Arbeitsgericht Braunschweig
Beschl. v. 24.06.2016, Az.: 1 BV 13/15

Eingruppierung; Zustimmungsersetzung

Bibliographie

Gericht
ArbG Braunschweig
Datum
24.06.2016
Aktenzeichen
1 BV 13/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43115
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

1. Die vom Beteiligten zu 2.), dem C-Name, verweigerten Zustimmungen zu den Eingruppierungen der E-Name und F-Name jeweils in die Lohngruppe 6 (LG 6) des Lohn- und Gehalts-Rahmentarifvertrages für die Beschäftigten in der niedersächsischen Metallindustrie vom 1710.1994 in der Fassung vom 05.12.1996 sowie des G-Name in die Lohngruppe 7 (LG 7) des vorgenannten Tarifvertrages werden ersetzt.

2. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin verpflichtet ist, den Beteiligten zu 2) gegenüber der Rechtsanwaltskanzlei D-Name, D-Straße, D-Stadt, von den Rechtsanwaltskosten freizustellen.

3. Der Hauptantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten – soweit es das vorliegende Verfahren betrifft – darüber, ob die Zustimmung des Beteiligten zu 2., des Betriebsrates, zur Eingruppierung von drei gewerblichen Arbeitnehmern gem. § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt gilt, und – für den Fall, dass dies vom Gericht nicht so gesehen werden sollte – um die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zu den arbeitgeberseitig beabsichtigten Eingruppierungen. Die streitige Eingruppierung weiterer – derzeit noch – ca. 120 gewerblicher Mitarbeiter ist u. a. Gegenstand eines gesonderten arbeitsgerichtlichen Verfahrens, dass vom hiesigen Beschlussverfahren zur gesonderten Verhandlung abgetrennt worden ist.

Bei der Antragstellerin handelt es sich um ein nicht tarifgebundenes Familienunternehmen mit ca. 1.350 Mitarbeitern, das schwerpunktmäßig Edelstahlrohre und Komponenten herstellt. Gefertigt werden korrosionsbeständige Rohre, plattierte Rohre, Spezialrohre und einbaufertige Komponenten, vorgefertigte Rohrleitungen und Schweißkonstruktionen sowie Behälter.

Der Beteiligte zu 2. ist der bei der Antragstellerin gebildete fünfzehnköpfige Betriebsrat.

Soweit es die Frage nach der zutreffenden Eingruppierung betrifft, sieht die Arbeitgeberin die hier betroffenen Mitarbeiter E-Name und F-Name ordnungsgemäß in Lohngruppe 6 des Lohn- und Gehalts-Rahmentarifvertrages für die Beschäftigten in der niedersächsischen Metallindustrie vom 17.10.1994 in der Fassung vom 05.12.1996 (kurz: LG-RTV) und den Mitarbeiter G-Name ordnungsgemäß in die Lohngruppe 7 LG-RTV eingruppiert. Der Betriebsrat ist demgegenüber der Ansicht, dass die Eingruppierung der gewerblichen Mitarbeiter entsprechend der Vorgaben des „Kriterienkataloges zur Eingruppierung neuer Mitarbeiter in Entgeltgruppen“ (fortan kurz: Kriterienkatalog) in seiner aktuellen Fassung zu erfolgen habe und die drei vorgenannten Mitarbeiter der dortigen Lohngruppe 7 zuzuordnen seien. Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit darüber, dass für die Mitarbeiter E-Name und F-Name jeweils die Lohngruppe 6 und für den Mitarbeiter G-Name die Lohngruppe 7 LG-RTV zutreffend wäre, sofern die Eingruppierung allein nach den Bestimmungen des LG-RTV zu erfolgen hätte und nicht auf den Kriterienkatalog abzustellen sein sollte.

In der Zeit vom 01.03.2007 bis 30.09.2008 war H-Name kommissarischer Personalleiter der Beteiligten zu 1). Im Anschluss folgte vom 01.10.2008 bis 31.12.2011 I-Name als Personalleiter, H-Name war zu dieser Zeit Personalsachbearbeiter. Vom 01.01.2012 bis 31.07.2013 übernahm wiederum H-Name die Position des Personalleiters.

Im Winter 1996 verständigten sich die Beteiligten auf eine Arbeitsordnung, Stand 01.01.1997 (vgl. Anlage AG 17 zum Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 02.02.2016, Bl. 751 ff. d.A.), die sowohl vom damaligen Geschäftsführer, A-Name, als auch vom Betriebsratsvorsitzenden, C-Name, unterzeichnet ist. In der Präambel heißt es:

„Bereits seit dem Jahre 1969 gilt bei der A-Name durch Vereinbarung zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat eine Arbeitsordnung.

Der Betrieb ist nicht tarifgebunden. Betriebsvereinbarungen wurden und werden im Einvernehmen zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat ohne Hinzuziehung von Verbandsvertretern beschlossen. Richtschnur für die Höhe der Arbeitsvergütungen ist der jeweils gültige Tarifvertrag für die niedersächsische Metallindustrie, der durch Aushang bekanntgegeben wird. […]“

Und unter Ziffer 5.1 der Arbeitsordnung heißt es weiter:

„Die Einstufung der gewerblichen Arbeitnehmer erfolgt auf Grundlage des Tarifvertrages der niedersächsischen Metallindustrie.“

Ausgehängt sind im Betrieb der Beteiligten zu 1) am schwarzen Brett jeweils die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen der Beschäftigten der niedersächsischen Metallindu-strie.

Im Jahr 2006 verhandelten die Betriebsparteien über die Übernahme des Entgeltrahmentarifvertrages (kurz: ERA) für die Beschäftigten des Betriebes. In diesem Zusammenhang entwickelte der damalige kommissarische Personalleiter der Beteiligten zu 1), Herr Böhme, in der 2. Jahreshälfte 2008 den ersten Kriterienkatalog und übersandte ihn dem Betriebsrat.

Dieser, sowie auch die weiteren sechs Kriterienkataloge, gliedern sich – mit Ausnahme der im Einzelnen angeführten Änderungen – jeweils in sechs Spalten: In der ersten Spalte ist die im Unternehmen der Arbeitgeberin herangezogenen Lohngruppe bezeichnet, in der zweiten Spalte die Entgeltgruppe des ERA, in der dritten Spalte die einzelnen Kriterien für die Eingruppierung und in der vierten Spalte die weiteren Eingruppierungsvoraussetzungen, im Hinblick insbesondere auf Vorbeschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer, eigenverantwortliche, langjährige oder/und verantwortungsvolle Positionen und einen Bewährungsaufstieg von der LG 5 in die LG 6 sowie von der LG 6 in die LG 7 nach jeweils zwei Jahren. Die fünfte Spalte nennt Tätigkeitsbeispiele. Die sechste Spalte gibt im Einzelnen die jeweiligen Löhne an. Exemplarisch wird auf den Kriterienkatalog für die Zeit ab dem 01.04.2009 (Anlage AS 1 zur Antragsschrift des Betriebsrates vom 09.07.2015, siehe Anlagen-Beiordner, Bd. I) verwiesen.

Einen weiteren Kriterienkatalog, der die Löhne angesichts einer Gesamtzusage des Geschäftsführers analog der Inflationsrate um + 2,6 % anpasste, übersandte H-Name an den Betriebsrat mit Wirkung ab 01.04.2009. Nach einer weiteren Gesamtzusage um + 0,4 % erfolgte eine weitere Aktualisierung des Kriterienkataloges mit Wirkung ab 01.04.2010 (vgl. Anlage AS 1164 zum Schriftsatz des Betriebsrates vom 11.01.2016, Bl. 675 f. d.A.). Unter Berücksichtigung der Einführung der 36-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich wurde dem Betriebsrat mit Wirkung ab 01.05.2011 ein weiterer Kriterienkatalog zugestellt. Die nächste Veränderung des Kriterienkataloges ab 01.04.2012 berücksichtigte zum einen eine Entgelterhöhung um + 4,3 % und sah zum anderen die Streichung der Eingruppierungskriterien aus dem Katalog vor.

Nachdem diese Veränderung den Betriebsrat per Mail vom 27.09.2012 erreicht hatte, widersprach dieser unter Bezugnahme auf sein Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mit Schreiben vom 01.10.2012 der Entfernung der Eingruppierungsmerkmale. Diese Änderung machte die Arbeitgeberin in der Folge mit Schreiben vom 26.10.2012 wieder rückgängig. Der mit Wirkung ab 01.01.2013 erstellte und dem Betriebsrat übersandte Kriterienkatalog berücksichtigt eine Lohnerhöhung um + 3,0 % (vgl. Anlage AS 1169 zum Schriftsatz des Betriebsrates vom 11.01.2016, Bl.681 ff. d.A.). Der ab 01.07.2013 vorgesehene Kriterienkatalog (vgl. Anlage AS 1170 zum Schriftsatz des Betriebsrates vom 11.02.2016, Bl. 684 ff. d.A.) sieht eine weitere Lohnerhöhung um + 1,0 % vor, während die Spalte EG ERA TV seitens der Arbeitgeberin gestrichen wurde. Nach Beanstandung dieser Streichung seitens des Betriebsrates erklärte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 12.02.2014 (vgl. Anlage AS 1173 zum Schriftsatz des Betriebsrates vom 11.01.2016, Bl. 689 f. d.A.), dass der Kriterienkatalog nur als internes Hilfsmittel diene, die „Eingruppierung der neuen Mitarbeiter nach dem LG-RTV erfolgen soll.“

Der LG-RTV und die jeweiligen Kriterienkataloge unterscheiden sich z.B. hinsichtlich der Anzahl der Lohngruppen (LG-RTV: elf Lohngruppen; Kriterienkatalog: zehn Lohngruppen). Zusätzlich kennt der Kriterienkatalog die LG 9+, die im Betrieb der Arbeitgeberin auch zur Anwendung gelangt ist. Die Beschäftigten der Arbeitgeberin sind nach dem Kriterienkatalog in einigen Entgeltgruppen besser gestellt als nach dem LG-RTV. Der Kriterienkatalog kennt im Unterschied zum LG-RTV eine automatische Erhöhung der Zulagen. Die LG 2 und 3 sind im Unternehmen der Beteiligten zu 1) nicht besetzt. Obwohl Reinigungskräfte eigentlich der LG 1 zugeteilt werden müssten, finden sie sich bei der Beteiligten zu 1) in LG 3. Sofern Mitarbeiter im Betrieb der Beteiligten zu 1) zwei Jahre in der LG 5 eingruppiert sind, erfolgt eine Höhergruppierung in die LG 6.

Trotz mehrfacher Beschlussverfahren, die die Beteiligten seit 2008 zur Frage der korrekten Eingruppierung von Mitarbeitern führten, nahm der Betriebsrat erstmals mit Schriftsatz vom 20.06.2014 vor dem LAG Niedersachsen (Az. 2 TaBV 31/14) den Standpunkt ein, dass der Eingruppierung das Entgeltgruppenschema des Kriterienkataloges und nicht das des LG-RTV zu Grunde zu legen sei.

Mit Schreiben vom 14.01.2016 (vgl. im Termin am 14.04.2016 von der Arbeitgeberin überreichtes Anlagenkonvolut, dort Bl. 872 d.A.) unterrichtete die Antragstellerin den Betriebsrat über die beabsichtigte Übernahme des G-Name in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zum 01.03.2016 mit einer Tätigkeit als „Mitarbeiter in der Umbauschlosserei“ und einer Eingruppierung in die Lohngruppe 7. Aufgrund wiederholter, jeweils befristeter Vorbeschäftigungen gilt für G-Name als Konzerneintritt der 01.03.2014.

Mit Schreiben vom 19.01.2016 (vgl. im Termin am 14.04.2016 von der Arbeitgeberin überreichtes Anlagenkonvolut, dort Bl. 873 d.A.) stimmte der Betriebsrat der Einstellung zu. Hingegen Widersprach er der beabsichtigten Eingruppierung, da für ihn nicht erkennbar sei, nach welcher Vergütungsordnung die Antragstellerin die gewerblichen Mitarbeiter eingruppieren wolle; nach dem anzuwendenden Kriterienkatalog sei der Mitarbeiter der dortigen Lohngruppe 7 zuzuordnen. Zudem – so der Betriebsrat in seinem Widerspruch – würde der Mitarbeiter G-Name durch eine Eingruppierung nach den Vorgaben des LG-RTV benachteiligt, da die gewerblichen Mitarbeiter bisher nach den Bestimmungen des Kriterienkatalogs eingruppiert worden seien.

Mit Schreiben vom 21.01.2016 (vgl. im Termin am 14.04.2016 von der Arbeitgeberin überreichtes Anlagenkonvolut, dort Bl. 868 d.A.) unterrichtete die Antragstellerin den Betriebsrat auch über die beabsichtigte Übernahme des F-Name in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zum 01.03.2016 mit einer Tätigkeit als „Maschinenbediener Bandrohranlage“ und einer Eingruppierung in die Lohngruppe 6. Aufgrund wiederholter Befristungen und Einsätze als Zeitarbeitnehmer gilt für F-Name als Konzerneintritt der 01.09.2013.

Mit Schreiben vom 26.01.2016 (vgl. im Termin am 14.04.2016 von der Arbeitgeberin überreichtes Anlagenkonvolut, dort Bl. 869 d.A.) stimmte der Betriebsrat der Einstellung zu. Der beabsichtigten Eingruppierung wiedersprach er jedoch, da für ihn nicht erkennbar sei, nach welcher Vergütungsordnung die Antragstellerin die gewerblichen Mitarbeiter eingruppieren wolle; nach dem anzuwendenden Kriterienkatalog sei der Mitarbeiter jedenfalls der dortigen Lohngruppe 7 zuzuordnen. Zudem – so der Betriebsrat in seinem Widerspruch – würde der Mitarbeiter G-Name durch eine Eingruppierung in die LG 6 benachteiligt, da die gewerblichen Mitarbeiter bisher nach den Vorgaben des Kriterienkatalogs eingruppiert worden seien.

Mit weiterem Schreiben vom 21.01.2016 (siehe im Termin am 14.04.2016 von der Arbeitgeberin überreichtes Anlagenkonvolut, dort Bl. 862 d.A.) unterrichtete die Antragstellerin den Betriebsrat auch über die beabsichtigte Übernahme des E-Name in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zum 01.04.2016 mit einer Tätigkeit als „Maschinenbediener Schneiden“ und einer Eingruppierung in die Lohngruppe 6. Aufgrund wiederholter Befristungen und Einsätze als Zeitarbeitnehmer gilt für E-Name als Konzerneintritt der 01.10.2013.

Der Betriebsrat stimmte mit Schreiben vom 26.01.2016 (siehe im Termin am 14.04.2016 von der Arbeitgeberin überreichtes Anlagenkonvolut, dort Bl. 863 d.A.) der Einstellung zu. Der beabsichtigten Eingruppierung widersprach er hingegen mit denselben Argumenten, auf die er auch seinen Widerspruch gegen die Eingruppierung des G-Name stützt.

In dem vorliegenden Beschlussverfahren verfolgt die Arbeitgeberin ihr Zustimmungsbegehren hinsichtlich der Eingruppierung der zwischenzeitlich unbefristet übernommenen Mitarbeiter E-Name, F-Name und G-Name weiter. Dabei ist die Antragstellerin zunächst der Auffassung, dass die Zustimmungsverweigerungen des Betriebsrates jeweils nicht wirksam erfolgt seien, womit die Zustimmungen zu den hier streitigen Eingruppierungen als erteilt gelten würden.

Darüber hinaus ist die Antragstellerin der Auffassung, dass der LG-RTV die gültige und anzuwendende Vergütungsordnung bilde und die E-Name und F-Name der dortigen Lohngruppe 6 und G-Name der dortigen Lohngruppe 7 zuzuordnen seien.

Die Arbeitgeberin bewertet die Kriterienkataloge als rein internes Eingruppierungshilfsmittel, das durch den damaligen Personalleiter H-Name geschaffen worden sei. Zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen über Entgeltgruppen sei H-Name arbeitgeberseitig überhaupt nicht bevollmächtigte gewesen.

Sofern gewerbliche Mitarbeiter nach zwei Jahre von der Lohngruppe 5 in die Lohngruppe 6 aufgestiegen seien, handle es sich um den Vollzug der Eingruppierungsbestimmungen des LG-RTV, da die längere Erfahrung in der LG 5, die der LG-RTV für eine Höhergruppierung in die LG 6 voraussetze, regelmäßig nach zwei Jahren gegeben sei.

Die in den Kriterienkatalogen enthaltene Lohngruppe 9 + diene lediglich der Gegenüberstellung zwischen dem ERA und dem LG-RTV.

Die hier streitigen Eingruppierungen seien nach alledem so, wie arbeitgeberseitig beabsichtigt, zutreffend, weshalb die vom Betriebsrat hierzu verweigerten Zustimmungen zu ersetzen seien.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß:

Es wird festgestellt, dass die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Mitarbeiter E-Name und F-Name in die Lohngruppe 6 (LG 6) und des Mitarbeiters G-Name in die Lohngruppe 7 (LG 7) - jeweils des Lohn- und Gehalts-Rahmentarifvertrages für die Beschäftigten in der niedersächsischen Metallindustrie vom 17.10.1994 in der Fassung vom 05.12.1996 - als erteilt gelten.

Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht nicht von einer Zustimmungsfiktion ausgeht:

Die vom Betriebsrat verweigerten Zustimmungen zur Eingruppierung der Mitarbeiter E-Name und F-Name in die Lohngruppe 6 (LG 6) und des Mitarbeiters G-Name in die Lohngruppe 7 (LG 7) - jeweils des Lohn- und Gehalts-Rahmentarifvertrages für die Beschäftigten in der niedersächsischen Metallindustrie vom 17.10.1994 in der Fassung vom 05.12.1996 - werden ersetzt.

Der Beteiligte zu 2., der Betriebsrat, beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Er verweist darauf, dass die Kriterienkataloge in ihrer jeweiligen Fassung seit Ende 2008/An-fang 2009 von der Arbeitgeberin bei der Eingruppierung der gewerblichen Mitarbeiter angewendet worden seien. Der Geschäftsführer habe während des Gesprächs vom 24.03.2014 noch gegenüber dem Betriebsrat bestätigt, dass der Kriterienkatalog – lediglich ohne die Spalte 2 – weiterhin gültig sei.

Sofern Mitarbeiter, die für zwei Jahre in der LG 5 eingruppiert waren, fortan in LG 6 eingestuft würden, setze die Arbeitgeberin den in dem Kriterienkatalog vorgesehenen Bewährungsaufstieg um.

Im Verlauf der vorangegangenen Beschlussverfahren sei die Frage der Geltung des Kriterienkataloges – bis zur Einreichung des Schriftsatzes vom 20.06.2014 vor dem LAG Nieder-sachsen – nie streitgegenständlich gewesen.

Alles in allem habe er den hier streitigen Eingruppierungen begründet und wirksam widersprochen.

Mit Blick auf die arbeitgeberseits in Abrede genommene Erforderlichkeit der Übernahme von Anwaltskosten für die im hiesigen Verfahren eingeschalteten Rechtsanwälte verweist der Betriebsrat auf den ihm hierbei zustehenden Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum. Mit Beschluss vom 11.04.2016 habe man wirksam die Beauftragung der im hiesigen Verfahren für den Betriebsrat tätigen Rechtsanwälte beschlossen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Schriftsatzes vom 14.04.2016 (Bl. 840 ff. d. A.) sowie die dortigen Anlagen AS 1190 bis AS 1192 (Bl. 843 bis 852 d. A.) wird insoweit Bezug genommen.

Der Beteiligte zu 2., der Betriebsrat, beantragt daher,

festzustellen, dass die Beteiligte zu 2. verpflichtet ist, den Beteiligten zu 1. gegenüber der D-Name, D-Straße, D-Stadt, von den Rechtsanwaltskosten freizustellen.

Die Antragstellerin beantragt,

diesen Antrag zurückzuweisen.

Sie hält die Einschaltung der vom Betriebsrat beauftragten Rechtsanwaltskanzlei nicht für erforderlich, da sich der Betriebsrat fachlich gleichwertig, indes kostenneutral durch die J-Name hätte vertreten lassen können – so, wie dies auch schon in anderen Verfahren geschehen sei. Zudem bestreitet sie die ordnungsgemäße und wirksame Fassung eines Betriebsratsbeschlusses über die Beauftragung der hier eingeschalteten Rechtsanwälte des Betriebsrats. Hinsichtlich der hierzu eingereichten Unterlagen des Betriebsrates sei auffällig, dass die Einladung zur Betriebsratssitzung nicht unterzeichnet sei.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des umfangreichen Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 05.10.2015 (Bl. 565 d. A.) und vom 14.04.2016 (Bl. 835 f. d.A.) verwiesen.

II.

Der auf Feststellung der Zustimmungsfiktion abzielende Hauptantrag der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Auf den Hilfsantrag hin war indes die Zustimmung zu der arbeitgeberseitig beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiter E-Name, F-Name und G-Name zu ersetzen. Auf den Widerantrag des Betriebsrates war festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, den Betriebsrat gegenüber der Rechtsanwaltskanzlei D-Name in D-Stadt von den Rechtsanwaltskosten freizustellen. Die Erwägungen, auf denen die Entscheidung der Kammer beruht, werden – nur kurz und in den zentralen Punkten – wie folgt zusammengefasst:

1.

Der Hauptantrag der Antragstellerin, für den sich die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen aus § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG und die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts aus § 82 Abs. 1 Satz 1 ArbGG ergibt, ist zulässig. Auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung des Eintritts der Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist gegeben (vgl. hierzu BAG, Beschl. v. 01.06.2011, 7 ABR 138/09, Rn. 28, AP Nr. 139 zu § 99 BetrVG 1972, zit. n. juris).

Der Hauptantrag zu 1. ist jedoch unbegründet. Über die nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG beabsichtigte und mitbestimmungspflichtige Eingruppierung der Mitarbeiter E-Name, F-Name und G-Name hat die Antragstellerin den Betriebsrat mit den Schreiben vom 14.01.2016 bzw. 21.01.2016 ausreichend unterrichtet und damit das Zustimmungsverfahren wirksam eingeleitet. Hiergegen werden vom Betriebsrat auch keine Einwände erhoben. Der Betriebsrat hat den beabsichtigten Eingruppierungen jedoch mit den Schreiben vom 19.01.2016 bzw. vom 26.01.2016 jeweils fristgerecht und mit einer formal beachtlichen Begründung widersprochen, womit die Voraussetzungen für die gesetzliche Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG nicht erfüllt sind. Da die Antragstellerin auch nicht präzisiert hat, ob bzw. in welchen Punkten sie den Einwand eines etwa nicht bzw. nicht ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses zu den hier streitgegenständlichen Widersprüchen erhebt, steht auch dieser Gesichtspunkt der Annahme form- und fristgerechter Widersprüche gegen die hier streitigen Eingruppierungen nicht entgegen.

Der Hauptantrag zu 1. war nach alledem zurückzuweisen.

2.

Angesichts der Erfolglosigkeit des Hauptantrags zu 1. war über den diesbezüglichen Hilfsantrag zu entscheiden. Dieser Antrag, für den hinsichtlich der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts auf die obigen Ausführungen verwiesen wird, ist zulässig und begründet.

Zwar hat der insoweit ordnungsgemäß unterrichtete Betriebsrat der arbeitgeberseitig beabsichtigten Eingruppierung der E-Name, F-Name und G-Name form- und fristgerecht mit einer formal beachtlichen Begründung widersprochen. Der vom Betriebsrat geltend gemachte Verweigerungsgrund, nämlich die Eingruppierung in die falsche Vergütungsordnung und eine hiermit ggf. verbundene Benachteiligung der vorgenannten Mitarbeiter gegenüber solche Arbeitskollegen, die bisher entsprechend den Vorgaben des Kriterienkatalogs eingruppiert worden seien, liegt jedoch nicht vor.

a)

Die geplante Eingruppierung der E-Name und F-Name in die LG 6 des LG-RTV sowie des G-Name in die LG 7 LG-RTV verstößt nicht gegen eine Betriebsvereinbarung bzw. die im Betrieb der Antragstellerin gültige Vergütungsordnung.

Die E-Name, F-Name und G-Name sind gem. Ziffer 5.1 der Arbeitsordnung auf Grundlage des Tarifvertrages der niedersächsischen Metallindustrie einzustufen. Der maßgebliche Tarifvertrag der niedersächsischen Metallindustrie ist unstreitig der LG-RTV, den die Beteiligte zu 1) auch regelmäßig am schwarzen Brett ausgehängt haben. Dass unter Zugrundelegung dieses LG-RTV für die E-Name und F-Name die Lohngruppe 6 und für G-Name die Lohngruppe 7 die jeweils zutreffende Lohngruppe ist, steht zwischen den Beteiligten außer Streit.

Die betriebsverfassungsrechtlich konforme Eingruppierung der vorgenannten Mitarbeiter in die LG 6 bzw. LG 7 des LG-RTV folgt aus Ziff. 5.1 der Arbeitsordnung, da dies die zuletzt mit dem Betriebsrat vereinbarten Entlohnungsgrundsätze sind. Sowohl der damalige Geschäftsführer, A-Name, als auch der damalige Betriebsratsvorsitzende, C-Name, haben die Arbeitsordnung als maßgebliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten unterzeichnet.

In einem – insoweit gleichgelagerten Fall – hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts D-Stadt in einem zwischen den Beteiligten des hiesigen Verfahrens angestrengten Beschlussverfahren (3 BV 17/15) am 02.03.2016 eine Entscheidung getroffen, in deren Gründen es – auszugsweise – heißt:

„Die Beteiligte zu 1) hat die Entlohnungsgrundsätze des LG-RTV seit 2008/2009 nicht mehr angewandt, sondern den Einstufungen der Mitarbeiter entsprechend den obigen Ausführungen jeweils den Kriterienkatalog zu Grunde gelegt. Damit hat sie die geltenden Entlohnungsgrundsätze mitbestimmungswidrig abgeändert. Diese Änderung ist gegenüber dem Betriebsrat rechtswidrig. Genauso wenig wie der Betriebsrat vom Arbeitgeber im Wege des betriebsverfassungsrechtlichen Durchführungsanspruchs die Weitergewährung eines mitbestimmungswidrig eingeführten Vergütungssystems verlangen kann (vgl.: BAG, 18.03.2014, 1 ABR 75/12), kann er im Wege einer Zustimmungsverweigerung nach § 99 II Nr. 1 BetrVG die Aufrechterhaltung eines mitbestimmungswidrig eingeführten Eingruppierungssystems geltend machen.

aa)

Der Betriebsrat hat bei der Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze nach § 87 I Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.

Nach § 87 I Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG, 22.06.2010, 1 AZR 853/08).

Der Mitbestimmung nach § 87 I Nr. 10 BetrVG unterliegt die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber. Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgt ist, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Denn nach der Konzeption des § 87 I Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nicht vom Geltungsgrund der Entgeltleistung, sondern nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab. Das Beteiligungsrecht aus § 87 I Nr. 10 BetrVG kann daher in Betrieben ohne Tarifbindung das gesamte Entgeltsystem erfassen, da bei diesen die Mitbestimmung durch eine bestehende tarifliche Regelung im Sinn des § 87 I Eingangshalbs. BetrVG nicht beschränkt wird (BAG, 22.06.2010, 1 AZR 853/08).

bb)

Die Beteiligte zu 1) hat mit der Umstellung der Eingruppierung nach den Grundsätzen des LG-RTV auf den Kriterienkatalog in der Zeit 2008/2009 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt.

Die Betriebsparteien haben die im Betrieb anzuwendenden Entlohnungsgrundsätze mit der Arbeitsordnung und dem hier in Ziff. 5.2 geregelten Verweis auf die Tarifverträge der niedersächsischen Metallindustrie geregelt. In dem Abschluss der Arbeitsordnung liegt die Ausübung des dem Betriebsrat nach § 87 I Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts für die zukünftige Anwendung der in dem Verweis auf den LG-RTV zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze.

In diese Vergütungsstruktur hat die Beteiligte zu 1) mitbestimmungswidrig eingegriffen, indem sie nunmehr seit 2008/2009 nicht mehr den LG-RTV, sondern den Kriterienkatalog für die Eingruppierung der Mitarbeiter zu Grunde legt. Diese Maßnahme unterlag der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 I Nr. 10 BetrVG.

Für die Änderung der Entlohnungsgrundsätze hätte es der Zustimmung des Betriebsrats bedurft (BAG, 22.06.2010, 1 AZR 853/08). An dieser fehlt es. Die Beteiligten haben keine neue Arbeitsordnung und auch keine anderslautende Betriebsvereinbarung über die Anwendung des Kriterienkataloges als Entlohnungsgrundsatz schriftlich niedergelegt.

Zwar können die Betriebsparteien wechselseitige Rechte und Pflichten nicht nur in einer Betriebsvereinbarung, sondern auch durch eine an keine bestimmte Form gebundene Re-gelungsabrede treffen (BAG, 18.03.2014, 1 ABR 75/12). Eine solche Regelungsabrede über die Einführung des Kriterienkataloges haben die Beteiligten aber auch nicht abgeschlossen. Es ist zwischen ihnen unstreitig, dass der Betriebsrat eine ausdrückliche Zustimmung zu dem von der Arbeitgeberin eingeführten Kriterienkatalog nicht erteilt hat. Er hat dessen Anwendung lediglich geduldet. Die bloße Hinnahme eines mitbestimmungswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers durch den Betriebsrat ist für den Abschluss einer Regelungsabrede jedoch nicht ausreichend. Diese setzt zumindest eine auf die Zustimmung zu der Maßnahme gerichtete Beschlussfassung des Betriebsrats und deren Verlautbarung gegenüber dem Arbeitgeber voraus (BAG, 18.03.2014, 1 ABR 75/12). Dass beides erfolgt ist, hat auch der Betriebsrat nicht behauptet.

Außerdem kann auf Arbeitgeberseite auch nur der Arbeitgeber oder ein von ihm bevollmächtigter betriebsverfassungsrechtlicher Entscheidungsträger entsprechende Vereinbarungen mit dem Betriebsrat treffen (LAG München, 29.06.2007, 11 Sa 275/06; LAG Berlin, 08.02.2007, 2 Sa 379/06; LAG Köln, 11.11.2005, 11 Sa 121/05). Auch daran fehlt es hier. Zumindest in der Zeit vom 01.03.2007 bis 30.09.2008 konnte Herr Böhme als bloßer Personalsachbearbeiter der Beteiligten zu 1) nicht mit Bindungswirkung für die Arbeitgeberin neue Entlohnungsgrundsätze mit dem Betriebsrat vereinbaren.

Darauf, ob der Betriebsrat seine Beteiligung eingefordert hatte, kommt es nicht an. Der Arbeitgeber muss in Angelegenheiten des § 87 I BetrVG von sich aus die Zustimmung des Betriebsrats einholen (BAG, 22.06.2010, 1 AZR 853/08).

cc)

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber nicht die Weitergewährung eines mitbestimmungswidrig eingeführten Vergütungsbestandteils verlangen (vgl.: BAG, 18.03.2014, 1 ABR 75/12).“

Nach Wertung der hier befassten Kammer sind die vorzitierten Ausführungen auf den vorliegenden Fall übertragbar. Die Kammer schließt sich mithin – nach umfassender Würdigung des hier streitgegenständlichen Sachverhaltes – den vorzitierten Ausführungen der 3. Kammer des Arbeitsgerichts D-Stadt sowohl im Ergebnis wie auch in der Begründung an. Die Arbeitgeberin ist – ohne wirksame Zustimmung des Betriebsrates – in der Vergangenheit durch Anwendung der Kriterienkataloge von den Vorgaben des LG-RTV als der letzten, wirksam mitbestimmten Vergütungsordnung abgewichen. Daher kann der Betriebsrat auch nur die Eingruppierung in eben diese – wirksam mitbestimmte – Vergütungsordnung, den LG-RTV, verlangen.

Ergänzend bleibt anzumerken:

aa)

Soweit der Betriebsrat im hiesigen Verfahren argumentiert, dass die Bezugnahme der Arbeitsordnung auf den LG-RTV als sog. dynamische Verweisung unzulässig und insoweit unwirksam sei, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Zwar ist dem Betriebsrat zuzugeben, dass die Verweisung in einer Betriebsvereinbarung auf den jeweils geltenden Rahmentarifvertrag (sog. dynamische Blankettverweisungen) grundsätzlich unzulässig ist, da sich die Betriebsparteien hierdurch ihrer gesetzlichen Normsetzungsbefugnis mit Blick auf künftige Änderungen des einbezogenen Tarifwerkes entäußern würden (vgl. BAG, Beschl. v. 23.06.1992, 1 ABR 9/92, AP Nr. 55 zu § 77 BetrVG 1972 = EzA § 77 BetrVG 1972 Nr. 49 = NZA 1993, 229 ff.). Dies lässt aber regelmäßig die wirksame Einbeziehung desjenigen Tarifwerkes unberührt, das bei Abschluss der dynamisch verweisenden Betriebsvereinbarung gegolten hat (vgl. BAG, Beschl. v. 23.06.1992, 1 ABR 9/92, aaO.). Die hier relevante Fassung des LG-RTV (abgeschlossen am 05.12.1996, gültig ab 01.01.1997) ist diejenige, die zeitgleich mit der Arbeitsordnung (Abschluss „im Winter 1996“, gültig ab 01.01.1997) in Kraft gesetzt wurde und die die Betriebsparteien als eine ihnen bekannte und bewusst übernommene Regelung im Wege einer Bezugnahme wirksam vereinbaren konnten.

bb)

Soweit der Betriebsrat mit nachgelassenem Schriftsatz vom 09.05.2016 auf den Beschluss des Betriebsrates vom 23.09.2009 verweist (vgl. Protokoll der Betriebsratssitzung vom 23.02.2009, Anlage AS 1193, Bl. 993 ff. d.A.), so steht auch dieser Gesichtspunkt den obigen Ausführungen dazu, dass es sich bei der Arbeitsordnung um die derzeit gültige mitbestimmte und daher eingruppierungsrechtlich anzuwendende Vergütungsordnung handelt, nicht entgegen. Denn ausweislich der Inhalte des Betriebsratsbeschlusses sollte der verhandelte und beschlossene (damalige) Kriterienkatalog in Form einer Betriebsvereinbarung unterzeichnet werden, wozu es aber nicht gekommen ist. Kommt aber der beiderseits beabsichtigte Abschluss einer Betriebsvereinbarung nicht zustande, kann bei einer derart bedeutsamen und zentralen betrieblichen Regelung wie einer Vergütungsordnung nicht ohne Weiteres darauf geschlossen werden, dass – obschon man den beiderseits beabsichtigten Gestaltungsweg nicht umgesetzt hat – dennoch eine Einigung in Gestalt einer Regelungsabrede getroffen sein und Gültigkeit haben sollte. Auch die nachfolgende Praktizierung der Kriterienkataloge lässt keinen anderen Schluss zu. Denn – ohne, dass die Gründe für die Nichtunterzeichnung der angedachten Betriebsvereinbarung zur Umsetzung des Kriterienkatalogs näher bekannt sind – ist es ohne Weiteres denkbar, dass Gründe vorgelegen haben, weshalb nachvollziehbar der Kriterienkatalog praktiziert wird, ohne dass eine und/oder beide Betriebsparteien dies als verbindliche Einigung auf eine hierdurch mitbestimmte Vergütungsordnung i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verstanden haben und verstanden wissen wollten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass bei objektiver Würdigung eine Vereinbarung über den damaligen Kriterienkatalog erst mit der beiderseits angedachten Unterzeichnung der Betriebsvereinbarung zustande gekommen sein sollte.

b)

Die geplante Eingruppierung der E-Name und F-Name in die LG 6 LG-RTV und des G-Name in die LG 7 LG-RTV benachteiligt diese Mitarbeiter auch nicht unzulässig iSd. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG. Die 3. Kammer des Arbeitsgerichts D-Stadt hat in ihrer Entscheidung vom 02.03.2016 hierzu ausgeführt:

„In der beabsichtigten Eingruppierung in die LG 6 des LG-RTV liegt kein Nachteil im Sinn des § 99 II Nr. 4 BetrVG.

Ein solcher Verweigerungsgrund kommt im Zusammenhang mit einer Eingruppierung oder Umgruppierung nicht in Frage. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen ist kein Mitgestaltungs-, sondern ein Mitbeurteilungsrecht. Die Eingruppierung eines Arbeitnehmers in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung ist ein Akt der Rechtsanwendung. Die Beteiligung des Betriebsrats soll sicherstellen, dass diese Rechtsanwendung möglichst zutreffend erfolgt. Sie dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der betrieblichen Vergütungsordnung und damit der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie der Transparenz der betrieblichen Vergütungspraxis. Dabei beschränkt sich das Mitbeurteilungsrecht zwar nicht auf die Frage, ob die vom Arbeitgeber vorgenommene Bewertung der Tätigkeit der von ihm zugrunde gelegten Vergütungsordnung entspricht. Der Betriebsrat kann nach § 99 II Nr. 1 BetrVG einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Eingruppierung vielmehr auch mit der Begründung widersprechen, die vom Arbeitgeber angewandte Vergütungsordnung sei nicht diejenige, die im Betrieb zur Anwendung kommen müsse. In jedem Fall geht es aber darum, die korrekte Anwendung der maßgeblichen Vergütungsordnung zu gewährleisten. Die Rechtsanwendung als solche steht nicht zur Disposition der Betriebsparteien. Einer von der Vergütungsordnung gebotenen Ein- oder Umgruppierung kann sich der Betriebsrat deshalb nicht mit der Begründung widersetzen, sie verschlechtere die Position des Arbeitnehmers. In den Folgen richtiger Anwendung des geltenden Rechts liegt kein "Nachteil" im Sinn des § 99 II Nr. 4 BetrVG(BAG, 06.08.2002, 1 ABR 49/01).“

Diese Ausführungen sind auf die vorliegend zu beurteilenden Sachverhalte uneingeschränkt übertragbar. Ihnen ist nichts hinzuzufügen.

Dem Hilfsantrag zu 1. hat daher Erfolg. Die vom Betriebsrat verweigerten Zustimmungen zur Eingruppierung der E-Name und F-Name jeweils in die Lohngruppe 6 LG-RTV und des G-Name in die Lohngruppe 7 LG-RTV waren zu ersetzen.

3.

Der zulässige Widerantrag des Betriebsrates ist begründet. Der Betriebsrat hat einen Anspruch gegen die Arbeitgeberin darauf, von den Rechtsanwaltskosten gegenüber der Rechtsanwaltskanzlei D-Name in D-Stadt hinsichtlich des hiesigen arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens freigestellt zu werden. Der Anspruch folgt aus § 40 Abs. 1 BetrVG.

a)

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Hierzu gehören auch die Honorarkosten für einen Rechtsanwalt, dessen Heranziehung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren der Betriebsrat in Wahrnehmung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechte für erforderlich halten durfte. Die Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat dabei nicht allein anhand seiner subjektiven Bedürfnisse vorzunehmen. Er ist vielmehr gehalten, die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers andererseits gegeneinander abzuwägen. Der Betriebsrat darf bei der Wahl seiner Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht nicht missachten. Er hat wie jeder, der auf Kosten eines anderen handeln kann, die Maßstäbe einzuhalten, die er ggfs. bei eigener Kostentragung anwenden würde, wenn er selbst bzw. seine beschließenden Mitglieder die Kosten tragen müssten. Rechtsanwaltskosten des Betriebsrates sind von dem Arbeitgeber dann nicht zu erstatten, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung von vornherein offensichtlich aussichtslos erscheint oder die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten rechtsmissbräuchlich erfolgt und deshalb das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht missachtet wird (BAG, Beschl. v. 18.03.2015, 7 ABR 4/13, Rdnr. 10 und 11, EzA § 40 BetrVG 2001 Nr. 26 = NZA 2015, 954 ff.).

b)

Gemessen an diesen Anforderungen sind vorliegend die Voraussetzungen eines gegen die Arbeitgeberin gerichteten Kostentragungsanspruchs nach § 40 Abs. 1 BetrVG erfüllt.

aa)

Die Rechtsverteidigung des Betriebsrates ist weder offensichtlich aussichtslos noch mutwillig. Zum einen hat der Hauptantrag zu 1. keinen Erfolg. Zum anderen ist die Prüfung des Hilfsantrags zu 1. mit einer umfassenden Wertung und Abwägung eines komplexen Sachverhaltes verbunden, bei der keineswegs auf den ersten Blick feststand, welche Vergütungsordnung eingruppierungsrechtlich einschlägig ist. Die Anwendbarkeit des LG-RTV und die sich hieraus ergebenden Eingruppierungen der Mitarbeiter E-Name, F-Name und G-Name in die Lohngruppen 6 bzw. 7 sind keineswegs von vornherein – gleichsam auf den ersten Blick – als das einzig richtige und sicher zu erwartende Verfahrensergebnis erkennbar, zumal nicht aus Sicht eines juristischen Laien. Eine offensichtliche Aussichtslosigkeit der Rechtsverteidigung war daher ebenso wenig gegeben, wie eine mutwillige Kostenverursachung durch die Einschaltung von Rechtsanwälten. In diese Bewertung fügt sich, dass sich auch die Arbeitgeberin im vorliegenden Verfahren anwaltlich hat vertreten lassen.

bb)

Der Betriebsrat musste sich auch nicht auf eine Vertretung durch Rechtssekretäre der J-Name als eine kostengünstigere Möglichkeit verweisen lassen (vgl. BAG, Beschl. v. 04.12.1979, 6 ABR 37/76, AP Nr. 18 zu § 40 BetrVG 1972 = EzA § 40 BetrVG 1972 Nr. 47 = DB 1980, 2091). Der Betriebsrat, der sich zulässiger Weise durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertreten lässt, hat grundsätzlich die Möglichkeit, zu wählen, ob er sich eines Rechtsanwalts oder des Vertreters einer Gewerkschaft bedient. Im vorliegenden Fall hat sich der Betriebsrat für eine anwaltliche Vertretung entschieden. Diese Wahl hält sich im Rahmen des dem Betriebsrat zustehenden Wertungs- und Beurteilungsspielraums.

cc)

Der Beauftragung der hier für den Betriebsrat tätig gewordenen Rechtsanwälte liegt ein wirksamer Betriebsratsbeschluss zugrunde, so dass auch dieser Gesichtspunkt einer Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin nicht entgegensteht. Auf Basis des Vorbringens des Betriebsrates mit Schriftsatz vom 14.04.2016 und den mit diesem Schriftsatz eingereichten Anlagen lässt sich ausreichend belastbar feststellen, dass der Betriebsrat in seiner Sitzung am 11.04.2016 – und damit noch rechtzeitig – über die Beauftragung der hier eingeschalteten Verfahrensbevollmächtigten sowie über ein Kostentragung der Arbeitgeberin beraten und hierzu Beschlüsse gefasst hat. Die Beschlüsse sind ausweislich des Betriebsratssitzungsprotokolls (vgl. Anlage AS 1192 zum Schriftsatz vom 14.04.2016, Bl. 849 ff. d.A.) jeweils einstimmig getroffen worden. Aus der als Anlage AS 1191 mit dem Schriftsatz vom 14.04.2016 (Bl. 848 d. A.) eingereichten Anwesenheitsliste ergibt sich ferner, dass der Betriebsrat in seiner Sitzung am 11.04.2016 beschlussfähig war, womit etwaige Ladungsmängel geheilt sind. Der Beschluss erstreckt sich nach Wertung der Kammer auf die anwaltliche Vertretung des Betriebsrates hinsichtlich der hier noch rechtshängigen Anträge.

Vor diesem Hintergrund wäre es nach den Grundsätzen der abgestuften Vortragslast nunmehr Aufgabe der Arbeitgeberin gewesen, sonstige Wirksamkeitsmängel des Betriebsratsbeschlusses aufzuzeigen. Dies ist nicht geschehen. Entsprechende Mängel sind auch sonst nicht ersichtlich.

Dem Antrag des Betriebsrates war daher stattzugeben.

4.

Trotz des nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen – nachgelassenen – Schriftsatzes des Betriebsrates vom 09.05.2016 (Bl. 981 ff. d. A.) und des nachträglich eingegangenen Schriftsatzes der Arbeitgeberin vom 23.05.2016 (Bl. 995 ff. d. A.) bestand kein Anlass, die Verhandlung wiederzueröffnen. Ein zwingender Wiedereröffnungsgrund iSd. § 156 Abs. 2 ZPO i.V.m. §§ 80 Abs. 2 Satz 1, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG lag nicht vor. Darüber hinaus bestand auch keine Veranlassung, im Wege einer Ermessensentscheidung die Verhandlung nach § 156 Abs. 1 ZPO i.V.m. §§ 80 Abs. 2 Satz 1, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG wiederzueröffnen. Aus den vorgenannten Schriftsätzen ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine im Ergebnis andere Entscheidung als diejenige, die das Gericht auf der Grundlage des bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgten Vorbringens beider Beteiligten getroffen hat. Die im arbeitsgerichtlichen Verfahren im Besonderen geltende Konzentrationsmaxime mit dem Ziel, durch einen schnellen Abschluss der Instanz Rechtsfrieden zu schaffen oder durch die sich damit grundsätzlich eröffnende Möglichkeit zur Durchführung eines Beschwerdeverfahrens der Schaffung von Rechtsfrieden zeitlich ein gutes Stück näher zu kommen, war ebenfalls zu berücksichtigen.

5.

Für das Verfahren werden gem. § 2 Abs. 2 GKG keine Gerichtskosten erhoben.