Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 21.12.1993, Az.: 5 U 82/93

Verjährungsfrist der anerkannten Saldoforderung aus einem Kreditkartenvertrag; Qualifizierung eines Kreditkartenvertrages als Geschäftsbesorgungsvertrag; Kontokorrentabrede im Rahmen des Kreditkartenvertrages; Saldoanerkenntnis als konstitutives Schuldanerkenntnis im Rahmen eines Kontokorrentverhältnisses

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
21.12.1993
Aktenzeichen
5 U 82/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1993, 19780
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1993:1221.5U82.93.0A

Fundstellen

  • BB 1994, 741 (Volltext mit amtl. LS)
  • DB 1994, 526 (Volltext mit amtl. LS)
  • VuR 1994, 203 (amtl. Leitsatz)
  • WM 1994, 378-379 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZBB 1994, 185

Amtlicher Leitsatz

Die anerkannte Saldoforderung aus einem Kreditkartenvertrag unterliegt der dreißigjährigen Verjährungsfrist.

Gründe

1

Die Forderung der Klägerin ist nicht verjährt. Sie unterliegt als anerkannte Saldoforderung aufgrund einer Kontokorrentabrede nach § 355 HGB der 30jährigen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB. Die Höhe des Anspruchs ist nicht im Streit.

2

Zwischen den Parteien bestand bis zu der Kündigung durch die Klägerin ein sogenannter Kreditkartenvertrag, den das Landgericht zu Recht als Geschäftsbesorgungsvertrag i. S. v. §§ 675, 631 BGB qualifiziert hat, in dem u. a. den Verpflichtungen des Kreditkartenunternehmens zur Ausgabe und Erneuerung der Kreditkarte und zur Bezahlung der Rechnungsbeträge aus Geschäften mit Vertragsunternehmen die Verpflichtungen des Karteninhabers zur Provisionszahlung und Erstattung der beglichenen Rechnungsbeträge gegenüberstehen, und der auch Elemente eines Krediteröffnungsvertrages enthält (vgl. Heymann/Horn, HGB, 5. Aufl., Anhang § 372 Rdn. 146 ff). Die Abrechnung dieses Geschäftsbesorgungsverhältnisses erfolgte vereinbarungsgemäß periodisch, indem die Einzelpositionen aus diesem Geschäftsbesorgungsverhältnis zunächst nur in das Bankkonto des Beklagten bei der Klägerin eingestellt wurden, wozu durchaus auch Einzahlungen zugunsten des Karteninhabers gehören können, und einmal im Monat zu einem Saldo verrechnet wurden. Diesem Umstand ist erstinstanzlich nicht genügend Rechnung getragen worden. Die vereinbarte und praktizierte Abrechnung des Geschäftsverhältnisses beinhaltet eine Kontokorrentabrede gemäß § 355 HGB als unselbständigen Teil des zwischen den Parteien geschlossenen Geschäftsvertrages, die diesem allerdings ein eigenes Gepräge gibt. Das hat auch der Beklagte erstinstanzlich so gesehen, indem er in dem klagerwidernden Schriftsatz vom 14.04.1993 ausdrücklich hervorhob, daß aufgrund des "Kontokorrentabschlusses im Jahre 1988 ... Verjährung mit Ablauf des 31.12.1990" eingetreten sei. Die Kontokorrentabrede ist in Ziffer 5 der AGB der Klägerin im einzelnen ausformuliert und festgeschrieben. Wichtiger für das Vorliegen eines Kontokorrentverhältnisses als die Verwendung der Begriffe "Kontokorrent" und "laufende Rechnung" ist der Wille der Parteien, eine Geschäftsverbindung kontokorrentmäßig im vorgenannten Sinne abzuwickeln (Schlegelberger/Hefermehl, HGB, 5. Aufl., § 355 Rdn. 14). Dieser Wille ist hier ohne jeden Zweifel festzustellen. Er ergibt sich letztlich aus der bis zur Beendigung der Geschäftsverbindung vorgenommenen Abwicklung des Kreditkartenvertrages. Er beinhaltet die für ein Kontokorrent wesentlichen Merkmale: Abrechnungsperiodizidät, verzinsliche Kreditgewährung, Verzinsung eines Saldos, der selbst Zinsen enthalten kann, die regelmäßige Abschlußübersendung (Saldenmitteilungen) und die damit bezweckte Anerkennung.

3

Die monatliche Mitteilung der Salden hat der Beklagte anerkannt. Das ergibt sich zum einen aus der Teilzahlungsvereinbarung vom 30.11.1988, in der er ausdrücklich die Saldenmitteilung vom 21.10.1988 in Höhe von 13.004,24 DM "anerkennt". Zum anderen folgt dies aus der weitergehenden Saldenmitteilung vom 21.12.1988 i. V. m. Ziffer 5 Satz 2 der AGB der Klägerin über die jetzige Klageforderung, die der Beklagte nicht beanstandet hat. Auf die bis in die Berufungsinstanz hineingetragene Auseinandersetzung, ob der Ratenzahlungsvereinbarung deklaratorische - was nahe liegt - oder konstitutive Wirkung zukommt, kommt es nicht mehr an. Der wichtigste Anwendungsfall des § 781 BGB - konstitutives Schuldanerkenntnis - ist im Rahmen eines Kontokorrentverhältnisses ein solches Saldoanerkenntnis (Münchener Kommentar - Hüffer, BGB, 2. Aufl., § 781 Rdn. 9).

4

Dieser anerkannte Saldo unterliegt nach zutreffender allgemeiner Auffassung der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren (vgl. nur BGHZ 49, 24, 27 [BGH 02.11.1967 - II ZR 46/65]; BGH WM 1982, 291, 294; BGH WM 1973, 1014, 1015; vgl. auch BGHZ 80, 173, 175 [BGH 13.03.1981 - I ZR 5/79] und BGH WM 1972, 285, 286, wonach durch die Saldoanerkennung eine neue, vom früheren Schuldgrund losgelöste Forderung anstelle der bisherigen Einzelforderungen tritt). Auf die von der Berufungserwiderung angesprochene Kritik an der sogenannten Novationstheorie kommt es demgemäß ebensowenig an wie auf den Einwand unzulässiger Rechtsausübung durch die Klägerin. Auf die für einen Anspruch aus § 781 BGB geltende Verjährungsfrist ist das ohne Einfluß.