Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 11.01.2005, Az.: 12 B 5858/04
Rechtmäßigkeit einer Auswahlentscheidung bzw. Vergabeentscheidung; Beauftragung eines Konkurrenten mit der Wahrnehmung von Rettungsdienstleistungen; Ermessensausübung des Regionsausschusses; Kriterium der "gewachsenen Strukturen"; Wirksamkeit der Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Leistungsvertrages
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 11.01.2005
- Aktenzeichen
- 12 B 5858/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 33878
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2005:0111.12B5858.04.0A
Rechtsgrundlage
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Hannover -12. Kammer -
am 11. Januar 2005 beschlossen:
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 11.10.2004 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 06.10.2004 an die Antragstellerin und die beiden Beigeladenen wird wieder hergestellt.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen tragen jeweils ihre außergerichtlichen Kosten selbst und die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu jeweils einem Drittel.
Der Streitwert wird auf 20.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu verhindern, dass die Antragsgegnerin - Trägerin des Rettungsdienstes für ihr Gebiet - die Beigeladenen mit der Wahrnehmung der Rettungsdienstleistungen in den Rettungswachenbereichen (RWB) Burgwedel, Garbsen, Laatzen und Springe für die Zeit ab dem 01.01.2005 beauftragt.
Die Antragstellerin und der Rechtsvorgänger der Antragsgegnerin schlossen am 06.12.1999 einen Beauftragungsvertrag gemäß § 5 Abs. 1 des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes (NRettDG). Nach § 1 Abs. 1 u. 3 des Vertrages wurde die Antragstellerin mit der Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 NRettDG in den RWB Burgwedel, Burgdorf, Garbsen, Lehrte, Neustadt, Springe und Laatzen (§ 1 Abs. 3) betraut. § 14 "Vertragsbeginn, Dauer der Beauftragung, Kündigung" regelt u.a., dass der Vertrag am 01.01.2000 in Kraft trat, auf 5 Jahre abgeschlossen wurde und von beiden Seiten zum Ablauf der Vertragsdauer unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr jeweils zum Vertragsende schriftlich gekündigt werden konnte.
Am 26.11.2003 führte die Antragsgegnerin mit den von ihr zur Wahrnehmung der Rettungsdienstaufgaben Beauftragten - neben der Antragstellerin die beiden Beigeladenen und ein weiteres Unternehmen - eine Besprechung durch. Ausweislich des von der Antragsgegnerin erstellten Protokolls habe diese den Beauftragten mitgeteilt, eine automatische Verlängerung der Verträge auf weitere 5 Jahre komme nicht in Betracht: Auf Grund der enormen Unterschiede zwischen den von den Kostenträgern zugestandenen Kostenzuwächsen im Rahmen der Grundlohnsummensteigerung und den tatsächlichen Kostensteigerungen sei absehbar, dass weder Budgets mit den Beauftragten noch eine Entgeltvereinbarung mit den Kostenträgern abgeschlossen werden könnten; im Rahmen neuer Verträge müsse einer Kostensteigerung infolge der Bedarfsplanfortschreibung und den Auswirkungen einer im kommenden Jahr bevorstehenden Novellierung des NRettDG Rechnung getragen werden; mit den neuen Beauftragungsverträgen werde die Optimierung der Wirtschaftlichkeit angestrebt und künftig die Zertifizierung der Beauftragten gefordert werden.
Der Regionsausschuss der Antragsgegnerin beschloss am 16.12.2003, die Verwaltung zu beauftragen, die Beauftragungsverträge im Rettungsdienst mit Wirkung vom 31.12.2004 zu kündigen und die bisherigen Beauftragten im Zuge der vorgesehenen Neubeauftragung zum 01.01.2005 zur Abgabe von Angeboten für die Durchführung des Rettungsdienstes aufzufordern. Daraufhin kündigte die Antragsgegnerin die Beauftragungsverträge; der Antragstellerin ging das Kündigungsschreiben am 17.12.2003 zu.
Jeweils mit Schreiben vom 05.04.2004 forderte die Antragsgegnerin die seinerzeit Beauftragten auf, für eine Neubeauftragung ab dem 01.01.2005 Angebote bis zum 21.05.2004 abzugeben; mit Schreiben vom 11.06.2004 wurde die Abgabefrist bis zum 21.06.2004 verlängert. Nachdem die Beauftragten ihre Angebote abgegeben hatten, führte die Antragsgegnerin mit diesen jeweils Einzelgespräche, um eine Verringerung der Kostenansätze herbeizuführen. In diesen Gesprächen nannte die Antragsgegnerin den Bewerbern jeweils auch die Differenz zu dem günstigsten Konkurrenzangebot in ganzer Summe ("potenzielles Einsparungsvolumen"). In der ersten Auswahlphase wurden so genannte "Paketlösungen" geprüft: Die Antragsgegnerin betrachtete jeweils die Angebote der Bewerber für die von diesen bis dahin innegehabten RWB "im Paket" und verglich dieses mit einem "Paket" aus den niedrigsten Angeboten der anderen Bewerber für diese RWB. Nach Auffassung der Antragsgegnerin legte lediglich die Antragstellerin für deren "Paket" ein Gesamtangebot vor, das mehr als 5% über dem "Alternativpaket" lag. Die Antragsgegnerin sicherte deshalb den Beigeladenen und dem dritten Bewerber jeweils zu, bezüglich der RWB ihrer "Pakete" (wieder) beauftragt zu werden. Hinsichtlich der RWB des "Pakets" der Antragstellerin nahm sie mit dieser und den anderen Anbietern Gespräche auf, um die RWB (= Lose) einzeln zu vergeben, wobei ein RWB an einen Konkurrenten der Antragstellerin gehen sollte, der mehr als 5% günstiger anbot als diese. Dies war nach Ansicht der Antragsgegnerin letztlich hinsichtlich der streitgegenständlichen RWB der Fall. Auf weitere Einzelheiten des Ablaufs des Auswahlverfahrens wird - soweit erforderlich - im Rahmen der rechtlichen Prüfung eingegangen.
Auf Grund der Beschlussdrucksache Nr. I 1142/2004 (BeschlDrs I 1142/2004) vom 10.09.2004, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, beschloss der Regionsausschuss der Antragsgegnerin am 28.09.2004, die Antragstellerin in den RWB Burgdorf, Lehrte und Neustadt, die Beigeladene zu 1) in den RWB Barsinghausen, Pattensen, Gehrden, Seelze, Garbsen sowie Springe, die Beigeladene zu 2) in den RWB Langenhagen, Wunstorf, Laatzen sowie Burgwedel und die Fa{E.} in dem RWB Wedemark sowie bezüglich der Ferntransporte mit der Durchführung von Leistungen des Rettungsdienstes zu beauftragen.
Mit Bescheiden vom 06.10.2004 teilte die Antragsgegnerin den zu Beauftragenden diesen Beschluss mit, und ordnete jeweils die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung der Vergabeentscheidung wurde in dem an die Antragstellerin gerichteten Bescheid im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Auswahlkriterium der "gewachsenen Strukturen" sei dadurch Rechnung getragen worden, dass lediglich die bislang Beauftragten zur Abgabe von Angeboten aufgefordert worden seien und im Falle des Vorliegens wirtschaftlicherer Angebote in Bezug auf einzelne RWB diesen die Möglichkeit eingeräumt worden sei, ihren bisherigen räumlichen Beauftragungsumfang zu sichern, wenn sich ihre Angebote bei summarischer Betrachtung kostenmäßig den Referenzlosen der Konkurrenten annäherten (Stufe 1 - Paketbetrachtung -). Auf dieser ersten Stufe habe einer Beauftragung der Antragstellerin entgegengestanden, dass diese erklärt habe, es werde - bis auf die Korrektur eines Rechenfehlers - keine weitere Anpassung der Angebote, obwohl diese deutlich höher gewesen seien als die Konkurrenzangebote, geben. Die "gewachsenen Strukturen" seien im weiteren Verfahren (Stufe 2 - Betrachtung der Angebote für die einzelnen RWB/Lose -) insofern berücksichtigt worden, als eine Sicherung des bisherigen Beauftragungsumfangs auf Einzellosbasis dann realisiert werden sollte, wenn die Angebote der bisherigen Erbringer der Leistungen je Los nicht mehr als 5% über dem Angebot des wirtschaftlichsten Konkurrenten lagen. Dieses Kriterium habe die Antragstellerin nur für die ihr dann auch zugedachten RWB erfüllt. Hinsichtlich der RWB Laatzen, Garbsen, Burgwedel, Neustadt und Springe habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 27.08.2004 (Fristablauf) jeweils eine pauschale Reduzierung im Sachkostenbereich angeboten. Dieses Angebot habe auf Grund der fehlenden Spezifizierung in Bezug auf die Kostenrichtlinien des Landesausschusses Rettungsdienst nicht gewertet werden können. Der Antragstellerin sei jedoch für die Lose Garbsen und Neustadt bis zum 07.09.2004 die Möglichkeit eingeräumt worden, diese Kostenrelevanz herzustellen; es sei gleichzeitig klargestellt worden, dass eine Wertung des Losangebots vom 27.08.2004 für diese Lose nicht erfolgen könne, soweit eine entsprechende Spezifizierung nicht erfolge. Die Antragstellerin sei darauf hingewiesen worden, dass für die Bereiche Burgwedel, Laatzen und Springe die Kostenunterschiede ohnehin so groß seien, dass eine entsprechende Überarbeitung der Angebote keine Vergaberelevanz aufweisen würde. Die daraufhin mit e-mail vom 07.09.2004 seitens der Antragstellerin angebotene Kostenreduzierung im Personalbereich sei über die zuvor im Sachkostenbereich genannten pauschalen Reduzierungen hinausgegangen. Da entgegen der geforderten Spezifizierung der Sachkostenreduzierungen nunmehr Reduzierungen im Personalkostenbereich erfolgt seien, sei dies als Abgabe neuer Angebote zu betrachten gewesen. Diese hätten wegen des Fristablaufs am 27.08.2004 nicht berücksichtigt werden können, sondern lediglich die am 19.08.2004 abgegebenen. Da diese Angebote bezüglich der RWB Burgwedel, Garbsen, Laatzen und Springe gegenüber dem jeweils günstigsten Konkurrenzangebot prozentuale Überschreitungen zwischen 6,3 und 8,4% aufgewiesen und auch nicht einsatztaktische oder Gründe der Funktionalität gegen die von den Konkurrenten genannten Alternativstandorte der Rettungswachen gesprochen hätten, seien diese RWB an andere Leistungserbringer zu vergeben gewesen.
Hinsichtlich der Begründung zur Anordnung der sofortigen Vollziehung wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.
Die Antragstellerin legte unter dem 11.10.2004 hiergegen Widerspruch ein, soweit abgelehnt worden sei, sie mit der Leistungserbringung in den RWB Burgwedel, Garbsen, Laatzen und Springe zu beauftragen, und gegen die Beauftragung der Beigeladenen mit der Leistungserbringung in diesen RWB.
Einen kurz vor der Sitzung des Regionsausschusses am 28.09.2004 von der Antragstellerin gestellten Antrag, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, das Verfahren zur Neuregelung von Rettungsdienstleistungen bis zur Entscheidung der Hauptsache nicht fortzuführen, und vorerst die Aussetzung des Vergabeverfahrens bis zur Entscheidung über diesen Antrag anzuordnen (12 B 4826/04), lehnte die erkennende Kammer mit Beschluss vom 27.09.2004 ab. Auf die Gründe im Einzelnen wird verwiesen.
Die Antragstellerin hat am 29.09.2004 Klage erhoben mit dem Antrag, festzustellen, dass der Beauftragungsvertrag zwischen ihr und der Antragsgegnerin vom 06.12.1999 infolge Unwirksamkeit der Kündigung vom 16.12.2003 über den 31.12.2004 hinaus fortbestehe (12 A 4948/04). Dieses Klageverfahren ist bislang nicht entschieden.
Die Antragstellerin hat am 15.10.2004 um einstweiligen Rechtsschutz gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 06.10.2004 nachgesucht. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor:
1.
Mit der Anordnung des Sofortvollzuges würden ihre berechtigten Interessen missachtet, weil der damit ermöglichte Abschluss von Beauftragungsverträgen mit den Konkurrenten vollendete Tatsachen schaffe. Sie müsse im Hinblick auf ein Obsiegen in der Hauptsache Personal, Material und Gebäude weiter vorhalten, ohne entsprechende Einnahmen zu erzielen. Die Interessen der Konkurrenten wögen demgegenüber nicht so schwer. Die Antragsgegnerin bewerte die aktuellen Einsparungen als zu hoch.
2.1.
Der zwischen ihr und der Antragsgegnerin geschlossene Beauftragungsvertrag vom 06.12.1999 bestehe über den 31.12.2004 fort, weil die seitens der Antragsgegnerin ausgesprochene Kündigung unwirksam sei. Zum einen sei § 14 Abs. 2 des Beauftragungsvertrages, auf den die Kündigung gestützt werde, unwirksam, weil § 5 Abs. 1 NRettDG es nicht erlaube, in wiederkehrenden Intervallen (neue) Beauftragungen vorzunehmen. Der Umstand, dass eine zeitabschnittsweise Beauftragung im Gesetz nicht geregelt sei, zeige, dass der Gesetzgeber eine solche Verfahrensweise nicht gewollt habe. Zum anderen sei die Kündigung eines Vertrages ermessensfehlerhaft, weil damit ein bestimmtes Abrechnungssystem, nämlich eine Budgetvereinbarung, habe durchgesetzt und damit das Risiko von tatsächlichen Kostenentwicklungen allein den Beauftragten auferlegt werden sollen. Damit versuche die Antragsgegnerin Einsparungen zu Lasten der Beschäftigten durchzusetzen, die sie selbst in ihrer Rettungsleitstelle nicht verwirkliche. Als milderes Mittel sei im Übrigen eine Änderungskündigung mit dem Ziel, neue Vertragsvereinbarungen hinsichtlich der Kosten zu treffen, in Betracht gekommen.
2.2
Ihr, der Antragstellerin, stehe jedenfalls ein Anspruch auf Übertragung der strittigen Rettungsdienstwachen zu. Bei Beachtung der von der Antragsgegnerin selbst gesetzten Grenze von 5% Mehrkosten gegenüber dem günstigsten Alternativangebot und vollständiger Berücksichtigung der Angebotsverbesserungen, die sie, die Antragstellerin, während des Ausschreibungsverfahrens vorgenommen habe, hätte sie den Zuschlag erhalten müssen. Ihr Paketangebot vom 19.08.2004 habe nur noch 4,2% höher gelegen als das der Mitbewerber. Ihr letztes Paketangebot habe nur noch 1,9% über dem Paketangebot der anderen Mitbewerber und auch bei Betrachtung jeder Rettungswache als Einzellos für alle Rettungswachen unter der von der Antragsgegnerin gesetzten 5%-Grenze gelegen. Die Antragsgegnerin habe dieses Angebot wie das vom 27.08.2004 ohne jede Berechtigung aus der Wertung genommen. Die Beschlussdrucksache, auf deren Grundlage der Regionsausschuss entschieden habe, habe insoweit den Sachverhalt nicht korrekt wieder gegeben. Darin werde das Ergebnis der Verhandlungsphase zur Paketlösung dargestellt. Während darin lediglich ihr, der Antragstellerin, Angebot vom 27.07.2004 berücksichtigt und ihr kostenreduziertes, konkretisiertes Angebot vom 16/19.08.2004 außen vor gelassen worden sei, habe die Antragsgegnerin ein Angebot der Beigeladenen zu 2) vom 19.08.2004 einbezogen. Darauf werde an keiner Stelle hingewiesen. Der Vergleich aller Paketangebote auf die gleichen Zeitpunkte ergebe, dass ihre Mehrkosten jeweils unter der Grenze von 5% gelegen hätten.
Die Antragsgegnerin habe verkannt, dass sie die Art und Weise, wie eine Kostenreduzierung erreicht werde - ob nun bei den Sachkosten oder den Personalkosten -, den Anbietern überlassen müsse. Die Frist für die Angebotsabgabe sei willkürlich gewählt; sachgerecht wäre es gewesen, für die Bewertung der Angebote auf den Termin der Sitzung des Regionsausschusses abzustellen. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin die 5%-Grenze als Ausschlusskriterium nie benannt.
Das Vergabeverfahren sei intransparent und unschlüssig gewesen, es habe keinerlei klare Verfahrensregelungen hinsichtlich der so genannten Paket- bzw. der Einzellosentscheidung gegeben. Der Fristablauf zum 27.08.2004 sei zuvor so nicht kommuniziert worden; diese Frist sei auch nicht Gegenstand der Ausschreibung gewesen. Die Antragsgegnerin habe die Frist selbst zunächst nicht ernst genommen, sondern sie, die Antragstellerin, auch danach noch aufgefordert, ihr Angebot zu spezifizieren. Die Antragsgegnerin habe das Verfahren nicht fair geführt; diese habe sie zwischenzeitlich falsch über die Differenz zu den Angeboten der Beigeladenen informiert.
Im Hinblick auf die Bedeutung, die das Gesetz den "gewachsenen Strukturen" beimesse, sei ein Prozentsatz von 5 v. H. als Kriterium für Unwirtschaftlichkeit nicht als angemessen anzusehen. Dies werde nicht dem Umstand gerecht, dass der Geschäftsbetrieb eines Beauftragten im Rettungsdienst allein auf die Wahrnehmung dieser Aufgaben eingerichtet sei und erhebliche Investitionen vorgenommen und notwendiges Personal vorgehalten werden müssten, ohne dass die Möglichkeit bestehe, dieses außerhalb des Zuständigkeitsbereichs einzusetzen.
Die Antragsgegnerin habe im Rahmen ihrer Vergabeentscheidung ermessensfehlerhaft außer Acht gelassen, dass sie, die Antragstellerin, als Mitglied der VBL eine besondere Kostenlast zu bewältigen und dass sie durch den Verlust von 4 RWB erhebliche "Nachlaufkosten" zwischen ca. 300.000,00 und 700.000,00 EUR je Rettungswache zu schultern habe; die "Nachlaufkosten" habe sie wegen der Art und Weise der Abrechnung auch nicht in ihre Kalkulation einbeziehen können. Da die "Nachlaufkosten" vom Rettungsdienstträger zu tragen seien, werde die durch ihre Nichtberücksichtigung erzielte Kostenersparnis von 1,9% wieder aufgezehrt.
Die Angebote der Beigeladenen seien hinsichtlich der streitbefangenen RWB arbeitsrechtlich bislang nicht abgesichert. Beim Angebot der Beigeladenen zu 2) falle auf, dass es erheblich unter den Kosten liege, die diese für jene Wachen geltend mache, die sie bereits im Bestand habe. Das Angebot sei nicht auskömmlich, die Wirtschaftlichkeit nicht auf Dauer Gewähr leistetet; es habe deshalb nicht Berücksichtigung finden dürfen. Berücksichtige die Antragsgegnerin solche Angebote auf RWB, die jeweils nicht im Bestand des Anbieters seien, so wechsele notwendigerweise bei jeder Neuausschreibung die Betreuung eines RWB. Die Beigeladene zu 2) habe entgegen den Regelungen der "Richtlinien für die Ermittlung der betriebswirtschaftlichen Gesamtkosten" für geringfügig Beschäftigte und Ehrenamtliche eine Arbeitsleistung von ca. 1.600 Stunden jährlich angenommen, während nach den Richtlinien bei einer Jahresleistung von 600 Stunden eine Stelle anzunehmen sei. Durch diesen Rechentrick würden auf dem Papier eine niedrigere Mitarbeiterzahl und damit niedrigere Personalkosten pro Kopf erzeugt.
Da die Antragsgegnerin nach § 5 Abs. 1 Satz 2 NRettDG sicherzustellen habe, dass der Beauftragte die ihm übertragene Aufgabe so erfülle, wie dies der Träger des Rettungsdienstes selbst tun müsste, könne die Antragsgegnerin billigerweise von den Beauftragten nichts erwarten, wozu sie selbst nicht in der Lage sei. Dennoch nehme es die Antragsgegnerin hin, dass durch die Auswechslung der Beauftragten auch eine Auswechslung des Personals stattfinde, die die Antragsgegnerin selbst nicht vornehmen könne.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 11.10.2004 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 06.10.2004 an die Antragstellerin und die beiden Beigeladenen wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin erwidert:
Die Anordnung des Sofortvollzuges sei erforderlich und verhältnismäßig, um einen ordnungsgemäßen Rettungsdienst ab dem 01.01.2005 sicherzustellen.
Die Kündigung des Beauftragungsvertrages vom 06.12.1999 sei wirksam: Der Antragstellerin sei seit Vertragsabschluss bekannt gewesen, dass der Vertrag zum 31.12.2004 kündbar (gewesen) sei und damit auch das unternehmerische Risiko, das grundsätzlich allen befristeten Vertragsverhältnissen innewohne. Sie habe nicht darauf vertrauen können, auch nach Ablauf des vertraglich vereinbarten Zeitraumes die Rettungsdienststellen weiter betreiben zu können. Daher könne sie auch nicht mit dem Hinweis auf die Nachlaufkosten durchdringen.
Die Entscheidung über die Vergabe der RWB ab dem 01.01.2005 sei auf der Grundlage einer fehlerfreien Ermessensausübung erfolgt. Dies zeige der Inhalt ihres Bescheides vom 06.10.2004, auf den verwiesen werde. Der Regionsausschuss sei nicht von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen: Zwar lägen dem in der Beschlussdrucksache dargestellten Ergebnis der ersten Verhandlungsphase Daten der Beigeladenen vom 19.08.2004 zu Grunde; das Datum sei jedoch für die Berücksichtigung dieser Unterlagen ohne Belang. Entscheidend sei, dass die Antragstellerin am Ende der ersten Gesprächsphase definitiv erklärt habe, bis auf die Korrektur eines Rechenfehlers keine weiteren Kostenreduzierungen für das Paketangebot vornehmen zu können. Demgegenüber hätten die Beigeladenen Ende Juli 2004 erklärt, u.a. die Angebote für die streitgegenständlichen RWB noch zu überarbeiten. Aus diesem Grund seien diese Unterlagen im Ergebnis der ersten Gesprächsphase berücksichtigt worden. Aus dem NRettDG ergebe sich keine Verpflichtung zur Einhaltung eines bestimmten Vergabeverfahrens. Die Angebotsreduzierung der Antragstellerin vom 19.08.2004 sei in der 2. Phase des Vergabeverfahrens einbezogen worden. Die später erfolgte Reduzierung des Angebots habe nicht berücksichtigt werden können, weil die Antragstellerin eine pauschale Reduzierung um 20.000,00 EUR je Rettungswache vorgenommen habe. Eine erforderliche Spezifikation auf die verschiedenen Kostenarten und/oder Kostenstellen, zu der sie die Antragstellerin in einem Gespräch am 03.09.2004 aufgefordert habe, sei nicht erfolgt. Im Übrigen seien die von der Antragstellerin in Bezug genommenen nachgebesserten Angebote vom 27.08.2004 verspätet eingereicht worden.
Sie habe den Bewerbern Fristen zur Abgabe der Angebote setzen müssen, da die Entscheidungen der zuständigen politischen Gremien vorzubereiten und hierzu die eingereichten Angebote vorab zu prüfen und zu bewerten gewesen seien. Die Fristsetzung zum 27.08.2004/Ende der 35. Kalenderwoche sei der Antragstellerin klar gewesen. Mit ihrer e-mail vom 07.09.2004 bestätige die Antragstellerin selbst, dass sie davon ausgegangen sei, sich in der zweiten Phase, in der es auf die Einzelbetrachtungen angekommen sei, zu befinden.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin könne es bei der Bewertung der Angebote nicht darauf ankommen, von welchem Bewerber ein RWB bislang versorgt werde; erheblich sei lediglich, ob die objektiven Qualitätskriterien des NRettDG jeweils eingehalten würden. Die Antragstellerin halte sich selbst nicht an ihre Forderung, realistische Angebote zu Grunde zu legen, wenn sie vortrage, dass es völlig unerheblich sei, ob sie 100.000,00 EUR im Sachkosten- oder aber im Personalkostenbereich einspare. Das zuletzt von dieser eingereichte, nicht berücksichtigte Angebot habe eine Personalkostenreduzierung vorgesehen, ohne nähere Angaben zu der Zusammensetzung der neu kalkulierten Personalstruktur zu machen. Da die Antragstellerin bereits am 24.05.2004 die Zustimmung ihres gesamten Betriebsrates zu einer Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich sowie zum Einsatz geringfügiger Beschäftigter eingeholt habe, hätte sie schon zur Paketphase, spätestens aber bei der konkreten Betrachtung die Angebote in der erforderlichen Nachvollziehbarkeit vorlegen können.
Die Beigeladenen beantragen jeweils,
den Antrag abzulehnen.
Sie treten dem Vorbringen der Antragsgegnerin bei und halten dem Vorbringen der Antragstellerin entgegen, es handele sich bei ihren Angeboten nicht um Dumpingangebote. Sie hätten lediglich, anders als die Antragstellerin, die Einsparmöglichkeiten, die sich insbesondere aus Verhandlungen mit ihren Personalvertretungen ergeben hätten, in vollem Umfang in ihre Angebote einfließen lassen.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 21.12.2004 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, den die Antragsgegnerin abgelehnt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat Erfolg.
Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin erhobenen Widerspruchs gegen die Bescheide der Antragsgegnerin, mit denen ihr jene mitgeteilt hat, dass sie ihre Beauftragung mit der Erbringung von Leistungen nach § 5 Abs. 1 NRettDG in den RWB Burgwedel, Garbsen, Laatzen und Springe ablehnt, und mit denen die Beigeladenen mit der Leistungserbringung in diesen RWB beauftragt worden sind, wieder herstellen, wenn ihr rechtlich geschütztes Interesse daran das öffentliche Interesse und dasjenige der Beigeladenen an der sofortigen Umsetzung der Vergabeentscheidung überwiegt. Dabei ist insbesondere darauf abzustellen, ob sich die angegriffenen Bescheide als rechtmäßig erweisen dürften.
Auf der Grundlage der im Verfahren auf Erlangung vorläufigen Rechtschutzes nur möglichen summarischen Prüfung der Sachlage ist anzunehmen, dass sich die streitgegenständlichen Bescheide der Antragsgegnerin als rechtswidrig erweisen, weil ihnen eine ermessensfehlerhafte Vergabeentscheidung des Regionsausschusses der Antragsgegnerin zu Grunde liegt.
Allerdings wird die Antragstellerin voraussichtlich nicht mit ihrer Auffassung durchdringen, die angegriffene Auswahl- bzw. Vergabeentscheidung der Antragsgegnerin sei bereits deshalb rechtswidrig, weil die Kündigung des zwischen ihr, der Antragstellerin, und dem Rechtsvorgänger der Antragsgegnerin am 06.12.1999 geschlossenen Beauftragungsvertrages unwirksam sei und deshalb die Beauftragung fortdauere.
Die Kündigungsmöglichkeit ergibt sich ausdrücklich aus dem Vertrag. Dessen § 14 "Vertragsbeginn, Dauer der Beauftragung, Kündigung" lautet:
"1.
Dieser Vertrag tritt am 01.01.2000 in Kraft. Er wird auf 5 Jahre abgeschlossen.2.
Der Vertrag kann von beiden Seiten zum Ablauf der Vertragsdauer unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr jeweils zum Vertragsende schriftlich gekündigt werden. Eine Kündigungserklärung muss dem anderen Vertragspartner durch eingeschriebenen Brief spätestens ein Jahr vor Ablauf des Vertrages zugegangen sein. Wird der Vertrag nicht gekündigt, so verlängert sich seine Geltungsdauer um jeweils 5 Jahre."
Rechtlich durchgreifende Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Klausel sind nach Auffassung der Kammer nicht ersichtlich. Im Übrigen müsste sich die Antragstellerin unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium ein treuwidriges Verhalten vorhalten lassen, weil sie angesichts des eindeutigen Wortlauts des Vertrags diesen in voller Kenntnis der Kündigungsmöglichkeit abgeschlossen hat, ohne die Unwirksamkeit der Klausel gegenüber der Antragsgegnerin vor dem Ausspruch der Kündigung geltend gemacht zu haben.
Auch mit ihrem weiteren diesbezüglichen Vorbringen dürfte die Antragstellerin keinen Erfolg haben. Wäre die Auffassung der Antragstellerin zutreffend, die Kündigung dieses öffentlich-rechtlichen Leistungsvertrages bedürfe einer fehlerfreien Ermessensentscheidung, weil die Entscheidung über den Abschluss des Beauftragungsvertrages nach § 5 NRettDG ebenfalls auf einer Ermessensentscheidung basiere/basieren müsse, folgte daraus nicht die Unwirksamkeit der Kündigung. Denn die Antragsgegnerin dürfte dieses Ermessen fehlerfrei ausgeübt haben. Ausweislich des Protokolls der Besprechung der Antragsgegnerin mit den Beauftragten am 26.11.2003 hat diese jenen mitgeteilt, eine automatische Verlängerung der Verträge auf weitere 5 Jahre komme nicht in Betracht; auf Grund der enormen Unterschiede zwischen den zugestandenen Kostenzuwächsen im Rahmen der Grundlohnsummensteigerung und den tatsächlichen Kostensteigerungen sei absehbar, dass weder Budgets mit den Beauftragten noch eine Entgeltvereinbarung mit den Kostenträgern abgeschlossen werden könnten; im Rahmen neuer Verträge müsse einer Kostensteigerung infolge der Bedarfsplanfortschreibung und den Auswirkungen einer im kommenden Jahr bevorstehenden Novellierung des NRettDG Rechnung getragen werden; mit den neuen Beauftragungsverträgen werde die Optimierung der Wirtschaftlichkeit angestrebt und künftig die Zertifizierung der Beauftragten gefordert werden.
Diese Ermessenserwägungen dürften vor dem Hintergrund der Regelungen des NRettDG, insbesondere dessen § 5 Abs. 1 Satz 4, nicht als sachwidrig anzusehen sein. Das darin genannte Kriterium der "gewachsenen Strukturen" verbietet nicht eine befristete Beauftragung. Ohne die Möglichkeit der Kündigung eines Beauftragungsvertrages bestünde nicht diejenige der Neuausschreibung. Nur eine in regelmäßigen Abständen erfolgende Neuausschreibung führt einen - wiederum durch das Kriterium der "gewachsenen Strukturen" begrenzten - Wettbewerb herbei; erst dadurch wird das ebenfalls in der Vorschrift genannte Kriterium der "Wirtschaftlichkeit" mit Leben erfüllt.
Der Umstand, dass die Antragsgegnerin die Erwägungen, die entscheidend für Ausübung ihres Ermessens waren, in dem Kündigungsschreiben nicht noch einmal ausgeführt hat, erscheint als rechtlich nicht erheblich; denn diese waren der Antragstellerin aus der Besprechung vom 26.11.2003 bekannt.
Allerdings hegt die Kammer erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Regionsausschusses über die Neubeauftragung. Diese Zweifel gebieten es, im Rahmen der Interessenabwägung - insbesondere im Hinblick darauf, dass durch den Abschluss von Beauftragungsverträgen zwischen der Antragsgegnerin und den Beigeladenen bezüglich der streitgegenständlichen RWB vollendete Tatsachen geschaffen würden -zu Gunsten der Antragsgegnerin zu entscheiden.
Rechtliche Grundlage der Vergabeentscheidung ist § 5 Abs. 1 Satz 1 NRettDG. Nach dieser Vorschrift kann der Träger des Rettungsdienstes (§ 3 NRettDG) Dritte mit der Durchführung von Leistungen des Rettungsdienstes und der Einrichtung und Unterhaltung der dafür erforderlichen Einrichtungen ganz oder teilweise beauftragen. Bei der Auswahl der Beauftragten ist der Vielfalt der Anbieter und den gewachsenen Strukturen unter Berücksichtigung von Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit Rechnung zu tragen (§ 5 Abs. 1 Satz 4 NRettDG).
In der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 07.11.1997 - 7 L 5590/96-, Nds. VBI. 1998, 110 = Nds. Rpfl 1998, 94, m.w.N.) ist geklärt, dass sich die Beauftragung eines Dritten nach § 5 NRettDG bei mehreren konkurrierenden Bewerbern als ein zweistufiges Verfahren darstellt, welches eine Auswahlentscheidung und den auf dieser basierenden eigentlichen Beauftragungsvorgang umfasst; diese können zwar zeitlich zusammenfallen, sind aber rechtlich voneinander zu unterscheiden. Die Auswahlentscheidung ist ihrem Wesen nach entsprechend dem öffentlich-rechtlichen Charakter des Rettungsdienstes ein Verwaltungsakt. Die Beauftragung kann gleichfalls durch Verwaltungsakt, kann aber auch in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages erfolgen. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 4 NRettDG gebietet die gleichwertige Berücksichtigung der darin genannten Auswahlkriterien. Sie steht damit einem Vergabeverfahren entgegen, welches von vornherein und ausschließlich dem Merkmal der Wirtschaftlichkeit unter Hintanstellung der 'nichtwirtschaftlichen' Auswahlkriterien den Vorrang einräumt. Dies lässt bereits der Wortlaut der Bestimmung erkennen, welcher die Merkmale "Vielfalt der Anbieter" und "gewachsene Strukturen" in den Vordergrund stellt und gebietet, ihnen "bei der Auswahl der Beauftragten" - mithin bei der Entscheidung über die Beauftragung und nicht lediglich bei der Auswahl der Bewerber - "Rechnung zu tragen". Dass diesen beiden Faktoren besonderes Gewicht zukommt, geht auch aus der Entstehungsgeschichte jener Vorschrift hervor. Nach der ursprünglichen Fassung des Regierungsentwurfs (LTDr. 12/2281, S. 2 f) enthielt der damalige § 4 Abs. 5 eine Regelung, die im Wesentlichen mit § 5 Abs. 1 Sätze 1, 2 und 5 der endgültigen Gesetzesfassung übereinstimmte; die Sätze 3 und 4 - mithin auch die Regelung über die Auswahlkriterien - waren in jener Fassung noch nicht vorgesehen. Die endgültige Fassung ist erst während der parlamentarischen Beratungen formuliert worden. Der Gesetzgeber hat besonderen Wert auf das im Regierungsentwurf noch nicht erwähnte Merkmal der "gewachsenen Strukturen" gelegt. Während die übrigen Auswahlkriterien in irgendeiner Form bereits im ursprünglichen Entwurf enthalten waren, stellen die "gewachsenen Strukturen" die Einzige wesentliche und damit auch entsprechend zu gewichtende Änderung dar, welche die Regelung während der parlamentarischen Beratungen erfahren hat. Die nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte gebotene Auslegung des § 5 Abs. 1 NRettDG geht mithin nicht dahin, dass primär der wirtschaftlichste Anbieter auszuwählen ist und allenfalls bei nach diesem Merkmal gleich zu bewertenden Anbietern jener den Vorzug erhält, der die "gewachsenen Strukturen" verkörpert. Vielmehr muss Gradmesser einer Beauftragung das bei möglichster Wahrung der gewachsenen Strukturen erreichbare wirtschaftliche Optimum sein. Das Ermessen des Rettungsdiensträgers bezieht sich auf die Auswahl unter mehreren Mitbewerbern, welche diese Auswahlkriterien erfüllen. Die gesetzlichen Auswahlkriterien sind Grundlage und bilden zugleich die Grenze dieses Ermessens, unterliegen als solche aber der nicht durch einen etwaigen Beurteilungsspielraum des Rettungsdienstträgers eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Eine Ermessensausübung ist gerade deswegen und dann gefordert, weil und wenn die verschiedenen Auswahlkriterien sich nicht auf einen Nenner bringen lassen und darum eine Abwägung erfordern. Diese Ermessensbetätigung und Abwägung ist dem Träger des Rettungsdienstes im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beauftragung aufgegeben.
Die Ermessensausübung des Regionsausschusses erscheint (jedenfalls deshalb) fehlerhaft, weil ihr ein unvollständiger Sachverhalt zu Grunde lag.
Der Regionsausschuss traf die Entscheidung auf der Grundlage der Beschlussdrucksache Nr. I 1142/2004 (BeschlDrs). Für die rechtliche Beurteilung dieser Ermessensentscheidung ist (u.a.) wesentlich, ob sie auf der Basis eines vollständigen und zutreffenden Sachverhalts getroffen worden ist und ob die Antragsgegnerin die Entscheidungsmaßstäbe, die sie selbst entwickelt hatte, zutreffend angewandt hat.
Die Antragsgegnerin hat das Vergabeverfahren, zu dem sie im Hinblick auf das Kriterium der "gewachsenen Strukturen" ohnehin nur die bisherigen Beauftragten zugelassen hatte, in 2 Phasen unterteilt. In der ersten Phase hat sie mit den Anbietern - auf der Basis der "gewachsenen Strukturen" - über die Neubeauftragung der bisher von diesen bereits jeweils innegehabten RWB verhandelt. Bei der Bewertung der eingereichten Angebote wurde dem Kriterium der "gewachsenen Strukturen" dadurch Rechnung getragen, dass den bisherigen Beauftragten im Falle des Vorliegens wirtschaftlicherer Alternativangebote in Bezug auf einzelne RWB die Möglichkeit eingeräumt wurde, ihren bisherigen Beauftragungsumfang zu sichern, indem sie sich kostenmäßig den Referenzangeboten "im Paket annäherten" (vgl. hierzu S. 4 BeschlDrs). Den Beauftragten sei in dieser Phase die Möglichkeit eröffnet worden, auf der Basis wirtschaftlicher Gesamtkosten gemäß § 15 NRettDG das bisherige Beauftragungsverhältnis fortzusetzen, ohne dass die Antragsgegnerin mit den Mitbewerbern über günstigere Referenzlose verhandelt habe. Im Ergebnis habe den Beigeladenen und dem Beauftragten Fa. RKT zugesichert werden können, dass keine Verhandlungen mit Mitbewerbern über konkurrierende Referenzlose ihres bisherigen Beauftragungsumfangs aufgenommen würden (vgl. S. 5 BeschlDrs). Mit der Antragstellerin habe eine entsprechende "Vereinbarung" nicht getroffen werden können, da diese nicht bereit gewesen sei, ihre deutlich höheren Angebote im Vergleich zu den Konkurrenzangeboten - bis auf die Korrektur eines Rechenfehlers - nach unten anzupassen.
Zur Erläuterung dessen enthält die BeschlDrs auf S. 5 unten eine tabellarische Darstellung, die insbesondere die "bewertbaren Mitbewerberangebote zum Ende Gesprächsphase I" (=Paketphase, Zeile 4), das "Ergebnis Ende Gesprächsphase I" (= berücksichtigte Paketangebote, Zeile 6) und die "Abweichung zu Mitbewerberangeboten" (Differenz des Paketangebots für die jeweils innegehabten RWB zu den Konkurrenzpaketangeboten in %, Zeile 8) enthält. Für die Antragstellerin ist in Zeile 8 eine "Abweichung" i.H.v. 5,7% angegeben. Da allerdings kein anderer Mitbewerber ein komplettes Paketangebot für die bis dahin von der Antragstellerin innegehabten RWB abgegeben hatte, konnte ein/das in der Tabelle ausgewiesene Mitbewerberangebot nur durch Addition der von den anderen Anbietern für einzelne, bislang von der Antragstellerin innegehabte, RWB/Lose vorgelegten niedrigsten Alternativangebote dargestellt werden.
Wie die Antragsgegnerin selbst vorträgt, sind in dem "Ergebnis Ende Gesprächsphase I" "Unterlagen" berücksichtigt, die die Beigeladenen zu 2) unter dem 19.08.2004 (vgl. Beiakte B, S. 243 f. für den RWB Burgwedel, S. 292 f. für den RWB Laatzen) bei der Antragsgegnerin eingereicht hat; diese enthalten ein Angebot, das gegenüber dem von dieser zuvor unter dem 19.05.2004 abgegebenen (vgl. Beiakte B, S. 267 f., 316 f.) - jedenfalls bezüglich des RWB Burgwedel - nicht unerheblich niedriger ist (1.108.600,-EUR am 19.08.2004, 1.170.950,-EUR am 19.05.2004).
Es erscheint unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Anbieter im Rahmen eines Vergabeverfahrens - das als allgemeiner Grundsatz des Vergaberechts auch hier gelten muss - bereits als rechtlich problematisch, dass damit ein Angebot Berücksichtigung gefunden hat, das nach Ende der Gesprächsphase I gefertigt und eingereicht worden ist, während ein am 16.08.2004 von der Antragstellerin pauschal vorgelegtes und am 19.08.2004 konkretisiertes Angebot für das "Ergebnis der Gesprächsphase I" unberücksichtigt geblieben ist. Soweit die Antragsgegnerin hierzu meint, diese Vorgehensweise rechtfertige sich daraus, dass die Antragstellerin am Ende der ersten Gesprächsphase definitiv erklärt habe, bis auf die Korrektur eines Rechenfehlers keine weiteren Kostenreduzierungen für das Paketangebot vornehmen zu können, überzeugt dies nicht. Denn der Grundsatz der Gleichbehandlung gebietet, für alle Anbieter gleiche Zeitpunkte für die Abgabe der Angebote festzusetzen und einzuhalten. Aus Vermerken der Antragsgegnerin zu Gesprächen, die sie mit der Antragstellerin und den Beigeladenen jeweils am 21.07.2004 geführt hat, geht hervor, dass die (Nach)Frist für die Abgabe von Angeboten in der "Paketphase" am 28.07.2004 ablief (vgl. Beiakte C, S. 19a für die Beigeladene zu 1); Beiakte A, S. 27 für die Beigeladene zu 2) und Beiakte D, S. 19 für die Antragstellerin). Die Antragsgegnerin selbst trägt vor, den Anbietern hätten Fristen für die Abgabe der Angebote gesetzt werden müssen. Daraus folgt, dass entweder nach Fristablauf eingegangene Losangebote nicht mehr für die Berechnung der zu vergleichenden Paketangebote hätten berücksichtigt werden dürfen, oder für alle Anbieter eine neue Frist hätte gesetzt werden müssen. Dem widerspricht es, wenn - wie hier - ein Anbieter von einer Fristverlängerung ausgeschlossen wird, weil er zuvor - zum Zeitpunkt des "eigentlichen" Fristablaufs - mitgeteilt hat, er könne seine Angebotssumme nicht weiter senken. Denn diese Aussage kann sich nur auf den diesem Anbieter genannten/bekannten Zeitpunkt des Fristablaufs beziehen.
Jedenfalls spricht nach Auffassung der Kammer hier für das Vorliegen eines Ermessensfehlers bei der Vergabeentscheidung, dass den Mitgliedern des Regionsausschusses in der Beschlussdrucksache nicht mitgeteilt worden ist, dass und aus welchen Gründen das am 16./19.08.2004 von der Antragstellerin abgegebene Angebot nicht in der Darstellung des "Ergebnis der Gesprächsphase I" berücksichtigt worden ist. In der Beschlussdrucksache sind dem Regionsausschuss die für die von ihm zu treffende/getroffene Ermessensentscheidung erheblichen tatsächlichen Umstände richtig und vollständig darzulegen. Welche Umstände hierzu zählen, ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung, die die Ermessensausübung eröffnet. Wie dargelegt, bezweckt § 5 Abs. 4 NRettDG, dass die vier dort genannten Kriterien bei der Auswahlentscheidung mit gleichem Gewicht bei der Auswahlentscheidung berücksichtigt werden. Daraus folgt, dass alle Umstände, die bedeutsam für die "gleichgewichtige" Berücksichtigung der Kriterien in der konkreten Auswahlentscheidung sein können, darzulegen sind. Der Umstand, dass die Antragstellerin und die Beigeladene zu 2) zum gleichen Zeitpunkt ein Angebot abgegeben hatten, von denen nur jenes der Beigeladenen zu 2) in den tabellarischen Vergleich der Paketangebote, den die Beschlussdrucksache zur Veranschaulichung zeigt, eingeflossen ist, ist jedenfalls deshalb bedeutsam, weil sich das Paketangebot der Antragstellerin dem wirtschaftlichsten Konkurrenzpaketangebot weiter annäherte. Dieser Umstand hätte hinsichtlich des Vergabekriteriums "gewachsenen Strukturen" besondere Beachtung verdient. Es hätte als Teil der (Gesamt)Ermessensentscheidung dem Regionsausschuss oblegen zu entscheiden, ob er der Auffassung der Verwaltung folgt, dass das Paketangebot der Antragstellerin vom 16./19.08.2004 - etwa wegen deren Einlassung zum Ende der "eigentlichen" Abgabefrist für die Paketphase, die Angebotssumme nicht mehr reduzieren zu können -nicht zu berücksichtigen sei, jenes vom selben Tag der Beigeladenen zu 2) hingegen wohl, etwa weil diese bei Ablauf der Abgabefrist eine weitere "Preisreduzierung" in Aussicht gestellt hatte.
Widersprüchlich und inkonsequent erscheint es auch, dass die Antragsgegnerin einerseits abgelehnt hat, das Angebot der Antragstellerin vom 19.08.2004 im Rahmen der "Paketlösung" unter Hinweis auf den Abschluss der "Gesprächsphase I" zum 28.07.2004 zu berücksichtigen, andererseits der Antragstellerin am 26.08.2004 angeboten hat, unter Umständen "eine paketbezoqene Bewertung der Lose ins Kalkül zu ziehen und ggf. bei der Vergabe der Lose zu berücksichtigen, wenn eine Anpassung der Angebote des bisher beauftragten Los-Paketes mit rund 100.000 EUR realisiert werden kann" (Beiakte D, S. 45).
Auf das übrige Vorbringen der Antragstellerin ist nicht einzugehen, da bereits die aufgezeigten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Vergabeentscheidung dem Antrag zum Erfolg verhelfen.
Die Kosten des Verfahrens sind der Antragsgegnerin und den Beigeladenen zu jeweils gleichen Teilen aufzuerlegen. Die Kostenpflicht der Antragsgegnerin folgt, weil sie unterlegen ist, aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladenen haben Kosten in gleicher Höhe zu tragen, weil dies vorliegend billigem Ermessen nach § 154 Abs. 3 VwGO entspricht, denn die Beigeladenen sind jeweils in vollem Umfang dem Begehren der Antragstellerin mit eigenen Anträgen entgegen getreten.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 20.000,- EUR festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.