Amtsgericht Göttingen
Beschl. v. 16.02.1998, Az.: 71 N 10/98
Kontenpfändungen i.R. einer Sicherungsvollstreckung
Bibliographie
- Gericht
- AG Göttingen
- Datum
- 16.02.1998
- Aktenzeichen
- 71 N 10/98
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1998, 32075
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGGOETT:1998:0216.71N10.98.0A
Rechtsgrundlagen
- § 720a ZPO
- § 72 KO
- § 105 KO
- § 106 KO
Fundstelle
- ZInsO 1998, 143 (red. Leitsatz)
Tenor:
Die Firma ... mbH, vertr. d.d. Geschäftsführer ...hat die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Firma ... GmbH, vertreten durch die Geschäftsführerin ... beantragt. Über den zugelassenen Antrag ist noch nicht entschieden.
Zur Sicherung der Masse wird einstweilen angeordnet:
- a)
Gegen die Schuldnerin wird heute,
am 16. Februar 1998, 10.00 Uhr
gemäß §106 KO ein allgemeines Veräußerungsverbot zur Sicherung der Masse erlassen. Der Schuldnerin wird allgemein verboten, Gegenstände ihres Vermögens zu veräußern oder sonst über sie zu verfügen. Unter dieses Verbot fällt auch die Einziehung von Außenständen. Drittschuldner haben ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Schuldnerin bei Fälligkeit an den Sequester zu entrichten. Zahlungen an die Schuldnerin persönlich oder von ihr Bevollmächtigte, die entgegen vorstehendem Verbot erfolgen, sind rechtsunwirksam.
- b)
Zur Sicherung und Feststellung der Masse wird die Sequestration des Vermögens der Schuldnerin angeordnet. Verfügungen im Zusammenhang mit der Sicherung und Verwaltung des Vermögens dürfen nur durch den Sequester vorgenommen werden. Die Schuldnerin hat sich jeder Verfügung zu enthalten, insbesondere ist ihr die Einziehung von Außenständen untersagt. Zum Sequester wird Rechtsanwalt Burghard Wegener, Am Goldgraben 12, 37073 Göttingen bestellt. Der Sequester wird auch beauftragt, als Sachverständiger Ermittlungen darüber anzustellen, ob bei der Schuldnerin eine den Kosten des Verfahrens entsprechende Konkursmasse vorhanden ist.
Gründe
Aufgrund eines Urteiles des Landgerichts Göttingen vom 25.9.1997 (3 O 67/97) schuldet die Antragsgegnerin der Antragstellerin 91.599,24 DM nebst Zinsen. Gegen dieses Urteil hat die Antragsgegnerin Berufung einlegen lassen, diese aber noch nicht begründet.
Das Urteil des Landgerichts Göttingen ist für die Antragstellerin nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 105.000 DM vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher blieb erfolglos. Die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin gab ausweislich des Sachpfändungsprotokolls an, daß lediglich noch ein Guthaben bei der Volksbank Göttingen vorhanden sei. Die Antragstellerin führte im Rahmen der Sicherungsvollstreckung nach §720 a ZPO mehrere Kontenpfändungen durch: Lediglich bei der Volksbank Göttingen konnte ein Betrag von 4.000,- DM sichergestellt werden.
Am 23.1.1998 hat die Antragstellerin Antrag auf Bestimmung eines Termines zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch die Antragsgegnerin bei dem Amtsgericht Göttingen gestellt. Über den Antrag ist noch nicht entschieden.
Mit Schriftsatz vom 3.2.1998, bei Gericht eingegangen am 4.2.1998, hat die Klägerin beantragt, das Konkursverfahren über das Vermögen der Antragsgegnerin zu eröffnen. Das Gericht hat Anhörungstermin auf Freitag, den 13.2.1998, anberaumt.
Mit Schriftsatz vom 11.2.1998, bei Gericht eingegangen am 12.2.1998, hat die anwaltlich vertretene Antragsgegnerin zu dem Konkursantrag Stellung genommen. Sie beruft sich darauf, daß entgegen der Regelung des §105 KO dem Antrag keine eidesstattliche Versicherung beigefügt war, die im Konkursantrag vom 3.2.1998 enthaltene anwaltliche Versicherung genüge nicht.
Darüberhinaus meldet die Antragsgegnerin Zweifel an, ob die Antragstellerin zur Stellung eines Konkursantrages berechtigt ist, da sie selbst am 17.12.1997 beim Amtsgericht Duderstadt Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen gestellt habe.
Weiter vertritt die Antragsgegnerin die Auffassung, allein aus der Tatsache der erfolglosen Sicherungsvollstreckung könne ein Konkursgrund nicht hergeleitet werden.
Hätte die Antragstellerin die ihr im Urteil auferlegte Sicherheitsleistung erbracht, hätte auch die Antragsgegnerin leisten können. Angesichts der Zahlungsunfähigkeit der Antragstellerin sei aber die Antragsgegnerin nicht geneigt, den ausgeurteilten Betrag beim Amtsgericht zur Abwendung der Sicherheitsvollstreckung zu hinterlegen.
Dies gelte insbesondere deshalb, da die Antragstellerin ihre Forderung durch eine Bauhandwerkersicherungshypothek über 60.000 DM bereits abgesichert habe.
Zum Anhörungstermin am 13.2.1998 ist niemand erschienen.
Der Antrag ist zulässig (§105 KO).
Im vorliegenden Fall waren gemäß §106 KO Sicherungsmaßnahmen anzuordnen.
1.
Die Antragstellerin ist zur Stellung des Konkursantrages berechtigt. Sie hat zwar beim Amtsgericht Duderstadt am 17.12.1997 einen, Eigenantrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen gestellt (N 28/97), Über diesen Antrag ist bislang allerdings nicht entschieden.
2.
Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, daß es an der erforderlichen Glaubhaftmachung fehle.
§105 Abs. 1 KO bestimmt zwar, daß der Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Verfahrens zuzulassen ist, wenn die Forderung des Gläubigers und die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners glaubhaft gemacht werden. Die gemäß §72 KO anwendbare Vorschrift des §294 ZPO bestimmt, daß die Glaubhaftmachung unter anderem auch durch Versicherung an Eides statt erfolgen kann. Eine Glaubhaftmachung ist jedoch nur erforderlich, wenn die entsprechenden Tatsachen zwischen den Parteien streitig sind. Beim Konkurseröffnungsverfahren handelt es sich nämlich um ein quasi - streitiges Parteiverfahren. Forderung und Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin müssen schlüssig dargelegt werden. Einer Glaubhaftmachung bedarf es nur, wenn die Angaben der Antragstellerin (substantiiert) bestritten werden. Sicherungsmaßnahmen (§106 KO) dürfen allerdings aufgrund eines nur schlüssig dargelegten Sachverhaltes erst erlassen werden, wenn der Antragsgegnerin dazu rechtliches Gehör gewährt wurde. Vor rechtlichem Gehör der Antragsgegnerin können Sicherungsmaßnahmen nur ergehen, wenn die insoweit erforderliche - Glaubhaftmachung (gemäß §105 Abs. 1 KO, §72 KO i.V.m. §294 ZPO) vorliegt.
Im vorliegenden Fall ist der Antragsgegnerin rechtliches Gehör eingeräumt worden. Einer Glaubhaftmachung beispielsweise durch eidesstattliche Versicherung bedarf es daher nur, wenn die Antragsgegnerin die Forderung der Antragstellerin und/oder ihre Zahlungsunfähigkeit (substantiiert) bestreitet.
3.
Die Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin ist schlüssig dargelegt. Eine Sachpfändung durch den Gerichtsvollzieher blieb erfolglos.
Von mehreren Kontenpfändungen war lediglich eine in Höhe eines geringen Betrages von 4.000 DM bei der Volksbank Göttingen erfolgreich.
Soweit sich die Antragsgegnerin dem Schriftsatz vom 11.2.1998 darauf beruft, wenn die Antragstellerin die ihr im Urteil des Landgerichtes Göttingen auferlegte Sicherheitsleistung in Höhe von 105.000 DM geleistet hätte, habe auch sie, die Antragsgegnerin, leisten können, ist dieser Vortrag unsubstantiiert.
Es ist nicht ersichtlich und vorgetragen, wie diese Leistung erfolgen sollte.
4.
Weiter hat die Antragstellerin dargelegt, daß ihr gegen die Antragsgegnerin eine Forderung in Höhe von rund 91.500 DM zusteht.
Diese Forderung ist tituliert im Urteil des Landgerichtes Göttingen vom 25.9.1997 (3 O 67/97).
Daß dieses Urteil nicht rechtskräftig ist, vielmehr dagegen Berufung eingelegt ist, ist unerheblich. Zugunsten der Antragsgegnerin geht das Gericht davon aus, daß diese die Forderung bestreitet, da sie gegen das Urteil des Landgerichtes Göttingen hat Berufung einlegen lassen. Weiter ist unklar, ob es sich bei der Forderung der Antragstellerin um die einzige offene Forderung gegen die Antragsgegnerin handelt. Die Antragsgegnerin hat den ihr übersandten Fragebogen nicht ausgefüllt und dem Gericht zurückgesandt. Unterstellt man dies zugunsten der Gläubigerin, ist der Antrag dennoch zulässig und die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen ist möglich.
Es wird allerdings die Auffassung vertreten, daß bei einer Forderung, von deren Bestehen der Konkursgrund abhängt, bereits im Rahmen der Zulassung des Antrages der volle Nachweis des Bestehens der Forderung erforderlich ist (BGH ZIP 1992, 947, 948[BGH 19.12.1991 - III ZR 9/91]; Hess KO, §105 RZ 11, 12). Da das Konkursgericht zu einer Beweisaufnahme im Stadium des Eröffnungsverfahrens nicht befugt ist und der Antragsteller regelmäßig den vollen Beweis nicht führen kann, ist der Antrag nach dieser Auffassung mangels Glaubhaftmachung bereits als unzulässig abzuweisen, Sicherungsmaßnahmen (§106 KO) können nicht angeordnet werden.
Diese Auffassung ist jedoch im Anschluß an die fundierte Kritik von Pape (NJW 1993, 297) abzulehnen (ebenso Uhlenbruck/Delhaes RZ 227, 231, 288, 289).
Die vorläufige Vollstreckbarkeit einer Entscheidung würde entwertet, wenn man die im Ergebnis nicht mögliche volle Überzeugung des Konkursgerichtes fordern würde. Bis zum rechtskräftigen Abschluß des Prozesses können mehrere Jahre vergehen, es besteht eine erhebliche Gefahr, daß eventuell noch vorhandene Befriedigungsmöglichkeiten verloren gehen.
Eine vollständige Aufdeckung der Vermögenswerte erfolgt nicht in der Einzelzwangsvollstreckung, sondern - allenfalls - im Rahmen der gesamtvollstreckungsrechtlichen Abwicklung nach der Konkursordnung.
Ob dem Schuldner im Rahmen der Gegenglaubhaftmachung der Nachweis möglich sein soll, daß die angegriffene Entscheidung offensichtlich fehlerhaft ist und sein Rechtsmittel mit großer Sicherheit erfolgreich sein wird (Pape NJW 1993, 297, 301), ist zweifelhaft. Anhaltspunkt dafür sind (bisher) nicht vorsichtlich Bei umfangreichen Rechtsstreitigkeiten wird die Beurteilung für das Konkursgericht häufig unmöglich sein. Der Schuldner wird sich vielmehr auf die Möglichkeit verweisen lassen müssen, die Vollstreckung seinerseits durch Sicherheitsleistung abzuwenden (z.B. gemäß §720 a Abs. 3 ZPO). Bei Erbringung der Sicherheitsleistung erübrigt sich die weitere Durchführung des Konkursverfahrens. In den übrigen Fällen ist davon auszugehen, daß der Antrag zulässig ist, dem Konkursgericht bleibt die Möglichkeit erhalten, Sicherungsmaßnahmen anzuordnen. Nach Zulassung des Antrages prüft das Konkursgericht im anschließenden Verfahren, ob ein Konkursgrund vorliegt. Ohne den im Zulassungsverfahren insbesondere im Hinblick auf die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen vorhandenen Zeitdruck kann die Prüfung nunmehr mit der gebotenen Gründlichkeit erfolgen. Es kann auch festgestellt werden, ob es sich bei der dem Antrag zugrundeliegenden Forderung um eine Forderung handelt, von deren Bestehen der Konkursgrund abhängt. Dies festzustellen, ist im Zulassungsverfahren häufig auch deshalb schwierig, weil der Antragsgegner keine Angaben macht.
5.
Im vorliegenden Fall waren gemäß §106 Abs. 1 die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen anzuordnen.