Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 07.12.2017, Az.: 3 Ws 559/17 (StrVollz)

Kosten der Zurverfügungstellung von Unterhaltungselektronik in einer Justizvollzugsanstalt

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
07.12.2017
Aktenzeichen
3 Ws 559/17 (StrVollz)
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 35933
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hildesheim - 21.09.2017 - AZ: 27 StVK 131/17

Amtlicher Leitsatz

1. Bei der Vorschrift des § 52 Abs. 5 NJVollzG, der Ausnahmen von der Heranziehung des Strafgefangenen zu einem Kostenbeitrag vorsieht, handelt es sich unabhängig vom Erlass der Rechtsverordnungen auf Grundlage der Ermächtigungsgrundlage in § 52 Abs. 4 NJVollzG um unmittelbar geltendes Recht; eines Rückgriffs auf das StVollzG bedarf es insoweit nicht.

2. Empfängt ein Strafgefangener Taschengeld nach Maßgabe des § 43 NJVollzG, ist er unverschuldet bedürftig. Die Gewährung des Taschengeldes beseitigt die Bedürftigkeit nicht.

3. Ist ein Strafgefangener gesetzlich von der Pflicht befreit, einen Kostenbeitrag für die Zurverfügungstellung von Unterhaltungselektronik zu entrichten, so kann die Justizvollzugsanstalt mit ihm keine hiervon abweichende vertragliche Vereinbarung treffen.

Tenor:

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers werden der Beschluss der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hildesheim vom 21. September 2017 und die Verfügung der Antragsgegnerin vom 24. März 2017 aufgehoben.

2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, über eine Kostenbeteiligung des Antragstellers für die Überlassung eines DVB-T2-Receivers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

3. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Antragstellers trägt die Landeskasse.

4. Der Streitwert wird auf 19,50 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes bei der Antragsgegnerin.

Der Antragsteller ist sehbehindert und Taschengeldempfänger nach § 43 Satz 1 NJVollzG.

Am 24. Januar 2017 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Annahme und Aushändigung eines DVB-T2-Receivers und erklärte in seinem Antragsschreiben: "Die Überprüfungskosten betragen für das Gerät insgesamt 19,50 €. Dieser Betrag setzt sich zusammen durch Überprüfung Gerät 7,50 €, Deaktivierung USB Anschluss 12,00 €."

Die Antragsgegnerin genehmigte dem Antragsteller das von ihm beantragte Gerät.

Ebenfalls am 24. Januar 2017 unterschrieb der Antragsteller ein Formular, in dem es unter anderem wie folgt lautet: "Hiermit beantrage ich durch den von der Anstalt beauftragten Fachhändler auf meine Kosten das Ausgießen der USB-, SD- u./o. MD-Schnittstelle des o.g. Gerätes." Der Gesamtkostenbeitrag ist in dem Formular mit 12 € angegeben.

Zudem unterschrieb der Antragsteller einen Antrag auf Aushändigung eines Fernseh-/Elektrogerätes. In diesem Formular heißt es unter anderem: "Ich bin darüber belehrt worden, dass ich das Gerät durch den Fachhandel auf eigene Kosten überprüfen lassen muss. Die Kosten hierfür belaufen sich auf insgesamt 7,50 € je Gerät. Darin enthalten ist ein Verwaltungskostenaufschlag in Höhe von 2,50 €."

Am 22. März 2017 wurde dem Antragsteller das von ihm beantragte Gerät ausgehändigt. Ferner wurden ihm 19,50 € in Rechnung gestellt, die sich wie folgt zusammensetzen: 12 € für das Ausgießen der USB-Schnittstelle, 7,50 € für die Überprüfung des Gerätes durch den Fachhandel, wobei in diesem Betrag ein Verwaltungskostenaufschlag in Höhe von 2,50 € enthalten ist. Am 24. März 2017 wurde der Betrag von 19,50 € vom Hausgeldkonto des Antragstellers in Abzug gebracht.

Am 27. März 2017 beantragte der Antragsteller gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 StVollzG und erklärte, er wende sich gegen die Gebühr in Höhe von 12 € für das Ausgießen des USB-Anschlusses, da diese Kosten vermeidbar gewesen wären, da das Ausgießen mit Klebstoff auch durch Bedienstete vorgenommen werden könne und es hierfür keines Fachhändlers bedürfe. Zudem wende er sich gegen die Erhebung der Verwaltungsgebühr in Höhe von 2,50 €, da deren Berechtigung nicht nachvollziehbar sei. Ferner führt der Antragsteller an, er sei unverschuldet bedürftig, weshalb nach § 52 Abs. 5 NJVollzG von einer Kostenbeteiligung abzusehen sei. Er beantragt festzustellen, dass die Erhebung der Verwaltungsgebühr rechtswidrig sei, hilfsweise, die Vollzugsbehörde zu verpflichten, neu über die Erhebung zu entscheiden und den Beitrag zu erstatten.

Mit Schreiben vom 7. Juni 2017 trug der Antragsteller zusätzlich vor, eine Überprüfung des ihm zur Verfügung gestellten Gerätes habe nicht stattgefunden. Auf Nachfrage der Strafvollstreckungskammer, ob er an diesem Vortrag festhalte, teilte der Antragsteller mit Schreiben vom 7. August 2017 mit, dass eine Überprüfung des Gerätes aus tatsächlichen Gründen nicht stattgefunden haben könne. Das Gerät sei komplett verpresst und lasse sich allenfalls mit Gewalt öffnen, dann aber nicht mehr verschließen. Es könne somit keine Überprüfung stattgefunden haben.

Mit Beschluss vom 21. September 2017 wies die 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hildesheim den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurück. Dabei ging die Strafvollstreckungskammer davon aus, dass sich der Antragsteller gegen die Höhe der in Rechnung gestellten Kosten wende, soweit 12 € für das Ausgießen des USB Anschlusses nebst 2,50 Euro Verwaltungskosten in Rechnung gestellt wurden.

Zur Begründung führt der Beschluss aus, die Rechtsgrundlage für die Beteiligung des Antragstellers an den Kosten ergebe sich aus § 52 Abs. 3, Abs. 4, 201 Abs. 2 NJVollzG, § 69 Abs. 2, 70 Abs. 1 und 2 StVollzG i. V. m. Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 VV zu § 69 StVollzG. Da die in § 52 Abs. 4 NJVollzG vorgesehenen Verordnungen für die Erhebung von Kostenbeiträgen noch nicht in Kraft getreten seien, würden nach § 201 Abs. 2 NJVollzG die die jeweilige Vollzugsart betreffenden Vorschriften des StVollzG über die Erhebung von Kosten fortgelten. Die Höhe der in Rechnung gestellten Kosten sei nicht zu beanstanden. Diese seien durch den Überprüfungsaufwand eines externen Fachhändlers begründet. Der Verwaltungskostenaufschlag ergebe sich wegen des der Antragsgegnerin entstehenden Verwaltungsaufwandes, insbesondere durch Verbringen der Geräte zu einem externen Fachhändler und die damit verbundenen Personal- und Kfz-Kosten. Zudem habe der Antragsteller vor Aushändigung des Gerätes ausdrücklich erklärt, dass ihm bekannt sei, dass er die ihm abverlangten Beträge für das Ausgießen der USB-Schnittstelle bezahlen müsse und diese seinem Hausgeldkonto belastet würden. Damit habe sich der Antragsteller mit der ständigen Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin einverstanden erklärt.

Gegen den ihm am 27. September 2017 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der am 19. Oktober 2017 durch seinen Bevollmächtigten eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerde. Der Antragsteller rügt die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Er beantragt, die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 21. September 2017 aufzuheben und an dieselbe Kammer zu neuer Entscheidung zurückzuverweisen, bei Spruchreife, dass der Senat in der Sache selbst entscheidet.

Der Antragsteller trägt vor, wegen seiner Sehbehinderung sei er auf die Genehmigung des DVB-T2-Receivers angewiesen. Eine Bildbeschreibung, wie sie von allen öffentlich-rechtlichen Sendern angeboten werde, um Blinden und Sehbehinderten auch die Möglichkeit zu bieten, Informationen wahrzunehmen, sei nur im digitalen Empfang möglich. Er habe festgestellt, dass eine Überprüfung des Gerätes nicht stattgefunden haben könne. Seinen Antrag auf Erstattung der gezahlten Beträge habe die Antragsgegnerin abgelehnt. Da er unverschuldet bedürftig sei, hätte von der Erhebung von Kosten nach Maßgabe des § 52 Abs. 5 Satz 2 NJVollzG abgesehen werden müssen. Zudem werde weiter vorgetragen, dass die Höhe der Kosten unberechtigt sei.

Der zentrale juristische Dienst für den niedersächsischen Justizvollzug beantragt, die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen, weil es nicht geboten sei, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Die nach § 201 Absatz 2 NJVollzG fortgeltende Vorschrift des § 50 StVollzG enthalte eine dem § 52 Abs. 5 Satz 2 NJVollzG entsprechende Regelung über ein Absehen von der Kostenerhebung nicht.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil es geboten ist, die Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG) und der Gefahr der Wiederholung des im nachfolgend aufgezeigten Rechtsfehlers entgegenzuwirken.

2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

Zwar ist die Verfahrensrüge nicht in zulässiger Weise ausgeführt, auf die zulässig erhobene Sachrüge ergibt sich jedoch, dass die angefochtene Entscheidung nicht frei von Rechtsfehlern ist.

a) Der angefochtene Beschluss erfasst das Begehr des Antragstellers nicht vollständig, da er sich mit dem Kostenbeitrag nur im Umfang von 12 € für das Ausgießen des USB-Anschlusses nebst 2,50 Euro Verwaltungskosten auseinandersetzt, obgleich der Antragsteller sich auch dagegen wendet und dies auf Nachfrage der Strafvollstreckungskammer auch bestätigt hat, dass das Gerät nicht geprüft worden sei. Hierfür werden weitere 5,00 Euro in Rechnung gestellt. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung erfasst damit den von dem Antragsteller insgesamt erhobenen Kostenbeitrag von 19,50 Euro.

b) Die Rechtsgrundlage für die Beteiligung des Antragstellers an den Kosten für die Zurverfügungstellung von Informationselektronik in Haft findet sich in § 52 Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nr. 6 NJVollzG. Danach kann die Vollzugsbehörde Gefangene an den Kosten des Landes für sonstige Leistungen durch Erhebung von Kostenbeiträgen in angemessener Höhe beteiligen, insbesondere für die Überlassung von Geräten der Unterhaltung- und Informationselektronik. Nach § 52 Abs. 3 Satz 3 ist die Erhebung von Kostenbeiträgen allerdings ausgeschlossen für die Überlassung von Hörfunk-und Fernsehgeräten, wenn die oder der Gefangene auf diese Geräte verwiesen wurde und soweit hierdurch eine angemessene Grundversorgung mit Hörfunk-und Fernsehempfang sichergestellt wird. Darüber hinaus sieht § 52 Abs. 5 Satz 2 NJVollzG vor, dass für Zeiten, in denen die oder der Gefangene unverschuldet bedürftig ist, von der Erhebung von Kostenbeiträgen abgesehen werden soll.

aa) Die Vorschriften des § 52 NJVollzG sind auf den Antragsteller anwendbar.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 201 Abs. 2 NJVollzG, der vorsieht, dass bis zu dem Zeitpunkt, in dem eine Verordnung über die Erhebung von Kostenbeiträgen in Kraft tritt, die Vorschriften des StVollzG über die Erhebung von Kosten fortgelten.

§ 52 Abs. 4 NJVollzG ermächtigt das Fachministerium, durch Verordnung näher zu regeln, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe Kostenbeiträge nach § 52 Abs. 3 NJVollzG erhoben werden können. Für die Bemessung können pauschale Sätze festgelegt werden. Für einzelne Kostenbeiträge kann vorgesehen werden, dass die tatsächlich entstandenen Kosten in voller Höhe von Gefangenen zu tragen sind. Entsprechende Rechtsverordnungen sind bislang nicht erlassen worden.

Dies führt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin jedoch nicht dazu, dass die Anwendbarkeit des § 52 NJVollzG insgesamt ausgeschlossen wäre. Der Übergangsbestimmung in § 201 NJVollzG kommt ersichtlich eine lückenfüllende Funktion zu. Es soll Vorsorge für die Übergangszeit bis zur Schaffung der Verordnungen getroffen werden. Insoweit soll einem rechtlosen Zustand vorgebeugt werden (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, NdsLT-Drs. 15/3565, 226). Soweit aber die Vorschriften des § 52 NJVollzG auch ohne die Verordnungen, zu deren Erlass § 52 Abs. 4 NJVollzG ermächtigt, unmittelbar anwendbar sind, bedarf es dieser lückenfüllenden Funktion nicht. Insoweit sind die Regelungen, die keiner weiteren Konkretisierung durch Rechtsverordnung bedürfen, unmittelbar anwendbar.

Dies folgt schon aus der begrenzten Reichweite der Verordnungsermächtigung in § 52 Abs. 4 NJVollzG, wonach das Fachministerium ermächtigt wird, durch Verordnung näher zu regeln, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe Kostenbeiträge nach Absatz 3 erhoben werden können. Die Disposition über die grundsätzliche Frage, ob eine Kostenbeteiligung stattfindet, obliegt gerade nicht dem Verordnungsgeber, sondern ist mit der Regelung in § 52 NJVollzG bereits durch den parlamentarischen Gesetzgeber getroffen worden. Es kann auch nicht in der Verfügungsgewalt des Verordnungsgebers liegen, durch den Nichterlass von Rechtsverordnungen die Geltung von Gesetzesrecht zu suspendieren. Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes ergänzen die Kostenvorschriften des NJVollzG also nur insoweit, als durch den Nichterlass der nach § 52 Abs. 4 NJVollzG vorgesehenen Verordnungen Lücken entstehen.

Gerade im Hinblick auf die Ausnahmetatbestände des § 52 Abs. 5 NJVollzG kann der Nichterlass der nach § 52 Abs. 4 NJVollzG zu erlassenden Rechtsverordnungen nicht dazu führen, dass diese Regelungen nicht anwendbar wären. Zum einen würde dies dazu führen, dass es dem Verordnungsgeber obläge, dem Gefangenen einen Anspruch auf Befreiung von Kostenbeiträgen vorzuenthalten, die ihm der in der Normenhierarchie über dem Verordnungsrecht stehende Gesetzgeber eingeräumt hat. Zum anderen ermächtigt § 52 Abs. 4 NJVollzG durch ausdrückliche Bezugnahme auf § 52 Abs. 3 NJVollzG zu Rechtsverordnungen, die den vorstehenden § 52 Abs. 3 NJVollzG konkretisieren. Zu ergänzenden oder konkretisierenden Regelungen im Hinblick auf den nachfolgenden § 52 Abs. 5 NJVollzG ermächtigt § 52 Abs. 4 NJVollzG nicht. Die Ausnahmetatbestände nach § 52 Abs. 5 NJVollzG sind auch eindeutig und bedürfen keiner verordnungsrechtlichen Konkretisierung. § 52 Abs. 5 NJVollzG ist aus sich heraus anwendbar und ist auch ohne Erlass der Rechtsverordnungen nach § 52 Abs. 4 NJVollzG wirksam (vgl. auch OLG Celle, 1. Strafsenat, Beschluss vom 19. März 2012 - 1 Ws 108/12 (StrVollz) und Beschluss vom 20. März 2012 - 1 Ws 123/12 (StrVollz); die Entscheidung des 1. Strafsenats vom 25. Mai 2004 - 1 Ws 69/04 (StrVollz) - (= Nds. Rpfl 2004, 218) ist in diesem Zusammenhang nicht mehr einschlägig, weil sie vor Inkrafttreten des NJVollzG zum StVollzG ergangen ist, das eine dem § 52 Abs. 5 Satz 2 NJVollzG vergleichbare Regelung nicht enthielt.)

Ein vollständiger Ausschluss der Regelungen in § 52 NJVollzG bis zum Erlass der Rechtsverordnungen nach § 52 Abs. 4 NJVollzG durch Bundesrecht wird, soweit ersichtlich, auch nicht vertreten (vgl. nur die Kommentierung zu § 52 im Online-Kommentar zum Strafvollzugsrecht Niedersachsen, 10. Edition, Stand: 15.07.2017).

bb) Dem angefochtenen Beschluss ist nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen die Antragsgegnerin den Antrag auf Nutzung eines DVB-T2-Receivers durch den Antragsteller bewilligt hat. Die Sachverhaltsermittlung ist insoweit lückenhaft. Angesichts der Tatsache, dass der Antragsteller sehbehindert ist und angibt, deshalb auf einen digitalen Empfang, den das Gerät ermöglicht, angewiesen zu sein, könnte der DVB-T2-Receiver seiner Grundversorgung mit Informationen dienen. Wenn aber die Bewilligung des DVB-T2 Receivers für den Antragsteller eine angemessene Grundversorgung mit einem Hörfunk- und Fernsehempfang sicherstellen würde, würde dies nach § 52 Abs. 3 Satz 3 NJVollzG die Erhebung von Kostenbeiträgen ausschließen.

cc) Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass die angefochtene Entscheidung § 52 Abs. 5 Satz 2 NJVollzG außer Acht lässt. Danach soll für Zeiten, in denen die oder der Gefangene unverschuldet bedürftig ist, von der Erhebung von Kostenbeiträgen abgesehen werden.

Der Antragsteller ist unverschuldet bedürftig. Der Antragsteller ist Taschengeldempfänger. Voraussetzung für die Gewährung eines angemessenen Taschengeldes ist nach § 43 NJVollzG, dass ein Gefangener unverschuldet bedürftig ist. Mit der Feststellung des angefochtenen Beschlusses, dass der Antragsteller Taschengeldempfänger ist, steht gleichzeitig damit fest, dass er unverschuldet bedürftig ist.

Die Gewährung von Taschengeld lässt die Bedürftigkeit nicht entfallen. Die Gewährung von Taschengeld ist Rechtsfolge der Feststellung der unverschuldeten Bedürftigkeit. Tritt diese Rechtsfolge ein, entfällt damit nicht das tatbestandliche Vorliegen der Bedürftigkeit. Vielmehr setzt die fortlaufende Gewährung von Taschengeld weiterhin die unverschuldete Bedürftigkeit tatbestandlich voraus.

Zwar ist in Nr. 5 der Verwaltungsvorschriften zum Strafvollzugsgesetz (VV StVollzG) zu § 69 StVollzG ausdrücklich vorgesehen, dass die Kosten für die Überprüfung eines Geräts durch die Gefangenen aus ihrem Taschengeld bestritten werden können. § 69 StVollzG kennt einen Ausnahmetatbestand für unverschuldet bedürftige Gefangene nicht und lässt somit Raum dafür, dass Kostenbeiträge auch aus dem Taschengeld finanziert werden können. Die Regelung in § 52 Abs. 5 S. 2 NJVollzG geht dem jedoch vor, da insoweit wie ausgeführt Landesrecht und nicht Bundesrecht gilt und eine vom Gesetz abweichende Rechtsfolge durch Verwaltungsvorschriften nicht angeordnet werden kann.

§ 52 Abs. 5 NJVollzG enthält eine Soll-Regelung, die sich auf alle nach § 52 NJVollzG erhobenen Kostenbeiträge bezieht. Bei unverschuldeter Bedürftigkeit hat daher "im Regelfall" (vgl. den Schriftlichen Bericht zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen, LT-Drucks. 15/4325 S. 25) die Erhebung von Kostenbeiträgen zu unterbleiben. Von der Anordnung dieser Rechtsfolge kann die Antragsgegnerin nur in atypischen Fällen absehen. Will die Vollzugsbehörde bei Ausübung dieses sog. eingeengten oder gebundenen Ermessens von der Regel abweichen, muss sie im Einzelfall darlegen, dass und aus welchen Gründen sie einen Ausnahmefall annimmt (vgl. Callies/Müller-Dietz, StVollzG 11. Aufl. § 115 Rn. 19). Daran fehlt es hier.

c) Die Antragsgegnerin kann die Kosten auch nicht auf Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung von dem Antragsteller beanspruchen. Ein Zahlungsanspruch wird auch nicht dadurch begründet, dass der Antragsteller in die Erhebung der Kosten für die Bewilligung des Receivers eingewilligt hätte.

Von einer nach den Grundsätzen der Vertragsfreiheit auf Augenhöhe geschlossen Vereinbarung kann insoweit nicht gesprochen werden, da der Antragsteller eine Bewilligung des von ihm erstrebten Gerätes nur erreichen konnte, wenn er die entsprechenden Erklärungen zu den Kosten abgibt. Allein, dass er bestätigt, Kenntnis davon zu haben, dass Kostenbeiträge erhoben werden können, enthält nicht die Erklärung, dass er mit deren Zahlung einverstanden ist.

Es bedarf allerdings keiner abschließenden Entscheidung, ob es einer Justizvollzugsanstalt grundsätzlich möglich ist, über den Grundbedarf hinausgehende Leistungen entgeltlich anzubieten und hierzu Verträge mit Gefangenen zu schließen (vgl. ablehnend: Däubler/Galli, in: Feest/Lesting, AK-StVollzG, 6. Auflage 2012, § 50, Rn. 15; bejahend: OLG Koblenz, Beschluss vom 22. Februar 2006 - 2 Ws 840/05 - juris: Rn. 40). Denn jedenfalls wäre es der Antragsgegnerin nicht gestattet, eine vertragliche Vereinbarung zu schließen, mit der sie sich in Widerspruch zur gesetzlichen Regelung in § 52 Abs. 3, Abs. 5 NJVollzG setzt. Ob ein Kostenbeitrag von dem Antragsteller erhoben werden können, ist anhand des § 52 NJVollzG zu entscheiden. Ist danach eine Kostenbeteiligung nicht möglich, kann vertraglich nichts anderes vereinbart werden. Sind nach dem NJVollzG von dem Antragsteller Kosten zu erheben, käme es auf eine vertragliche Regelung nicht mehr an.

Den von dem Antragsteller unterschriebenen Erklärungen kann nicht die Bedeutung beigemessen werden, allein durch ihre Abgabe werde ein Ausnahmefall des § 52 Abs. 5 Satz 2 NJVollzG begründet. Die Feststellung die Strafvollstreckungskammer, es entspreche der ständigen Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin, dass Fernsehgeräte nur nach einem auf Kosten des Gefangenen durchzuführenden externen Ausgießen der USB-Schnittstelle ausgehändigt werden, zeigt, dass die Kostenerhebung zulasten des Antragstellers gerade nicht ausnahmsweise erfolgt, sondern dem regelmäßigen Vorgehen der Antragsgegnerin entspricht. Eine regelmäßige Verwaltungspraxis allein kann daher einen Ausnahmefall nicht begründen.

III.

Da es sich bei der Entscheidung nach § 52 Abs. 5 NJVollzG um eine - wenn auch "intendierte" - Ermessensentscheidung handelt und eine Ermessensreduzierung auf Null nicht vorliegt, kann der Senat keine eigene Sachentscheidung treffen. Das Ermessen kann nur die Antragsgegnerin ausüben, an die die Sache zurückzugeben war.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 4 StVollzG i. V. m. § 467 StPO entsprechend.

Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus §§ 1 Abs. 1 Nr. 8, 52, 60, 65 GKG.