Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 25.06.2013, Az.: 7 A 205/12

Dienst- und Arbeitsbefreiung; erforderliche Schulung; Freistellungs- und Ausgleichsanspruch; personalvertretungsrechtliche Aufgaben

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
25.06.2013
Aktenzeichen
7 A 205/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64359
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Teilnahme eines Mitglieds des Personalrats an einer personalvertretungsrechtlichen Grundschulung, die der Erlangung für die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben des Personalrats erforderliche Kenntnisse dient, stellt die Erfüllung einer personalvertretungsrechtlichen Aufgabe im Sinne des § 39 Abs. 2 NPersVG dar. Es besteht ein Freistellungs- und Ausgleichsanspruch gem. § 39 Abs. 2 NPersVG.

Tenor:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 31.07.2012 verurteilt, der Klägerin wegen der Teilnahme an dem Seminar „Einführung in das NPersVG“ vom 11.06.2012 bis zum 15.06.2012 weitere 16 Arbeitsstunden auf ihrem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 328,33 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine Arbeitsbefreiung für die Teilnahme an einer Personalratsschulung.

Sie ist mit einem Anteil vom 3/5 (24 Wochenstunden) eines Vollzeitbeschäftigten in Teilzeit bei der Beklagten als Landesoberinspektorin (A 10) beschäftigt. Bei der letzten Personalratswahl ist sie als ordentliches Mitglied erstmalig in den Personalrat der Beklagten gewählt worden.

Vom 11.06.2012 bis zum 15.06.2012 nahm sie in ihrer Eigenschaft als ordentliches Mitglied des Personalrats an dem Seminar „Einführung in das NPersVG“ teil. Die Beklagte bewilligte ihr die Teilnahme mit Schreiben vom 02.05.2012 und beurlaubte sie hierzu unter Fortzahlung ihrer Bezüge. Das Seminar wurde vom Bildungswerk ver.di veranstaltet und beinhaltete 40 Unterrichtsstunden. Am 11.06.2012 begann um 10:00 Uhr und endete um 17:30 Uhr. Am 15.06.2012 begann das Seminar um 8:30 Uhr und endete um 14:00 Uhr. Im Übrigen begann das Seminar jeweils um 8:30 Uhr und endete jeweils um 18:15 Uhr.

Die Beklagte schrieb der Klägerin für die Teilnahme an dem Seminar in ihrem Arbeitszeitkonto ihre Sollarbeitszeit in Höhe von 24 Wochenstunden gut. Darüber hinaus beantragte die Klägerin, die Gutschrift von 16 Wochenstunden, weil sie in diesem Umfang über ihre regelmäßige Wochenarbeitszeit hinausgehend durch die Teilnahme an dem Seminar verpflichtet gewesen sei. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 31.07.2012 ab, der der Klägerin am 14.08.2012 zuging. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass eine Arbeitsbefreiung gemäß § 39 Abs. 2 Satz 3 und 4 NPersVG nur beansprucht werden könne, wenn Mitglieder des Personalrats personalvertretungsrechtliche Aufgaben wahrnähmen und dadurch über ihre regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht würden. Die Teilnahme an einer Schulung stelle jedoch keine personalvertretungsrechtliche Aufgabe dar. Die arbeitszeitrechtlichen Folgen der Teilnahme an einer Schulung seien vielmehr in § 40 NPersVG abschließend geregelt. Danach sei für die Teilnahme an einer Schulung nur der erforderliche Urlaub unter Fortzahlung der Bezüge zu gewähren. Ein darüberhinausgehender Anspruch auf Freizeitausgleich bestehe nicht.

Die Klägerin hat am 06.09.2012 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass die Teilnahme an dem Seminar, in dem Kenntnisse vermittelt worden seien, die für die Tätigkeit des Personalrats erforderlich seien, eine personalvertretungsrechtliche Aufgabe darstelle und ihr dementsprechend ein Freizeitausgleich zu gewähren sei. Sie verweist insoweit auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13.12.2012 (15 SA 621/12). Danach folge ein derartiger Anspruch aus § 39 Abs. 2 Satz 3 und 4 NPersVG.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 31.07.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, weitere 16 Arbeitsstunden für die Zeit vom 11.06.2012 bis zum 15.06.2012 ihrem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt im Wesentlichen aus, dass der Ausgleich für schulungsbedingte Abwesenheitszeiten in § 40 NPersVG abschließend geregelt sei. Dies ergebe sich sowohl aus dem systematischen Zusammenhang als auch dem Wortlaut der §§ 37, 39 und 40 NPersVG. Der Gesetzgeber habe explizit für schulungsbedingte Abwesenheitszeiten keine Arbeitsbefreiung sondern die Gewährung von Urlaub unter Fortzahlung der Bezüge vorgesehen. Damit beschränke sich der Ausgleichsanspruch wegen schulungsbedingter Abwesenheitszeiten auf das Lohnausfallprinzip. Der Begriff der Urlaubsgewährung schließe Arbeitszeitgutschriften jenseits des individuellen Arbeitssolls aus. Die Teilnahme an Personalratsschulungen gehöre nicht zum Kreis der Tätigkeiten, die im Sinne des § 39 Abs. 2 Satz 1 NPersVG zur ordnungsgemäßen Durchführung von personalvertretungsrechtlichen Aufgaben erforderlich seien. Insofern sei eine strikte Abgrenzung zwischen erforderlichen Maßnahmen in diesem Sinne und der für die Personalratsarbeit erforderlichen Schulungen geboten. Die Teilnahme an einer solchen Schulung versetze das Personalratsmitglied nämlich erst in die Lage, die Personalratsaufgaben im Sinne des § 39 Abs. 2 Satz 1 NPersVG durchzuführen. Schulungen seien daher nur als funktionsbegleitende Maßnahmen zu qualifizieren. Weiterhin seien sowohl im BPersVG als auch im BetrVG die Teilnahme an Schulungen getrennt von den Maßnahmen zur Erfüllung der personalvertretungsrechtlichen Aufgaben geregelt. In der einheitlichen Systematik dieser Regelungen komme zum Ausdruck, dass die Teilnahme an Schulungen nicht zum Aufgabenkreis der Personalvertretungen gehöre.

Die Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage, über die die erkennende Kammer gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 31.07.2012 ist rechtwidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf die Gutschrift von 16 Stunden auf ihr Arbeitszeitkonto.

Über die Klage ist nach den für Klagen aus dem Beamtenverhältnis allgemein geltenden Vorschriften zu entscheiden, denn es handelt sich um eine Streitigkeit aus dem Beamtenverhältnis und nicht über die Rechtsstellung der Personalvertretung gemäß § 83 NPersVG (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.1980 – 2 C 43/78 -, juris; Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 15. Aufl., § 39 Rn. 30 und 31).

Der Klägerin steht eine Arbeitsbefreiung aufgrund der Teilnahme an dem Seminar zu.

Anspruchsgrundlage ist § 39 Abs. 2 Satz 3 und 4 in Verbindung mit Satz 1 NPersVG. Danach ist den Mitgliedern des Personalrats, die durch die Erfüllung der personalvertretungsrechtlichen Aufgaben über ihre regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht werden, Dienst- oder Arbeitsbefreiung in entsprechendem Umfang zu gewähren. Dies gilt bei Teilzeitbeschäftigten sinngemäß.

Die Teilnahme der Klägerin an dem Seminar stellt die Erfüllung einer personalvertretungsrechtlichen Aufgabe im Sinne des § 39 Abs. 2 Satz 1 NPersVG dar.

Bei dem Seminar handelt es sich, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, um eine erforderliche Schulung. Erforderlich sind Schulungen, die Kenntnisse vermitteln, die für die Tätigkeit des Personalrats erforderlich sind, weil der Personalrat seine Aufgaben nur erfüllen kann, wenn die entsprechenden Kenntnisse vorhanden sind. Die Kenntnisse müssen benötigt werden, um den gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Eine personalvertretungsrechtliche Grundschulung, wobei es sich bei dem von der Klägerin besuchten Seminar handelt, ist dementsprechend für jedes erstmalige Personalratsmitglied, wie es die Klägerin zum Zeitpunkt der Teilnahme an dem Seminar war, als erforderlich anzusehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.04.1979 - 6 P 45/78 -, BVerwGE 58, 54; Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 15. Aufl., § 37 Rn. 29).

Die Teilnahme an einer solchen erforderlichen Schulung stellt im Gegensatz zur Teilnahme an einer Schulung im Sinne des § 40 NPersVG, die der Personalratsarbeit nur dienlich ist, eine personalvertretungsrechtliche Aufgaben im Sinne des § 39 Abs. 2 Satz 1 NPersVG dar (in diesem Sinne LAG Nds., Urteil vom 13.12.2012 - 15 SA 621/12 -, Veröffentlichung nicht bekannt; Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 15. Aufl., § 39 Rn. 3 und § 40 Rn. 2; Fricke/Dierßen/Otte/Sommer/Thommes, NPersVG, 4. Aufl., § 39 Rn. 2 und 7b; andere Ansicht Dembowski/Ladwig/Sellmann, Personalvertretungsrecht in Nds., § 39, Rn. 32). Zur Erfüllung personalvertretungsrechtlicher Aufgaben gehören nicht nur die eigentlichen Aufgaben des Personalrats, wie sie sich aus den gesetzlichen Vorschriften des NPersVG ergeben, sondern auch die Teilnahme an Schulungen, die der Erlangung der für die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse dienen. Zur Durchführung der Aufgaben des Personalrats gehört nämlich gerade nicht nur deren konkrete Wahrnehmung, sondern auch das Erlangen von Wissen um die Aufgaben und um die vom Gesetz geforderte Art und Weise ihrer Durchführung (vgl. zu § 37 BetrVG in der Fassung von 1952 vor der gesetzlichen Normierung der Teilnahme an Schulungen in § 37 Abs. 6 und 7 BetrVGBAG, Urteil vom 10.11.1954 - 1 AZR 19/53 -, juris; Richardi, BetrVG, 12. Aufl., § 37 Rn. 79; Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, BetrVG, 12. Aufl. § 37 Rn. 18; Fitting, BetrVG, 25. Aufl. § 37 Rn. 31).

Dass die Teilnahme an erforderlichen Schulungen zu den Aufgaben des Personalrats im Sinne des § 39 Abs. 2 NPersVG gehört, folgt aus dem systematischen Zusammenhang des NPersVG. Der Freistellungsanspruch bei der Teilnahme an erforderlichen Schulungen ist im NPersVG nicht ausdrücklich geregelt (vgl. Fricke/Dierßen/Otte/ Sommer/Thommes, NPersVG, 4. Aufl., § 39 Rn. 2). § 37 Abs. 1 Satz 2 NPersVG regelt lediglich die Verpflichtung der Dienststelle zur Kostentragung und § 40 NPersVG nur die Gewährung des erforderlichen Urlaubs unter Fortzahlung der Bezüge für die Teilnahme an Schulungen, die der Personalratsarbeit dienlich sind. Die §§ 37 und 40 NPersVG enthalten damit keine Regelung für den Freistellungsanspruch bei der Teilnahme an erforderlichen Schulungen (andere Ansicht Dembowski/Ladwig/Sellmann, Personalvertretungsrecht in Nds., § 39, Rn. 32). Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Regelung des § 40 NPersVG abschließend auch für erforderliche und nicht nur für die allein im Gesetzeswortlaut angeführten dienlichen Schulungen gelten soll. Von den dienlichen Schulungen sind diejenigen zu trennen, die im Sinne des § 37 Abs. 1 Satz 2 NPersVG als erforderlich anzusehen sind (vgl. Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 15. Aufl., § 40 Rn. 2). Dagegen, dass § 40 NPersVG erforderliche Schulungen erfasst, spricht auch das Erfordernis eines Antrags und der Untersagungsvorbehalt in § 40 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz NPersVG. Danach ist dem Personalratsmitglied für die Teilnahme an einer dienlichen Schulung nur Urlaub zu gewähren, wenn dringende dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Dass der Gesetzgeber eine derartige Einschränkung auch für die wesentlich bedeutsameren erforderlichen Schulungen vornehmen wollte, ist nicht erkennbar. Für die Wahrnehmung der personalvertretungsrechtlichen Aufgaben gemäß § 39 Abs. 2 NPersVG besteht nämlich eine gesetzliche Freistellung (vgl. LAG Nds., Urteil vom 13.12.2012 - 15 SA 621/12 -, Veröffentlichung nicht bekannt). Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung des Freistellungs- und Ausgleichsanspruchs bei der Teilnahme an erforderlichen Schulungen im NPersVG ist vielmehr entbehrlich, denn der Anspruch folgt bereits unmittelbar aus § 39 Abs. 2 NPersVG. Eine ausdrückliche Benennung der erforderlichen Schulungen in § 39 Abs. 2 NPersVG ist dabei nicht erforderlich, weil der Begriff der erforderlichen Schulung lediglich einen Unterbegriff der personalvertretungsrechtlichen Aufgaben darstellt (vgl. LAG Nds., Urteil vom 13.12.2012 - 15 SA 621/12 -, Veröffentlichung nicht bekannt).

Die Ansicht der Beklagten, die eigenständige Regelung für die Teilnahme an erforderlichen Schulungen in § 46 Abs. 6 BPersVG und § 37 Abs. 6 BetrVG schließe es generell aus, den Begriff der erforderlichen Schulungen als personalvertretungsrechtliche Aufgabe anzusehen, kann nur für das BPersVG und das BetrVG gelten aber nicht auf die Regelungen des NPersVG übertragen werden. Die Regelungen des BPersVG und des BetrVG sind insoweit nämlich nicht mit den Regelungen des NPersVG vergleichbar. In § 46 Abs. 6 BPersVG ist ausdrücklich geregelt, dass Mitglieder des Personalrats für erforderliche Schulungen vom Dienst freizustellen sind, während in § 46 Abs. 7 BPersVG die Freistellung für geeignete Schulungen geregelt ist. Dementsprechend ist in § 37 Abs. 6 BetrVG die Arbeitsbefreiung und der Arbeitsausgleich für erforderliche Schulungen und in § 37 Abs. 7 BetrVG der Anspruch auf eine bezahlte Freistellung für geeignete Schulungen geregelt. Der Begriff der dienlichen Schulungen im Sinne des § 40 NPersVG entspricht insoweit nur dem Begriff der geeigneten Schulung im Sinne des § 46 Abs. 7 BPersVG und § 37 Abs. 7 BetrVG (vgl. Fricke/Dierßen/Otte/Sommer/ Thommes, NPersVG, 4. Aufl., § 40 Rn. 1; Dembrowski/Ladwig/Sellmann, Personalvertretungsrecht in Nds., § 40, Rn. 1). Eine dem § 46 Abs. 6 BPersVG bzw. dem § 37 Abs. 6 BetrVG vergleichbare Regelung für die Teilnahme an erforderlichen Schulungen existiert im NPersVG dagegen nicht. Ein Rückgriff auf § 46 Abs. 2 BPersVG und § 37 Abs. 2 BetrVG, in denen die Freistellung und Arbeitsbefreiung für die Wahrnehmung der Aufgaben des Personalrats bzw. Betriebsrats geregelt sind und die § 39 Abs. 2 NPersVG entsprechen, ist dementsprechend lediglich aufgrund der eigenständigen und abschließenden gesetzlichen Regelungen für erforderliche Schulungen in § 46 Abs. 6 BPersVG und § 37 Abs. 6 BetrVG, die im NPersVG gerade nicht existiert, ausgeschlossen (vgl. u. a. BVerwG, Urteil vom 23.10.1980 – 2 C 43/78 -, juris und BAG, Urteil vom 27.06.1990 – 7 AZR 292/89 -, juris).

Da der Anspruch auf eine Arbeitsbefreiung bereits unmittelbar aus § 39 Abs. 2 Satz 3 und 4 in Verbindung mit Satz 1 NPersVG folgt, kann die erkennende Kammer offen lassen, ob einem teilzeitbeschäftigtem Personalratsmitglied wie einem vollzeitbeschäftigten Personalratsmitglied ein Ausgleichsanspruch für die Zeiten der schulungsbedingten Inanspruchnahme außerhalb seiner individuellen Arbeitszeit zusteht, der sich aus der Berücksichtigung unionsrechtlicher Grundsätze wegen der mittelbaren Geschlechterdiskriminierung beim Arbeitsentgelt ergibt (vgl. dies bejahend LAG Nds., Urteil vom 13.12.2012 - 15 SA 621/12 -, Veröffentlichung nicht bekannt; dies ebenfalls bejahend Fricke/Dierßen/Otte/Sommer/Thommes, NPersVG, 4. Aufl., § 39 Rn. 7b; dies ablehnend Dembowski/Ladwig/Sellmann, Personalvertretungsrecht in Nds., § 39, Rn. 26, 27 und 38).

Die Klägerin ist als Mitglied des Personalrats durch die Teilnahme an dem Seminar über ihre regelmäßige Arbeitszeit hinaus in einen Umfang von 16 Wochenstunden beansprucht worden. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin beträgt 24 Wochenstunden. Die Dauer des Seminars betrug zumindest 40 Wochenstunden. Insoweit sind Pausen nicht in Abzug zu bringen, denn der Regelungszweck des § 39 Abs. 2 Satz 3 und 4 NPersVG gebietet es, die zwischen Beginn und Ende der Schulung an dem betreffenden Schulungstag jeweils anfallende Zeit insgesamt und ohne Abzug der während der Schulung anfallenden Pausen als Zeit der Teilnahme an der Schulungsveranstaltung zu berücksichtigen. Die Teilnahme an einer Schulung wird durch deren Beginn und Ende an dem betreffenden Schulungstag zeitlich begrenzt. Dem Personalratsmitglied soll anlässlich der Teilnahme an der Schulung kein Freizeitopfer abverlangt werden. Soweit die Schulungszeit außerhalb der persönlichen Arbeitszeit liegt, erbringt ein Personalratsmitglied nämlich auch während der Pausen ein Freizeitopfer (vgl. LAG Nds., Urteil vom 13.12.2012 - 15 SA 621/12 -, Veröffentlichung nicht bekannt; vgl. zu § 37 Abs. 6 BetrVGBAG, Urteil vom 16.02.2005 – 7 AZR 330/04 -, juris).

Ob der Klägerin für darüberhinausgehende Schulungszeiten oder Fahrzeiten ein weitergehender Anspruch auf eine Arbeitszeitgutschrift zusteht, kann die erkennende Kammer offen lassen, weil die Klägerin nur die Gutschrift von 16 Stunden beantragt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

Die Berufung ist gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Die erkennende Kammer berücksichtigt insoweit bei einem Bruttogehalt von 2.134,00 Euro zum Zeitpunkt der Klageerhebung und einer wöchentlichen Arbeitszeit 24 Wochenstunden einen Stundenlohn in Höhe von 20,52 Euro brutto. Dieser ist mit der begehrten Gutschrift von 16 Stunden zu vervielfachen.