Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 14.09.2016, Az.: 3 U 37/16

Voraussetzungen der Kündigung eines Bausparvertrages durch die Bausparkasse

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.09.2016
Aktenzeichen
3 U 37/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 29719
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2016:0914.3U37.16.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 23.12.2015 - AZ: 3 O 67/15

Redaktioneller Leitsatz

1. Zwar kann eine Bausparkasse einen Bausparvertrag kündigen, wenn dieser voll, d.h. in Höhe der Bausparsumme bespart ist.

2. Diese Voraussetzung liegt jedoch nicht vor, wenn das angesparte Guthaben die Bausparsumme noch nicht erreicht. Dabei haben im Falle der unterbliebenen Zuteilung zu gewährende Bonuszinsen außer Betracht zu bleiben.

3. Die Bausparkasse ist jedoch berechtigt, einen Bausparvertrag zu kündigen, wenn seit der Zuteilungsreife mehr als zehn Jahre vergangen sind.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 23. Dezember 2015 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels geändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende Bausparvertrag mit der Nr. ...06 über den 3. August 2015 hinaus fortbesteht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 55 % und die Beklagte zu 45 % zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die vollstreckende Partei vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die bei der beklagten Bausparkasse geführten Bausparverträge mit der Nummer ...04 sowie ...06 über den 1. Juli 2015 bzw. den 3. August 2015 hinaus fortbestehen.

Zwischen den Parteien bestand ein Bausparvertrag mit der Nummer ... L 04, dessen Bausparsumme am 3. November 1997 von 42.000,- DM auf 125.000,- DM erhöht wurde, wobei als neuer Vertragsbeginn der 31. Oktober 1997 vereinbart wurde. Zudem wurde ein Tarifwechsel in den Tarif X durchgeführt. Der Bausparvertrag erhielt später die Nummer ...04.

Nach der Präambel des Tarif X ist Bausparen zielgerichtetes Sparen, um für wohnungswirtschaftliche Verwendungen Darlehen zu erlangen, deren Verzinsung niedrig, von Anfang an fest vereinbart und von Zinsschwankungen am Kapitalmarkt unabhängig ist. Das Bausparguthaben ist nach § 3 Abs. 1 Tarif X mit einem Basiszins in Höhe von 2 % p. a. zu verzinsen. Verzichtet der Bausparer bei Annahme der Zuteilung des Vertrages auf das Bauspardarlehen, erhöht sich die Gesamtverzinsung des Bausparguthabens nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Tarif X unter den dort genannten Voraussetzungen rückwirkend ab Vertragsbeginn auf 3 %, 4 % oder 5 % p. a. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 Tarif X wird die Gesamtverzinsung auch bei einer Kündigung nach 7 Jahren und einem Guthaben von 7.000,- DM gewährt. In § 14 Tarif X ist ein jederzeitiges Kündigungsrecht des Bausparers hinsichtlich des Bausparvertrages vorgesehen. Ein Kündigungsrecht der Bausparkasse ist in den Tarif X nicht ausdrücklich geregelt. Die Voraussetzungen für die Zuteilung des Bausparvertrages sind in § 4 Tarif X geregelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Tarif X Bezug genommen (Anlage K 2).

Die Zuteilungsreife des vorgenannten Bausparvertrages trat am 1. März 2004 ein. Dieses teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 18. Dezember 2003 mit (Anlage B 4). Der Kläger nahm die Zuteilung nicht an. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 kündigte die Beklagte den Bausparvertrag auf der Grundlage von § 489 BGB bei einem Guthabenstand von 45.914,76 € mit einer Frist von sechs Monaten (Anlage K 3). Der Kläger widersprach der Kündigung. Die Beklagte hielt an ihrer Kündigung mit Schreiben vom 13. Januar 2015 fest (Anlage K 4).

Die Parteien sind darüber hinaus durch einen weiteren Bausparvertrag über eine Bausparsumme in Höhe von 41.925,83 € mit dem Tarif X miteinander verbunden (Nr. ...06). Dieser Bausparvertrag wurde am 1. Oktober 2010 zugeteilt. Die Beklagte kündigte diesen Bausparvertrag mit Schreiben vom 23. April 2015 auf der Grundlage von § 488 Abs. 3 BGB zum 3. August 2015 bei einem Guthabenstand in Höhe von 36.863,80 € unter ergänzendem Hinweis darauf, dass der Kläger zum 31. Dezember 2014 einen Bonusanspruch in Höhe von 7.241,72 € habe (Anlage K 6). Mit Schreiben vom 27. Juli 2015 rechnete die Beklagte diesen Bausparvertrag gegenüber dem Kläger ab (Anlage B 12) und übersandte dem Kläger mit separater Post zwei Verrechnungsscheck über einen Betrag in Höhe von insgesamt 43.628,81 € (41.925,93 € sowie 1.702,88 €). Der Kläger löste beide Schecks ein.

Die Parteien haben erstinstanzlich darüber gestritten, ob der Beklagten ein Recht zur Kündigung der Bausparverträge zugestanden habe und die Verträge durch die ausgesprochenen Kündigungen beendet worden sind.

Im Übrigen wird zur Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 23. Dezember 2015 (Bl. 154ff. d. A.), insbesondere die Wiedergabe des Parteivortrags und der gestellten Anträge im Tatbestand, Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, der Bausparvertrag mit der Endnummer 04 sei durch die auf § 489 BGB gestützte Kündigung beendet worden. § 489 BGB sei auf das Vertragsverhältnis anwendbar und die entsprechenden Kündigungsvoraussetzungen würden vorliegen. Der Bausparvertrag Endnummer 06 sei hingegen durch die auf § 488 Abs. 3 BGB gestützte Kündigung beendet worden. Eine Kündigung auf der Grundlage von § 488 Abs. 3 BGB sei möglich, wenn eine Vollansparung des Bausparvertrages erfolgt sei. Dabei sei der Vollansparung ein Sachverhalt gleichzusetzen, bei dem aus wirtschaftlichen Gründen die Aufnahme eines Bauspardarlehens dann nicht mehr in Betracht komme, wenn diese Darlehensaufnahme eine wirtschaftliche Schädigung des Bausparers bedeuten würde. Es sei unerheblich, dass allein mit den Einzahlungen nebst den vereinbarten 2 % Zinsen die Bausparsumme nicht erreicht worden sei, denn es sei nicht vorgetragen, dass der Kläger angesichts des wirtschaftlichen Vorteils bei Verzicht auf das Bauspardarlehen dennoch ein verhältnismäßig hoch verzinsliches Bauspardarlehen unter Verzicht auf die Bonuszinsen aufnehmen wolle. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 156ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses dem Kläger am 18. Januar 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 2. Februar 2016, eingegangen beim Oberlandesgericht am 5. Februar 2016, Berufung eingelegt, welche er mit Schriftsatz vom 16. März 2016, eingegangen beim Oberlandesgericht am 17. März 2016 begründet hat.

Der Kläger macht geltend, dass die Kündigung zum 1. Juli 2015 nicht auf die Vorschrift des § 489 BGB gestützt werden könne. Der Anwendungsbereich dieser Norm sei nicht eröffnet. Zudem würden die tatbestandlichen Voraussetzungen ("Vollständiger Empfang des Darlehens") nicht vorliegen. Überdies könne das Kündigungsrecht aus § 489 BGB ausschließlich vom Darlehensnehmer in Anspruch genommen werden.

Der Kläger macht des Weiteren geltend, dass der Beklagten in Bezug auf den Bausparvertrag mit der Nr. ...06 kein Kündigungsrecht aus § 488 Abs. 3 BGB zugestanden habe. Die Bausparkasse könne nicht kündigen, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entziehe.

Der Bausparvertrag sei so lange unkündbar, wie die Auszahlung des Tilgungsdarlehens möglich sei und der Bausparer seinen Pflichten nachkomme. Letzteres sei der Fall. Der Kläger habe die vertraglich vereinbarte Bausparsumme noch nicht angespart. Der Tatbestand der Vollbesparung werde durch das Hinzurechnen der Bonuszinsen nur fingiert. Eine Kündigung sei aufgrund der Regelungen in den Allgemeinen Bausparbedingungen ausgeschlossen. Der Kläger habe einen vertraglich garantierten Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens gehabt, der mit der Kündigung zunichte gemacht werde. Außerdem habe das Landgericht zu Unrecht außer Acht gelassen, dass der Bausparvertrag nach den eigenen Angaben der Beklagten explizit als Geld- bzw. Kapitalanlage beworben und verkauft worden sei. Bei den "Erläuterungen zum neuen Bausparen" habe es sich um AGB gehandelt.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Hannover vom 23. Dezember 2015, Az.: 3 O 67/15 abzuändern und festzustellen,

1. dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Bausparvertrag Nr. ... L 04 über den 1. Juli 2015 hinaus fortbesteht und

2. dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Bausparvertrag Nr. ... L 06 über den 3. August 2015 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie habe den Vertrag mit der Endnummer 04 gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kündigen können. Auch Kreditinstitute könnten sich auf diese Vorschrift berufen. Das Tatbestandsmerkmal "vollständiger Empfang des Darlehens" sei mit Rücksicht auf den Zweck eines Bausparvertrages erfüllt.

Auch die Kündigung des Vertrages mit der Endnummer 06 sei zu Recht auf der Grundlage von § 488 Abs. 3 BGB erfolgt. Jeder Darlehensvertrag, bei dem der Rückzahlungszeitpunkt nicht fest vereinbart sei, sei unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist kündbar. Ein (konkludenter) Verzicht auf die Ausübung des gesetzlichen Kündigungsrechts könne allenfalls so lange angenommen werden, solange dem Bausparer durch die Kündigung die Option auf ein niedrig verzinsliches Bauspardarlehen genommen würde. Ein schutzwürdiges Interesse an der Vertragsfortsetzung habe beim Kläger nicht bestanden. Die nicht nur fiktiv gerechneten, sondern tatsächlich geschuldeten und bezahlten Bonuszinsen würden der Höhe nach die mögliche Darlehensvaluta übersteigen. Der primäre Zweck eines Bausparvertrages sei nicht die Kapitalanlage. Durch die Einlösung beider Schecks habe der Kläger die Bausparsumme "angespart" und mehr als die Bausparsumme ausbezahlt erhalten. Der Kläger berufe sich zu Unrecht auf die Werbeaussagen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Sachvortrages wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist teilweise begründet.

Das angefochtene Urteil beruht teilweise auf einer Rechtsverletzung gem. § 546 i. V. m. § 513 ZPO. Das Landgericht hat die Klage zu Unrecht in Bezug auf den Feststellungsantrag zu 2. (Fortbestand des Bausparvertrages mit der Nr. ... L 06) abgewiesen. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

1. Der Kläger kann keine Feststellung des Fortbestands des Bausparvertrages mit der Nr. ...L 04 über den 1. Juli 2015 hinaus verlangen.

Der beklagten Bausparkasse stand auf der Grundlage von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ein Kündigungsrecht zu, nachdem die Zuteilungsreife des Bausparvertrages am 1. März 2004 eingetreten ist und daher über 10 Jahre zurückliegt.

Gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 BGB kann ein Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.

a) Der vorliegende Bausparvertrag ist als Darlehen i. S. von § 489 BGB zu qualifizieren.

Beim Bausparvertrag handelt es sich um einen einheitlichen Vertrag mit zwei Stufen. Der Bausparer spart bis zur Zuteilungsreife ein (verzinsliches) Guthaben an und kann nach Zuteilung ein Bauspardarlehen in Höhe der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Bausparsumme und dem bis zur Zuteilung angesammelten Guthaben in Anspruch nehmen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Oktober 2011, Az.: 9 U 151/11, zitiert nach JURIS Rdz. 12; LG München I, Beschluss vom 18. November 2015, Az.: 35 O 4819/15, zitiert nach JURIS Rdz. 22). Vor diesem Hintergrund ist der Bausparvertrag bereits in der Ansparphase als Darlehensvertrag zu qualifizieren (OLG Hamm, Beschluss vom 26. Oktober 2015k, Az.: I-31 U 182/15, 31 U 182/15, zitiert nach JURIS Rdz. 18; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Oktober 2001; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016, Az.: 13 U 151/15; LG München I, a. a. O.), wobei die Einlagen des Bausparers das Darlehen an die Bausparkasse darstellen, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (OLG Stuttgart, a. a. O.; OLG Koblenz a. a. O.). Erst mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens tauschen Bausparer und Bausparkasse ihre Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer (OLG Stuttgart, a. a. O. Rdz. 7; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. Oktober 2013, Az.: 19 U 106/13; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016, Az. 8 U 1064/15 sub. II. 1.; Staudinger/Mülbert, BGB, Bearbeitung 2015, § 488 Rdz. 539). Entgegen der Auffassung des Landgerichts Karlsruhe (Urteil vom 9. Oktober 2015, Az:. 7 O 126/15, zitiert nach JURIS Rdz. 24f.) löst sich die Bausparkasse durch die Kündigung daher nicht unzulässig aus ihrer Rolle als Darlehensgeberin. Das Landgericht Karlsruhe übersieht, dass die Ansparphase bis zur Annahme der Zuteilung läuft und erst im Anschluss daran die Darlehensphase beginnt. Erst mit Zuteilung wechseln die Rollen der Parteien. Die bloß im Vertrag angelegte Möglichkeit, dass die Bausparkasse bei einem entsprechenden Verhalten des Bausparers Darlehensgeberin werden könnte, steht der Annahme des Kündigungsrechts nicht entgegen (OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015, Az.: 31 U 191/15, zitiert nach JURIS Rdz. 17).

Die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist auch auf die beklagte Bausparkasse anwendbar. Eine Beschränkung des Kündigungsrechts auf Verbraucher ist zu verneinen.

Eine Einschränkung des Kündigungsrechts ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus den Gesetzgebungsmaterialien. Die Formulierung "Darlehensnehmer" ist offen und nicht an eine Verbrauchereigenschaft gekoppelt. Dass § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kein Privileg des Verbrauchers ist, folgt auch aus den Motiven zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdienstrichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht. Dort heißt es zur Neufassung des § 489 Abs. 1 BGB, dass sich die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers, der Verbraucher sei, nunmehr in § 500 BGB-E finden und die Kündigungsmöglichkeiten nach den §§ 489, 490 BGB ergänzen würden (BT-Drucksache 16/11643 S. 74).

Dies spiegelt sich auch in der gesetzlichen Systematik wieder. Zutreffend verweist das Landgericht München darauf, dass sich die Vorschrift des § 489 BGB in dem für alle Darlehensnehmer und Darlehensverträge geltenden "Kapitel 1 Allgemeine Vorschriften" befinden. Erst im Kapitel 2 befindet sich in § 500 BGB ein spezielles Kündigungsrecht für Verbraucher (LG München, Urteil vom 18. November 2015, Az.: 35 O 4819/15; OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2016, Az.: 13 U 151/15; siehe ferner OLG Hamm, Beschluss vom 22. Februar 2016, Az.: 31 U 234/15, zitiert nach JURIS Rdz. 15).

Auch im Wege der teleologischen Auslegung ergibt sich keine andere Bewertung. Die Vorschrift dient dem Interessenausgleich der Vertragsparteien und soll einen Ausgleich schaffen zwischen dem Erfordernis langfristiger Planungssicherheit für Kreditinstitute, die Kredite zu gebundenen Zinssätzen anbieten und dem Interesse des Kunden, sich bei geänderter Marktlage vom Vertrag zu lösen (vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 12. November 2015, Az.: 12 O 100/15, zitiert nach JURIS Rdz. 49). Auch wenn Hintergrund der Vorläuferregelung des § 609a BGB die Stärkung eines professionellen Kreditgebers war, folgt daraus nicht, dass die Norm damit auf Bausparverträge nicht anwendbar ist. Denn wenn die Vorschrift grundsätzlich für Vertragsgerechtigkeit zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer sorgen soll, indem der Darlehensnehmer bei einem festverzinslichen Darlehen nach Ablauf einer längeren Zeit vor der Bindung an einem nicht mehr vertragsgemäßen Zins zu bewahren ist, dann ist kein sachgerechter Grund erkennbar, warum dieser Gesichtspunkt nicht auch für die beklagte Bausparkasse gelten sollte. Aus den Materialien zur Vorläuferregelung in § 609 a Abs. 1 Nr. 3 BGB folgt, dass diese Vorschrift "dem Schuldner" (also jedem Schuldner) bei allen festverzinslichen Darlehen nach Ablauf von zehn Jahren ein gesetzliches Kündigungsrecht gewähren sollte (so zutreffend OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015, Az.: 31 U 191/15, zitiert nach JURIS Rdz. 19).

Eine andere Beurteilung ist auch nicht mit Rücksicht auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts München (Urteil v. 21.11.2011 - 19 U 3638/11) zu 609a BGB a. F. geboten, wonach die Norm dem Verbraucherschutz diene. Das Oberlandesgericht München verweist insoweit auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urteil v. 09.12.1998 - 9 U 177/98), wobei dieser Verweis aber ohne Aussagekraft ist, weil das Oberlandesgericht Stuttgart seine Aussagen zum Verbraucherschutz ausdrücklich auf § 609a Abs. 1 Nr. 2 BGB a. F. bezogen hat, die Vorgängervorschrift zum hier relevanten § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB war jedoch § 609a Abs. 1 Nr. 3 BGB a. F. (jedenfalls insoweit zutreffend LG Stuttgart, Urteil vom 12. November 2015 - 12 O 100/15 -, Rn. 50, juris).

Das Kündigungsrecht aus § 489 BGB ist auch nicht durch die Regelungen der streitgegenständlichen Bausparbedingungen ausgeschlossen.

§ 11 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (Tarif X) erfasst ausschließlich die Kündigung des Bauspardarlehens durch die Bausparkasse. Soweit § 2 Abs. 3 ein Kündigungsrecht der Bausparkasse für den Fall vorsieht, dass der Bausparer mit Regelsparbeiträgen im Rückstand ist, folgt daraus nicht, dass diese Regelung abschließend und damit ein Kündigungsrecht der Bausparkasse aus anderen Gründen ausgeschlossen ist. Gleiches gilt für die Regelung in § 14 der Bausparbedingungen, die ein Kündigungsrecht des Bausparers vorsehen.

Überdies ist darauf hinzuweisen, dass das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht abdingbar und somit zwingend ist (OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember 2015, Az.: 31 U 191/15, zitiert nach JURIS Rdz. 21; OLG Hamm, Beschluss vom 22. Februar 2016, Az.: 31 U 234/15, zitiert nach JURIS Rdz. 16; Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Auflage, § 489 Rdz. 1). Entgegenstehende Vereinbarungen wären gemäß § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB nichtig (OLG Hamm, a. a. O.).

Auch aus § 5 der Allgemeinen Bausparbedingungen (Tarif X), wonach der Vertrag fortgesetzt wird, wenn der Bausparer die Zuteilung nicht annimmt (Abs. 2), folgt nicht, dass es der Bausparkasse nach Ablauf von zehn Jahren nach Zuteilungsreife verwehrt ist, den Vertrag zu kündigen (dazu nachfolgend sub. b)). § 5 entfaltet keine Sperrwirkung zugunsten des Bausparers.

Dieser Bewertung steht auch nicht die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 2 BausparkassenG entgegen. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Bausparkassengesetz bedürfen Änderungen und Ergänzungen der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge, wozu u. a. auch die Änderungen in Bezug auf die Verzinsung der Bauspareinlagen und der Bauspardarlehen gehören (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 Bausparkassengesetz), der Genehmigung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. In den Materialien zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Bausparkassen heißt es insoweit, dass eine solche Eingriffsmöglichkeit der Bausparkassen unverzichtbar sei, denn Veränderungen sowohl der wesentlichen Rahmenbedingungen für das Bauspargeschäft (Sparbereitschaft, Entwicklung des Eigenheimbaus, Sparförderung) als auch systematische Veränderungen des Verhaltens der Bausparer (Kündigungsverhalten, Verhalten bei der Inanspruchnahme von Bauspardarlehen, Bereitschaft zur Leistung von Sonderzahlungen) ließen eine Wahrung der Belange der Bausparer einer Bausparkasse nur durch die Änderung tarifbestimmender Merkmale auch für bereits bestehende Verträge gewährleistet erscheinen (Bundestagsdrucksache 11/8089, Seite 18). Selbst wenn aber diese Vorschrift auch den Fall einer Herabsetzung des Vertragszinses erfassen sollte, kann weder dem Bausparkassengesetz noch den Materialien hierzu entnommen werden, dass diese Vorschrift eine Sperrwirkung dahingehend entfaltet, dass es der Bausparkasse nach den Allgemeinen und weiterhin geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches versagt wäre, die dort aufgeführten Rechte wie ein Kündigungsrecht geltend zu machen.

Soweit das Oberlandesgericht Stuttgart in seiner Entscheidung vom 14. Mai 2016 (Az.: 9 U 230/15) die Auffassung vertreten hat, dass der Anwendungsbereich des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vor dem Hintergrund des Regelungsplans des Gesetzgebers teleologisch zu reduzieren sei, weil gemessen an der objektiv feststellbaren Regelungsabsicht eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes vorliege, die in der Weise zu lösen sei, dass Passivgeschäfte der Kreditinstitute, jedenfalls derjenige der Bausparkassen von der Anwendbarkeit auszunehmen seien, vermag der Senat sich dieser Auffassung nicht anzuschließen (ebenfalls ablehnend OLG Koblenz, Urteil vom 19. Juli 2016, Az.: 8 U 11/16, zitiert nach JURIS Rdz. 21 ff.).

Eine teleologische Reduktion findet statt, wenn eine nach ihrem eindeutigen Wortsinn zu weit gefasste Regelung auf den ihr nach dem Regelungszweck oder dem Sinnzusammenhang des Gesetzes zukommenden Anwendungsbereich zurückgeführt wird (siehe Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage, S. 210f.). Die Rechtfertigung für eine solche Vorgehensweise liegt in dem Gebot der Gerechtigkeit, Ungleiches ungleich zu behandeln, d.h. die von der Wertung her erforderlichen Differenzierungen vorzunehmen (Larenz/Canaris, a. a. O. S. 211). Anknüpfungspunkt ist insoweit der Sinn und Zweck der einzuschränkenden Norm (Larenz/Canaris, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung des Senats indessen nicht erfüllt.

Insoweit hält es der Senat bereits für systemwidrig, dass das Oberlandesgericht Stuttgart die Vorschrift des § 488 BGB, nicht aber die Norm des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf Bausparkassen in der Ansparphase anwenden will. Für eine solche unterschiedliche Handhabung besteht angesichts des Regelungszusammenhangs der Vorschriften keine Rechtfertigung.

Auch der intensive und umfangreiche Hinweis des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die Gesetzgebungsmaterialien und den dort zum Ausdruck kommenden Grundgedanken des Schutzes gegen den Missbrauch der wirtschaftlichen Übermacht überzeugt in dieser Form nicht. Denn die Vorschriften der §§ 488 ff. BGB kommen ausnahmslos auch dann zur Anwendung, wenn ein Darlehen zwischen Privatleuten gewährt wird und kein strukturelles wirtschaftliches Übergewicht einer Partei vorliegt. Das Oberlandesgericht Stuttgart misst bei seiner Beurteilung in nicht überzeugender Weise dem Willen des historischen Gesetzgebers die prägende Bedeutung bei und lässt nach Auffassung des Senats objektiv-teleologischen Kriterien wie die Struktur des geregelten Sachbereichs und rechtsethische Prinzipien (siehe Larenz/Canaris, a.a.O. S. 154) zu sehr außer Acht. Entscheidend ist, welche Auslegung "sachgemäß" ist, wobei es maßgeblich auf die besondere Struktur der zu regelnden Sache ankommt (Larenz/Canaris, a. a. O. S. 154). Das Oberlandesgericht übersieht insoweit nach Auffassung des Senats. dass der Zweck des Gesetzes, den Darlehensnehmer vor der Verpflichtung zur Zahlung eines nicht marktgerechten Zinssatzes zu schützen, gerade auch im Verhältnis zur Bausparkasse zum Tragen kommt. Es widerspricht dem Gedanken der Rechtssicherheit, wenn in jedem Einzelfall danach zu differenzieren wäre, ob tatsächlich ein Fall der wirtschaftlichen Übermacht des Darlehensgebers vorliegt oder nicht.

Ergänzend wird auf die Ausführungen des Oberlandesgerichts Koblenz im Urteil vom 19. Juli 2016 (Az.: 8 U 11/16, zitiert nach JURIS Rdz. 21ff.) Bezug genommen, wo es wie folgt heißt:

bb) Auch aus der von dem Oberlandesgericht Stuttgart dargestellten historischen Auslegung folgt nicht zwingend, dass der Anwendungsbereich des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die Aktivgeschäfte der Kreditinstitute und Bausparkassen zu reduzieren ist.

Das Oberlandesgericht Stuttgart räumt selbst ein, dass bei der Aufhebung des § 247 BGB a.F. und der Einführung des § 609 a BGB a.F. nicht nur der Schuldnerschutz des Verbrauchers ausschlaggebend war, sondern durch die Aufhebung des zu einem voraussetzungslosen allgemeinen Kündigungsrecht mutierten § 247 BGB a.F. auch die Kreditinstitute und professionellen Darlehensgeber vor wirtschaftlichen Schäden geschützt werden sollten (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 64 nach juris).

Dementsprechend können die von dem Oberlandesgericht Stuttgart angeführten damaligen Erwägungen des Gesetzgebers, den Schuldnerschutz nur dort auf ein angemessenes Maß zurückzuführen, wo er sich in der Vergangenheit als besonders störend erwiesen habe, was im Bereich der festverzinslichen Kredite der Fall gewesen sei, wo das Kündigungsrecht in seiner damaligen Form in scharfem Widerspruch zum Prinzip beiderseitiger vertraglicher Bindung und Risikozuweisung gestanden habe (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 66 nach juris), nicht nur dahin verstanden werden, dass nur die von den professionellen Kreditgebern ausgereichten Kredite dem geänderten Kündigungsrecht unterfallen sollten.

Wenn es sich auch bei den Anwendungsfällen, die den Gesetzgeber seinerzeit zu einer Neuregelung und Verlagerung des Kündigungsrechts in das Darlehensrecht veranlassten, um festverzinsliche Kredite handelte, die von professionellen Kreditgebern ausgereicht worden und andere praktische Anwendungsfälle nicht erkennbar geworden waren, kann daraus im Umkehrschluss nicht gefolgert werden, dass andere, damals noch nicht erkennbare vertragliche Konstellationen von dem Kündigungsrecht ausgeschlossen bleiben sollten. Vermieden werden sollte durch die Neuregelung für die Zukunft ein scharfer Widerspruch zwischen der beiderseitigen vertraglichen Bindung einerseits und der Risikozuweisung andererseits. Da derartige Widersprüche in der Vergangenheit bei festverzinslichen Krediten aufgetreten waren, die von professionellen Kreditgebern ausgereicht wurden, waren sie zwar die Auslöser für die Neuregelung. Allerdings ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen, dass die Neuregelung auf solche Kredite beschränkt bleiben und auf andere Vertragskonstellationen, bei denen die gleichen Widersprüche auftreten können, keine Anwendung finden sollten. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Anwendungsbereich der Neuregelung auf die Kredite beschränkt werden sollte, die von den Kreditinstituten im Rahmen ihrer Aktivgeschäfte ausgereicht werden.

Der in den Gesetzesmaterialien erwähnte "scharfe Widerspruch" ist mittlerweile auch bei den in Rede stehenden Passivgeschäften der Bausparkassen in der Ansparphase gegeben, da die Bausparkassen aufgrund der bei Vertragsabschluss nicht absehbaren und zurzeit bereits seit längerem andauernden Niedrigzinsphase wegen der bestehenden vertraglichen Bindung zu einer nicht mehr marktgerechten Verzinsung der Bausparguthaben mit dem in § 6 Abs. 1 ABB festgeschriebenen Zinssatz verpflichtet sind. cc) Die Ausführungen des Oberlandesgerichts Stuttgart (a.a.O.) rechtfertigen weiterhin nicht die Annahme, der Schutzzweck der Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB umfasse nicht den Schutz der Bausparkasse in der Ansparphase.

(1) Der Einbeziehung der Bausparkasse in den Schutzbereich der Norm steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber den Darlehensschuldner von der Verpflichtung zur Zahlung eines nicht marktgerechten Zinssatzes schützen wollte (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 68 nach juris).

In der Ansparphase ist die Bausparkasse ebenfalls Darlehensnehmer. Dementsprechend greift auch das Argument nicht, mit der Einführung des § 609 a BGB a.F. als der Vorgängervorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB habe ein "wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers" geschaffen werden sollen (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 72 nach juris). Abgesehen davon, dass eine Bausparkasse in der Ansparphase nicht Gläubigerin eines Darlehensrückzahlungsanspruchs ist, ist die Verzinsung der Bausparguthaben in den ABB der Bausparkassen von vornherein festgelegt, so dass diese weder bei Vertragsabschluss noch zu irgendeinem Zeitpunkt während der Ansparphase ein Zinsbestimmungsrecht ausüben können. Auch ist der Bausparer dem von vornherein festgelegten Zinssatz mit Vertragsschluss nicht zwingend während der gesamten vorgesehenen Ansparphase ausgesetzt (so aber OLG Stuttgart, a.a.O.,Rn. 76). Ihm steht vielmehr nach § 9 Abs. 1 ABB nach Zahlung der Abschlussgebühr ein jederzeitiges Kündigungsrecht zu. Ähnliche Kündigungsregelungen sehen die ABB anderer Bausparkassen vor.

(2) Die Einbeziehung der Passivgeschäfte der Bausparkassen in den Schutzzweck des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann auch nicht mit der Erwägung in Abrede gestellt werden, das zweite wesentliche Ziel der Einführung der Kündigungsvorschriften sei der Schutz der Kreditinstitute durch die Sicherstellung einer laufzeit- und zinskongruenten Refinanzierung gewesen (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 78), wofür bei Bausparverträgen kein Bedürfnis bestehe, weil das Bausparsystem innerhalb eines in sich geschlossenen Marktes funktioniere und deshalb ein Bedürfnis nach Langzeitkongruenz von Aktiv- und Passivgeschäften nicht bestehe (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 80, 81 nach juris).

Das Oberlandesgericht Stuttgart räumt selbst ein, dass das Bausparsystem an seine Grenzen stoßen und eine Bausparkasse in Ertragsschwierigkeiten kommen kann, wenn sie die von ihr geschuldete Verzinsung der Bauspareinlagen mangels ausreichender Nachfrage an Bauspardarlehen nicht in vollem Umfang über das Aktivgeschäft erwirtschaften kann (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 82 nach juris). Die daraus von dem Oberlandesgericht Stuttgart gezogene Schlussfolgerung, der Gesetzgeber habe einen Schutz der Bausparkassen davor nicht bezweckt, sondern sei im Gegenteil davon ausgegangen, dass die Soll- und Habenzinsen marktunabhängig seien, weil durch das Bausparsystem ein in sich geschlossener Markt geschaffen werde, kann nicht geteilt werden. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei der Novellierung des Darlehenskündigungsrechts die Passivgeschäfte der Bausparkassen von dem Kündigungsschutz des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausnehmen und die Bausparkassen darauf verweisen wollte, sich durch geeignete Kündigungsregelungen in ihren ABB selbst vor möglichen Verlusten zu schützen. Insoweit ist auch weder dargelegt noch nachvollziehbar, warum die gesetzliche Kündigungsmöglichkeit nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für Passivgeschäfte der Bausparkassen ausgeschlossen, sie nach § 488 Abs. 3 BGB bei voll besparten Bausparverträgen aber - auch nach der Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart - gegeben sein soll.

dd) Ebenfalls vermag die von dem Oberlandesgericht Stuttgart vorgenommene teleologische Auslegung (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 84 bis 100 nach juris) nach der Auffassung des Senats eine Unanwendbarkeit des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf Passivgeschäfte von Bausparkassen nicht zu rechtfertigen.

Die herausgestellten Schutzzwecke der Norm können für die Passivgeschäfte der Bausparkassen nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Das gilt sowohl für den Schutz des Darlehensschuldners vor der Verpflichtung zur Zahlung eines nicht marktgerechten Zinssatzes als auch für die Sicherung der Refinanzierung der Aktivgeschäfte (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 68, 84 nach juris). Von beiden Schutzzielen werden die Passivgeschäfte der Bausparkassen während einer länger andauernden Niedrigzinsphase erfasst, die bei Vertragsabschluss noch nicht absehbar war.

Hinzu kommt, dass die Ausführungen des Oberlandesgerichts Stuttgart zur teleologischen Auslegung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB allein auf den Verbraucherschutz abstellen und nicht berücksichtigt wird, dass der Gesetzgeber die Vorschrift im allgemeinen Darlehensrecht und nicht bei den Vorschriften für Verbraucherdarlehensverträge angesiedelt hat.

b) Die Voraussetzungen für die Ausübung des Kündigungsrechts liegen vor.

Das Darlehen weist einen gebundenen Sollzinssatz auf. Nach § 489 Abs. 5 Satz 2 BGB ist der Sollzinssatz gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Der gebundene Sollzinssatz ist von dem veränderlichen Zinssatz gemäß § 489 Abs. 2 BGB abzugrenzen. Hier haben die Parteien zugunsten des Klägers in § 6 Abs. 1 der Allgemeinen Bausparbedingungen einen gebundenen Sollzinssatz vereinbart. Auch die abweichenden Zinssätze rückwirkend ab Vertragsbeginn sind in § 6 Abs. 5 als Option für den Bausparer fest vereinbart und nicht veränderlich.

Es sind unstreitig zehn Jahre seit Zuteilungsreife abgelaufen. Die beklagte Bausparkasse hat die Kündigungsfrist von sechs Monaten eingehalten.

Auch die weitere Voraussetzung, dass die Darlehensvaluta vollständig empfangen worden ist, liegt vor.

Mit Rücksicht auf den Sinn und Zweck des § 489 BGB bzw. die strukturellen Eigenschaften des Bausparvertrages ist bei einem Bausparvertrag der Eintritt der Zuteilungsreife mit dem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta gleichzusetzen (OLG Hamm, Beschluss vom 30. Dezember, Az.: 31 U 191/15, zitiert nach JURIS Rdz. 24; OLG Hamm, Beschluss vom 22. Februar 2016, Az.: 31 U 234/15, zitiert nach JURIS Rdz. 18; OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016, Az.: 8 U 1064/15 sub. II. 4.).

Bausparkassen sind gemäß § 1 Abs. 1 BausparkG Kreditinstitute, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, Einlagen von Bausparern (Bauspareinlagen) entgegenzunehmen und aus den angesammelten Beträgen den Bausparern für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Gelddarlehen (Bauspardarlehen) zu gewähren (Bauspargeschäft). Bausparer ist nach § 1 Abs. 2 BausparkG, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Zweck eines Bausparvertrages ist mithin nach der gesetzlichen Regelung nicht die dauerhafte zinsgünstige Anlage von Kapital, sondern die Erlangung eines Bauspardarlehens (vgl. auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Oktober 2011, Az.: 9 U 151/11, zitiert nach JURIS Rdz. 12). Dies folgt auch aus den Regelungen der streitgegenständlichen Vertragsbedingungen (§ 1 Abs. 1 und 2 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge i. V. m. der Präambel).

Mit dem Eintritt der Zuteilungsreife ist das für den Bausparvertrag charakteristische Ziel, nämlich die Möglichkeit zur Erlangung eines Bauspardarlehens erreicht (siehe OLG Koblenz, a. a. O.). Der primäre Zweck eines Bausparvertrages liegt - wie gesagt - gerade nicht darin, Kapital anzulegen, sondern ein Bauspardarlehen zu erlangen. Die Anknüpfung an den Eintritt der Zuteilungsreife ist geboten, um die Bausparkasse vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze zu schützen (OLG Hamm, Beschluss vom 22. Februar 2016, Az.: 31 U 234/15, zitiert nach JURIS Rdz. 19). Sie ist auch interessengerecht, weil bei Bausparverträgen mangels einer Verpflichtung zum Abruf des Darlehens ein an die Bausparkasse zu entrichtender Darlehensbetrag nicht feststeht (OLG Hamm, a. a. O. Rdz. 24). Das Oberlandesgericht Hamm weist zu Recht darauf hin, dass zu Sinn und Zweck der Vorschrift in Widerspruch stehen würde, wenn es dem Bausparer überlassen bleiben würde, beliebig den in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorgesehenen 10-Jahres-Zeitraum durch die Nichtabnahme des Bauspardarlehens zu verlängern und damit den Bausparvertrag zweckwidrig als unkündbare festverzinsliche Kapitalanlage zu verwenden (OLG Hamm, Beschluss vom 22. Februar 2016, Az.: 31 U 234/15, zitiert nach JURIS Rdz. 19). Durch die Anknüpfung an den Zeitpunkt der Zuteilungsreife wird mithin dem Umstand Rechnung getragen, dass der Bausparer mit dem Eintritt der Zuteilungsreife einen Rechtsanspruch auf Gewährung des Bauspardarlehens durch einseitiges Tun erwerben kann (OLG Hamm, a. a. O. Rdz. 25; siehe zum Ganzen auch Staudinger/Mülbert, BGB, Stand 2015, § 488 Rn. 550).

Auch der Inhalt des Werbematerials zum Tarif X (Anlage K 5, Bl. 77 d. A.) lässt nicht den Schluss zu, dass der Bausparvertrag ein von der Erlangung eines Bauspardarlehens losgelöstes Finanzprodukt zur Kapitalanlage darstellt und daher eine Kündigung ausgeschlossen ist. Der Inhalt des Werbematerials stellt kein den Vertragsinhalt prägendes oder bestimmendes Moment dar. Es handelt sich insbesondere nicht um eine den Vertragsinhalt bestimmende Allgemeine Geschäftsbedingung. Vertragsbedingungen sind sämtliche Regelungen, welche die vertraglichen Beziehungen zu Verwender und Kunden gestalten (Erman/S. Roloff, BGB, 13. Aufl. § 305 Rz. 3). Sie setzen eine Erklärung des Verwenders voraus, die den Vertragsinhalt regeln soll (BGH NJW 2009, 1337 f. [BGH 04.02.2009 - VIII ZR 32/08], [BGH 04.02.2009 - VIII ZR 32/08] zitiert nach JURIS Rdz. 11). Für die Unterscheidung zwischen (verbindlichen) Vertragsbedingungen und (unverbindlichen) Bitten oder Empfehlungen sowie bloßen Hinweisen ohne eigenständigen Regelungsgehalt ist auf den Empfängerhorizont abzustellen. Eine Vertragsbedingung liegt vor, wenn ein allgemeiner Hinweis nach seinem objektiven Wortlaut bei den Empfängern den Eindruck hervorruft, es solle damit der Inhalt des vertraglichen oder vorvertraglichen Rechtsverhältnisses bestimmt werden (BGH, a. a. O.). Dies ist nach Auffassung des Senats zu verneinen.

Gerade bei Werbebroschüren, die oft nur rudimentäre Daten bezüglich eines in Aussicht genommenen komplexeren Vertragswerks enthalten, ist nach Auffassung des Senats Zurückhaltung bei der Annahme von Vertragsbedingungen geboten. Eine im Vorfeld eines Vertragsschlusses erfolgte Aushändigung von Werbematerial, die rechtlich gesehen eine (unverbindliche) Aufforderung zur Abgabe einer Willenserklärung (invitatio ad offerendum) darstellt, kann aus Sicht eines verständigen Verbrauchers nicht dahingehend missverstanden werden, hier werde abschließend bzw. in prägender Weise der Inhalt des erst noch in Aussicht genommenen Vertrages festgelegt. Ein Werbeschreiben oder eine Broschüre hat keinen konstitutiven Charakter, was aber Voraussetzung für die Annahme einer Vertragsbedingung ist (vgl. MüKo/Basedow, BGB, 6. Aufl., § 305 Rz. 12).

Selbst wenn aber - entgegen der Auffassung des Senats - die Auffassung vertreten würde, der Inhalt des Werbematerials sei als Vertragsbedingung i. S. v. § 305 BGB zu qualifizieren, ändert dies nichts an der Unbegründetheit der Klage.

Denn der Inhalt der Werbematerialien kann mit Rücksicht auf das Gebot der objektiven Auslegung keineswegs so verstanden werden, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Bausparvertrag um ein (Spar-)Anlageprodukt handelt, welches auch nach Zuteilungsreife unbegrenzt weiter bespart werden kann bzw. jedwedes Kündigungsrecht der Beklagten ausgeschlossen ist. Zu etwaigen Kündigungsrechten der Beklagten verhält sich der Inhalt des Werbematerials nicht. Insbesondere wird auch kein Vertrauenstatbestand derart geschaffen, dass es sich bei dem Bausparvertrag um einen Sparvertrag handelt, der bei ordnungsgemäßer Erfüllung von Seiten des Sparers niemals, auch nicht 10 Jahre nach Zuteilungsreife gekündigt werden kann. Nach alledem kann der Beklagten auch nicht der Vorwurf eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gemacht werden.

Der Annahme eines Kündigungsrechts steht auch nicht entgegen, dass der Bausparer nach den Vertragsbedingungen den Vertrag nach Eintritt der Zuteilungsreife ggf. bis zum Erreichen der Vertragssumme fortsetzen darf. Durch die entsprechende Regelung in den Vertragsbedingungen soll dem Bausparer lediglich ein gewisser zeitlicher Rahmen für den Abruf des Bauspardarlehens eingeräumt werden. Dass der Bausparer bis zum Erreichen der Bausparsumme weiter einzahlt, widerspricht dem eindeutigen primären Zweck des Bausparvertrages, ein Bauspardarlehen zu erlangen (so zutreffend OLG Hamm, Beschluss vom 22. Februar 2016, Az.: 31 U 234/15, zitiert nach JURIS Rdz. 20; ebenso Koblenz, Beschluss vom 18. Januar 2016, Az.: 8 U 1064/15 sub. II. 4.).

Auch der Wortlaut der Vorschrift steht dieser Auslegung nicht entgegen, denn es handelt sich um ein normatives Tatbestandsmerkmal (OLG Köln, Beschluss vom 13. Januar 2016, Az.: 13 U 151/16).

Gegen eine solche bausparspezifische Konkretisierung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (so OLG Hamm, a. a. O. Rdz. 25) sprechen auch nicht die Besonderheiten des Bausparvertrages. Der Bausparer wird nicht etwa sanktioniert, weil die Zehnjahresfrist lediglich dem Schutz der Bausparkasse vor einer überlangen Bindung dient (OLG Hamm, a. a. O.) Die Bausparkasse ist - wie bereits oben ausgeführt - vor einer überlangen Bindung dadurch zu schützen, dass der vollständige Empfang, der die Zehnjahresfrist auslöst, bei Eintritt der Zuteilungsreife vorliegt. Dem Bausparer steht es überdies frei, die Zuteilung anzunehmen (OLG Hamm, a. a. O.).

c) Soweit das Oberlandesgericht Stuttgart in seinem Urteil vom 30. März 2016 (Az.: 9 U 171/15) die Auffassung vertreten hat, wonach der Eintritt der Zuteilungsreife keinen vollständigen Empfang des Darlehens darstelle, vermag der Senat diese Ausführungen mit Rücksicht auf die Ausführungen sub. 1. a) und b) nicht zu teilen.

2. Die Kündigung des Bausparvertrages mit der Endnummer 06 ist hingegen zu Unrecht erfolgt. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse gem. 488 Abs. 3 BGB liegen nicht vor.

a) Zwar entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein Bausparvertrag durch die Bausparkasse dann gem. § 488 Abs. 3 BGB gekündigt werden kann, wenn er bis zur Bausparsumme vollständig angespart ist. Denn beim Bausparvertrag handelt es sich um einen einheitlichen Vertrag mit zwei Stufen. Der Bausparer spart bis zur Zuteilungsreife ein (verzinsliches) Guthaben an und kann nach Zuteilung ein Bauspardarlehen in Höhe der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Bausparsumme und dem bis zur Zuteilung angesammelten Guthaben in Anspruch nehmen (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 14. Okt. 2011 - 9 U 151/11, zit. nach juris Rz. 12; LG München I, Beschl. v. 18. Nov. 2015 - 35 O 4819/15, zit. nach juris Rz. 22). Damit ist der Bausparvertrag bereits in der Ansparphase als Darlehensvertrag zu qualifizieren (OLG Hamm, Beschl. v. 26. Okt. 2015 - I-31 U 182/15, zit. nach juris Rz. 18; OLG Stuttgart, Beschl. v. 14. Okt.,2001; OLG Köln, Beschl. v. 11. Jan. 2016, Az. 13 O 151/15; LG München I, a. a. O.), wobei die Einlagen des Bausparers das Darlehen an die Bausparkasse darstellen, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist (OLG Stuttgart, a. a. O.).

Der Bausparvertrag dient dem Zweck der Erlangung eines Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen Bausparsumme und Bauspareinlagen. Mit vollständiger Ansparung des Vertrages bis zur Bausparsumme kann dieser Zweck nicht mehr erreicht werden (OLG Stuttgart, a. a. O.; Senat, Beschl. v. 17. Okt. 2013 - 3 U 154/13).

b) Gleichwohl war die Beklagte auf der Grundlage von § 488 Abs. 3 BGB im vorliegenden Fall nicht zur Kündigung des Bausparvertrages berechtigt.

Das Kündigungsrecht aus § 488 Abs. 3 BGB steht einer Bausparkasse nur dann zu, wenn die Bausparsumme erreicht worden ist. Die Bausparsumme ist erreicht, wenn die Spareinlagen zuzüglich der hierauf zu zahlenden Zinsen den Betrag der Bausparsumme erreichen. Letzteres war im Zeitpunkt der Kündigung aber noch nicht der Fall. Denn unstreitig betrug das angesparte Bausparguthaben des über eine Bausparsumme von 41.925,93 € abgeschlossenen Vertrages zum Zeitpunkt der Kündigung 36.863,80 €, so dass bis zur Vollansparung noch ein wesentlicher Betrag fehlte. Die Auffassung der Beklagten, diesem Betrag sei ein Anspruch auf Bonuszinsen hinzuzurechnen, sodass kein Bauspardarlehen mehr ausgezahlt werden könne und daher ein Kündigungsrecht wie bei einer Vollbesparung bestehe, überzeugt nicht.

Entscheidend ist insoweit, wann der Zinsanspruch nach den Bedingungen des Vertrages fällig wird bzw. dem Bausparer zusteht. Nach den eindeutigen Bedingungen des Vertrages entsteht der Anspruch auf Zahlung von Bonuszinsen aber erst dann, wenn der Bausparer auf die Zuteilung verzichtet oder aber im Falle einer Kündigung nach sieben Jahren ein Guthaben von 7.000,- DM besteht. Beide Fallgruppen sind nicht einschlägig. Der Kläger hat weder auf die Zuteilung verzichtet noch den Bausparvertrag nach sieben Jahren gekündigt.

Entgegen der rechtsirrigen Auffassung der Beklagten kann sich diese nicht auf § 3 Abs. 2 Satz 2 Tarif X berufen. Der dort erwähnte Fall erfasst nur Kündigungen seitens des Bausparers. Denn nur der Bausparer ist auf der Grundlage von § 14 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge berechtigt, den Bausparvertrag jederzeit zu kündigen. Dafür, dass bis zum Erreichen der Bausparsumme ausschließlich der Bausparer kündigen kann, spricht auch die weitere Regelung, wonach der Bausparvertrag weiter läuft, wenn der Sparer nicht die Annahme der Zuteilung erklärt (§§ 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 der Bausparbedingungen). Ferner ergibt sich aus § 1 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (Anlage B 1) hinreichend klar, dass die Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens nicht zwingend ist, sondern dass der Vertrag auch lediglich Kapitalanlagezwecken dienen kann. Denn in § 1 wird ausdrücklich der Fall erwähnt, dass der Bausparer nach einer Vertragslaufzeit von mindestens 7 Jahren bei Annahme der Zuteilung des Bausparvertrages auf das Bauspardarlehen verzichten kann und in diesem Fall die Abschlussgebühr zurückerstattet bekommt. Mangels einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung kann ein Kündigungsrecht der Bausparkasse im Wege der Vertragsauslegung hingegen erst mit Erreichen der Bausparsumme angenommen werden. Dies zugrunde gelegt, beruht die Annahme der Beklagten, sie könne auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 der Allgemeinen Bedingung kündigen und deshalb den Bonuszins berücksichtigen, ersichtlich auf einem Zirkelschluss. Denn der Kündigungstatbestand (Erreichen der Bausparsumme durch Hinzurechnen der Bonuszinsen) kann nicht erst durch die Kündigung geschaffen werden, sondern muss bei bzw. vor Abgabe der Kündigungserklärung bereits vorliegen.

Die Bonuszinsen waren auf der Grundlage der Tarif X indes noch nicht fällig. Denn die Fälligkeit des Anspruches auf Bonuszinsen knüpft ausschließlich an ein Verhalten des Bausparers, nicht aber an ein Verhalten der Bausparkasse an. Das Initiativrecht liegt nach Maßgabe der die Beklagte bindenden Vertragsbedingungen beim Bausparer und eben nicht bei der Bausparkasse. Die Beklagte unterläuft dieses dem Sparer vertraglich zugestandene Initiativrecht, indem sie trotz Fehlens einer Willenserklärung oder eines vertraglich geregelten Fälligkeitstatbestands die Zinsen eigenmächtig dem Sparer aufdrängt. Auch der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 24. April 1975 (Az.: III ZR 147/72) betont, dass durch gesetzliche Bestimmungen zur Kündigungsfrist ausgeschlossen wird, dass das Kreditinstitut als Darlehensschuldner dem Sparer als Darlehensgläubiger die Leistung einseitig vorzeitig aufdrängen kann (a.a.O. zitiert nach JURIS Rdz. 25). Für den Fall einer vertraglichen Regelung im Verhältnis der Parteien kann nichts anderes gelten.

Im Übrigen drängt sich eine Vergleichbarkeit zu den Fällen der aufgedrängten Bereicherung auf, bei der nach allgemeiner Meinung die Vergütungspflicht des Bereicherten einzuschränken ist (vgl. nur Erman/F.Ebbing, BGB, 13. Auflage, § 951 Rdz. 14 sowie Palandt/Bassenge, BGB, 75. Auflage, § 951 Rdz. 18 ff.). Ein solches Verhalten, dass bewusst vorrangige und bindende vertragliche Regelungen missachtet und allein darauf abzielt, sich vorzeitig aus einer lästigen vertraglichen Bindung zu lösen, kann nach Auffassung des Senats nur als rechtsmissbräuchlich bezeichnet werden. Denn der Beklagten ist es ohne Weiteres zumutbar, dass sie bis zu dem Zeitpunkt abwartet, in dem das Bausparguthaben unter Hinzurechnung der bis zu diesem Zeitpunkt nach dem Vertrage angefallenen Zinsen die Bausparsumme übersteigt.

Eine andere Bewertung folgt auch nicht aus § 271 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift ist im Zweifel anzunehmen, dass der Schuldner die Leistung vorher bewirken kann, wenn eine Zeit bestimmt ist. Diese Vorschrift ist aber unanwendbar, wenn der Gläubiger durch die Voraustilgung seitens des Schuldners ein vertragliches Recht verliert oder wenn seine rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt werden (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Auflage, § 271 Rdz. 12). Die Regelung ist - wie schon die Verwendung der Worte "im Zweifel" deutlich machen - nur subsidiär (siehe MüKo/Krüger, BGB, 6. Auflage, § 271 Rdz. 35). Für ihre Anwendung ist kein Raum, wenn im Einzelfall eine ausdrückliche Sonderregelung besteht (siehe BGH, Urteil vom 24. April 1975, Az.: III ZR 147/72, zitiert nach JURIS Rdz. 25). Eine Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen ist insbesondere im Fall der Voraustilgung bei Darlehen anzunehmen. Das Recht der Voraustilgung ist bei verzinslichen Darlehen im Grundsatz ausgeschlossen (siehe Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Auflage, § 271 Rdz. 12). Diese Wertung kommt gleichermaßen im vorliegenden Fall zum Tragen, denn bis zur Zuteilung des Vertrages ist dieser rechtlich als Darlehensvertrag einzuordnen, wobei Darlehensgeber der Sparer ist.

Fehl geht die Argumentation der Beklagten mit einem selbstschädigenden Verhalten bei Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens. Es geht nicht darum, ob die Inanspruchnahme eines Darlehens sinnvoll ist. Entscheidend ist allein die Frage, ob sich die Beklagte vertragstreu verhält oder nicht. Es steht der Beklagten in keiner Weise zu, an Stelle des Klägers wirtschaftlich bedeutsame Entscheidungen zu treffen.

Der Kläger war der Beklagten gegenüber auch nicht verpflichtet, sich zu seinen Absichten zu erklären. Zentrales Verkaufsargument der Beklagten war ausweislich der Erläuterungen zum Bausparvertrag Tarif X (Anlage K 7) nicht lediglich, ein zinsgünstiges Darlehen bereit zu stellen, sondern auch eine Geldanlage. So heißt es u. a. in den o. g. Erläuterungen:

"Wenn Sie kein Darlehen in Anspruch nehmen möchten, können Sie von der attraktiven Guthabenverzinsung aus der Sparphase profitieren. Was immer Sie auch wählen: Nicht der Tarif allein, sondern Ihre Wünsche und Pläne sind entscheidend für den Verlauf des Bausparvertrages."

Damit war erklärter Vertragszweck neben der möglichen Erlangung eines Bauspardarlehens auch die individuelle Gestaltungsmöglichkeit als rentable Geldanlage. Gerade vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass das Vorgehen der Beklagten, welches dem Kläger gerade seine individuelle Gestaltungsmöglichkeit nimmt, für diesen ausschließlich vorteilhaft sein soll. Im Rahmen des subjektiven Nutzens für den Kläger kann nicht allein - wie die Beklagte meint - darauf abgestellt werden, dass ein Verzicht auf die Bonusverzinsung wirtschaftlich nachteilig wäre. Denn von entscheidender Bedeutung im Rahmen der wirtschaftlichen Überlegungen des Klägers kann auch sein, mit seinen Zahlungen den Zeitpunkt der Zuteilung bzw. Auszahlung zu beeinflussen.

Es lässt sich auch aus der gegenwärtigen Niedrigzinsphase nicht schlicht ableiten, der Kläger habe endgültig sein Interesse an einem Bauspardarlehen verloren. Die weitere Zinsentwicklung lässt sich nicht sicher prognostizieren und die gegenwärtige Markteinschätzung der Beklagten erlaubt keine Feststellungen über die Absicht des Klägers, ein Bauspardarlehen auf keinen Fall mehr in Anspruch nehmen zu wollen. Ein offenkundig rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers liegt nicht vor. Er hat die Niedrigzinsphase nicht zu verantworten und macht aus vertraglich legitimierten Gründen der Privatautonomie die Rechte aus der Zuteilung nicht geltend, weshalb er im Hinblick auf die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung aus § 488 Abs. 3 BGB mangels Vollbesparung nach wie vor schutzwürdig ist.

c) Eine andere Bewertung ist auch nicht deshalb geboten, weil der Kläger die ihm übersandten Verrechnungsschecks eingelöst hat. Mit dieser Einlösung hat der Kläger nicht konkludent auf die Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens verzichtet. Es entspricht ganz herrschender Meinung, dass an die Feststellung eines Verzichtswillens einer Vertragspartei strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. KG Berlin MDR 2010, 311 f. [KG Berlin 26.11.2009 - 12 U 123/09], zitiert nach JURIS Rdz. 22). Da ein Verzicht auf Rechte im Allgemeinen nicht zu vermuten ist (KG, a. a. O.), muss ein unzweideutiges Verhalten festgestellt werden, das vom Erklärungsgegner als Aufgabe des Rechts zu verstehen ist (BGH NJW 1997, 2110, 2111 [BGH 22.04.1997 - XI ZR 127/96]; vgl. OLG Düsseldorf OLGR 2001, 266 f. zitiert nach JURIS Rdz. 42). Daran fehlt es. Denn mit der Einlösung des Schecks nimmt der Bausparer lediglich die ihm aufgrund der ausgesprochenen Kündigung letztlich zustehende Leistung in Anspruch, wobei er ersichtlich auf die Wirksamkeit dieser Kündigung vertraut. Wenn aber die Kündigung - vom Bausparer zunächst unerkannt - unwirksam ist, dann verbietet es sich von selbst, der Einlösung des Schecks rechtsgeschäftlich bedeutsame Wirkungen beizumessen.

Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die (unwirksame) Kündigung in Verbindung mit der Übersendung der beiden Schecks auch nicht in ein Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages umgedeutet werden können, welches der Bausparer durch Einlösung der Schecks annimmt.

d) Die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung durch die Bausparkasse gem. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lagen im Kündigungszeitpunkt ebenfalls nicht vor, weil die Kündigung weniger als 10 Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife erfolgt ist.

e) Die Beklagte kann sich auch nicht auf ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 3, § 314 BGB berufen. Nach § 314 BGB ist eine Kündigung zulässig, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Nichtabnahme des Bauspardarlehens stellt kein vertragswidriges Verhaltens des Bausparers dar und hinsichtlich der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge hat die Bausparkasse ein spezielleres Kündigungsrecht aus § 2 Abs. 3 ABB, dessen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die Schaffung von Kündigungsvoraussetzungen und die sich daran anschließende Möglichkeit der Ausübung dieses Kündigungsrechts ist ihr zuzumuten.

Auch aus § 490 Abs. 3, § 313 Abs. 3 BGB ergibt sich kein Kündigungsrecht. Nach § 313 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien deshalb den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt ungewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (vgl. BGH, Urt. v. 24. März 2010 - VIII ZR 235/09, zit. nach juris).

Die Geschäftsgrundlage wäre nicht bereits dann entfallen, wenn der Kläger seine Absicht zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens endgültig aufgegeben hätte. Schon die Erläuterungen zum Bausparvertrag im Tarif X (Anlage K 15, Bl. 85 d. A.) legen nahe, dass kein Darlehen in Anspruch genommen werden muss. Für diesen Fall ist nach § 5 ABB die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vorgesehen, mithin eine Risikoverteilung vorgenommen worden.

Die Geschäftsgrundlage wäre auch nicht entfallen, wenn das Gleichgewicht zwischen Bauspareinlagen und -darlehen mit der Folge dauerhaft gestört wäre, dass die Beklagte ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen könnte. Die Beklagte hat über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus insoweit das vertragsspezifische Risiko übernommen, was ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht als unzumutbar erscheinen lässt. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, von der bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Risiko der Zinsentwicklung durch eine geeignete Vertragsgestaltung anders zu gewichten oder sich ein entsprechendes Kündigungsrecht vorzubehalten. Ein Anlass, der Bausparkasse ein Kündigungsrecht vor Vollbesparung bzw. vor Ablauf von 10 Jahren nach Zuteilung des Bausparvertrages zu geben, besteht nicht.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1,97 Abs. 1 ZPO.

Dabei war zu berücksichtigen, dass sich der Wert einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung nach dem objektiv zu ermittelnden wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Fortführung des Vertrages bemisst (siehe OLG Koblenz, Beschl. v. 21. Aug. 2015, Az. 8 U 319/15, zit. nach juris Rz. 2; OLG Hamm, Beschl. v. 26. Okt. 2015, Az. 31 U 182/15, zit. nach juris Rz. 22). Wenn eine Klage auf Feststellung des Fortbestandes eines Bausparvertrages erhoben wird, kommt es daher maßgeblich auf den Wert der Leistungen an, welche der jeweilige Kläger damit erhalten will (OLG Koblenz, a. a. O. Rz. 3). Das Interesse des Klägers ist insoweit zunächst grundsätzlich nach dem Interesse am Erhalt einer Verzinsung zu bewerten (LG Stuttgart, Beschl. v. 15. Sept. 2015, Az. 25 O 89/15, zit. nach juris Rz. 17 unter Hinweis auf OLG Stuttgart, Beschl. v. 19. Juni 2015, Az. 9 W 25/15). Zinsen wiederum sind in entsprechender Anwendung von § 9 ZPO als wiederkehrende Leistungen anzusehen (so ebenfalls OLG Koblenz, a. a. O. Rz. 4). Denn zu den wiederkehrenden Leistungen zählen alle Nutzungen i. S. v. § 100 ZPO, sofern sie sich in regelmäßigen oder unregelmäßigen Zeitabschnitten als einheitliche Folge eines Rechtsverhältnisses ergeben (siehe Musielak/Heinrich, ZPO, 8. Aufl., § 9 Rz. 3; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 9 Rz. 2). Da die Nutzungen von Geld gerade in den erlangten Zinsen bestehen (siehe Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 100 Rz. 1), ist nach Auffassung des Senates die Vorschrift des § 9 ZPO entsprechend heranzuziehen. Eine andere Beurteilung ist auch nicht mit Rücksicht auf den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 12. Januar 2016 (Az.: XI ZR 366/15) geboten, der sich allein zur Wertfestsetzung bei Widerruf eines Darlehensvertrages verhält.

Bei entsprechender Anwendung von §§ 3, 9 ZPO (3,5-facher Jahresbetrag) errechnet sich ausgehend von einem Bausparguthaben in Höhe von 45.914,78 € (Vertrag Endnummer 04) und einer Verzinsung in Höhe von 5 % ein Betrag in Höhe von 8.035,08 € und ausgehend von einem weiteren Bausparguthaben in Höhe von 36.863,80 € (Vertrag Endnummer 06) sowie einer Verzinsung in Höhe von 5 % ein Betrag in Höhe von 6.451,17 €. Es errechnet sich mithin ein Gesamtstreitwert in Höhe von 14.486,25 €, so dass das Unterliegen des Klägers mit 55 % zu bewerten ist.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3. Die Revision war - soweit es die Kündigung des Bausparvertrages mit der Endnummer 04 betrifft - gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO wegen der divergierenden Entscheidungen des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urteile vom 30. März 2016 - 9 U 171/15 - und vom 4. Mai 2016 - 9 U 230/15 -) zu der Anwendbarkeit des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die Passivgeschäfte von Bausparkassen sowie zu der Annahme des vollständigen Darlehensempfangs mit dem erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife zuzulassen.

Soweit es die Kündigung des Bausparvertrages mit der Endnummer 06 betrifft, war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).