Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 18.05.2010, Az.: L 13 AS 105/09

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
18.05.2010
Aktenzeichen
L 13 AS 105/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 20373
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2010:0518.L13AS105.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Oldenburg - 20.02.2009 - AZ: S 47 AS 1732/08

Fundstellen

  • ZfF 2011, 211
  • ZfSH/SGB 2010, 420-425
  • ZfStrVo 2011, 52
  • info also 2010, 174-176

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 20. Februar 2009 geändert.

Der Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger für den Bewilligungszeitraum 12. August bis 31. Dezember 2008 einen Betrag von 385,10 EUR nachzuzahlen. Soweit der Bescheid des Beklagten vom 25. August (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2008 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9. Dezember 2008) dem entgegensteht, wird er aufgehoben; insoweit wird die Klage des Klägers gegen diese Bescheide abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 20. Februar 2009 abgewiesen.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers in den beiden Rechtszügen hat der Beklagte ein Drittel zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem beklagten J. die Gewährung höherer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), und zwar ohne die volle Anrechnung eines für ihn nach dem Strafvollzugsgesetz (StVollzG) gebildeten Überbrückungsgeldes.

2

Der am 16. Juni 1982 geborene Kläger stand seit 31. Mai 2005 im Grundsicherungsbezug bei der beklagten Arbeitsgemeinschaft. Da der Kläger im Mai 2006 nach K. verzog, wurden die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) von der Beklagten mit Bescheid vom 9. Mai 2006 zu Ende April 2006 eingestellt. Vom 16. Januar bis 14. Juli 2008 befand sich der Kläger aufgrund einer Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Betruges durch das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 8. Januar 2007 - 14 L. (163 Js M.) - in der Justizvollzugsanstalt N., Abteilung K. in Strafhaft. Aus dieser Haft wurde er am 14. Juli 2008 nach Verbüßung der Hälfte seiner Freiheitsstrafe vorzeitig entlassen, weil der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt worden war. Während der Strafhaft hatte der Kläger bei der Firma O. GmbH in K. als Schlosser gearbeitet und hierfür Arbeitslohn erhalten; von diesem Arbeitslohn war ein Teil nach § 51 StVollzG als sog. Überbrückungsgeld einbehalten worden, so dass dem Kläger bei seiner Haftentlassung ein Betrag i. H. v. 1.045,32 EUR als Überbrückungsgeld sowie ein weiterer Betrag i. H. v. 88,97 EUR als sog. Eigengeld in bar ausbezahlt wurden.

3

Zuvor, und zwar am 2. Juli 2008 hatte der Kläger, der beabsichtigte, nach seiner Haftentlassung zunächst zu seiner in P. (Landkreis Q.) lebenden Mutter zu ziehen, bei dem Beklagten - erneut - die Gewährung von SGB II-Leistungen beantragt. Mit Bescheid vom 1. August 2008 gewährte der Beklagte dem Kläger für den Bewilligungszeitraum 15. Juli bis 31. Dezember 2008 SGB II-Leistungen, und zwar für den Juli 2008 198,90 EUR, für die Monate August bis Oktober 2008 jeweils 202,54 EUR und für die Monate November sowie Dezember 2008 jeweils 550,64 EUR. Bei der Berechnung dieser Leistungen war der Beklagte in der Weise vorgegangen, dass er für den Juli 2008 Kosten für Unterkunft und Heizung nicht berücksichtigt hatte, weil der Kläger - zunächst - bei seiner Mutter, die ebenfalls von dem Beklagten SGB II-Leistungen bezog, wohnte und weil der Mutter für deren 3-Zimmer-Mietwohung bereits Anfang Juli 2008 für diesen Monat Kosten der Unterkunft und Heizung in voller Höhe gewährt worden waren. Für die 17 Tage im Juli 2008 wurden daher dem Kläger von dem Beklagten nur 17/30 der monatlichen Regelleistung, und zwar 198,90 EUR bewilligt. In den Monaten ab August 2008 berücksichtigte der Beklagte die Hälfte der von der Mutter des Klägers an deren Vermieterin schuldeten Kaltmiete und der Nebenkosten (250,53 EUR: 2 = 125,26 EUR + 74,28 EUR: 2 = 37,14 EUR) sowie ebenfalls 50 % des an das Energieversorgungsunternehmen für den Bezug von Erdgas entrichteten monatlichen Abschlags (87,00 EUR: 2 = 43,50 EUR), abzüglich eines Abzuges für die Warmwasserzubereitung i. H. v. 6,26 EUR (43,50 EUR - 6,26 EUR = 37,24 EUR), insgesamt also an Kosten für Unterkunft und Heizung - für den Kläger - 199,64 EUR. Des Weiteren berücksichtigte der Beklagte zugunsten des Klägers eine monatliche Regelleistung i. H. v. 351,00 EUR, insgesamt also einen Bedarf von monatlich 550,64 EUR. Von diesem Bedarf setzte er - der Beklagte - in den Monaten August bis Oktober 2008 als Einkommen einen Betrag von 348,10 EUR ab. Den Abzugsbetrag errechnete der Beklagte dadurch, dass er den Betrag aus Überbrückungsgeld und Eigengeld (1.045,32 EUR + 88,97 EUR = 1.134,30 EUR) auf die Monate August bis Oktober 2008 aufteilte, also drittelte und von der jeweiligen Monatssumme von 378,10 EUR eine Versicherungspauschale i. H. v. 30,00 EUR abzog. Daher wurden dem Kläger in den Monaten August bis Oktober 2008 jeweils nur 202,54 EUR sowie in den Monaten November und Dezember 2008 jeweils - wieder - 550,64 EUR gewährt. Auf eine Vorsprache des Klägers hin erließ der Beklagte unter dem 25. August 2008 einen (ersten) Änderungsbescheid. Mit diesem Bescheid wurden dem Kläger für Juli 2008 unverändert 198,90 EUR, für August bis Oktober 2008 jeweils monatlich 353,79 EUR und für die Monate November und Dezember 2008 jeweils 323,79 EUR gewährt. Die Änderung ergab sich daraus, dass der Beklagte nunmehr das von ihm als Einkommen angerechnete Überbrückungsgeld (nebst Eigengeld) auf fünf Monate mit einem Anrechnungsbetrag von 226,85 EUR (abzüglich der Versicherungspauschale von 30,00 EUR, also i. H. v. 196,85 EUR) für die Monate August bis Oktober 2008 und für die Monate November und Dezember 2008 i. H. v. 226,85 EUR (ohne Berücksichtigung der Versicherungspauschale) verteilt hatte. Der Kläger erhob hiergegen durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten am 8. September 2008 Widerspruch, den er damit begründete, eine Anrechnung des Überbrückungsgeldes könne nur in den ersten vier Wochen nach Haftentlassung erfolgen, weshalb der Bescheid vom 25. August 2008 für die Zeitspanne 15. Juli bis 11. August 2008 nicht angegriffen werde; demgegenüber sei die von dem Beklagten über einen Zeitraum von fünf Monaten und damit auch vom 12. August bis 31. Dezember 2008 vorgenommene Anrechnung unzulässig, weil das Überbrückungsgeld lediglich in den ersten vier Wochen nach der Entlassung aus der Strafhaft für den notwendigen Lebensunterhalt des ehemaligen Strafgefangenen bestimmt sei. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, das Überbrückungsgeld sei nach der sog. Zuflusstheorie in dem Monat als Einkommen anzurechnen, in dem es tatsächlich dem Kläger zugeflossen sei, hier also anlässlich seiner Haftentlassung im Juli 2008. Diese einmalige Einnahme i. S. des § 11 SGB II sei auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und anzurechnen, wobei die Aufteilung so vorzunehmen sei, dass der Krankenversicherungsschutz des Klägers sichergestellt sei, d. h. dessen Hilfebedürftigkeit nicht vollständig entfalle. Wäre das Überbrückungsgeld, wie dies der Kläger in seinem Widerspruch fordere, lediglich im Zuflussmonat angerechnet worden, so wäre dessen Krankenversicherungsschutz entfallen. Daher sei hier eine Aufteilung auf fünf Monate vorgenommen worden.

4

Der Kläger hat gegen den Bescheid vom 25. August 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 am 15. September 2008 Klage erhoben und zur Begründung seiner Klage ergänzend vorgetragen, es sei schon zweifelhaft, ob es sich bei dem Überbrückungsgeld um eine einmalige Einnahme handele, schließlich stamme es aus seinem - des Klägers - Verdienst aus regelmäßiger Arbeit bei der R. Stahlfirma. Soweit sich der Beklagte für die von ihm vorgenommene Aufteilung auf fünf Monate auf die Regelung des § 2 Abs. 4 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) beziehe, verkenne er - der Beklagte -, dass der Gesetzgeber in § 51 Abs. 1 StVollzG eine Sonderregelung über die Anrechnung von Überbrückungsgeld getroffen habe, wonach eine Anrechnung nur in den ersten vier Wochen nach Haftentlassung zulässig sei.

5

Der Kläger hat beantragt,

6

den Bescheid des Beklagten vom 25. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2008 aufzuheben, soweit ihm - dem Kläger - für die Zeit nach dem 11. August 2008 Überbrückungsgeld als Einkommen angerechnet wird.

7

Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hat erwidert: Bei dem Überbrückungsgeld, das einem ehemaligen Strafgefangenen bei Haftende nach § 51 StVollzG in einem Betrag ausbezahlt werde, handele es sich um Einkommen in Form einer einmaligen Einnahme gem. § 2 Abs. 4 i. V. m. § 4 Satz 1 Alg II-V. Allerdings sei die somit auf einen angemessenen Zeitraum, hier auf fünf Monate (August bis Dezember 2008) vorzunehmende Anrechnung gegenüber dem (Änderungs-)Bescheid vom 25. August 2008 in einem weiteren Änderungsbescheid vom 9. Dezember 2008 modifiziert worden. Es sei nunmehr als Einnahme nur das Überbrückungsgeld i. H. v. 1.045,32 EUR berücksichtigt worden und hieraus ein monatlicher Anrechnungsbetrag von 209,06 EUR errechnet worden. Dieser Anrechnungsbetrag sei jetzt während des gesamten Verteilzeitraumes um die Versicherungspauschale vermindert worden.

10

Durch einen (zweiten) Änderungsbescheid vom 9. Dezember 2008 sind daher dem Kläger für den Zeitraum 1. August bis 31. Dezember 2008 pro Monat jeweils 371,58 EUR gewährt worden, auch ist ihm ein Nachzahlungsbetrag i. H. v. 148,95 EUR überwiesen worden. In der Berechnung des Bescheides ist das Überbrückungsgeld als Einkommen nunmehr mit einem Betrag von 179,06 EUR (= 209,06 EUR - 30,00 EUR) monatlich angerechnet worden.

11

Das SG Oldenburg hat mit Urteil vom 20. Februar 2009 der Klage stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, an den Kläger einen (weiteren) Betrag i. H. v. 895,30 EUR nachzuzahlen; insoweit hat es den Bescheid vom 25. August 2008 (i. d. G. des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2008 und i. d. F. des Änderungsbescheides vom 9. Dezember 2008) aufgehoben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG Oldenburg ausgeführt, der Beklagte habe insoweit rechtswidrig gehandelt, als er entgegen § 51 StVollzG das Überbrückungsgeld auch noch für den Teil des Bewilligungszeitraumes nach Ablauf von vier Wochen nach der Haftentlassung des Klägers angerechnet habe. Denn bei dem Überbrückungsgeld handele es sich um eine Geldzahlung, die nach Ablauf von vier Wochen nach Ende der Haftzeit gem. § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II i. V. m. § 51 Abs. 1 StVollzG als zweckbestimmte Einnahme nicht auf die Leistungen nach dem SGB II angerechnet werden könne; in § 51 Abs. 1 StVollzG werde nämlich ausdrücklich im Gesetz der Zweck des Überbrückungsgeldes bestimmt, wonach das Überbrückungsgeld dem notwendigen Lebensunterhalt des (ehemaligen) Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach Haftentlassung dienen solle, dies sei auch der Zweck der Leistungen nach dem SGB II. Damit sei das Überbrückungsgeld zwar grundsätzlich auf den Bedarf nach dem SGB II anzurechnen, dieser gleiche Zweck wie derjenige der Leistungen nach dem SGB II werde aber in § 51 StVollzG zeitlich ausdrücklich auf die ersten vier Wochen nach Haftentlassung beschränkt. Damit sei eine längere Anrechnung auf nachfolgende Zeiträume ausgeschlossen. Die Regelung des § 2 Abs. 4 Alg II-V stehe dem, d. h. der Nicht-Anrechnung nach Ablauf der vier Wochen nach Haftentlassung, nicht entgegen; denn die höherrangige, gesetzliche Regelung in § 51 StVollZG beschränke den Anrechnungs- und Verteilzeitraum bei einmaligen Einnahmen, wie er in § 2 Abs. 4 Alg II-V festgelegt werde. Der Nachzahlungsbetrag über 895,30 EUR ergebe sich aus dem Anrechnungsbetrag in den fünf Monaten August bis Dezember 2008 (5 x 179,06 EUR = 895,30 EUR).

12

Gegen das ihm am 5. März 2009 zugestellte Urteil vom 20. Februar 2009 hat der Beklagte am 18. März 2009 Berufung eingelegt, die er wie folgt begründet: Er - der Beklagte - sei berechtigt gewesen, das dem Kläger am 14. Juli 2008 ausbezahlte Überbrückungsgeld als einmalige Einnahme ab August 2008 gem. § 2 Abs. 4 Alg II-V für einen fünfmonatigen Zeitraum auf die dem Kläger zu gewährenden SGB II-Leistungen anzurechnen. Entgegen der in dem angefochtenen Urteil vom 20. Februar 2009 vertretenen Ansicht handelte es sich bei dem Überbrückungsgeld ab dem 12. August 2008 nicht um eine zweckbestimmte Einnahme i. S. des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II. Auch wenn das Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG für die ersten vier Wochen nach Haftentlassung den notwendigen Lebensunterhalt des ehemaligen Strafgefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten sichern solle, könne hieraus nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, das Überbrückungsgeld könne nur in diesen ersten vier Wochen angerechnet werden, weil über diesem Zeitraum hinaus mit dem Überbrückungsgeld ein anderer Zweck verfolgt werde. § 51 StVollzG wolle gerade sicherstellen, dass der Entlassende nicht unmittelbar nach seiner Entlassung auf Sozialleistungen angewiesen sei. Stelle der Gefangene - hier sei der Antrag durch den Kläger am 2. Juli 2008 bereits aus der Haft gestellt worden - aber dennoch einen Antrag auf Gewährung von Sozialleistungen, so müsse das Überbrückungsgeld auch im Rahmen der Leistungsgewährung berücksichtigt werden, wenn es während der Bedarfszeit zufließe. Auf jeden Fall müsse die Berufung mit dem Hilfsantrag insoweit Erfolg haben, als er - der Beklagte - nur zu einer Nachzahlung an den Kläger i. H. v. maximal 835,61 EUR verurteilt werden könne. Selbst wenn das Überbrückungsgeld mit dem angefochtenen Urteil vom 20. Februar 2009 ab dem 12. August 2008 nicht mehr als Einkommen auf Leistungen nach dem SGB II angerechnet werden könne, wäre die Anrechnung zumindest für den Zeitraum 1. bis 11. August rechtmäßig mit der Folge, dass sich der in dem Urteil vom 20. Februar 2009 auch für den Monat August 2008 beanstandete Anrechnungsbetrag von 179,06 EUR um 59,69 EUR (= 179,06 EUR: 30 Tage x 10 Tage) ermäßigen müsste, so dass er - der Beklagte - allenfalls zu einer Nachzahlung i. H. v. 835,61 EUR (August 2008: 179,06 EUR - 59,69 EUR = 119,37 EUR + September bis Dezember 2008: 179,06 EUR x 4) verurteilt werden könne.

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Der Beklagte beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 20. Februar 2009 aufzuheben und die Klage gegen seinen Bescheides vom 25. August 2008 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2008) und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9. Dezember 2008 abzuweisen; hilfsweise, das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 20. Februar 2009 dahingehend zu ändern, dass er - der Beklagte - nur zu einer Nachzahlung an den Kläger in Höhe von 835,61 EUR verurteilt wird.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

17

Er erwidert: Die Berufung des Beklagten werde aus den Gründen des überzeugenden Urteils vom 20. Februar 2009 als unbegründet erachtet. Soweit sich der Beklagte weiterhin für die von ihm gewählte Anrechnung auf die Bestimmung des § 2 Abs. 4 Alg II-V beziehe, übersehe er, dass hier durch § 51 StVollzG eine andere Anrechnung geboten sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass wie in seinem Falle der Antrag auf die Gewährung von SGB II-Leistungen aus der Haft heraus gestellt worden sei.

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Zur weiteren Sachdarstellung zur Darstellung des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Gerichtsakten Bezug genommen; diese Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 18. Mai 2010 gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige, insbesondere fristgemäß erhobene (s. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG -) Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Oldenburg vom 20. Februar 2009 ist zum Teil begründet. Denn das dem Kläger nach dem 11. August 2008 verbliebene Überbrückungsgeld kann weder als Vermögen noch als (anrechnungsfreies) zweckbestimmtes Einkommen i. S. des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II angesehen werden, so dass der an den Kläger von dem Beklagten noch auszukehrende Nachzahlungsbetrag auf 385,10 EUR zu begrenzen ist. Das Urteil des SG Oldenburg vom 20. Februar 2009 ist daher zu ändern und der Beklagte zu verpflichten, an den Kläger für den Leistungszeitraum 12. August bis 31. Dezember 2008 - nur - einen Betrag i. H. v. 385,10 EUR nachzuzahlen; des Weiteren ist der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 25. August 2008 (i. d. G. des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2008 und i. d. F. des Änderungsbescheides vom 9. Dezember 2008) aufzuheben, soweit der Bescheid dem entgegensteht, auch ist die Klage des Klägers gegen diesen Bescheid abzuweisen, soweit demnach der Bescheid vom 25. August 2008 noch Bestand hat.

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1. Auszugehen ist davon, dass in diesem Berufungsverfahren von dem Bewilligungszeitraum 15. Juli bis 31. Dezember 2008 nur der Leistungszeitraum 12. August bis 31. Dezember 2008 zur Überprüfung ansteht. Denn die angefochtenen Bescheide vom 25. August und 9. September 2008 sowie vom 9. Dezember 2008 - der nach dem Erlass des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2008 ergangene Änderungsbescheid vom 9. Dezember 2008, der denselben Leistungszeitraum wie der Bescheid vom 25. August 2008 regelt, ist gem. § 96 SGG auch Gegenstand des Klageverfahrens geworden - regeln nur eine Leistungsbewilligung an den Kläger ab 1. August 2008, auch hat der anwaltlich vertretene Kläger bewusst auf eine Anfechtung der Bescheide hinsichtlich der Zeitspanne 1. bis 11. August 2008 verzichtet, so dass die auch diesen Zeitraum regelnden Bescheide insoweit bestandkräftig geworden sind. Soweit der Beklagte in dem Urteil des SG Oldenburg vom 20. Februar 2010 (auch) zur Nachzahlung eines die Zeitspanne 1. bis 11. August 2008 betreffenden Betrages verurteilt worden ist, hat das SG Oldenburg die insoweit eingetretene Bestandkraft nicht hinreichend beachtet, so dass das Urteil vom 20. Februar 2010 insoweit schon aus diesem Grund aufzuheben und der Nachzahlungsbetrag entsprechend zu korrigieren ist, zumal das SG Oldenburg insoweit unzulässigerweise (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Kel-ler/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2009, Rdn. 4 zu § 123) dem Kläger mehr zugesprochen hat, als dieser, der sich mit einer Anrechnung seines Überbrückungsgeldes bis 11. August 2008 ausdrücklich einverstanden hat, begehrt.

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2. Das dem Kläger anlässlich seiner Haftentlassung am 14. Juli 2008 in bar ausgezahlte Überbrückungsgeld nach § 51 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz, vom 16. März 1976, BGBl. I S. 581 - StVollzG -) i. H. v. 1.045,32 EUR ist ebenso wie das mit dem Überbrückungsgeld ausgezahlte sog. Eigengeld i. H. v. 88,97 EUR als Einkommen i. S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II, nicht aber als Vermögen i. S. des § 12 SGB II und auch nicht als zweckbestimmte Einnahme i. S. des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II - auch nicht nach dem 11. August 2008 - anzusehen.

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2.1 Nach der sog. Zuflusstheorie (s. dazu etwa BSG, Urt. vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 43/07 R -, SozR 4-4200 § 11 SGB II Nr. 17 = info also 2009, 38, zit. nach juris, Rz. 26; vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R -, BSGE 101. 291 = SozR 4-4200 § 11 SGB II Nr. 15 = FEVS 60, 337 = NJW 2009, 2155 = SGb 2009, 672, zit. nach juris, Rz. 18; vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 86/08 R -, zit. nach juris, Rz. 11; Hasske, in: Estelmann, SGB II, Stand: April 2010, Rdn. 14 zu § 11; Adolph, in: Linhart/Adolph, SGB II, Stand: Februar 2010, Rdn. 9 zu § 11; Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, Stand: Oktober 2009, Grundsicherung für Arbeitssuchende, II. 11, Rz. 2; kritisch: Brühl, in: Münder, LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, Rdn. 15 zu § 11 sowie Conradis, info also 2007, 10), die auch der erkennende Senat seiner Rechtsprechung zu Grunde legt (s. etwa das Urt. vom 4. März 2008 - L 13 AS 7/06), gehören zum Vermögen eines um Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II nachsuchenden Bürgers nur die Mittel in Geld oder Geldeswert, die der Bürger vor Stellung eines Antrages auf SGB II-Leistungen bereits hatte, während die Mittel, die der Bürger erst nach der Antragstellung, also in der Bedarfzeit, wertmäßig dazu erhält, als Einkommen zu qualifizieren sind. Entscheidend ist dabei der tatsächliche Zufluss der Mittel, es sei denn, dass rechtlich ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt wird - normativer Zufluss - (BSG, Urt. vom 30. September 2008, aaO., und Urt. vom 30. Juli 2008, aaO., Rz. 24). Hier sind dem Kläger das Überbrückungsgeld (und das Eigengeld) erst nach der am 2. Juli 2008 erfolgten Antragstellung auf Gewährung von SGB II-Leistungen zugeflossen, nämlich am Entlassungstag, dem 14. Juli 2008, auch ist hier nicht ausnahmsweise rechtlich ein anderes Datum als das des tatsächlichen Zuflusses maßgebend. Damit sind das Überbrückungsgeld und das Eigengeld (insgesamt ein Betrag von 1.134,29 EUR) bei der Bedarfsberechnung nach dem SGB II als Einkommen, nicht aber als Vermögen zu berücksichtigen, wobei es auch unerheblich ist, dass das Überbrückungsgeld nach § 51 Abs. 1 StVollzG vor der Haftentlassung des Strafgefangenen durch staatlich angeordnetes Zwangssparen (Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2007, Rdn. 1 zu § 51) gebildet wird. Denn für die hier nur interessierende Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nach Grundsicherungsrecht kommt es nicht auf eine wirtschaftliche Betrachtung (dies berücksichtigen nicht hinreichend Däubler/Spaniol, in: Fest, AK-StVollzG, 5. Aufl. 2006, Rdn. 9 zu § 51, die insoweit auf die "wirtschaftliche Funktion" des Überbrückungsgeldes abstellen), sondern allein auf den (tatsächlichen) Mittelzufluss an und auch nicht darauf, auf welchen Gründen der Mittelzufluss beruht (Hasske, aaO.). Das Überbrückungsgeld gehört daher wie eine Steuererstattung (s. dazu etwa BSG, Urt. vom 30. September 2008, aaO., und Urt. vom 13. Mai 2009 - B 4 AS 49/08 R -, zit. nach juris, Rz. 12) oder wie Zinseinkünfte aus einem Sparguthaben (s. hierzu BSG, Urt. vom 30. September 2008 - B 4 AS 57/07 R -, SozR 4-4200 § 11 SGB II Nr. 16 = FEVS 60, 392 = SGb 2008, 658 -, zit. nach juris, Rz. 17f.) nicht zu den bereits erlangten Einkünften, mit denen Vermögen angespart worden ist; denn der entlassene Strafgefangene hat die Teile seines Arbeitslohnes bzw. seiner Arbeitsbelohnung nicht freiwillig zur Vermögensbildung angespart, sondern nur deswegen nicht früher (als am Entlassungstag) erhalten, weil ihm nach dem Willen des Gesetzgebers (des Strafvollzugsgesetzes) dieser Teil der Arbeitsvergütung bis zum Entlassungstag vorenthalten werden sollte, damit der nunmehr in die Freiheit entlassene ehemalige Strafgefangene in den ersten vier Wochen nach seiner Entlassung hiervon seinen notwendigen Lebensunterhalt und ggf. auch den Unterhalt der Personen, denen er zum Unterhalt verpflichtet ist, bestreiten kann (Dies berücksichtigt auch der HessVGH - Urt. vom 26. August 1986 - 9 UE 299/85 -, ZfStrVo 1987, 115 - nicht hinreihend, der - allerdings noch unter Geltung des Bundessozialhilfegesetz - das Überbrückungsgeld in jedem Fall als Vermögen angesehen hat).

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2.2 Das Überbrückungsgeld hat sich auch nicht etwa am 12. August 2008, d. h. nach Verstreichen der vier Wochen nach Haftentlassung, in Vermögen umgewandelt, wie dies das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Urt. vom 24. April 2009 - L 12 AS 5623/08 -, ZFSH/SGB 2009, 360, zit. nach juris, Rz. 27) meint. Allein die in § 51 Abs. 1 StVollzG getroffene Regelung, das Überbrückungsgeld soll dazu dienen, "den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung (zu) sichern", lässt nicht den Schluss zu, ein nach den vier Wochen noch vorhandenes Überbrückungsgeld könne bei der Bedarfsberechnung nach dem SGB II nunmehr nur noch als Vermögen Berücksichtigung finden (so aber LSG Bad.-Württ., aaO., allerdings ohne - nähere - Begründung). Denn wenn Überbrückungsgeld nach dem Zeitpunkt seines tatsächlichen Zuflusses wie hier als Einkommen zu qualifizieren ist, so endet seine Berücksichtigung als Einkommen nicht mit dem Monat des Zuflusses, hier dem 31. Juli 2008 (BSG, Urt. vom 30. September 2009, aaO., Rz. 21), oder dem Ablauf des vierwöchigen Zeitraumes nach § 51 Abs. 1 StVollzG, sondern erst mit der Überwindung der Hilfebedürftigkeit, wobei die fehlende Hilfebedürftigkeit mindestens einen Monat angedauert haben muss (vgl. BSG, Urt. vom 30. September 2009, aaO., Rz. 31). Eine andere rechtliche Betrachtung - Einordnung des Überbrückungsgeldes nach § 51 StVollzG als Vermögen i. S. des § 12 SGB II - wäre allenfalls dann angebracht, wenn der Kläger nach Auszahlung (= Zufluss) des Überbrückungsgeldes den Antrag auf Gewährung von SGB II-Leistungen gestellt hätte.

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2.3 Das Überbrückungsgeld kann schließlich entgegen der Ansicht des SG Oldenburg in dem angefochtenen Urteil vom 20. Februar 2009 nach Ablauf der vier Wochen nach Haftentlassung auch nicht als - anrechnungsfreie - zweckbestimmte Einnahme i. S. des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II angesehen werden. Allerdings trifft es zu, dass das Überbrückungsgeld - wie schon erwähnt - gem. § 51 Abs. 1 StVollzG einem bestimmten Zweck dienen soll, und zwar soll es während der Haftzeit angespart werden, damit dem (ehemaligen) Strafgefangnen für eine Übergangszeit von vier Wochen nach der Haftentlassung die notwendigen wirtschaftlichen Mittel zur Verfügung stehen (vgl. BT-Drucks. 7/918, S. 70f. - zu § 47 a. F. (Überbrückungsgeld)), um seinen notwendigen Lebensunterhalt (und ggf. auch den seiner Unterhaltsberechtigten) zu sichern. Das Überbrückungsgeld soll damit auch gewährleisten, dass der Entlassene in der Übergangszeit, die der Gesetzgeber auf - lediglich - vier Wochen bestimmt hat, nicht auf die Gewährung von Sozialhilfeleistungen bzw. jetzt auf die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II angewiesen ist. Mithin dient die Bildung des Überbrückungsgeldes nach dem Willen des Gesetzgebers (in § 51 Abs. 1 StVollzG) auch der Freistellung des (ehemaligen) Strafgefangenen von Sozialhilfe- bzw. Grundsicherungsleistungen (BVerwG, Urt. vom 21. Juni 1990 - BVerwG 5 C 64.86 -, FEVS 41, 1 = ZFSH/SGB 1990, 525 = ZfStrVo 1991, 248 = ZfS 1990, 340 = NJW 1991, 189 - zit. nach juris, Rz. 11) in den ersten vier Wochen nach der Haftentlassung. Diese besondere Zweckbestimmung des Überbrückungsgeldes rechtfertigt es aber noch nicht, das - nach den vier Wochen ggf. noch vorhandene - Überbrückungsgeld als anrechnungsfreies Einkommen i. S. des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II zu qualifizieren (so insoweit zutreffend auch LSG Bad.-Württ., aaO., Rz. 24). Dies ergibt sich schon daraus, dass das Überbrückungsgeld, wie soeben dargelegt, - generell - gerade der Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts des ehemaligen Strafgefangenen dienen soll, so dass zwischen dem Überbrückungsgeld und den SGB II-Leistungen eine Zweckidentität. besteht. Die Bestimmung des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II setzt aber für eine Anrechnungsfreiheit voraussetzt, dass die - nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II nicht als Einkommen zu berücksichtigenden Leistungen - einem anderem Zweck als die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II dienen sollen, eine Zweckidentität gerade nicht besteht (Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand: April 2010, Rdn. 216 zu § 11). Soweit das SG Oldenburg in dem angefochtenen Urteil demgegenüber zur Stützung seiner Ansicht, bei dem Überbrückungsgeld handele es sich um eine zweckbestimmte Leistung i. S. des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II, meint, aus der Bestimmung des § 51 Abs. 1 StVollzG ableiten zu können, eine Anrechnung des Überbrückungsgeldes sei - nur - in den ersten vier Wochen nach der Haftentlassung zulässig, danach aber nicht mehr, kann dem nicht gefolgt werden. Hierfür bietet das Gesetz (§ 51 Abs. 1 StVollzG) keine Handhabe. § 51 Abs. 1 StVollzG kann nämlich nur entnommen werden, dass das Überbrückungsgeld in den ersten vier Wochen - auch, denn es soll ggf. auch zur Abdeckung von gegenüber Angehörigen bestehenden Unterhaltsverpflichtungen eingesetzt werden - dazu dienen soll, den (ehemaligen) Strafgefangenen von dem Bezug von Grundsicherungsleistungen unabhängig zu machen. Wie das Überbrückungsgeld nach dem Ablauf der Überganszeit von vier Wochen einzusetzen ist, dazu macht § 51 StVollzG gerade keine Aussagen, vielmehr trifft es lediglich für die ersten vier Wochen eine Regelung i. S. einer eindeutigen Zuordnung. Damit fehlt es nach den vier Wochen - hier nach dem 11. August 2008 - an einer (sonder-)gesetzlichen Bestimmung zur Verwendung des Überbrückungsgeldes. Dies kann aber nur zur Folge haben, dass das nach dem tatsächlichen Zufluss als Einkommen i. S. des § 11 Abs. 1 SGB II zu behandelnde Überbrückungsgeld nach Ablauf der vier Wochen - sofern es noch vorhanden ist - als Einkommen von dem Hilfebedürftigen einzusetzen ist, mithin von dem Grundsicherungsträger als Einkommen auf den Bedarf des Hilfebedürftigen angerechnet werden kann.

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3. Der Bestimmung des § 51 Abs. 1 StVollzG kommt aber für das Grundsicherungsrecht insoweit Bedeutung zu, als § 51 Abs. 1 StVollzG - als lex specialis (insoweit zutreffend LSG Bad.-Württ., aaO., Rz. 25), welches im Übrigen auch nach § 2 Abs. 4 Satz 3, 1. HS der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung, vom 17. Dezember 2007, BGBl. I S. 2942 - Alg II-V -) eine abweichende Verteilung gebietet - eine Sonderregelung darüber trifft, wie das Überbrückungsgeld auf den Bedarf des (ehemaligen) Strafgefangenen anzurechnen ist. Denn § 51 Abs. 1 StVollzG modifiziert die hier an sich maßgebliche allgemeine Verteilungsregel des § 2 Abs. 4 i. V. m. § 4 Alg II-V - auch wenn dass Überbrückungsgeld aus dem laufenden Arbeitsentgelt des Klägers gebildet worden ist, stellte es bei seinem Zufluss am 14. Juli 2008 eine einmalige sonstige Einnahme i. S. des § 4 i. V. m. § 2 Abs. 4 Alg II-V dar (Hengelhaupt, aaO., Rdn. 70) - in der Weise, dass eine Verteilung des Überbrückungsgeldes nicht ab dem Monat des Zuflusses und auch nicht ohne Weiteres ab dem Folgemonat, wie hier von dem Beklagten auch noch im Änderungsbescheid vom 9. Dezember 2008 - ab 1. August 2008 - praktiziert, erfolgen kann. Vielmehr ist die Bestimmung des § 51 Abs. 1 StVollzG, wonach der (ehemalige) Strafgefangene seinen eigenen notwendigen Lebensunterhalt (und ggf. auch den seiner Unterhaltsberechtigten) aus dem Überbrückungsgeld in den ersten vier Wochen nach Haftentlassung bestreiten soll, insoweit bei der Verteilung zu beachten, als ein um SGB II-Leistungen nachsuchender (ehemaliger) Strafgefangener nur insoweit in den ersten vier Wochen einen Anspruch auf SGB II-Leistungen hat, als sein Überbrückungsgeld seinen notwendigen Lebensunterhalt (und den seiner Unterhaltsberechtigten) nicht decken kann. Hat das Überbrückungsgeld (ggf. zusammen mit weiteren Einnahmen und/oder anrechenbarem Vermögen) ausgereicht, den Bedarf des Hilfesuchenden in den ersten vier Wochen nach Haftentlassung zu decken und ergibt sich nach den vier Wochen aus dem Überbrückungsgeld noch ein Restguthaben, so ist - erst - dieses Restguthaben als Einkommen anzurechnen und nach den (allgemeinen) Verteilungsregeln des § 2 Abs. 4 Alg II-V aufzuteilen. Mithin ist, wenn der (ehemalige) Strafgefangene - wie hier der Kläger - vor dem Zufluss des Überbrückungsgeldes einen Antrag auf Gewährung von SGB II-Leistungen stellt, zunächst der Bedarf des Antragstellers nach Grundsicherungsrecht für die ersten vier Wochen nach Haftentlassung zu ermitteln und mit dem Einkommen aus Überbrückungsgeld (und ggf. aus anderen Einkommensquellen) zu verrechnen, auch sind ggf. Ansprüche der Unterhaltsberechtigten, die ebenfalls aus dem Überbrückungsgeld zu berichtigen sind, in Abzug zu bringen. Ergibt sich hierbei schon in den ersten vier Wochen nach Haftentlassung etwa wegen eines nur in geringer Höhe gebildeten Überbrückungsgeldes und/oder hoher Unterhaltsverpflichtungen ein ungedeckter Bedarf, so sind (ergänzende) SGB II-Leistungen zu gewähren. Ergibt sich aber ein Überhang, so entfällt - in den ersten vier Wochen - ein Anspruch auf SGB II-Leistungen. Soweit nach den ersten vier Wochen ein Restguthaben noch vorhanden ist, ist dieses mit dem grundsicherungsrechtlichen Bedarf zu verrechnen. Hierbei kommt, und zwar erst jetzt die (allgemeine) Verteilungsregel des § 2 Abs. 4 Alg II-V zum Tragen, wobei bei der Verteilung des Restguthabens zu beachten ist, dass die monatliche Anrechnung des Restguthabens aus Überbrückungsgeld (und ggf. sonstigen Einnahmen) nicht so hoch ausfallen darf, dass der Hilfesuchende in dem jeweiligen Monat nicht seinen Anspruch auf - ggf. geringe - SGB II- Leistungen und damit auch seinen Krankenversicherungsschutz verliert (vgl. BSG, Urt. vom 20. September 2008 - B 4 AS 29/07 R -, aaO., Rz. 23).

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4.1 Diese Grundsätze hat der Beklagte bei der Berechnung des dem Kläger in den Zeitraum 12. August bis 31. Dezember 2008 zustehenden SGB II-Leistungen nicht beachtet, weshalb die angefochten Bescheide vom 25. August, 9. September und 9. Dezember teilweise aufzuheben und der Beklagte dazu zu verurteilen ist, an den Kläger einen Betrag i. H. v. 385,10 EUR nachzuzahlen. Dies ergibt sich aus folgender Berechnung: Für die Zeitspanne 15. bis 31. Juli 2008 ergab sich für den Kläger lediglich ein anteiliger Regelleistungsbedarf für 17 Tage i. H. v. 198,90 EUR (= 351,00 EUR: 17). Denn der Bedarf des Klägers an Unterkunft und Heizung war von dem Beklagten für die zweite Hälfte des Juli 2008 schon dadurch gedeckt worden, dass der Kläger nach seiner Haftentlassung (zunächst) zu seiner Mutter in deren Wohnung gezogen war und der Beklagte der Mutter des Klägers bereits Anfang Juli 2008 die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten (abzüglich eines Betrages für die Kosten der zentralen Warmwasserzubereitung) gewährt hatte. Allerdings waren zu dem nach § 51 Abs. 1 StVollzG aus dem Überbrückungsgeld in den ersten vier Wochen zu finanzierenden Bedarf ("notwendiger Lebensunterhalt") auch die für die zweite Monatshälfte des Juli 2008 angefallenen Sozialversicherungsbeiträge, also die Beiträge für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung hinzuzurechnen, weil diese Beiträge ebenfalls zum notwendigen Lebensunterhalt gehören und der Kläger nicht bei seiner Mutter beitragsfrei (familienversichert) war. Diese Beiträge, die von dem Beklagten, der einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen auch für die Zeitspanne 15. bis 31. Juli 2008 angenommen hatte, entrichtet worden sind, beliefen sich auf 67,04 EUR (Krankenversicherung), 9,94 EUR (Pflegeversicherung) und 23,12 EUR (Rentenversicherung), insgesamt also auf 100,10 EUR. Somit betrug der Gesamtbedarf des Klägers in dem Zeitraum 15. bis 31. Juli 2008 299,00 EUR (= 198,90 EUR + 100,10 EUR). Für den 1. bis 11. August ergibt sich folgende Bedarfsrechnung: 128,70 EUR (anteilige) Regelleistung (= 11/30 von 351,00 EUR). Zuzüglich eines ebenfalls auf 11 Tage berechneten Bedarfs an Unterkunft und Heizung von 73,17 EUR. Mangels des Vorliegens von Besonderheiten waren die (tatsächlichen) Kosten für Unterkunft und Heizung zwischen dem Kläger und seiner Mutter kopfteilig aufzuteilen (BSG, Urt. vom 27. Februar 2008 - B 14/11 b AS 55/06 R -, zit. nach juris, Rz. 18; Lang/Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, Rdn. 38 a zu § 22 m. w. Nachw.). Die monatlichen Kosten betrugen für die Unterkunft 324,81 EUR (= 250,53 EUR Kaltmiete + 74,28 EUR Nebenkosten), hiervon 50 % 162,40 EUR und anteilig 128,70 EUR. Die Heizkosten (Abschlag für den Bezug von Erdgas) beliefen sich für den Kläger auf 43,50 EUR (= 50 % von 87,00 EUR), abzüglich eines Betrages von 6,33 EUR als Anteil der Kosten der Warmwasserzubereitung in der Regelleistung von 351,00 EUR (s. dazu BSG, Urt. vom 27. Februar 2008 - B 14/11 b AS 15/07 R -, BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 SGB II Nr. 5 = FEVS 59, 537 = SGb 2009, 239 -, zit. nach juris 23 und BSG, Urt. vom 22. September 2009 - B 4 AS 8/09 R -, SGb 2009, 663 = ZFSH/SGB 2010, 59 = NDV-RD 2010, 9 -, zit. nach juris, Rz. 28), also betrugen die Heizkosten 37,17 EUR. Damit ergab sich für die 11 Tage im August zunächst ein Bedarf von 201,87 EUR (= 128,70 EUR + 73,17 EUR). Auch zu diesem Betrag waren zur Bestimmung des Umfangs des notwendigen Lebensunterhalts i. S. des § 51 Abs. 1 StVollzG die Beiträge für die Sozialversicherung hinzuzurechnen, die Anfang des Monats in voller Höhe angefallen waren, und zwar 118, 31 EUR für die Krankenversicherung, 17,55 EUR für die Pflegeversicherung und 40,80 EUR für die Rentenversicherung, insgesamt also 176,66 EUR. Damit belief sich der Bedarf des Klägers, den dieser an sich aus dem Überbrückungsgeld hätte finanzieren müssen, für den Zeitraum 1. bis 11. August auf insgesamt 378,53 EUR (= 201,87 EUR + 176,66 EUR) und für die ersten vier Wochen nach seiner Haftentlassung auf insgesamt 677,53 EUR (= 299,00 EUR + 378, 53 EUR). Stellt man diesem Bedarf von 677,53 EUR das Überbrückungsgeld i. H. v. 1.045,32 EUR gegenüber, so ergibt sich ein Überhang von 367,79 EUR sowie - unter Berücksichtigung des ebenfalls anrechenbaren Eigengeldes i. H. v. 88,97 EUR ein am 12. August 2008 anrechenbares Einkommen von 456,76 EUR, das - nur noch - zu Verteilung nach § 2 Abs. 4 Alg II-V zur Verfügung stand. Verteilt man diesen Betrag auf fünf Monate (August bis Dezember 2008), wie dies der Beklagte des ihm im Rahmen des § 2 Abs. 4 Alg II-V eingeräumten Ermessen getan hat, so errechnet sich ein monatlicher Anrechnungsbetrag von 91,35 EUR, bereinigt um die Pauschale nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V auf 61,35 EUR; hierbei ist darauf hinzuweisen, dass der Anrechnungsbetrag von 61,35 EUR auch für den August 2008, und zwar für die Zeitspanne 12. bis 31. August 2008, in der dem Kläger ein SGB II-Anspruch aus Rechtsgründen nur zustand, nicht so hoch ausfällt, dass dem Kläger nicht auch für diese Zeitspanne SGB II-Leistungen und damit die Aufrechterhaltung des Krankenversicherungsschutz zugute gekommen wäre.

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4.2 Unter Berücksichtigung eines Anrechnungsbetrages von 61,35 EUR ergeben sich für den Kläger - unter Beachtung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs. 2 SGB II - für die Zeitspanne 12. August bis 31. Dezember 2008 folgende Ansprüche auf SGB II-Leistungen: August 2008: 287,00 EUR (Bedarf: 222,30 EUR + 126,40 EUR = 348,70 EUR - 61,35 EUR = 287,35 EUR). September bis Dezember 2008: jeweils 489,00 EUR (Bedarf: 351,00 + 199,57 EUR = 550,57 EUR - 61,35 EUR = 489,22 EUR).

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5. An SGB II-Leistrungen konnte der Kläger damit (ab 12. August bis 31. Dezember 2008) insgesamt 2.243,00 EUR (= 287,00 EUR + 4 x 486,00 EUR) beanspruchen, während ihm nach dem Bescheid vom 9. Dezember 2008 nur 1.857,90 EUR (= 371,58 EUR x 5) gewährt worden sind. Mithin ergibt sich ein Nachzahlungsanspruch von 385,10 EUR (= 2.243,00 EUR - 1.857,90 EUR).

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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

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7. Die Revision ist nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil den Fragen, ob das Überbrückungsgeld nach § 51 Abs. 1 StVollzG auch nach der vierten Woche nach Haftentlassung - weiterhin - als (anzurechnendes) Einkommen nach dem SGB II anzusehen ist und wie ein etwaiger Einkommensüberschuss (aus Überbrückungsgeld) nach der vierten Wochen zu verteilen ist, grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist.