Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 21.10.2008, Az.: 1 Ws 622/08

Verdacht einer sexuellen Nötigung der früheren Lebensgefährtin als Rechtfertigung für die Anordnung einer DNA-Identitätsfeststellung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
21.10.2008
Aktenzeichen
1 Ws 622/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 24090
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2008:1021.1WS622.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 03.09.2008 - AZ: 5 KLs 51/08

Fundstellen

  • DVP 2010, 138-139
  • NJW-Spezial 2008, 761 (Kurzinformation)
  • NStZ-RR 2008, VI Heft 12 (amtl. Leitsatz)
  • NStZ-RR 2009, 19-20 (Volltext mit amtl. LS)
  • StV 2009, 8 (Volltext mit red. LS)
  • StraFo 2008, 504 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Versuchte Vergewaltigung

Amtlicher Leitsatz

Der Verdacht einer sexuellen Nötigung der früheren Lebensgefährtin rechtfertigt jedenfalls dann nicht die Anordnung einer DNA-Identitätsfeststellung, wenn es sich um eine einmalige Beziehungstat handelt und keinerlei Anhaltspunkte für andere Sexualstraftaten des Beschuldigten vorliegen. das gilt auch dann, wenn der Beschuldigte wegen Delikten der einfachen und mittleren Kriminalität mehrfach vorbestraft ist

In dem Strafverfahren
...
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 21. Oktober 2008
durch
die unterzeichnenden Richter
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Landgerichts Oldenburg vom 3. September 2008, durch den angeordnet worden ist, dass dem Angeklagten Körperzellen entnommen und molekulargenetisch untersucht werden dürfen, aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und dem Angeklagten insoweit entstandene notwendige Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe

1

Die Beschwerde des Angeklagten gegen die vom Landgericht mit Beschluss vom 3. September 2008 angeordnete Maßnahme hat Erfolg, da die Voraussetzungen des § 81g StPO für deren Anordnung nicht vorliegen.

2

Wenngleich der Angeklagte einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung seiner ehemaligen Lebensgefährtin verdächtig ist, ist diese - von ihm bestrittene - Tat, die Anlass für die Anordnung zur Entnahme von Körperzellen gibt, ersichtlich eine Beziehungstat, und zwar - soweit ersichtlich - eine einmalige. Auch liegen keine früheren/anderen Sexualstraftaten des Angeklagten vor. Zudem vermögen seine Vorstrafen eine tragfähige Annahme der Gefahr künftiger Strafverfahren gegen ihn wegen Straftaten von "erheblicher Bedeutung" nicht zu begründen. Die Vorstrafen sind überwiegend Straftaten der kleineren und mittleren Kriminalität, die weit zurückliegen. Die einzige Körperverletzung hat der Angeklagte vor achtzehn Jahren begangen (Nr. 3 des Bundeszentralregisterauszuges (BZR)). In den letzten zehn Jahren (siehe ab Nr. 16 des BZR) hat er sich lediglich viermal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und einmal wegen Verletzung der Unterhaltspflicht verantworten müssen, wobei die Unterhaltspflichtverletzung durch Verwarnung mit Strafvorbehalt geahndet worden ist. Außerdem fallen in diese Zeit vier Straferlasse nach bestandener Bewährung.

3

Angesichts dieser Umstände ist die Anordnung einer molekulargenetischen Untersuchung von Körperzellen nicht gerechtfertigt.

4

Die Kostenentscheidung entspricht § 467 StPO.