Amtsgericht Göttingen
Beschl. v. 16.01.1998, Az.: 71 N 63/97
Bibliographie
- Gericht
- AG Göttingen
- Datum
- 16.01.1998
- Aktenzeichen
- 71 N 63/97
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1998, 34232
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGGOETT:1998:0116.71N63.97.0A
Tenor:
Die Anträge des Schuldners vom 10.12.1997 und 30.12.1997 werden
zurückgewiesen.
Gründe
Die Gläubigerin hat wegen einer offenen Restforderung von ca. 80 000,- DM gegen den Schuldner Konkursantrag gestellt. Am 5.9.1997 ist gegen den Schuldner ein allgemeines Veräußerungsverbot erlassen und Rechtsanwalt D...F... zum Sequester bestellt worden. Über den Antrag auf Eröffnung des Verfahrens ist bislang nicht entschieden.
Der Schuldner ist Mieter eines Hauses in der W...Straße, daß er teilweise untervermietet hat. Den Untermietzins vereinnahmt der Sequester. Der Schuldner beantragt, den Sequester anzuweisen, die vereinnahmten Beträge an die Hauptvermieterin weiterzuleiten.
Weiter beantragt der Schuldner, aus den vom Sequester vereinnahmten Beträgen ihm einen sog. Elementarunterhalt in Höhe von monatlich 1 500 DM zu bewilligen.
Die Anträge sind abzulehnen.
I. Weiterleitung der Mieteinnahmen
1) Der Sequester steht unter Aufsicht des Konkursgerichtes (Kuhn/Uhlenbruck KO, § 106 Rz. 25).
Seine Aufgabe besteht in erster Linie in der Sicherung des Schuldvermögens.
Die künftige Haftungsmasse soll im Interesse sämtlicher Verfahrensbeteiligter vor einem Wertverfall und einer Ausplünderung bewahrt werden (Kuhn/Uhlenbruck KO, § 106 Rz. 7).
Auf die Rechte des Sequesters im einzelnen (Stichwort Sicherungssequestration/Verwaltungssequestration) kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
2) Ein Anlaß zum Einschreiten des Konkursgerichtes besteht nicht.
a) Es kann dahinstehen, ob der Sequester zur Zahlung der laufenden Untermieteinnahmen an die Hauptvermieterin bererichtigt ist. Weiter kann dahinstehen, ob der Sequester zur Abwendung einer Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzuges (§ 554 BGB) zur Weiterleitung des Untermietzinses auch verpflichtet ist. Voraussetzung dafür ist nämlich, daß der Schuldner seine Vermögensverhältnisse vollständig und wahrheitsgemäß offengelegt hat. Nur dann liegt überhaupt die notwendige Beurteilungsgrundlage vor, um abzuschätzen, ob unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Situation des Schuldners und der Interessen der Gläubigerin eine Weiterleitung des Untermietzinses in Betracht kommt. Bei Hinzutreten weiterer Umstände könnte sich eine Berechtigung des Sequesters zu einer Verpflichtung verdichten.
Ob und wenn ja in welchen Fällen eine solche Verpflichtung denkbar ist und ein Eingreifen des Konkursgerichtes erfordert, kann - wie bereits erwähnt - dahinstehen.
b) Der Sequester hat in seiner Stellungnahme vom 2.1.1998 eine Vielzahl von Fällen belegt, in denen der Schuldner seiner auch im Eröffnungsverfahren bestehenden Auskunftspflicht nicht, falsch oder nur unvollständig nachgekommen ist. Die daraus folgenden Zweifel an einer wahrheitsgemäßen und vollständigen Offenlegung seiner Vermögensverhältnisse durch den Schuldner bestehen fort auch in Anbetracht der Stellungnahmen seines Verfahrensbevollmächtigten vom 13.1. und 15.1.1998. Beispielhaft zu erwähnen ist nur aufgrund von Abtretungsvereinbarungen erfolgten Zahlungen monatlicher Lessingraten von 8 151 DM für einen Rolls Royce Bentley Turbo S. Diese Leasingraten wurden spätestens seit Juli 1995 auf diese Weise bedient auch noch nach Anordnung der Sicherungsmaßnahmen. Daß dem Schuldner diese Tatsachen nicht bekannt bzw. entfallen waren, ist nicht anzunehmen. Soweit der Schuldner vortragen läßt, es bedürfe soweit noch näherer Darlegungen und Akteneinsicht, ist dieser Vortrag gänzlich unsubstantiiert.
II Elementarunterhalt
1) Regelungen zum Unterhalt des Schuldners enthalten die KO (in § 129 Abs. 1) und die InsO (in § 100) nur für das eröffnete Verfahren.
Bei langer Sequestrationsdauer kann aber durchaus ein berechtigtes Bedürfnis zur Bewilligung eines Unterhaltes für den Schuldner, gegen den Sicherungsmaßnahmen angeordnet sind, bestehen. Eine analoge Anwendung der genannten Vorschriften könnte in Betracht kommen.
2) Als zuständig für die Entscheidung wird man unter Geltung der KO den Sequester mit Genehmigung des Konkursgerichtes ansehen müssen. Ausdrücklich abgelehnt hat der Sequester den Antrag auf Bewilligung eines sog. Elementarunterhaltes nicht. Vielmehr hat er in einem Schriftsatz an das Gericht beantragt, die Anträge abzuweisen.
3) Eine gerichtliche Genehmigung kann jedenfalls nicht erteilt werden. Um die Unterhaltsbedürftigkeit des Schuldners beurteilen zu können, bedarf es vollständiger und wahrheitsgemäßer Angaben des Schuldners über seine - Vermögensverhältnisse. Diese Angaben liegen - wie oben unter I ausgeführt - nicht vor.
III. Die Anträge sind abzulehnen.
Einer Akteneinsicht und Verlängerung er Erklärungsfrist für den Schuldner auf die Stellungnahme des Sequesters vom 2.1.1998 bedarf es nicht. Das käme nur in Betracht, wenn der Schuldner - im Rahmen seiner Möglichkeiten - so vollständig wie möglich zu dem Vortrag des Sequesters Stellung genommen hätte. Sein Vortrag ist jedoch z.B. hinsichtlich des PKW Rolls Royce unsubstantiiert (siehe oben I 2b).