUEV erfüllt. Die streitige Norm in § 2 a EStG sei bis zum Streitjahr unverändert gewesen. § 17 EStG sei zwar geändert worden, aber nur in unwesentlichem Umfang. Mit den neuen Regelungen sei keinesfalls ein neuer gesetzlicher Zweck verfolgt oder ein neues Verfahren eingeführt worden. Art. 64 Abs. 1 AEUV legitimiere die Beibehaltung der Beschränkungen gegenüber Drittstaaten, die am 31. Dezember 1993 in Kraft gewesen seien, und beinhalte somit im Umkehrschluss ein Verschlechterungsverbot. Die Absenkung der erforderlichen Beteiligungsquote von 25 v. H. auf 10 v. H. und später 1 v. H. ändere weder den Grundgedanken des § 2 a EStG, noch stelle sie ein neues Verfahren dar.

Im Einspruchsbescheid vom xx. März 2018 führte der Beklagte hinsichtlich des Feststellungsbescheids ergänzend aus, dass der EuGH mit Urteil vom 29. März 2007 C-347/03 zwar entschieden habe, dass die Verlustausgleichsbeschränkung des § 2 a Abs. 1 EStG in der damals geltenden Fassung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV verstoße. Die EU-Kommission habe daraufhin Deutschland aufgefordert, die Verlustabzugs- und Ausgleichsbeschränkungen in Einklang mit den Prinzipien der Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit zu bringen. Mit BMF-Schreiben vom 30. Juli 2008 sei übergangsweise geregelt worden, den eingeschränkten Verlustausgleich in § 2 a Abs. 1 EStG auf die Mitgliedstaten der EU oder des EWR nicht weiter anzuwenden, sondern nur auf Drittstaaten. Dies gelte nun auch nach § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG n. F.

Im Streitfall sei zu bedenken, dass der Verlust bereits in 2003 entstanden sei vor Beitritt Polens zur EU am 1. Mai 2004. Der Abschluss eines EU-Assoziationsvertrages genüge nicht.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Ausführlich trägt er folgende Aspekte nochmals vor:

1. Unstreitig sei, dass der nationale Gesetzgeber auch mit der neuen Fassung des § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 Abs. 1 AUEV eingreife. Der Gegenstand und die Zielsetzung der nationalen Regelung ergäben sich zwar nicht aus dieser Norm allein, aber im Verbund mit § 17 EStG. Die Schwelle von 1 v. H. dort spreche für eine neutrale Norm, die nicht differenziere zwischen Kontrollbeteiligungen mit sicherer Möglichkeit der Einflussnahme als auch auf bloße Portfoliobeteiligungen zu reinen Anlagezwecken.

2. § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG genieße auch keinen Bestandsschutz nach Art. 57 Abs. 1 EGV bzw. Art. 64 Abs. 1 AUEV. Danach würden durch nationale Regelungen eintretende Kapitalverkehrsbeschränkungen im Verhältnis zu dritten Ländern von den Verbotswirkungen freigestellt, wenn es sich um Regelungen im Zusammenhang mit Direktinvestitionen handele, die zudem am 31. Dezember 1993 bereits bestanden hätten.

Ziehe man allein den Norminhalt des § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG heran, so müsse man feststellen, dass mit der Mindestbeteiligungsquote von 1 v. H. auch Fälle erfasst würden, die dem Gesellschafter nicht die Möglichkeit vermittelten, sich tatsächlich an der Verwaltung der Gesellschaft oder an deren Kontrolle zu beteiligten. Aber auch mit einer Beteiligung von 10,67 v. H habe der Kläger keine derartigen Einflussmöglichkeiten gehabt. Die möglicherweise bestehenden Einflussmöglichkeiten der beiden anderen deutschen Gesellschafter könnten dem Kläger nicht zugerechnet werden.

Der Kläger wehre sich entschieden gegen den Vorwurf, den streiterheblichen Sachverhalt unzutreffend dargestellt zu haben. Er sei unstreitig am Stammkapital der Sp. mit 10,67 v. H. beteiligt gewesen. Richtig sei zwar, dass er gegenüber dem Beklagten bei einer Besprechung an Amts Stelle am xx. August 2001 ein Dokument vorgelegt habe, dass mit "1. Vorhaben" und "2. Büroorganisation und Personalkonzeption" überschrieben sei. Dort werde erklärt, dass zur Sicherung der geschäftlichen Entscheidungen durch die deutschen Investoren das Stimmrecht notariell geändert worden sei und diese Investoren nun gemeinsam 66,66 v. H. der Stimmenanteile besäßen. Dieses Dokument sei dem Kläger seinerzeit bei der Werbung für sein Investment 1997 vorgelegt worden, um die Gesellschaftsstruktur der Sp. zu präsentieren. Er habe an einer möglichen Stimmrechtsverteilung nicht mitgewirkt und sei auch nicht im Besitz einer entsprechenden notariellen Urkunde. Es könne nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass diese Urkunde existiert habe. Der Beklagte könne sich durch Einsatz von Amtsermittlungsmaßnahmen der beiden Gründungsgesellschafter S und V über deren Existenz erkundigen.

Aber selbst wenn eine derartige Stimmrechtsveränderung vereinbart worden sei, sei diese für den Streitfall unerheblich. Wenn den beiden deutschen Gründungsgesellschafter mit ihrer Beteiligung von 48 v. H. am Stammkapital der Sp. Stimmrechte von 66,66 v. H. zugestanden hätten, hätte sich der Stimmrechtsanteil des Klägers lediglich auf 14,81 v. H. erhöht. Eine Zusammenrechnung der Stimmrechte der deutschen Gesellschafter sei nicht zulässig, weil diese fremde Dritte gewesen seien. Der Kläger sei deshalb nicht in Lage gewesen, sich an der Verwaltung der Gesellschaft oder an deren Kontrolle zu beteiligten. Dies habe der EuGH in seinem Urteil vom 7. September 2017 C-6/16HFR 2018, 175 Rdnr. 41 bis 43) selbst bei einer Beteiligung von 20 v. H. verneint.

Eine Direktinvestition unter Berücksichtigung des vom Kläger zusätzlich gewährten Darlehens liege bereits deshalb nicht vor, weil die Vorschrift nur auf Verluste aus einem Anteil an einer Kapitalgesellschaft beziehe, der die Voraussetzungen des § 17 EStG erfülle. Für Darlehen gebe es zwar eine Spezialvorschrift in § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG, diese sei aber nicht einschlägig. Bei eigenkapitalersetzenden Darlehen folgten diese der steuerlichen Behandlung der Kapitalbeteiligung.

Im Übrigen erschließe sich nicht, warum der Kläger auf Grund der stehen gelassenen Darlehen in der krisenbehafteten wirtschaftlichen Situation des Sp. die Möglichkeit auf eine Einflussnahme auf die Verwaltung erlangt haben könnte. Die Einbringung von know-how sei in erster Linie durch die beiden deutschen Gründungsgesellschafter S und V erfolgt. Er habe sich diese Möglichkeit auch nicht durch die im Rahmen der Besprechung an Amts Stelle abgegebene Sachverhaltsdarstellung zur "Bodenbeschaffenheit der Flächen in Polen" und die Erforderlichkeit von "Dünge- und Pflanzenschutzmitteln" erarbeitet.

Auch aus der vom Kläger verfassten "Zusammenfassung aus Verhandlungsgesprächen zur Aufnahme von neuen Gesellschaftern in die polnische Firma A" folge nichts Anderes. Dort seien nur der Kauf von Geschäftsanteilen und die Beteiligungssituation nach dem geplanten Eintritt des Klägers und der Herren S und M dargestellt worden. Zwar hätten alle späteren Gesellschafter das Dokument unterzeichnet, deswegen hätten sie aber doch jeweils individuelle finanzielle Interessen verfolgt.

Aber auch die zeitliche Voraussetzung sei nicht erfüllt. Zwar habe § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG bereits seit dem 31. Dezember 1993 bestanden und sei auch anwendbar gewesen. Aber bereits am 16. Dezember 1991 habe die Europäische Gemeinschaft mit Polen ein Assoziierungsabkommen zur Vorbereitung des EU-Beitritts geschlossen und dort hätten die Mitgliedstaaten den freien Kapitalverkehr im Zusammenhang mit Direktinvestitionen in Gesellschaften gewährt. Diese Regelung entspreche der aus dem Assoziierungsabkommen mit Tunesien aus dem Jahr 1995, für das eine Entscheidung des EuGHs seit 2016 vorliege.

Entgegen der Auffassung des Beklagten seien die Grundsätze des Urteils des EuGHs vom 24. November 2016 C-464/14, IStR 2017, 118) zur Frage, ob ein erworbener Bestandsschutz nach Art. 57 Abs. 1 EGV bzw. Art. 64 Abs. 1 EUGV später durch Abschluss einer internationalen Übereinkunft wie z. B. ein Assoziationsabkommen verloren gehen könne, auf den Streitfall übertragbar. Nach Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens, der einen freien Kapitalverkehr im Zusammenhang mit Direktinvestitionen in Gesellschaften in Tunesien gewährleistete, stimme inhaltlich mit Art. 60 Abs. 1 des Europaabkommens mit Polen überein. Auch dort werde der freie Kapitalverkehr hinsichtlich der Kapitalbilanztransaktionen gewährleistet, die in Art. 60 Abs. 3 und 61 des Europaabkommens genannten weiteren Konsultationen entsprächen der Regelung in Art. 34 Abs. 2 des EG-Tunesien-Abkommens, der nach der Auffassung des EuGH nichts an der unmittelbaren Wirkung des Abs. 1 ändere.

Es läge auch eine Kapitalbilanztransaktion von Deutschland nach Polen vor. Die gewährten Darlehen seien zwar auf ein Girokonto der Zweigniederlassung der Sp. in Deutschland überwiesen worden, dienten aber den betrieblichen Zwecken der Gesellschaft in Polen, da nur dort aktiv Landwirtschaft betrieben worden sei. Wenn man die Übernahme des Geschäftsanteils der Sp. durch den Kläger als Direktinvestition begreife, müsse dies auch im Rahmen des Art. 60 Abs. 1 des Europaabkommens gelten.

Zudem sei zu bedenken, dass § 2 a Abs. 1 EStG bereits durch die Neufassung mit rückwirkender Kraft seinen Bestandsschutz verloren haben könne. Zwar sei der Wortlaut der Vorschrift unverändert, aber die Verschärfungen in § 17 EStG schlügen nach Auffassung des Klägers auf die entscheidende Regelung durch, weil § 2 a Abs. 1 EStG insoweit eine dynamische Verweisung beinhalte. Hierzu werde auf das Urteil des FG Münster vom 22. November 2017 9 K 1877/10 K hingewiesen. Zudem stehe § 17 EStG seit 2001/2002 in einem völlig anderen gesetzessystematischen Zusammenhang, nämlich allein in jenem des ab diesem Zeitpunkt neu eingeführten "Halbeinkünfteverfahrens". Mit der vorherigen wirtschaftlichen Transparenzbetrachtung in Orientierung an der Behandlung von Mitunternehmern habe § 17 EStG in der Fassung des Steuersendungsgesetzes nichts mehr zu tun gehabt. Der Grundgedanke des § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG habe sich deshalb fundamental geändert.

3. Eine Rechtfertigung der Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit des Klägers nach Art. 65 AUEV scheide aus. Eine objektive Unvergleichbarkeit von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Drittstaaten und im Inland im Hinblick auf die Verlustbehandlung sei nicht ersichtlich. Steuerrechtlich würden in beiden Fällen die positiven als auch die negativen Einkünfte in Deutschland versteuert (vgl. EuGH, Urteil vom 29. März 2007 C-347/04, BStBl. II 2007, 492 Rz. 32 ff.).

Eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung bei der unterschiedlichen Berücksichtigung der Verluste bei inländischen und ausländischen Kapitalgesellschaften durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses sei nicht anzunehmen. Die Verhinderung unerwünschter Steuersparmöglichkeiten habe der EuGH bereits als nicht akzeptabel eingestuft. Der Ausgewogenheit der Verteilung der Besteuerungsrechte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen nach Art. 20 Abs. 4 DBA sei nicht tangiert. Ein Gestaltungsmissbrauch, eine Steuerumgehung oder gar Steuerhinterziehung könnten bei der generellen Regelung des § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG nicht herangezogen werden, zumal der Streitfall - ein Investment, dass durch eine Naturkatastrophe zunichtegemacht worden sei - dies deutlich zeige. Zudem sei eine erneute Beteiligung an einer polnischen Kapitalgesellschaft beim Kläger ausgeschlossen.

4. Auch Art. 58 Abs. 1 Buchst. b EGV sei bei § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG nicht anwendbar. Dieser sehe eine Rechtfertigung besonderer Maßnahmen zur Sicherstellung der Wirksamkeit der Steueraufsicht vor. Zwar hätten zu Polen vor dem Beitritt zur EU keine vertraglichen Regelungen zur gegenseitigen Amtshilfe bestanden. Im Streitfall habe der Kläger alle steuerlich relevanten Tatsachen in Deutschland belegen können. Bis auf den Sitz in Polen weise der Sachverhalt keinen grenzüberschreitenden Bezug auf. Dies sei auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Es sei deshalb unverhältnismäßig, dem Kläger den Verlustausgleich unter Hinweis auf diesen Aspekt zu verweigern. Zudem sei zu bedenken, dass bei der Einkommensteuerveranlagung im Jahr 2005 nach dem Beitritt Polens zur EU ausreichende Informationsmöglichkeiten bestanden hätten.

5. Wenn der Beklagte nach derart langer Zeit nunmehr behaupte, die vom Kläger seinerzeit gewährten Darlehen in Höhe von insgesamt 1.130.000 DM seien nur in Höhe des im Februar 2003 noch erzielten Veräußerungserlöses von 105.000 € zu berücksichtigen, könne er nach Treu und Glauben dies nicht mehr in Zweifel ziehen. Aus dem Vorverhalten des Beklagten ergebe sich, dass die Höhe des grundsätzlich anzusetzenden Verlustes seit mehr als zehn Jahren unstreitig sei. Es sei dem Kläger deshalb unzumutbar, die Krisensituation der Sp. in seinem Beteiligungszeitraum 1997 bis 2003 nunmehr noch nachweisen zu müssen. Der Beklagte habe diesen Aspekt nicht nur so lange Zeit nicht erwähnt. Er habe die Möglichkeit zur Vollprüfung des gesamten Sachverhalts in zwei Einspruchsverfahren gehabt. Die einzige zwischen den Beteiligten streitige Rechtsfrage sei aber die der Vereinbarkeit des § 2 a EStG mit dem EU-Recht gewesen.

6. Auch die Klage gegen den Feststellungsbescheid sei zulässig, schon aus Gründen der Prozessökonomie. Zudem sei es denkbar, dass die sachliche Grundentscheidung über die Anwendbarkeit von § 2 a Abs. 1 EStG in dem fraglichen Feststellungsbescheid getroffen worden sei und der Einkommensteuerbescheid lediglich Folgebescheid sei. Zudem habe der Berichterstatter in dem Klageverfahren 10 K xx/11 die Rechtslage als nicht völlig geklärt bezeichnet und die Hinweise des Beklagten in den Bescheiden seien nicht eindeutig. Im Übrigen sei auf die allgemeinen Ausführungen im Urteil des BFH vom 13. Juni 2018 I R 94/15, BFH/NV 2018, 1303 und im rechtskräftigen Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 31. August 2010 3 K 1314/07, EFG 2010, 2099) zu den Wirkungen der Bestandskraft von Feststellungsbescheiden hinzuweisen.

Mit gerichtlicher Verfügung vom xx. April 2020 ist der Kläger aufgefordert worden, Nachweise, z. B. Urkunden aus Polen etc.) oder andere Beweismittel beizubringen für die Behauptung, dass entgegen der damals bei einer Besprechung an Amts Stelle am xx. August 2001 vorgelegten Unterlagen die Stimmrechte der deutschen Investoren nicht auf 66,66 v. H. erhöht worden seien, sowie Angaben und nachweise zu den geltend gemachten Anschaffungskosten der der Sp. gewährten Darlehen.

Mit Schreiben vom xx. Mai 2020 erklärt der Kläger, er könne keine entsprechenden Unterlagen aus Polen vorlegen. Da allerdings nach polnischem Recht der Erwerb von Immobilien durch Ausländer oder durch Ausländer kontrollierte Gesellschaften nicht habe erfolgen dürfen, spreche dies hierfür, dass die in dem "Werbeprospekt" angekündigte Verschiebung der Stimmrechte nicht umgesetzt worden sei. Den Beklagten treffe im Übrigen die Feststellungslast, weil er den Schutz des EU-Rechts dem Kläger versagen wolle. Der ehemalige Mitgesellschafter S könne bezeugen, dass von den Altgesellschaftern den neuen Gesellschaftern keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt worden seien. Dieser könne auch bestätigen, dass es eine Vereinbarung zwischen den deutschen Gesellschaftern über eine Stimmrechtsbindung nicht gegeben habe.

Die historischen Anschaffungskosten für die Beteiligung und die mit übertragenen Darlehen und der erzielte Veräußerungserlös seien zwischen den Beteiligten unstreitig. Das gewährte Darlehen über 1.000.000 DM sei als Finanzierungsdarlehen zu bewerten, das mit dem Anteilskauf untrennbar verbunden gewesen sei. Die Sp. habe mit frischem Kapital versorgt werden müssen und eine betriebliche Erweiterung habe finanziert werden sollen. Dies könne der ehemalige Mitgesellschafter S bezeugen. Es läge somit ein eigenkapitalersetzendes Darlehen vor. Die weiteren Darlehen seien nicht etwa in der Krise "stehengelassen" worden, sondern sie seien in der bereits bestehenden Krise der Sp. gewährt worden. Ab Juni 1997 seien auf Grund des Hochwassers die Wirtschaftsflächen überschwemmt gewesen, die Erträge ausgeblieben und die Kosten aber weiter angefallen. Im Geschäftsjahr 1997 sei bei Gesamterträgen von 3.32 Mio. Zloty ein Verlust von 1,89 Mio. Zloty angefallen. Die langfristigen Verbindlichkeiten hatten sich auf 10,5 Mio. Zloty erhöht. Die neuen Darlehen seien deshalb erforderlich gewesen, um die Sp. in die nächste Ernteperiode zu retten. Auch dies könne S bezeugen.

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    den Bescheid über die Feststellungen nach § 2 a EStG zum Schluss des Veranlagungszeitraums 2003 vom xx. März 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom xx. März 2018 insoweit ersatzlos aufzuheben, als dort unter A. eine "Feststellung der verbleibenden negativen Einkünfte nach § 2a Abs. 1 EStG" in Höhe von EUR 259.444,51 im Hinblick auf eine Anteilsveräußerung vorgenommen wird,

  2. 2.

    den Einkommensteuerbescheid für 2003 vom xx. November 2005, zuletzt geändert durch den Bescheid vom xx. September 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom xx. März 2018 dahingehend abzuändern, dann ein Verlust in Höhe von EUR 259.444,51 aus einer Anteilsveräußerung nach § 17 i. V. m. § 3 Nr. 40, § 3 c Abs. 2 EStG zum Ausgleich mit den übrigen Einkünften des Klägers zugelassen wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner im Einspruchsbescheid geäußerten Rechtsansicht fest. Ergänzend trägt er wie Folgt vor:

Zu 2. Der Kläger habe mit seinem Investment bei der Sp. eine Direktinvestition i. S. d Art. 57 Abs. 1 EGV bzw. Art. 64 AEUV getätigt. Dass er die Beteiligung an der polnischen Gesellschaft zur Schaffung dauerhafter und unmittelbarer Wirtschaftsbeziehungen zwischen ihm und der Gesellschaft erworben habe, sei unstreitig. Mit der Gewährung der Darlehen habe er die Möglichkeit erworben, auf die Unternehmensführung und die wirtschaftlichen Unternehmensentscheidungen Einfluss zu nehmen. Zudem scheine es so, dass die deutschen Gesellschafter ihr individuelles know-how eingebracht hätten. Der Kläger habe schließlich an Amt Stelle eine Finanzierungsunterlage vorgelegt, aus der hervorgehe, dass das Stimmrecht für die deutschen Investoren auf 66,66 v. H erhöht worden sei. Aus der von allen deutschen Gesellschaftern unterschriebenen Zusammenfassung aus Verhandlungsgesprächen zur Aufnahme von neuen Gesellschaftern in die polnische Firma ... vom xx. März 1997 ergebe sich, dass diese einig gegenüber der Gesellschaft hätten auftreten wollen.

Der Kläger habe seinerzeit an Amts Stelle erklärt, die Stimmrechte der deutschen Investoren seien auf 66,66 v. H. erhöht worden. Unter diesen Umständen erschließe sich nicht, warum der Beklagte nunmehr diesen Vortrag als unglaubhaft einstufen und eigene Ermittlungstätigkeiten durchführen sollte.

Eine Direktinvestition i. S. d. Art. 57 Abs. 1 EGV bzw. Art. 64 AEUV liege vor, wenn die Beteiligung an der Aktiengesellschaft nach den nationalen aktienrechtlichen Vorschriften oder aus anderen Gründen die Möglichkeit gebe, sich tatsächlich an der Verwaltung dieser Gesellschaft oder an deren Kontrolle zu beteiligten. Dies sei bereits bei einer Beteiligung mit mindestens 10 v. H. erfüllt (Hinweis auf EuGH, Urteil vom 24. November 2016 C-464/14, Rdnr. 40). Oberhalb dieser Schwelle sei die Beurteilung letztlich dem nationalen Gericht vorbehalten. Ein sicherer Einfluss auf die Verwaltung oder Kontrolle sei nicht erforderlich. Die vom Kläger zitierte Rechtsprechung des EuGH beziehe sich auf die Niederlassungsfreiheit, nicht aber auf die Kapitalverkehrsfreiheit.

§ 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung sei bereits 1992 in das Einkommensteuerrecht eingeführt worden. Die schrittweise Ausdehnung des Verlustverrechnungsverbots aufgrund der Absenkung der Beteiligungsschwelle in § 17 EStG bewirke für § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG keinen geänderten Regelungsgehalt oder eine geänderte Wirkungsweise. Die Anwendbarkeit des Art. 57 Abs. 1 EGV bzw. des Art. 64 Abs. 1 AEUV hänge nicht vom Gegenstand der nationalen Regelung ab, sondern von deren Wirkung. § 2 a EStG habe durchgehend ein Verlustverrechnungsverbot für gleichartige Einkünfte aus Drittländern geregelt, dessen Wirkung die Einschränkung der Liberalisierung des Kapitalverkehrs zulasten der Drittstaaten sei. Unter die Bestandsschutzregelung falle eine Vorschrift nur dann nicht mehr, wenn sie auf einem anderen Grundgedanken als das frühere Recht beruhe und neue Verfahren schaffe. Mit der Absenkung der Beteiligungsgrenze in § 17 EStG wurden zugunsten der Steuerpflichtigen auch Verluste steuerlich nutzbar, die zuvor nicht berücksichtigungsfähig gewesen seien. § 2 a EStG schränke diese erweiterte Verlustberücksichtigung aus fortbestehenden Erwägungen ein. Von einer Normverschlechterung oder Verschärfung könne keine Rede sein.

Auch der Abschluss des sogenannten Europaabkommens mit Polen führe nicht zum Verlust des Bestandsschutzes. Die Regelungen wendeten sich nur an die EU und an die Republik Polen. Damit ein Steuerpflichtiger sich auf ein Abkommen berufen könne, müsse dies ihm subjektive Rechte vermitteln. Die Regelungen im Abkommen müssten deshalb unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf den Gegenstand und die Natur des Abkommens eine klare und eindeutige Verpflichtung enthalten, deren Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhängen dürften. Das Abkommen garantiere keine vollständige Kapitalverkehrsfreiheit zwischen den Mitgliedstaaten und Polen. Art. 60 Abs. 3 und 61 des Abkommens hätten ausdrücklich weitere Schritte für eine Erleichterung des Kapitalverkehrs bzw. für eine Übernahme der Rechtsvorschriften der EU vorgesehen. Art. 60 Abs. 1 des Abkommens mit Polen beziehe sich nur auf Kapitalbilanztransaktionen. Notwendig sei ein Kapitalfluss von Mitgliedstaaten nach Polen oder umgekehrt. Der Kläger habe die Beteiligung an der Sp. aber von einem inländischen Steuerpflichtigen erworben und sie dann später an einen anderen Inländer veräußert. Selbst die Darlehen an die Sp. habe der Kläger an ein deutsches Konto der Niederlassung Deutschland der Sp. überwiesen. Der Kläger habe selbst ausgeführt, dass der streitrelevante Sachverhalt abgesehen von der Ansässigkeit der Sp in Polen keinen einzigen grenzüberschreitenden Bezug aufweise. Auch habe der Kläger nicht in die Sp. investiert, weil der Erwerb der Beteiligung sich auf der Ebene der Gesellschafter abgespielt habe.

Die Bestimmungen im sogenannten Europaabkommen habe der EuGH nur hinsichtlich der enthaltenen Regelungen zur Niederlassungsfreiheit, nicht jedoch bezüglich der Bestimmungen über die Kapitalverkehrsfreiheiten für unmittelbar anwendbar erklärt. Die Entscheidung zu Art. 34 Abs. 2 des Assoziierungsabkommens der EU mit Tunesien sei nicht übertragbar auf die Regelung in Art. 60 Abs. 3 des Europaabkommens.

Zu 5. Der Beklagte habe nunmehr auch die Höhe der geltend gemachten Verluste überprüft, um neben den unionsrechtlichen Aspekten auch die einkommensteuerrechtlichen Gesichtspunkte argumentativ zu würdigen. Bei Darlehensverlusten im Zusammenhang mit § 17 EStG unterscheide die Rechtsprechung des BFH, ob die Darlehen in der Krise hingegeben, krisenbestimmte Finanzplandarlehen seien oder in der Krise lediglich stehen gelassen worden seien. Sei ein Darlehen in der Krise lediglich stehen gelassen worden, so führe der Verlust des Darlehens lediglich zu einem Ansatz des Werts zu nachträglichen Anschaffungskosten. Da die Gesellschafterdarlehen nach eigenen Angaben des Klägers im Kaufvertrag vom xx. Februar 2003 und im Schreiben vom xx. März 2003 im Zeitpunkt des Verkaufs insgesamt nur noch 105.000 € wert gewesen und vom neuen Anteilseigner zu diesem Preis übernommen worden seien, ergebe sich nur ein Verlust von 46.129,19 €.

Der Beklagte müsse sich nicht den Gedanken der Verwirkung entgegenhalten lassen. Es habe bislang auch keine abschließende Überprüfung der Verluste stattgefunden, weil eine solche bei Anwendung des § 2 a EStG nicht relevant gewesen sei.

Zu 6. Die Klage sei unzulässig, weil über die Frage der Ausgleichsfähigkeit der Verluste und die Versagung eines Verlustausgleichs im Einkommensteuerbescheid entschieden werde. Dies ergebe sich aus § 2 a Abs. 1 Satz 5, 10 d Abs. 4 Satz 4 1. Halbs. EStG. Der Einkommensteuerbescheid stelle deshalb einen Grundlagenbescheid zum Feststellungsbescheid dar und nicht umgekehrt.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am xx. September 2020 Beweis erhoben zur Frage der Ausgestaltung der Stimmrechtsanteile bei der Sp., zum Einfluss des Klägers auf die Geschäftsführung der Sp. durch seine Darlehensgewährungen, zur Frage, ob die deutschen Gesellschafter sich untereinander zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Stimmrechte verpflichtet hatten, und zur Frage, ob der Erwerb der Gesellschaftsanteile durch die drei deutschen Gesellschafter 1997 untrennbar mit den Darlehensgewährungen an die Sp. verbunden war, durch Einvernahme des S als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom xx. September 2020 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Soweit sich der Kläger mit seiner Klage gegen den Feststellungsbescheid wendet, ist diese bereits unzulässig. Im Übrigen ist sie nur zu einem geringen Umfang begründet.

Die Klage gegen den Feststellungsbescheid ist unzulässig, weil der Kläger nicht geltend machen kann, durch die angefochtene Feststellung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Nach § 40 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ist eine Anfechtungsklage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Bei Feststellungsbescheiden kann die geltend gemachte Rechtsverletzung bereits aus der gesonderten Feststellung oder allein aus der vermeintlich unzutreffenden Regelung einzelner Besteuerungsgrundlagen resultieren, unabhängig von ihren steuerlichen Auswirkungen. Denn die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellt stets einen eigenständigen Verwaltungsakt dar, der eine selbständige Beschwer entfalten kann. Die Klagebefugnis besteht jedoch dann nicht, wenn der Feststellungsbescheid selbst nur Folgebescheid ist (§ 42 FGO i. V. m. § 351 Abs. 2 Abgabenordnung - AO). Eine derartige Beschränkung der Klagebefugnis besteht auch im Streitfall.

Nach § 2 a Abs. 1 Satz 5 EStG sind die am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibenden negativen Einkünfte gesondert festzustellen. § 10 d Abs. 4 gilt sinngemäß. Die Verweisung in § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG ist insoweit dynamisch, als auf die jeweils geltende Fassung des § 10 d EStG abzustellen ist. Im Streitfall ist § 10 d Abs. 4 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I 2010, 1768 = JStG 2010) anzuwenden.

Nach § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG in der Fassung des JStG 2010 ist § 10 d EStG in der Fassung des JStG 2010 für alle Verluste anzuwenden, für die nach dem 13. Dezember 2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird. Die Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2003 durch den Kläger erfolgte zwar bereits im Jahr 2005 und damit vor dem relevanten Stichtag. Diese Steuererklärung kann aber nicht als Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustes angesehen werden, weil sie als Wissenserklärung nur die für die Einkommensteuerveranlagung wesentlichen Besteuerungsgrundlagen beinhaltet hat (vgl. dazu BFH, Urteil vom 11. Oktober 2017 IX R 15/17, BFH/NV 2018, 433 = Juris Rdnr. 13 a. E.). Mit dem Einspruch gegen den Feststellungsbescheid vom xx. November 2005 hat der Kläger dessen ersatzlose Aufhebung beantragt, nicht aber eine entsprechende Erklärung abgegeben (vgl. BFH, Beschluss vom 4. April 2014 IX B 137/13, BFH/NV 2014, 1042 = Juris Rdnr 6). § 10 d EStG ist deshalb mangels abgegebener Erklärung vor dem maßgebenden Stichtag in § 52 Abs. 25 Abs. 5 EStG in der Fassung des JStG 2010 anzuwenden.

Nach der bis zum Erlass des JStG 2010 geltenden Rechtslage waren erstmals geltend gemachte Verluste auch insoweit von Amts wegen gesondert festzustellen, als ein Einkommensteuerbescheid zwar bestandskräftig geworden war, darin aber keine nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte berücksichtigt worden waren (BFH, Urteil vom 17. September 2008 IX R 70/06, BStBl. II 2009, 897 = Juris Rdnr.12 f.). Nach der durch das JStG geänderten Rechtslage wird mit der Verweisung auf §§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 Nr. 1 und 351 Abs. 2 AO eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungbescheids an den Einkommensteuerbescheid erreicht, obwohl der Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid ist. Die Besteuerungsgrundlagen sind im Feststellungsverfahren so zu berücksichtigen, wie sie der letzten bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzung zu Grunde liegen. Daraus folgt, dass im Feststellungsverfahren des verbleibenden Verlustvortrags die Einkünfte nicht eigenständig zu ermitteln sind. Wird der Einkommensteuerbescheid bestandskräftig und berücksichtigt er z. B. keinen Verlust, kommt eine Verlustfeststellung nur noch in Betracht, wenn und soweit der Steuerbescheid des Verlustentstehungsjahres nach den Vorschriften der Abgabenordnung änderbar ist. Der erstmalige Erlass eines Feststellungsbescheids über den verbleibenden Verlustvortrag nach § 10 d Abs. 4 Satz 4 EStG 2010 ist danach ebenso wie die Änderung der Verlustfeststellung von der Reichweite der verfahrensrechtlichen Änderungsmöglichkeiten der Steuerfestsetzung im Verlustentstehungsjahr abhängig (BFH, Urteil vom 11. Oktober 2017 IX R 15/17, BFH/NV 2018, 433 = Juris Rdnr. 14). Nichts Anderes gilt für die Verlustfeststellung, wenn der bestandskräftige Steuerbescheid zwar einen Verlust berücksichtigt, der Steuerpflichtige jedoch einen höheren Verlust begehrt. Der erstmalige Erlass wie auch die Änderung eines Feststellungsbescheids über den verbleibenden Verlustvortrag sind von der Reichweite der verfahrensrechtlichen Änderungsmöglichkeiten der Steuerfestsetzung im Verlustentstehungsjahr abhängig (BFH, Urteil vom 16. Mai 2018 XI R 50/17, BStBl. II 2018, 752 = Juris Rdnr. 20 f.). Die Beschränkung der Klagebefugnis folgt aus der Verweisung auf § 42 FGO durch § 10 d Abs. 4 EStG n. F.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf Urteile des BFH und des FG Rheinland-Pfalz hinweist, können diese nicht zu einem abweichenden Ergebnis führen, weil sie zur Rechtslage vor Erlass des JStG 2010 ergangen sind.

Das Klageverfahren gegen den Feststellungsbescheid war auch im Hinblick auf das gegen den Einkommensteuerbescheid nach § 74 FGO nicht auszusetzen. Zwar ist ein Klageverfahren regelmäßig auszusetzen, wenn die Klage gegen einen Folgebescheid gerichtet ist und Besteuerungsgrundlagen streitig sind, den abschließende Prüfung dem Verfahren über den Grundlagenbescheid vorbehalten sind. Ist der Grundlagenbescheid bereits ergangen und - wie im Streitfall - angefochten, ist eine Aussetzung des Verfahrens über den Folgebescheid regelmäßig ermessengerecht. Trotzdem sieht das Gericht im Streitfall von einer Aussetzung ab. Zum Einen berücksichtigt es dabei, dass mit über die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 als Grundlagenbescheid ebenfalls in diesem Verfahren zeitgleich entschieden wird. Zum Zweiten ist bei der Prüfung des dem Gericht eingeräumten Ermessens wesentlich der Umstand berücksichtigt worden, dass der Rechtsstreit zwischen den Beteiligten über die Berücksichtigung der Verluste aus der Kapitalbeteiligung seit nunmehr 15 Jahren andauert und die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend ihre Erwartung geäußert haben, dass dieser nunmehr auch beendet werden wird. Der Kläger wird durch diese Entscheidung nicht belastet, weil bei einer für ihn günstigen Beendigung des Klageverfahrens der Beklagte nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO den Feststellungsbescheid von Amts wegen ersatzlos aufheben würde.

Im Übrigen ist die Klage in geringem Umfang begründet.

Der Einkommensteuerbescheid 2003 vom xx. November 2005, zuletzt geändert durch Bescheid vom xx. September 2013 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom xx. März 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten, als die Verluste aus der Veräußerung der Beteiligung an der Sp. steuermindernd zu berücksichtigen sind (1.). Die Höhe der berücksichtigungsfähigen Verluste als Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb betragen allerdings unter Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens lediglich 3.799 € (2.).

1. Die Verluste aus der Veräußerung der Kapitalbeteiligung des Klägers an der Sp. sind im Streitjahr 2003 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 17 EStG zu berücksichtigen (a). Zwar steht einer steuerlichen Anerkennung der Wortlaut des § 2 a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 2a EStG entgegen (b). Diese Vorschrift verletzt den Kläger aber in seinem Recht auf Kapitalverkehrsfreiheit (c). Dieser Verstoß führt aber nicht dazu, dass die Regelung überhaupt nicht anzuwenden ist; vielmehr ist § 2 a EStG im Lichte der EU-Grundfreiheiten geltungserhaltend auszulegen (d).

a) Die Verluste aus der Veräußerung der Kapitalbeteiligung sind im Streitjahr als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG zu qualifizieren.

Deutschland hat für die Besteuerung des Veräußerungsvorgangs im Verhältnis zu Polen das Besteuerungsrecht. Das Besteuerungsrecht steht Deutschland allerdings nicht nach Art. 20 Abs. 4 DBA-Polen vom 18. Dezember 1972 (BGBl. II 1975, 646) zu. Der Kläger weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin ist, dass das DBA-Polen 1972 für den 2003 verwirklichten Steuertatbestand anwendbar ist, weil dieses bis zum 31. Dezember 2004 galt und erst danach durch ein neues Abkommen abgelöst worden ist. Art. 13 Abs. 4 des OECD-Musterabkommens enthält eine Regelung für die Veräußerung von in den vorangehenden 4 Absätzen der Vorschrift nicht aufgeführten Vermögensteilen. Danach sind Veräußerungen von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die im Privatvermögen gehalten werden, erfasst und können nur im Wohnsitzstaat des Veräußerers besteuert werden (vgl. Klaus Vogel, DBA, 2. Aufl. 1990, Art. 13 Rdnr. 95). Im DBA-Polen fehlt aber eine entsprechend ausgestaltete Regelung. Deshalb ist der allgemeine Auffangtatbestand in Art. 19 anzuwenden, der eine Besteuerung im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen vorsieht (Klaus Vogel, a. a. O., Art. 13 Rdnr. 112).

Der Vorgang unterfällt dem Grunde § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Bei der Sp. z.o.o. handelt es sich um eine haftungsbeschränkte Gesellschaft nach polnischem Recht, die von ihrer Ausgestaltung der GmbH rechtlich sehr ähnlich ist. Es liegen somit Anteile an einer Kapitalgesellschaft gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG vor. Der Kläger war am Gesellschaftskapital seit dem Anteilskauf 1997 zu mehr als einem Prozent beteiligt. Für diese Schwelle ist das Verhältnis des nominellen Anteils am Grund- oder Stammkapital entscheidend (BFH, Urteile vom 25. November 1997 VIII R 29/94, BStBl. II 1998, 257; vom 14. Juli 2005 VIII R 73/03, BStBl. II 2005, 861). § 17 EStG als subsidiäre Vorschrift zu §§ 4, 5 EStG erfasst nur Anteile, die im Privatvermögen des Steuerpflichtigen gehalten werden (BFH Urteil vom 18. Dezember 2001 VIII R 27/00, BStBl. II 2002, 733). Die Kläger hatte im Jahr der Anschaffung der Anteile einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Die Beteiligung könnte maximal gewillkürtes Betriebsvermögen sein, keinesfalls notwendiges, weil keine betriebswirtschaftliche Verbindung zum LuF-Betrieb besteht (vgl. dazu Kulosa, in: Schmidt, EStG, 38. Aufl. 2019, § 13 Rdnr. 245 mit Beispielen für notwendiges BV bei der Beteiligung an Zucht-, Forst- und Weidegemeinschaften, an Zuckerrübenfabriken etc.). Der Gewinn ist im Streitjahr zu erfassen, weil die Veräußerung im Streitjahr erfolgt ist (BFH, Urteile vom 17. Februar 2004 VIII R 28/02, BStBl. II 2005, 46; vom 18. November 2014 IX R 30/13, BFH/NV 2015, 489).

b) Der steuerlichen Anerkennung der Verluste aus Gewerbebetrieb steht der Wortlaut des § 2 a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 und 2a EStG entgegen. Dabei ist auf die Fassung der Vorschrift durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.Dezember 208, BGBl I 2008, 2794 (JStG 2009) abzustellen, weil diese nach § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG i. d. F. des JStG 2009 in allen Fällen anzuwenden ist, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist.

Nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 EStG dürfen negative Einkünfte in den Fällen des § 17 bei einem Anteil an einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art aus demselben Staat ausgeglichen werden. Drittstaaten-Kapitalgesellschaften sind nach § 2a Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 EStG solche, die weder ihre Geschäftsleitung (§ 10 AO) noch ihren Sitz (§ 11 AO) in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union haben. Die Republik Polen ist erst ab dem 1. Mai 2004 Mitglied in der EU. Geschäftsleitung und Sitz der Sp. befinden sich unstreitig in Polen. Die Sp. z.o.o. ist auch eine anerkannte Körperschaft i. S. d. § 2a Abs. 1 Nr. 4 EStG, weil sie nach dem durchzuführenden Typenvergleich nach polnischem Recht rechtfähig ist und der GmbH als inländischer Körperschaft des Privatrechts entspricht (vgl. BFH, Urteil vom 23. Juni 1992 IX R 182/87, BStBl. II 1992, 972).

§ 2 a Abs. 2a Satz 2 EStG führt nicht dazu, dass die Sp. nicht als Drittstaaten-Kapitalgesellschaft zu qualifizieren ist. Danach werden Mitgliedstaaten der EU solche Staaten gleichgestellt, auf die das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist oder sofern zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem anderen Staat auf Grund der Amtshilferichtlinie oder einer vergleichbaren zwei- oder mehrseitigen Vereinbarung Auskünfte erteilt werden, die erforderlich sind, um die Besteuerung durchzuführen. Am 2. Mai 1992 wurde das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum unterzeichnet. Vertragsparteien waren die damaligen zwölf Mitgliedsstaaten der EG und die sieben EFTA-Staaten, zu denen Polen nicht gehörte. Das EWR-Abkommen verpflichtet EU-Mitglieder, einen Aufnahmeantrag zu stellen. Polen ist erst am 1. Januar 2004 über die EU auch Mitglied im EWR geworden (vgl. Abkommen über die erste Erweiterung des Europäischen Wirtschaftsraums durch die EU, die EU-Beitrittskandidaten und die EFTA-Staaten vom 14. Oktober 2003). Ein gegenseitiges Amtshilfe- und Auskunftsrecht besteht nur zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Norwegen, Island und Liechtenstein (FG Münster, Urteil vom 23. Februar 2016 12 K 2144/13 E, F, Juris Rdnr. 24).

Schließlich führt auch die Ausschlussklausel in § 2 a Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Satz 1 Halbs. 2 EStG im Streitfall nicht zur Anwendung der Beschränkung in Abs. 1 Nr. 4. Das unmittelbare Halten einer Beteiligung von mindestens 1/4 am Nennkapital einer Kapitalgesellschaft gilt danach als Bewirkung gewerblicher Leistungen, wenn die Kapitalgesellschaft weder ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat und fast ausschließlich eine begünstigte Tätigkeit den Gegenstand ihres Unternehmens bildet. Im Streitfall erfüllt der Kläger mit seiner Beteiligung an der Sp. bereits die 25 v. H.-Grenze nicht, sodass der geltend gemachte Veräußerungsverlust nach dem Wortlaut des § 2 a Abs. 1 Nr. 4 EStG nur eingeschränkt steuerlich berücksichtigungsfähig ist.

c) Die Regelung des § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG verletzt den Kläger allerdings in seiner europarechtlichen Grundfreiheit der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV (ehemals Art. 56 EGV).

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass im Streitfall die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1 AEUV tatbestandlich nicht einschlägig ist. Nur Unionsbürger - also im Streitfall auch der Kläger - haben das Recht, sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen. Auf Drittstaaten erstreckt sich die Niederlassungsfreiheit grds. nicht. Die Niederlassungsfreiheit ist nicht anwendbar auf Sachverhalte - in der Entscheidung ging es um die Versteuerung von Dividenden für einen Anteilseigner einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft -, die die Niederlassung eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates oder einer nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründeten Gesellschaft in einem Drittland betreffen (EuGH, Urteile vom 23. November 2006 C-157/06, Slg. 2007, I - 4051 Rdnr. 28; vom 10. Mai 2007 C-102,/05, Slg. 2007 I - 3871 Rdnr. 29; BFH, Urteil vom 9. Mai 2012 X R 3/11, BStBl. II 2012, 585 = Juris Rdnr. 16). Das gleiche gilt für die Berücksichtigung von Verlusten einer in einem Drittstaat gelegenen Betriebsstätte bei der Gewinnermittlung, weil die Niederlassung in einem Drittstaat nicht von der Niederlassungsfreiheit umfasst ist (EuGH, Urteil vom 6. November 2007 C-415/06, Slg. 2007, I - 151 Rdnr. 18). Von der Niederlassungsfreiheit umfasst ist nur der Erwerb einer Beteiligung an einem Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat, die einen solchen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft verleiht, dass der Erwerber deren Tätigkeit bestimmen kann (sog. Kontrollerwerb; EuGH, Urteil vom 13. April 2000 C-251/98, Slg. 2000, I - 2787 Rdnr. 22). Quorum für einen sog. Kontrollerwerb sind mindestens 25 v. H. (BFH, Urteil vom 19. Juli 2017 I R 87/15, IStR 2018, 78 m. w. N. aus der Rechtsprechung des EuGH). Der Kläger kann sich somit schon deshalb nicht auf die Nielen und damit in einem Drittstaat hatte und zudem kein Kontrollerwerb gegeben war.

Die Anwendung des § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG verletzt im Streitfall dagegen die Grundfreiheit der Kapitalverkehrsfreiheit des Klägers.

Der Kläger ist berechtigt, sich auf die in Art. 63 Abs. 1 AEUV geregelte Grundfreiheit berufen. Bei der Frage, ob ein EU-Bürger sich wegen einer Benachteiligung durch eine nationale Regelung auf die Niederlassungsfreiheit und oder die Kapitalverkehrsfreiheit berufen kann, ist nach der Rechtsprechung des EuGH auf den Gegenstand der nationalen Regelung abzustellen. Die nationalen Vorschriften, die anzuwenden sind, wenn ein Angehöriger des betreffenden Mitgliedstaates am Kapital einer Gesellschaft eines anderen Mitgliedstaates eine Beteiligung hält, die es ihm ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen dieser Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeit zu bestimmen, sind am Maßstab der Niederlassungsfreiheit zu messen (sog. Direktinvestitionen). Reine Finanzinvestitionen (Portfolioinvestitionen), wie etwa die Vergabe von Darlehen, die Gewährung von Genusskapital oder stillen Einlagen sind nur nach Maßgabe der Vorschriften über den Kapitalverkehr zu beurteilen Beide Grundfreiheiten sind nebeneinander anwendbar, wenn es sich bei der in Rede stehenden Regelung (nicht der Einzelfall) auf den Umfang der Beteiligung des Anteilseigners nicht ankommt (Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 63 AEUV Rdnr. 25 mit Nachweisen auf die Rechtsprechung des EuGH in Fn. 63).

Bei sog. Direktinvestitionen scheidet eine Berufung auf die Kapitalverkehrsfreiheit selbst dann aus, wenn die fragliche Kapitalgesellschaft sich im Drittstaat befindet. Ein Freiheitschutz findet dann im Ergebnis nicht statt (Ress/Ukrow, Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Band I, Loseblattsammlung, Stand: Juli 2017, Art. 63 AEUV, Rdnrn. 305 ff.Rdnr. 313, 314), weil insoweit die Niederlassungsfreiheit die nur als Reflex mitbetroffene Kapitalverkehrsfreiheit vollständig verdrängt. Ob ein bestimmender Einfluss besteht, ist nach der Rechtsprechung des EuGH nach den tatsächlichen Umständen und dem relevanten Gesellschaftsrecht zu bestimmen. Eine Minderheitsbeteiligung von unter 25 v. H. kann im Einzelfall genügen, wenn der Gesellschafter sich auf andere Weise einen bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft verschafft. Es soll allerdings im Regelfall eine Beteiligung von bloß 10 v. H. der Stimmrechte nicht ausreichen, um einen bestimmenden Einfluss bejahen zu können. Für die Frage des bestimmenden Einflusses kommt es aber auch auf die Position der übrigen Gesellschafter an (Ress/Ukrow, a. a. O., Rdnr. 315, 316).

Diese am Einzelfall orientierte Prüfung der Abgrenzung zwischen der Niederlassungsfreiheit und der Kapitalverkehrsfreiheit verlässt der EuGH aber bei steuerrechtlichen Vorschriften. Hängt z. B. die Anwendung einer steuerrechtlichen Regelung, die an einen Beteiligungserwerb an einem Unternehmen anknüpft, nicht vom Umfang der vom gebietsfremden Anteilseigner erworbenen Beteiligung ab und beschränkt sie sich dementsprechend nicht auf Situationen, in denen der Anteilseigner einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der betreffenden Gesellschaft ausüben und deren Tätigkeiten bestimmen kann, und ist es Ziel der betreffenden Regelung, gebietsfremde Anteilseigner daran zu hindern, einen ungerechtfertigten Steuervorteil zu erlangen, der unmittelbar durch Anteilsveräußerungen entsteht, die möglicherweise allein zum Zweck der Erlangung dieses Vorteils erfolgen und nicht zum Zweck oder infolge der Ausübung der Niederlassungsfreiheit, ist davon auszugehen, dass der den freien Kapitalverkehr betreffende Aspekt der Regelung Vorrang vor dem Aspekt der Niederlassungsfreiheit hat (Ress/Ukrow, a. a. O., Rdnr. 317 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH). Auch der BFH prüft bei der Abgrenzung zwischen Dienstleistungsfreiheit und Kapitalverkehrsfreiheit die einschlägige Norm des deutschen Steuerrechts abstrakt und nicht auf den Einzelfall bezogen (BFH, Urteil vom 9. Mai 2012 X R 3/11, BStBl. II 2012, 585 = Juris Rdnr. 22). Da § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG i. V. m. § 17 Abs. 1 EStG im Streitjahr bei Beteiligungen von mindestens 1 v. H. am Stammkapital anzuwenden ist, ist auch die Kapitalverkehrsfreiheit als Grundfreiheit einschlägig.

Der Kläger fällt als Bürger der Bundesrepublik Deutschland unter den Persönlichen Anwendungsbereich des Art. 63 Abs. 1 AEUV, Bürger von EU-Staaten und Drittstaaten umfasst. Auch der räumliche Anwendungsbereich der Vorschrift ist erfüllt, weil Art. 63 Abs. 1 AEUV Beschränkungen des Kapitalverkehrs auch zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten erfasst.

§ 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG berührt allgemein und auch im Streitfall den Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit in Art. 63 Abs. 1 AEUV. Der Begriff des Kapitalverkehrs ist im Vertrag nicht gesetzlich definiert. Die kapitalverkehrsrelevanten Regelungen im Primär- und Sekundärrecht, die Rechtsprechung des EuGH und das ökonomische Verständnis sind zusammenschauend zu berücksichtigen. Danach ergibt sich folgende Umschreibung: Kapitalverkehr ist jede die Grenzen eines Mitgliedstaates der Gemeinschaft hinweg stattfindende Übertragung von Geld- oder Sachkapital, die primär zu Anlagezwecken erfolgt (vgl. Bröhmer, in. Calliess/Ruffert, EUV/AUEV, 4. Aufl. 2011, Art. 63 AEUV Rdnr. 8 m. w. N.; Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Band I, Loseblattsammlung, Stand: Juli 2017, Art. 63 AEUV, Rdnr. 131).

Art. 63 Abs. 1 AEUV verbietet allgemein alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern. Kapitalverkehr im Sinne dieser Bestimmung sind insbesondere direkte Investitionen in Form der Beteiligung an einem Unternehmen durch den Besitz von Aktien, die die Möglichkeit verschafft, sich tatsächlich an der Verwaltung dieser Gesellschaft und an deren Kontrolle zu beteiligen (Direktinvestition), sowie der Erwerb von Wertpapieren auf dem Kapitalmarkt allein in der Absicht einer Geldanlage, ohne auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss nehmen zu wollen (Portfolioinvestition). (EuGH, Urteil vom 26. Februar 2019 C-135/17, IStR 2019, 347 = Juris Rdnr. 26 m. w. N.).

Unter den Begriff der Beschränkung sind solche Maßnahmen zu fassen, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten, oder Maßnahmen, die geeignet sind, den Erwerb von Beteiligungen an den betreffenden Unternehmen zu verhindern oder zu beschränken oder aber Anleger aus anderen Mitgliedsstaaten davon abzuhalten, in das Kapital dieser Unternehmen zu investieren (Bröhmer, a. a. O., Art. 63 AEUV Rdnr. 43). In das Verbot des Art. 63 Abs. 1 AEUV werden einbezogen alle unmittelbaren oder mittelbaren, aktuellen oder potentiellen Behinderungen, Begrenzungen oder Untersagungen für den Zufluss, Abfluss oder Durchfluss von Kapital (Ress/Ukrow, a. a. O. Art. 63 AEUV Rdnr. 158). Ein unzulässiges Investitionshindernis kann dann z. B. in einer Regelung begründet sein, nach der ein Steuervorteil einem gebietsansässigen Steuerpflichtigen nur dann gewährt wird, wenn er Anteile an einer gebietsansässigen Gesellschaft von einem gebietsansässigen Anteilseigner erwirbt, und damit die von Gebietsfremden gehaltenen Anteile weniger attraktiv macht und deshalb den betreffenden Steuerpflichtigen folglich davon abhalten kann, derartige Anteile zu erwerben und gebietsfremde Investoren davon abhalten kann, Anteile an der Gesellschaft zu erwerben und damit die Beschaffung von Kapital aus anderen Mitgliedstaaten durch diese Gesellschaft behindern kann (EuGH, Urteil vom 17. September 2009 C-182/08, Slg. 2009 I 8591, Rdnr. 53 ff.). Im konkreten Fall stellt § 2 a Abs. 1 Nr. 4 EStG eine indirekte Behinderung für Deutsche dar, sich in einem Drittstaat an einer Kapitalgesellschaft zu beteiligten, weil diese Beteiligung im Vergleich zu einer an einer deutschen Gesellschaft bei einem Veräußerungsverlust diskriminiert wird.

Eine Rechtfertigung der Beschränkung nach Art. 64 Abs. 1 AEUV scheidet im Streitfall aus. Dabei kann unentschieden bleiben, ob der Kläger mit seiner Beteiligung an der Sp. aufgrund eines von dem Gewicht seiner Beteiligung abweichenden ihm eingeräumten Stimmrechts oder aufgrund einer Vereinbarung mit den übrigen deutschen Gesellschaftern zum Pooling ihrer Stimmrechte einen relevanten Einfluss auf die Geschäftsführung der Sp. hatte oder nicht.

Art. 64 Abs. 1 AEUV ermöglicht eine Rechtfertigung von Beschränkungen durch "einzelstaatliche Vorschriften für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen". Der Begriff der Direktinvestition ist unionsrechtlich zu verstehen, wobei auf Akte des sekundären Unionsrechts zurückgegriffen werden kann. Der Begriff der Direktinvestition ist definiert in der Nomenklatur Anhang I Nr. 1 bis 4 der RL 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrages. Danach werden erfasst die Gründung, Übernahme und Beteiligung an Unternehmen, langfristige Darlehen oder Reinvestitionen von Erträgen mit dem Ziel der Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter Wirtschaftsbeziehungen. Es muss die Möglichkeit bestehen, sich tatsächlich an der Verwaltung dieser Gesellschaft oder deren Kontrolle zu beteiligen, reine Portfolioinvestitionen sind nicht erfasst (Anhang F: Begriffsbestimmungen "Direktinvestitionen" der Richtlinie).

Ein Mitgliedstaat kann nach Art. 64 Abs. 1 AEUV in seinen Beziehungen zu dritten Ländern Beschränkungen des Kapitalverkehrs, die in den sachlichen Geltungsbereich dieser Bestimmung fallen, auch dann anwenden, wenn sie gegen Art. 63 Abs. 1 AEUV niedergelegten Grundsatz des freien Kapitalverkehrs verstoßen, sofern sie bereits am 31. Dezember 1993 bestanden. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich bereits, dass die Beschränkungen des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen in den sachlichen Geltungsbereich fallen, nicht aber Portfolioinvestitionen (EuGH, Urteil vom 26. Februar 2019 C-135/17, Juris Rdnr. 28). Die Anwendbarkeit der in Art. 64 Abs. 1 AEUV vorgesehen Stillhalteklausel setzt aber nicht voraus, dass sich die einzelstaatliche Regelung, die den Kapitalverkehr mit Drittländern beschränkt, ausschließlich auf den von dieser Bestimmung erfassten Kapitalverkehr bezieht. Es steht der Anwendung des Art. 64 Abs. 1 AEUV nicht entgegen, dass eine nationale Regelung nicht nur den von Art. 64 Abs. 1 AEUV erfassten Kapitalverkehr erfasst. Der sachliche Geltungsbereich dieser Klausel hängt nämlich nicht vom spezifischen Gegenstand einer nationalen Beschränkung ab, sondern auf deren Auswirkung auf den von Art. 64 Abs. 1 AEUV erfassten Kapitalverkehr. Art. 64 Abs. 1 AEUV bleibt anwendbar, auch wenn die der Beschränkung zugrundeliegende nationale Regelung auf andere Arten von Kapitalverkehr wie etwa Portfolioinvestitionen ausgeweitet wird (EuGH, Urteil vom 26. Februar 2019 C-135/17, Rdnr. 32-34).

Erlaubt sind einzelstaatliche Regelungen mit Beschränkungen des Kapitalverkehrs gegenüber Drittstaaten, die auf Grund nationaler oder gemeinschaftsrechtlicher Rechtsvorschriften am 31. Dezember 1993 schon bestanden. Es handelt sich um eine Stillhaltevorschrift. Der rechtliche Rahmen, in den sich die betreffende Beschränkung einfügt, muss seit dem 31. Dezember 1993 ununterbrochen Teil der nationalen Rechtsordnung gewesen sein (EuGH, Urteil vom 24. November 2016 C-464/14, IStR 2017, 118 = Juris Rdnr. 81). Ein Mitgliedstaat begibt sich auch dann der Möglichkeit nach Art. 64 Abs. 1 AEUV, wenn er, ohne die bestehende nationale Regelung förmlich aufzuheben oder zu ändern, eine internationale Übereinkunft wie ein Assoziierungsabkommen schließt, die in einer Vorschrift mit unmittelbarer Wirkung die Liberalisierung von Kapital im Sinne von Art. 64 Abs. 1 AEUV vorsieht. (EuGH, a.a.O. = Juris Rdnr. 89).

§ 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG bestand bereits am 31. Dezember 1993 und ist von seinem Wortlaut her bis heute unverändert. Durch die dynamische Verweisung auf § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ist es in der Zeit von 1994 bis 2003 zu einer Erweiterung auch des Anwendungsbereichs des § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG gekommen, als der Schwellenwert von ursprünglich 25 v. H. auf 10 v. H. und dann ab 2001 auf 1 v. H. abgesenkt worden ist. Durch diese Verbreitung des Anwendungsbereichs vertieft sich die Diskriminierung eines deutschen Steuerpflichtigen, der einen Verlust aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft geltend machen möchte.

Ob die in Art. 64 Abs. 1 AEUV normierte Stillhalteklausel auch deshalb nicht eingreift, weil die EU am 16. September 1991 das Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits geschlossen hat, das am 1. Februar 1994 in Kraft getreten ist (vgl. Vertragsgesetz vom 26. August 1993, BGBl. 1993 II, 1316), kann angesichts dieses Befundes offenbleiben. In jedem Fall liegt - wenn man dem Vortrag des Klägers folgt, dass er keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Sp. hatte - kein Fall einer Rechtfertigung nach Art. 64 Abs. 1 AEUV im konkreten Fall vor, weil es dann um eine tatbestandlich nicht erfasste Portfolioinvestition gehandelt hat, oder aber bei einer Bewertung als Direktinvestition wäre eine Rechtfertigung wegen der zwischenzeitlichen Absenkung der Beteiligungsschwelle ausgeschlossen. Der Senat geht allerdings davon aus, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein über en nominellen Anteil des Klägers hinausgehender Einfluss auf die Geschicke der Sp. nicht bestanden hat. Der Zeuge S hat in seiner Aussage die Angaben des Klägers dahingehend bestätigt, dass eine Erhöhung der Stimmrechtsanteile seinerzeit zwar von den beiden deutschen Altgesellschaftern beabsichtigt gewesen ist und in den Unterlagen auch dementsprechend propagiert wurde, eine Umsetzung tatsächlich aber nicht erfolgt ist. Auch eine verbindliche Vereinbarung der deutschen Gesellschafter zur einheitlichen Abgabe ihrer Stimmen hat es nicht gegeben.

Schließlich scheidet auch eine Rechtfertigung der Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit in § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG über Art. 65 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 AEUV aus.

Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Die Bestimmung kann nicht dahin verstanden werden, dass jede Steuerregelung, die zwischen Steuerpflichtigen nach ihrem Wohnort oder nach dem Staat ihrer Kapitalanlage unterscheidet, ohne Weiteres mit dem Vertrag vereinbar wäre. Die nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a zulässigen Ungleichbehandlungen dürfen nämlich nach dessen Abs. 3 weder ein Mittel zur Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung darstellen. Ungleichbehandlungen sind nur zulässig, wenn sie Situationen betreffen, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder andernfalls, wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind und nicht über das hinausgehen, was zum Erreichen des mit der fraglichen Regelung verfolgten Zwecks erforderlich ist (EUGH, Urteile vom 26. Februar 2019 C-135/17, Juris Rdnr. 60 f.; vom 17. Oktober 2013 C-181/12, IStR 2013, 954 = Juris Rdnr. 44; vom 30. Juni 2016 C- 123/15, BStBl. II 2017, 424 = Juris Rdnr. 25 f.). Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit der grenzüberschreitenden Situation mit einer mitgliedstaatsinternen Situation ist das mi den fraglichen nationalen Bestimmungen verfolgte Ziel zu berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 26. Februar 2019 C-181/12, Juris Rdnr. 64). Zielsetzung der Beschränkung der steuerlichen Berücksichtigung der von § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG erfassten Verluste bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 17 EStG ist die Vermeidung volkswirtschaftlich nicht sinnvoller Verwendungszwecke im Ausland, die aber bei Verlusten zu erheblichen steuerlichen Folgen führen. Die Situation ist nicht deshalb unvergleichbar, wenn der fragliche Investor (hier der Kläger) an einer in einem Drittland ansässigen Gesellschaft beteiligt ist, mit der Situation eines Investors bei einer inländischen Kapitalgesellschaft. Bei Veräußerungsgewinnen werden inländische und ausländische Kapitalbeteiligungen nach dem Welteinkommensprinzip im Rahmen des § 17 Abs. 1 EStG gleichbehandelt (EuGH, Urteil vom 26. Februar 2019 = Juris Rdnr. 68). Dies gilt für Polen auch deshalb, weil in jedem Fall der Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht hat.

Wenn eine umfassende Verpflichtung zur Amtshilfe und Auskunftserteilung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen rechtlich nicht bestünde, würde dies einen zwingenden Grund i. S: d. Art. 65 Abs. 3 AEUV zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung darstellen, wenn die Einkünfte des Klägers aus der Veräußerung der Beteiligung an der polnischen Gesellschaft von den deutschen Finanzbehörden nicht zuverlässig festgestellt werden könnten (vgl. BFH, Urteil vom 22. Mai 2019 I R 11/19, BFH/NV 2019, 1376 = Juris Rdnr. 30 ff.; FG Münster, Urteil vom 23. Februar 2016 12 K 2144/13 E, F, Juris Rdnr. 31 unter Hinweis, dass Angaben und Belege des Steuerpflichtigen nur durch eine eigene steuerbehördliche Überprüfung im Drittstaat regelmäßig wirksam überprüft werden könnten). Ein Informationsaustausch nach Art. 23 des DBA-Polen reicht als umfassende Amtshilfe und Auskunftserteilung nicht aus, weil dort nur die zur Durchführung des Abkommens erforderlichen Informationen ausgetauscht werden.

Im Streitfall kommt es für die erforderliche Aufklärung des steuerrelevanten Sachverhalts aber auf die Verhältnisse in Polen schon gar nicht an. Die Regelung in § 2 a Abs. 1 Nr. 4 EStG knüpft nur an den Sitz der Kapitalgesellschaft im Drittland, im Streitfall in Polen an. Bei der Veräußerung von Anteilen an der Sp. ist aber für die Frage der Aufklärung des Sachverhalts entscheidend, wo Veräußerer und Erwerber ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Wenn - wie im Streitfall - beide in Deutschland sitzen, ist eine Aufklärung des Sachverhalts durch die deutschen Finanzämter ohne weiteres möglich. Wenn dagegen im umgekehrten Fall ein Ausländer einen Anteil an einer deutschen Kapitalgesellschaft von einem Deutschen erwirbt, ist eine Überprüfung des Sachverhalts durch die deutsche Finanzbehörde durch Ermittlungen im Wohnsitzstaat des Erwerbers jedenfalls ohne umfassende Verpflichtungen zur Amtshilfe und Auskunftserteilung des Wohnsitzstaates gegenüber den deutschen Finanzbehörden nicht möglich. Wegen der zumindest partiell untauglichen Anknüpfung des § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG an den Sitz und die Geschäftsleitung der Kapitalgesellschaft in einem Drittstaat scheidet eine Rechtfertigung der Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch Art. 65 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 AEUV aus.

d) Die Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV führt indes nicht dazu, dass die Regelung in § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG überhaupt nicht anzuwenden ist. Vielmehr ist sie im Lichte der EU-Grundfreiheiten gestaltungserhaltend auszulegen.

Das Recht der Europäischen Union ist gemäß Art. 23 Grundgesetz, Art. 267 AEUV Bestandteil des Bundesrechts und zwar mit Anwendungsvorrang vor nationalem Recht (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. Juni 2000 2 BvL 1/97, BVerfGE 102, 147; vom 9. Januar 2001 1 BvR 1036/99, NJW 2001, 1267 [BVerfG 09.01.2001 - 1 BvR 1036/99]). Die Gerichte dürfen deshalb deutsche Vorschriften nicht anwenden, soweit sie Unionsrecht verletzen. Der Anwendungsvorrang des Primärrechts der EU und damit der unionrechtlichen Grundfreiheiten ist somit auch mit Blick auf die Verlustabzugsbeschränkung in § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zu beachten. Allerdings ist die nationale Norm bei einem Verstoß gegen EU-primärrecht nicht generell unanwendbar. Denn der gemeinschaftsrechtliche Anwendungsvorrang wirkt sich nicht dergestalt aus, dass von der Anwendung einer EU-rechtswidrigen Norm gänzlich abzusehen ist. Die gemeinschaftsrechtlichen Erfordernisse sind vielmehr in geeigneten Fällen durch die sogenannte "geltungserhaltende Reduktion" in die betreffenden Normen hineinzulesen. Dadurch wird im Wege richterlicher Rechtsfortbildung ein unionsrechtskonformer Zustand geschaffen (BFH, Urteile vom 21. Oktober 2009 I R 114/08, BFH/NV 2010, 279; vom 13. Juni 2018 I R 94/15, BFHE 262,79 [BFH 12.06.2018 - VIII R 32/16]; vom 3. Februar 2010 I R 21/06, BStBl. II 2010, 692, 696 Rdnr. 25; FG Köln, Urteil vom 23. Januar 2019 2 K 1315/13, EFG 2019, 1764 = Juris Rdnr. 75).

Im Streitfall geht aus § 2 a Abs. 2a Satz 2 EStG die gesetzgeberische Wertung hervor, dass eine Beschränkung von Verlusten aus der Veräußerung von Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft in einem Drittstaat dann nicht erfolgen soll, wenn der steuerrechtlich relevante Sachverhalt durch entsprechende Vereinbarungen mit dem Drittstaat sicher aufgeklärt und dann die Besteuerung in Deutschland durchgeführt werden kann. Die Beschränkungen der in § 2 a Abs. 2a Satz 2 EStG enthaltenen Rückausnahme auf das Bestehen bestimmter rechtlicher Rahmenbedingungen für die Einholung der erforderlichen Auskünfte sind insoweit zu eng und auch EU-rechtswidrig gefasst, als es auch Konstellationen wie im Streitfall gibt, bei denen der steuerrechtlich erhebliche Sachverhalt sich ausschließlich in Deutschland ereignet und damit die Finanzbehörden ohne weiteres im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht tätig werden können. Da die gesetzliche Rückausnahme zu eng gefasst ist, erfolgt nicht ihre geltungserhaltende Reduktion, erforderlich ist vielmehr eine geltungserhaltende Erweiterung um den Tatbestand, dass eine Anwendung des § 2a Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 EStG auch dann erfolgen muss, wenn der steuerrechtliche Sachverhalt des An- und späteren Verkaufs der Beteiligung einschließlich der eventuell mit einzubeziehenden Gewährung kapitalersetzender Darlehen ausschließlich in Deutschland verwirklicht worden ist.

Damit steht § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG im Streitfall einer steuerlichen Berücksichtigung eines Verlustes aus der Veräußerung der Beteiligung an der Sp. im Streitjahr 2003 dem Grunde nach nicht entgegen.

Aufgrund der gestaltungserhaltenden Auslegung des § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG müsste der erkennende Senat im Streitfall nicht nach Art. 267 AEUV den EuGH anrufen.

2. Der steuerlich anzuerkennende Verlust bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb beträgt nach § 17 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §§ 3 Nr. 40, 3 c Abs. 2 EStG nur 3.799 €. Der vom Kläger erhobene Einwand der Verwirkung gegenüber dem Beklagten führt nicht zu einer ungeprüften Übernahme des im Einkommensteuerbescheid vom 3. November 2005 in den Erläuterungen vermerkten Verlustes von 259.444,51 €. Das vom Kläger am xx. Mai 1997 gegenüber der Sp. gewährte Darlehen in Höhe von 1.000.000 DM nicht mit den historischen Anschaffungskosten, sondern als stehengelassenes Darlehen mit seinem Wert bei Übertragung im Jahr 2003, somit mit 0 € anzusetzen.

Der vom Kläger erhobene Einwand der Verwirkung hinsichtlich der nunmehr angezeigten Überprüfung des geltend gemachten Verlustes ist unbegründet. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist Ausfluss des auch im Steuerschuldverhältnis geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben. Dieser Grundsatz gebietet u. a. für Steuergläubiger und Steuerpflichtigen gleichermaßen, auf die Belange des anderen Teils Rücksicht zu nehmen und sich zu seinem eigenen früheren Verhalten nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise in Widerspruch zu setzen (BFH, Urteil vom 17. Juni 1992 X R 47/88, BStBl. II 1993, 174). Dabei ist es anerkanntes Recht, dass das Finanzamt auch außerhalb einer verbindlichen Zusage oder einer verbindlichen Auskunft nach Treu und Glauben an eine Zusicherung, eine zweifelhafte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne zu beurteilen, gebunden sein kann und hieraus verpflichtet ist, bei einer späteren Veranlagung der Zusicherung gemäß zu handeln. Eine fortgesetzte fehlerhafte Rechtsanwendung über Jahre hinaus reicht aber nicht aus. Aus ihr lässt sich aus Sicht des Steuerpflichtigen nicht schließen, die Finanzbehörde werde das Recht auch dann noch zugunsten des Steuerpflichtigen fehlerhaft anwenden, wenn es die Fehlerhaftigkeit erkannt hat. Eine Disposition des Steuerpflichtigen im Hinblick auf das Verhalten der Finanzbehörde stellt eine zusätzliche Voraussetzung dar für die Annahme einer Verwirkung. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten hat der Beklagte nicht vorgenommen.

Wie richtig vom Kläger erkannt, hat der Beklagte bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2003 die Werte des Klägers aus der Veranlagung übernommen. Danach aber während der beiden Einspruchsverfahren hat sich die Überprüfung der Sach- und Rechtslage ausschließlich auf die logisch vorrangige Frage erstreckt, ob die Verluste dem Grunde nach unter § 2a Abs. 1 Nr. 4 EStG fallen. Aus den Einspruchsbescheiden geht nicht hervor, dass der Beklagte sich in irgendeiner Weise auch mit der Höhe der Verluste beschäftigt hat.

Bei Prüfung der Frage, ob der Beklagte sich bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2003 oder danach sich auch hinsichtlich der Höhe eines ggf. steuerlich anzuerkennenden Veräußerungsverlustes hat festlegen wollen, mithin sich nunmehr im Klageverfahren treuwidrig verhält, wenn er die seinerzeit übernommene Berechnung des Klägers in Zweifel zieht, ist zur Überzeugung des Gerichts die Rechtsprechung zu Umfang und Folgen eines Vorläufigkeitsvermerks nach § 165 Abs. 1 AO zu berücksichtigen. Das Finanzamt kann eine Änderung eines Steuerbescheids nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO auch dann vornehmen, wenn sie wegen einer tatsächlichen Unsicherheit eines bestimmten Sachverhalts den Steuerbescheid unter einen Vorläufigkeitsvermerknach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO stellt und später eine gegenüber dem unsicheren Sachverhalt nachrangige Frage nunmehr anders beantwortet. Wenn z. B. bei einer Einkommensteuerveranlagung die Gewinnerzielungsabsicht nicht geklärt ist und deshalb ein Bescheid hinsichtlich der fraglichen Einkünfte für vorläufig erklärt wird, kann das FA auch Folgefragen zu den Betriebseinnahmen und -ausgaben noch anders beantworten. Nur wenn das FA im vorläufigen ESt-Bescheid deutlich macht, dass es den Vorläufigkeitsvermerk nicht auf eventuell nachrangige Fragen erstrecken will, weil es in Abweichung von der Steuererklärung die Betriebseinnahmen und einzelne Werbungskosten in rechtlicher und/oder tatsächlicher Hinsicht schon vorab eingehend prüft und die Abweichung auch im Bescheid bzw. in einer Anlage zum Bescheid erläutert, so erstreckt sich der Vorläufigkeitsvermerk nur auf die Frage der Anerkennung der so errechneten Einkünfte (FG Münster, Urteil vom 27. März 2014 2 K 1208/12 E, EFG 2014, 1258 = Juris Rdnr. 18 f.). Unter Berücksichtigung dieses Rechtsgedankens stellt es kein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beklagten dar, wenn dieser in Kenntnis des Klägers die nur rechtslogisch vorrangige und zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob dem Grund nach die Beschränkung des § 2 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG einem Ansatz bei der Einkommensteuerfestsetzung entgegensteht, im Rechtsbehelfsverfahren entscheidet und die nachrangige Frage, welcher Verlust bei einer Berücksichtigung denn tatsächlich anzusetzen wäre, nicht verbindlich entscheidet. Im Übrigen ist dem Gericht nicht erkennbar, welche Dispositionen der Kläger auf Grund der nach seiner Meinung getroffenen Festlegung des Beklagten getroffen hat.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb der erzielte Veräußerungserlös in Höhe von 110.000 € anzusetzen ist und die Anschaffungskosten für die Beteiligung und ggf. die kapitalersetzenden Darlehen zum Bewertungsstichtag gegenüber zu stellen sind. Deshalb sind auch die Anschaffungskosten für die Beteiligung in Höhe von 51.129,19 € unstreitig zugunsten des Klägers anzusetzen.

Für die Frage der Bewertung der Anschaffungskosten für die Darlehen ist die Rechtslage vor dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I 2026) anzuwenden, weil dieses Gesetz erst am 1. November 2008 in Kraft trat. Gewährte Darlehen müssen, um im Rahmen des § 17 Abs. 1 EStG Berücksichtigung zu finden, nach Zivilrecht kapitalersetzenden Charakter haben, um durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst zu sein und nicht als bloßes Fremdkapital eingeordnet zu werden. (BFH, Urteile vom 4. März 2008 IX R 80/06, BStBl. II 2008, 577578 m. w. N.; vom 2. April 2008 IX R 76/06, BStBl. II 2008, 706).

Die Darlehen vom xx. November 2007 und xx. März 2008 stuft das Gericht in Übereinstimmung mit der Ansicht der Beteiligten als krisenbestimmte Darlehen ein, denen mit Gewährung somit eigenkapitalersetzender Charakter zukam. Ein Darlehen ist in der Krise der Gesellschaft als Darlehensnehmerin eingeräumt, wenn im Zeitpunkt seiner Gewährung die Gesellschaft entweder insolvenzreif ist oder die Insolvenzreife zwar noch nicht eingetreten ist, die Rückzahlung des Darlehens aber angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in dem Maße gefährdet ist, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Kreditgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre. Maßgebend ist, ob die Gesellschaft unter den bestehenden Verhältnissen von einem Dritten noch einen Kredit zu marktüblichen Bedingungen erhalten hätte (BFH, Urteil vom 13. Juli 1999 VIII R 31/98, BStBl. II 1999, 724, 725). Im konkreten Fall war die wirtschaftliche Situation der Sp. nach dem Hochwasser 1997 nach der glaubhaften Schilderung durch den Kläger und den Zeugen S sehr angespannt. Die Gesellschaft benötigte dringend sofortige liquide Mittel, um ihren laufenden Verpflichtungen nachkommen zu können und für die nächste Ernte Vorkehrungen zu treffen. In dieser angespannten Situation hätte ein Dritter keinesfalls Kredite ohne jegliche dingliche Sicherheiten mit frei wählbaren Rückzahlungsraten und mit unbefristeter Dauer gewährt.

Bei der Darlehensgewährung am xx. Mai 1997 befand sich die Sp. aber unstreitig noch nicht in einer Krise, weil der Einstieg des Klägers wegen der wirtschaftlichen Perspektiven des landwirtschaftlichen Betriebs in Polen und seiner Erweiterung erfolgen sollte. Entgegen der Ansicht des Klägers lag zu diesem Zeitpunkt am xx. Mai 1997 kein Finanzplandarlehen gegenüber der Sp. vor.

Die Annahme eines Finanzplandarlehens setzt nach der Rechtsprechung des BFH voraus, dass es von vornherein derart in die Finanzplanung der Kapitalgesellschaft einbezogen worden ist, dass die zur Aufnahme der Geschäfte erforderliche Finanzausstattung der Gesellschaft durch eine Kombination von Eigen- und Fremdkapital erreicht werden soll. Solche von den Gesellschaftern gewährten "finanzplanmäßigen" Kredite zur Erreichung des Gesellschaftszwecks werden nach Gesellschaftsrecht den Einlagen als "gesplittete Pflichteinlagen" gleichgestellt. Entscheidend ist, ob sich die planmäßige Gesellschafterfinanzierung aus einer Gesamtwürdigung des Gesellschafts- und/oder Darlehensvertrages und der im Zeitpunkt des Abschlusses dieser Verträge vorliegenden Umstände ergibt. Maßgebliche Gesichtspunkte für die Annahme eines Finanzplandarlehens sind u. a. das Vorliegen einer zwischen dem Gesellschafter und der Kapitalgesellschaft getroffenen Vereinbarung, der zufolge die Mittel einlageähnlichen Charakter haben und wie Einlagen behandelt werden sollen. Diese Vereinbarung kann entweder im Gesellschaftsvertrag, in einem Gesellschaftsbeschluss oder in einer schuldrechtlichen Nebenabrede zum Gesellschaftsvertrag enthalten sein. Dabei ist zu berücksichtigen, ob zumindest nach der Einschätzung des Gesellschafters das Darlehen für die Verwirklichung der gesellschaftsvertraglichen Ziele unentbehrlich war. Weitere Gesichtspunkte, die in die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind, sind u. a. die fehlende Kündigungsmöglichkeit des Darlehensgebers, nicht fremdübliche Konditionen der Darlehensgewährung, ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Gründung der Gesellschaft und dem Abschluss des Darlehensvertrags, eine langfristige, nicht nur den vorübergehenden Geldbedarf abdeckende Überlassung der Darlehensmittel, das Fehlen von Tilgungsmöglichkeiten während der Darlehenslaufzeit, das Fehlen von Sicherheiten oder das Vorliegen einer Rangrücktrittserklärung (BFH, Beschluss vom 11. Januar 2019 IX B 126/17, BFH/NV 2019, 583 = Juris Rdnrn. 20 f. mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des BFH).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das vom Kläger am xx. Mai 1997 der Sp. gewährte Darlehen nicht als Finanzplandarlehen anzusehen. Grundlage für die Darlehensgewährung war keine Regelung in einem Gesellschaftsvertrag, einem Gesellschafterbeschluss oder eine schuldrechtliche Nebenabrede zum Gesellschaftsvertrag. Die Verpflichtung zum Abschluss von Darlehensverträgen waren die neuen Gesellschafter - u. a. der Kläger - in den Verträgen über den Kauf und die Übertragung mit den bisherigen Gesellschaftern eingegangen. Eine gesplittete Pflichteinlage kann in einer derartigen Situation nicht vorliegen, weil der vereinbarte Kaufpreis für die übertragenen Anteile den alten Gesellschaftern und nicht der Sp. zugeflossen ist. Im Übrigen ist als weiterer Umstand relevant, dass nur die neuen Gesellschafter zum Abschluss von Darlehensverträgen mit der Sp. verpflichtet wurden. Die Altgesellschafter waren von derartigen Verpflichtungen freigestellt.

Der geschlossene Darlehensvertrag zwischen der Sp. und dem Kläger war wie unter Fremden üblich abgeschlossen worden. So sah der Vertrag eine Kündigungsmöglichkeit für den Kläger vor, sobald die Sp. mit zwei Raten der Darlehenszinsen in Verzug war. Der vereinbarte Zinssatz entsprach üblichen Konditionen, weil der Kläger die Darlehenssumme selbst mit einem Zinssatz von 6,4 v. H. bei einer Bank refinanzierte. Auch eine dingliche Besicherung wurde vorgesehen, dass diese bei Abschluss des Darlehensvertrages nicht werthaltig gewesen sei, hat der Kläger nicht behauptet und ist nach Aktenlage auch nicht erkennbar. Insgesamt entspricht das gewährte Darlehen nicht dem eines Finanzplandarlehen. Diese Ansicht wird letztlich auch vom Kläger geteilt, der lediglich die dort entwickelten Grundsätze "in ähnlicher Weise" auf den Streitfall übertragen möchte. Eine hierfür erforderliche erweiternde Auslegung des Begriffs des eigenkapitalersetzenden Darlehens oder gar analoge Anwendung im Rahmen des § 17 Abs. 1 EStG in Abgrenzung zum Fremddarlehen ist nicht zulässig, weil sie dem objektiven Nettoprinzip widersprechen würde. Wertverluste bei Darlehensforderungen, die nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, sind der Privatsphäre des Gesellschafters zuzuordnen.

Der Darlehenshingabe in der wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft steht es allerdings grundsätzlich gleich, wenn der Gesellschafter das der Gesellschaft vor der Krise gewährte Darlehen stehenlässt, obwohl er es hätte abziehen können und angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft die Gefährdung der Rückzahlung absehbar ist. Während sich die Anschaffungskosten der Beteiligung jedoch im Fall der Hingabe des Darlehens in der Krise nach dem Nennwert des Kredits bestimmen, kann bei einem stehengelassenen Darlehen grundsätzlich nur der Wert in dem Zeitpunkt angesetzt werden, in dem es der Gesellschafter mit Rücksicht auf die Gesellschaftsverhältnisse nicht abzieht. Im Streitfall hat der Kläger trotz des Verzugs der Sp. im Hinblick auf die Zinszahlungen nicht von seinem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht. Stattdessen hat er die aufgelaufenen Zinsforderungen kontinuierlich ab August 1997 gestundet. Auch der Termin zur Rückzahlung des Darlehens im Mai 2002 wurde mit Vereinbarung vom 10. Januar 2002 bis zum Mai 2007 verlängert. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte geht der Senat deshalb unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers über die wirtschaftliche Entwicklung der Sp. davon aus, dass sich die Gesellschaft spätestens im Januar 2002 in einer existentiellen wirtschaftlichen Krise befand, zumal auch diesem Jahr ein weiteres großes Hochwasser zu verkraften war. Den Wert der Darlehensforderung im Zeitpunkt des Eintritts der Krise schätzt der Senat mit 0 €, weil ein ordentlicher Kaufmann ein derartiges Darlehen nicht übernommen hätte und eine Werthaltigkeit der von der Sp. hingegebenen dinglichen Sicherheiten nach den Zerstörungen durch die Hochwasser wohl kaum noch gegeben war. Letztlich hat der Kläger zum Wert des 1997 hingegebenen Darlehens und dem Eintritt der Krise im Betrieb der Gesellschaft keine genaueren Angaben gemacht. Die verbleibenden Unsicherheiten gehen deshalb zu seinen Lasten.

Der anzusetzende Verlust bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb gemäß § 17 Abs. 1 EStG ermittelt sich deshalb wie Folgt:

Veräußerungserlös110.000,00 €
./. Anschaffungskosten für Beteiligung51.129,19 €
./. Anschaffungskosten krisenbestimmte Darlehen66.467,93 €
Veräußerungsverlust7.597,12 €
Nach Halbeinkünfteverfahren3.799,00 €

Das Gericht hat die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer 2003 nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO, weil die Klage des Klägers letztlich nur zu etwa 1 v. H. Erfolg gehabt hat. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, weil die Frage einer geltungserweiternden Erweiterung des Ausnahmetatbestands in § 2 a Abs. 2a Satz 2 EStG noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist und ihr deshalb grundsätzliche Bedeutung zukommt.